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E. F.

Masonic Biker Impressionen

Es macht "pling" auf dem Helmvisier, immer wieder, während ich auf schmalen Straßen durch die thüringische Landschaft fahre; bei strahlendem Sonnenschein fliegen eben auch viele Insekten - nur eben in die falsche Richtung. Die Schilder sagen nicht die Wahrheit, ab und zu schaut überraschend ein Stück Straße durch die vielen Schäden. Aber damit nicht genug: ein Flecken Blaubasalt, der in der Kurve durch die Asphaltdecke schaut oder eine Schaufel voll Splitt erfordern meine Aufmerksamkeit. Irgendein Witzbold hat anscheinend genau die gelben Hinweisschilder abmontiert, die mir die beabsichtigte Richtung durch die profane Welt weisen sollten. Doch dies beeindruckt mich kaum, obwohl ich die Strecke, die Landschaft, die Dörfer, die Menschen anders wahrnehme, immer noch eingenommen von einem Wochenende, das wohl zu den bislang schönsten gehörte, die ich miterleben durfte.

Anfang des Jahres 2005 las ich im Internet-Forum "Königliche Kunst" erstmals von motorradfahrenden Freimaurern und deren Treffen. Ein Gedanke machte sich in mir breit, ein Wunsch entstand. Wie aber sollte ich meiner Frau klar machen, daß ich nach vielen Jahren Abstinenz ausgerechnet jetzt wieder ein Motorrad brauchte? Nun, die beste Ehefrau von allen machte gute Miene zu diesem Spiel; ich liebe sie (auch) dafür und versprach ihr einen passenden Helm. Ich bekam nicht nur das Motorrad, sondern auch neue Hosen und eine Jacke; die alten Lederklamotten, obwohl über die Jahre gut gepflegt, waren wohl aus Schrumpfleder gemacht ...

Das Fahren hatte ich nicht verlernt, wohl aber war die Routine dahin. Es waren noch zwei Wochen Zeit zum Üben, bis ich dann am Freitag die große Reise begann, gut 200 km durch den Harz nach Georgenthal bei Gotha. Den Campingplatz gut gefunden und dann dorthin, wo viele Motorräder beisammenstanden und Menschen, die ich irgendwie kannte, ohne ihnen je begegnet zu sein. Die Reaktion auf meine Frage, ob hier der "große Braumeister" (Anspielung auf den "Großen Baumeister aller Welten") das Bier ausschenkt, beseitigte auch die letzten Zweifel: ich war unter Biker-Brüdern und empfand dieselbe warme, herzliche Atmosphäre wie im heimatlichen Logenhaus.

Ein erstes Zusammenkommen der Biker-Brüder wurde genutzt, um für die "Feldlogenarbeit" (rituelle Arbeit außerhalb eines Logenhauses) den Ablauf und die Regularien zu klären und die rituellen Beamten zu bestimmen; ich bekam das Amt des 2. Schaffners zugewiesen. Schnell war danach das kleine Zelt aufgebaut sowie mit Isomatte und Schlafsack bestückt. Die begonnenen Gespräche wurde beim Grillen fortgesetzt, Gespräche, die sich nur am Rande mit den sonst üblichen Themen - Motorrad, dem Fahren und den Frauen beschäftigten. Bis zum 4. Bier oder auch gegen ein Uhr nachts drehte es sich um die Frage, wie es möglich ist, mit einem Längenmaß die Zeit einzuteilen (Symbol des 24-zölligen Maßstabs). Kenntnisse in Philosphie wie auch in angewandter Physik waren dabei unerlässlich und ergaben letztendlich die Erkenntnis über das menschliche, subjektive, emotionale wie auch rationale im Ritual und die nie zu beantwortende Frage, was denn nun das "Richtige" sei. Alles, was wir diskutieren, ist und bleibt Menschenwerk, ist unvollständig, veränderlich und veränderbar, von jedem etwas anders verstanden. Eine Geschichte aus der unserer Zeitschrift "Humanität" mit den beiden Männern fällt mir dazu ein, die im Nebel auf ein Haus aus unterschiedlichen Richtungen zugehen und berichten, was sie gerade sehen - bis sie schließlich erkennen, das es dasselbe Objekt ist.

