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Die Aufgabe von Stiftungen ist es,
an der Gestaltung unserer gesellschaftlichen
Zukunft mitzuwirken.

- Kurt A. Körber -

Materieller und geistiger Lebensstandard

Kurt A. Körber arbeitete in seiner Dankesrede anläßlich der Verleihung der Würde eines "Doktors der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ehrenhalber" (Dr. rer. pol. h. c.) durch den akademischen Senat der Hochschule für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Nünberg (seit 1961 unter dem Namen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Bestandteil der Universität Erlangen) bei der Entgegennahme der Urkunde am 24. Februar 1960 einleitend heraus:

"Wenn ich die Gestaltungsaufgaben in unserem industriellen Zeitalter zutreffend beurteile, so ist die Bewältigung der auf uns zukommenden Wirtschafts- und Sozialprobleme für einen dauerhaften Frieden in der Welt weitaus bedeutungsvoller als die Konzentration auf Raketen und Atombomben. Ich will damit sagen, daß im Zuge des ständigen Vordringens der Industrialisierung, des damit bewirkten Strukturwandels der Gesellschaften und einer immer weiter um sich greifenden Demokratisierung in den Ländern der Erde die Frage über Krieg und Frieden vorrangig von der Befriedung der Menschen abhängig ist, das heißt, der materielle, aber auch der geistige Lebensstandard wird wichtiger als die nur von einer Fach-Elite geschaffenen Atombomben oder erzielten Eroberungen im Weltall. Ich meine, daß nach dieser Erkenntnis vordringlich alle erdenklichen Voraussetzungen zur Hebung der Lernbereitschaft in weiten Schichten der Bevölkerung geschaffen werden müssen. Das sollte die Zielvorstellung aller, insbesondere der in unserer Gesellschaft entscheidenden Gremien, nämlich der politischen Instanzen sein. Nur so kann den zeitgeschichtlichen Erfordernissen für eine sichere Zukunft Rechnung getragen werden."

Und an anderer Stelle:

"Ich meine, wenn die verantwortlichen Kräfte der Wirtschaft, die Unternehmer und Gewerkschaften, sich nicht dafür stark machen, daß von dem von ihnen geschaffenen Sozialprodukt größere Anteile als bisher für die geistige Mobilität unserer Gesellschaft bereitgestellt werden, dann haben sie ihre Aufgaben in einer Wirtschafts-Demokratie nicht begriffen, sie haben bei dem in unserer Gesellschaft herrschenden Egalitäts-Prinzip entweder ihre Einflußmöglichkeiten auf die schaffenden Menschen nicht erkannt oder aber für einseitige Gruppen-Interessen auf Kosten einer gesicherten Zukunft der gesamten Gesellschaft mißbraucht."

(Zitiert nach Martin Beheim-Scharzbach, Bergedorfer Offensive, Hans Christians Verlag, Hamburg 1966, Seite 247)

Kurt Adolf Körber (1909 - 1992) ist besonders Ingenieuren und Unternehmern als Vorbild zu empfehlen. Nach den Kriegswirren gründete er 1946 in Hamburg Bergedorf das Maschinenbauunternehmen Hauni-Werke Körber & Co. KG (seit 1987 Körber AG, seit 1995 Holding für 26 selbstständige Maschinenbauunternehmen), dessen Stammkapital heute bei der Körber-Stiftung liegt. Mit seinen Maschinen zur automatischen Zigarettenherstellung errang er quasi ein Weltmonopol. 1960 wurde Körber Ehrendoktor der Universität Erlangen, 1989 Ehrendoktor der Technischen Universität Dresden und 1991 Hamburger Ehrenbürger.

1961 rief Körber den Bergedorfer Gesprächskreis zu wirtschafts- und sozialpolitische Themen ins Leben, an dem sich im Laufe der Jahrzehnte viele herausragende Persönlichkeiten beteiligt haben. Die wissenschaftliche Leitung des Kreises übernahm Prof. Dr. F. W. Schoberth von der Universität Erlangen-Nürnberg. 1995 konnte die Körber-Stiftung den Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker gewinnen, den Vorsitz im Bergedorfer Gesprächskreis zu übernehmen.

Martin Beheim-Schwarzbach beschreibt in "Bergedorfer Offensive" die Rahmenbedingungen:

Als der bedeutsamste zeitgeschichtliche Vorstoß im Rahmen der "Bergedorfer Offensive" darf wohl die Gründung des Bergedorfer Gesprächskreises zu Fragen der freien industriellen Gesellschaft angesehen werden, der 1961 von Körber ins Leben gerufen und heute als einmalige europäische Einrichtung zu beachtlichem internationalen Ansehen gelangt ist. Als Leitmotiv dazu könnte der Satz John F. Kennedys gelten: Wir wollen die Gewißheit haben, daß wir alle Tatsachen kennen, alle Alternativen geprüft und jede Kritik gehört haben. (...)

Jeder Gesprächsabend ist auf ein bestimmtes Thema festgelegt, das von einem hierfür qualifizierten Referenten behandelt und von den etwa fünfundzwanzig dazu aussagefähigen Teilnehmern unter dem Vorsitz eines namhaften Diskussionsleiters diskutiert wird. Zum Unterschied zu anderen Kongressen und Tagungen, bei denen im allgemeinen nur lange Referate gehalten werden, zeichnet sich der Bergedorfer Kreis dadurch aus, daß das Einleitungsreferat stets verhältnismäßig kurz gehalten ist, weil ja nur Gesprächsteilnehmer eingeladen werden, die zu diesem Thema kompetent sind. Um so intensiver ist dann die viele Stunden währende Diskussion.

Die Auseinandersetzung des einen mit dem anderen und aller mit allen, das Argumentieren über die Fronten der gesellschaftlichen Institutionen erfordert so viel Hinzudenken und Nachdenken, Vorformulieren und Umformulieren, Mit dem Gegner- und Gegen ihn Denken, daß jeder aus seinen gewohnten Denkbahnen herausgerissen und gezwungen wird, andere Wege mitzugehen, Ziele anders anzuvisieren. In diesem Sinne ist der Bergedorf er Gesprächskreis eine Bühne, auf der sich die Gesellschaft darstellt, ein wissenschaftlich fundiertes Forum, zu dem man nicht mit vorgefaßten Meinungen geht, um sie dort als Voten abzuliefern. Daher werden die Bergedorfer Gespräche nur im geschlossenen Kreis durchgeführt. Es soll vermieden werden, daß - wie bei öffentlichen Forumsgesprächen so häufig - nur zum Fenster hinausgesprochen wird. In einem internen Erfahrungsaustausch, in dem die zu klärenden Fragen beantwortet werden sollen, ist der einzelne Gesprächspartner eher bereit, sich besseren Argumenten anzuschließen, die eigene Position zu überprüfen oder gar zu revidieren, weil er dabei nicht befürchten muß, gegenüber der Öffentlichkeit das Gesicht zu verlieren. Nur auf der Basis uneingeschränkter Meinungsäußerung erfüllt sich der Sinn dieses Forums, und auch nur so kann ein gesamtgesellschaftliches Verständnis aufgebaut werden, das notwendig ist, um gesellschaftliche Zusammenhänge für die Zukunft vorauszusehen und sich daraus ergebende Initiativen zu entwickeln.

So kamen einzigartige Debatten zustande, die sich an Hand der Protokolle heute noch alle nachvollziehen lassen: