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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer





F. B.

Das mystische Mahl im Spannnungsfeld zwischen profaner und sakraler Zeit

Wie in allen Mysterienbünden werden zur Pflege und Wirksammachung des freimaurerischen Gedankengutes rituelle Arbeiten abgehalten, die durchaus als festlich zu bezeichnen sind. An einem vorbestimmten Tag wiederholt sich ein bestimmter Ablauf, der durch das jeweilige Ritual des bearbeiteten Grades bestimmt wird. Im Grad der "Brüder Ritter vom Rosenkreuz", das ist der 18. Grad im "Alten und Angenommenen Schottischen Ritus" (AASR), wird das "Mystische Mahl" zelebriert, von dem schon 1766 Baron Tschoudi in seinem Aufsatz "Der flammende Stern" die Ansicht vertrat, daß die Zeremonie eine Nachahmung des protestantischen Abendmahls und gleichzeitig eine Anleihe bei der katholischen Liturgie sei (nach Rene Le Forestier 1970/1987 Seite 96). Die gleiche These wird auch heute noch vielfach vertreten, so daß die rituelle Durchführung dieses Mahls zum Teil auf Ablehnung stößt. Nachfolgend soll der religiöse, ethische als auch der sozial-politische Hintergrund des mystischen Mahls untersucht werden. Um für das durch Vorurteile und Vorprägung stark belastete Thema neues Diskussionsmaterial zu eröffnen, wird versucht, die Abhandlung der Problematik überwiegend anhand von Literaturstellen vorzunehmen.


Die Zeit, die sich immer gleich bleibt, die sich weder verändert noch erschöpft.

Nach Karl Albert (1982, S.115) "begegnet uns das Fest zunächst als Tag eines bestimmten Kultes. So wird in den Religionen des Altertums an bestimmten Tagen eine bestimmte Gottheit verehrt. Als ein solcher Tag ist das Fest wesenhaft "heilige Zeit", d. h. dem Götterkult vorbehaltene Zeit. Der ursprüngliche Wortsinn des englischen "holiday" bringt diesen Wesenszug zum Ausdruck. Die heilige Zeit des Festes kehrt jedoch periodisch wieder. Deshalb wird in der aus der Platonischen Akademie stammenden "Definition" das Fest bezeichnet als "heilige Zeit gemäß dem Brauch."

Karl Albert (1982, S.116) spezifiziert dann weiter: "Die regelmäßige Wiederkehr des Festtages ist ein sehr wichtiges Merkmal des Festes. Das nämlich, was am Festtag wiederkehrt, ist nicht der vorige oder vorvorige Festtag, sondern uranfängliche Zustand oder Anlaß, durch den das Fest überhaupt zum Fest geworden ist. Dadurch eben unterscheidet sich die sakrale Zeit von der profanen. Die profane Zeit ist, wenn sie vergangen ist, ein für allemal vergangen, unwiederbringlich verloren, unwiederholbar. Anders die heilige Zeit. Sie ist, wie M. Eliade immer wieder hervorgehoben hat, "ihrem Wesen nach reversivel; sie ist die eigentliche mythische Urzeit, die wieder gegenwärtig gemacht wird. Jedes religiöse Fest, jede liturgische Zeit bedeutet die Wiedervergegenwärtigung eines sakralen Ereignisses aus mythischer Vergangenheit" (Das Heilige und das Profane. Hamburg 1957, S. 40)." In den freimaurerischen Ritualen wird das "sakrale Ereignis" durch den wechselweisen Vortrag von Legenden und Lebensweisheiten vergegenwärtigt.

Nach Eliade gehört zur rituellen Teilnahme an einem Fest das Heraustreten aus der "gewöhnlichen" Zeitdauer und die Wiedereinfügung in die mythische Zeit, die in diesem Fest wieder gegenwärtig wird: "Die heilige Zeit ist unendlich oft wiederholbar. Man könnte sagen, daß sie nicht "abläuft", keine unumkehrbare "Dauer" darstellt. Sie ist eine ontologische, (das Seiende betreffend) eine "parmenideische" [es war nie und wird nie sein, weil es im Jetzt zusammen vorhanden ist] Zeit, die sich immer gleich bleibt, die sich weder verändert noch erschöpft."