Geschlafen habe ich gut; nur waren die Vögel ab Sonnenaufgang etwas sehr laut. ... Nach dem Duschen und einem reichhaltigen, wenn auch etwas kaffeelastigen Frühstück begann ein Ablauf, der in mir bis heute nachhallt: Auf dem Parkplatz begannen wir, uns mit unseren Motorrädern aufzustellen, in zwei Kolonnen, mit dem "Bikermeister vom Sattel" (gemeint "Meister vom Stuhl") im Osten, zwei Aufsehern und dem Zeremonienmeister im Westen. "Kaulis Biker-Ritual", einst in geselliger Runde aus einer Laune entstanden, wurde erstmals praktisch bearbeitet. Nur entfernt an Bekanntes anknüpfend, zog diese Analogie, die nur Eingeweihte begreifen konnten, mich wie auch die anderen Brüder in ihren Bann. Wir begannen eine Ausfahrt durch den Thüringer Wald, eine Reise mit Brüdern in einem imaginären Tempel, inmitten einer profanen Welt. Reiseeindrücke vermischten sich mit der Empfindung des brüderlichen Miteinanders und dem gemeinsamen Erleben des Fahrens.

Nach über 140 km war diese "Zeichnung ohne Worte" innerhalb unserer rituellen Arbeit beendet. Die rituelle Ausfahrt wurde beendet, wie sie begonnen hatte. Noch unter diesem Eindruck begannen wir Brüder Beamten, den Tempel für die weitere rituelle Arbeit aufzubauen. Hierzu wurde das Bewirtungshaus auf dem Campingplatz umfunktioniert. Der Flur wurde unser Vorbereitungsraum, der Speiseraum die Werkstätte. Die Säulen wie auch der Altar wurden aus Getränkekisten improvisiert. Die anderen Ritualgegenstände waren mitgebracht, samt Schwert für den Wachhabenden. Einer der Brüder hatte als Meister vom Stuhl den Namen seiner Loge zur Verfügung gestellt (Herstellung der Regularität dieser Arbeit nach Abstimmung mit der Großloge - Ordnung muß sein), übernahm die rituelle Leitung und führte nun über dreissig Brüder aus zweiundzwanzig Logen und allen Lehrarten ohne großes Üben durch die rituelle Arbeit im Lehrlingsgrad nach dem Ritual der Großloge A.F.u.A.M. Die Arbeitstafel war ein Stück schwarzen Schaumstoffes, vom Bruder 2. Aufseher durch wenige Kreidestrichen mit den Symbolen bestückt, so schlicht wie alles an dieser Arbeit und doch diametral in ihrer Wirkung auf mich. Gleich zwei Brüder hatten eine Zeichnung vorbereitet, welche die Verbindung von Tank und Kolben mit Zirkel und Spitzhammer, die Dualität zweier Lebenseinstellungen als Ergänzung und Verstärkung untersuchte. Dabei war auch ein Vergleich zwischen Loge und Motorrad-Club als Gegensatz und Denkansatz das Thema. Wir standen in der Kette, sangen das Bundeslied, in Schurz und Handschuhen, das Bijou über der Motorradjacke. Ja, schwarz waren die meisten Anzüge, doch es war kein Dreireiher oder Smoking, sondern der Anzug, den wir tragen, wenn wir uns vor den Gefahren der Straße zu schützen suchen. Nun war unsere schwarze Lederkluft ein Zeichen von Gemeinsamkeit, die den Kern betont, nicht die Schale, die doch Schutz, aber auch Markenzeichen für den Inhalt ist.

Der Abend wurde nicht lang, eine gewisse Erschöpfung, eine Nachdenklichkeit und ein "in-sich-gehen" über den Tag ließen mich recht zeitig meine "kleine Höhle" aufsuchen. Nun bin ich wieder auf der Straße, wieder macht es "plock!" auf meinem Helm; ich schaue auf die Leute an der Straße, wie sie nach mir schauen, freue mich und denke an die Brüder. - Wenn ich kein Motorrad hätte, würde ich mir eins kaufen ... -



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