Karl Albert (1982, Seite 116/117) konkretisiert: "Die profane Zeitauffassung denkt in den Kategorien von Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Nach ihr verliert sich die Gegenwart unaufhaltsam und unwiederbringlich ins Nicht-mehr-Sein der Vergangenheit wie sie auch ebenso unaufhaltbar aus dem Noch-nicht-Sein der Zukunft herantritt. Es gibt aber demnach hinter dieser vergänglichen Zeit ein unvergängliches Jetzt, eine ewige Gegenwart.[ .... ] Im Kult geschieht sogar im Grunde nicht einfach die Vergegenwärtigung einer an sich vergangenen Urzeit, sondern diese Urzeit ist ständig gegenwärtig, und der Kult macht diese ständige Gegenwart der mytischen Urzeit nur offenbar und wirksam. Der Kult setzt also die Erfahrung einer ständigen Gegenwart voraus. [ .... ] Dem Standpunkt der profanen Vorstellung vom Wesen der Zeit erscheint die sakrale Zeitvorstellung als eine überweltliche, transphysische, metaphysische. Der Gedanke eines Seins, das nicht dem Zeitablauf in seinem Kommen und Gehen unterworfen, sondern "im Jetzt zusammen vorhanden ist", gilt dem profanen Denken paradox. Dennoch ist diese paradoxe und metaphysische Vorstellung einer unvergänglichen Gegenwart die notwendige Voraussetzung für das Verständnis des Kults und des Festes."

Bruder Jürgen Kober (1988) kommt in seiner Zeichnung "Die geöffnete Loge" bezüglich der besonderen Qualitäten der Zeit in der geöffneten Loge zu einer ähnlichen Auffassung: "Die Öffnung der Loge dauert von Hochmittag bis Hochmitternacht. Diese Bezeichnungen kommen in unserem nach der Uhr ablaufenden 24-Stunden-Tag nicht vor. Sie symbolisieren das Heraustreten aus der historischen Zeit in einen zeitlosen Zustand. Wir treten ein in jene Dimension, in der das Wirklichkeit wird, was nie geschieht und immer ist. Diese Dimension wird von jeder Gemeinschaft bei jeder Feier, bei jedem Fest aufgesucht, wenn sie sich auf sich selbst, ihren Charakter und ihre Aufgaben besinnen möchte."


Das rituelle Opfer und der Frieden

"Das Opfer etwa, die Hauptkulthandlung der antiken Religion," so arbeitet Karl Albert (1982, S. 116) heraus, "stellt nichts anderes dar als die Wiedervergegenwärtigung des urzeitlichen Zustandes des "goldenen Zeitalters", in dem Götter und Menschen gemeinsam die Erde bewohnten und gemeinsame Mahlzeiten hatten. Im Opfer wird die urzeitliche Gemeinschaft zwischen Göttern und Menschen nicht lediglich nachgeahmt, sondern wiederhergestellt, heraufgeholt, verwirklicht. Die Opfernden treten daher im religiösen Denken der Antike aus ihrer jeweiligen historischen und individuellen Situation heraus und begeben sich in die Zeit des Ursprungs, in die Zeit, von der der Mythos berichtet."

Anders erläutert Sigmund Freud (1939, Seite 129) in seiner Abhandlung "Der Mann Moses und die monotheistische Religion": "Von Darwin entlehnte ich die Hypothese, daß die Menschen ursprünglich in kleinen Horden lebten, eine jede unter der Gewaltherrschaft eines älteren Männchens, das sich alle Weibchen aneignete und die jungen Männer, auch seine Söhne züchtigte oder beseitigte. Von Atkinson in Fortsetzung dieser Schilderung, daß dies patriarchlische System sein Ende fand in einer Empörung der Söhne, die sich gegen den Vater vereinigten, ihn überwältigten und gemeinsam verzehrten. Im Anschluß an die Totemtheorie von Robertson Smith nahm ich an, daß nachher die Vaterhorde dem totemistischen Brüderklan Platz machte. Um miteinander im Frieden leben zu können, verzichteten die siegreichen Brüder auf die Frauen, derentwegen sie doch den Vater erschlagen hatten, und legten sich Exogamie auf. Die väterliche Macht war gebrochen, die Familien nach Mutterrecht eingerichtet. Die ambivalente Gefühlseinstellung der Söhne gegen den Vater blieb über die ganze weitere Entwicklung in Kraft. An Stelle des Vaters wurde ein bestimmtes Tier als Totem eingesetzt; es galt als Ahnherr und Schutzgeist, durfte nicht geschädigt oder getötet werden, aber einmal im Jahr fand sich die ganze Männergemeinschaft zu einem Festmahl zusammen, bei dem das sonst verehrte Totemtier in Stücke gerissen und gemeinsam verzehrt wurde. Niemand durfte sich von diesem Mahle ausschließen, es war die feierliche Wiederholung der Vatertötung, mit der die soziale Ordnung, Sittengesetze und Religion ihren Anfang genommen hatten. Die Übereinstimmung der Robertson Smithschen Totemmahlzeit mit dem christlichen Abendmahl ist manchen vor mir aufgefallen."


Stichwort Abendmahl

Das, was jedem von uns zum Stichwort "Abendmahl" einfällt, ist vorgeprägt durch unser Leben in unserem Kulturkreis. Gerade deshalb sind hier einige grundsätzliche Erinnerungen angezeigt. Ralf Luther (1963) führt zum Begriff Abendmahl in seinem "Neutestamentliches Wörterbuch" aus: "Im Orient verband das Mahl zu besonders inniger Gemeinschaft. Der Grundton bei einem Gastmahl war ein froher. Am Abend fand immer die Hauptmahlzeit statt wegen der zu großen Hitze am Tage. "Abendmahl" lautet übersetzt in unsere Sprache: "festliches Gastmahl"."

Auch sollte in diesem Zusammenhang die Bedeutung des israelitischen Opfers nicht außer acht gelassen werden: Nach Cornfeld und Botterweck (1988) "war ein Opfer in iraelitischer Sicht vorwiegend eine Gabe. Die Israeliten glaubten, daß alles, was zu einem Menschen gehört, etwas von dessen Persönlichkeit annimmt; wenn daher ein Mensch eine Gabe darbrachte, so gab er etwas von sich selbst weg. So eignete einer jeden Gabe quasi-sakramentaler Charakter [an]. Es war auch nicht leicht, eine Gabe zu erhalten, denn wenn der Empfänger annahm, übernahm er damit eine persönliche Verpflichtung gegenüber dem Geber."

Blut hatte im Opfermahl eine besondere Bedeutung. Unter den meisten semitischen Völkern und unter vielen, die ursprünglich nicht semitisch waren, glaubte man, daß das Blut eines Körpers dessen Lebensprinzip enthielt. Wie Cornfeld und Botterweck berichten, ist das Wort "dam" für Blut allen semitischen Sprachen gemeinsam.

Die Elemente des Opfers im christlichen Abendmahl sind nun bei Markus und Matthäus Brot/Leib und Wein/Blut, bei Paulus und Lukas dagegen Brot/Leib und Becher/Bund zusammengeordnet. Gerhart Ladner (1992, Seite 144) verallgemeinert in seinem "Handbuch der frühchristlichen Symbolik": "In der christlichen Weinsymbolik ist neben der typologischen Vorwegnahme im Alten Testament auch das dionysische Element der Antike mit seinem Rauschhaften und Leidensvollen, mit seinem chthonisch [irdisch] Vergehenden und Wiedererstehenden vorhanden, aber die Akzente sind ganz anders: Schon im späten Heidentum und Judentum und noch mehr im frühen Christentum steht eher die Reinheit als der festliche Rausch im Vordergrund. Schon Philon von Alexandria, dann Neupythagoreer und Neuplatoniker, und unter den Kirchenvätern z.B. Origenes, Ambrosius und Augustinus sprechen von nüchterner oder geistiger Trunkenheit. An die Stelle titanischer oder mänadischer Zerreißung des Gottes selbst oder der Leugner und Gegner seiner Macht wie Orpheus und Pentheus traten das freiwillige Leidensopfer des Gottes mit dem Glauben an seine Auferstehung und Himmelfahrt und an die Überwindung des Todes. Die dionysisch-baccischen Elemente der Weinranken und der Weinernte wurden in der frühchristlichen Zeit aus der heidnischen in die christliche Kunst übernommen, wie man das schon in der Domitilla-Katakombe und an einem Sarkophag aus der Praetextatus-Katakombe in den Vatikanischen Museen sehen kann."

Der Trunk aus dem Becher gehörte nach Aussage der Bibel zum festlichen Mahl (Psalm 23,5, Sprüche 23,31; Jeremia 35,5), zum Mahl beim Dankopfer (Psalm 116,13 - Kelch des Heils), zum Trauermahl (Jeremia (16,7 - Trostbecher). In den Nachbarländern wurde der Becher auch zum Wahrsagen benützt (1Mose 44,5). Aus dem gleichen Becher trinken zeigte enge Verbundenheit (2.Samuel 12,3, Mathäus 26,23).


Das Passamahl

Die historische Frage, ob das letzte Mahl Jesu ein Passamahl war oder nicht, läßt sich nach Auskunft des Calwer Bibel Lexikon heute nicht mehr mit Sicherheit entscheiden: "Nach den drei älteren Evangelien hat Jesus ein Passamahl gehalten und ist am hohen Festtag gestorben, nach Johannes ist er am Rüsttag zum Passa gekreuzigt worden (Johannes 18,28;19,31). Das Mahl fand also schon am Abend vorher statt. [ .... ] Der Name Passa geht auf das alttestamentliche pas/cha, die aramäische Form des hebräischen päsach, zurück. Die Etymologie des Wortes ist dunkel, die Ableitung von dem Verbum päsach "lahm sein", kultisch hinken, ungewiß, dessen Übersetzung mit "vorbeigehen" (2. Mose 12,13,23) fraglich. Beim Passa handelt es sich ursprünglich um einen Opferbrauch, der dem Lebensbereich der nomadischen Kleinviehhirten entstammt.Die früheste und ausführlichste Darstellung der Begehung ist uns in der Festschilderung der Priesterschrift 2. Mose 12, 1-20 erhalten. Aus diesen Festerzählungen läßt sich trotz ihrer nachträglichen Historisierung entnehmen, daß in dem Mittelpunkt der ältesteten Gestalt des Passabrauchs, der den hebräischen. Kleinviehnomaden schon vor dem Ägyptenaufenthalt bekannt gewesen sein muß, ein Schaden abwendender Blutritus stand. Bevor man im Frühjahr zu dem gefahrvollen Weidewechsel aus den Winterweiden in der Steppe zu den Sommerweiden an den Rändern des Kulturlandes aufbrach, brachte man der Gottheit ein Lamm-Opfer aus der Kleinviehherde dar. Die nächtliche Opferfeier fand ursprünglich familienweise als Mahlgemeinschaft statt. Die Kultreform Josias löste den Passabrauch aus dem Bereich familiärer Begehung heraus und erhob ihn zum Mittelpunkt eines Wallfahrtsfestes, bei dem Passaschlachtung und Gemeinschaftsmahl im Zentralheiligtum in Jerusalem stattfanden. Das Passamahl wies im neutestamentlichen Judentum reichere liturgische Elemente auf und wurde nicht mehr in den Tempelvorhöfen, sondern in den Häusern Jerusalems begangen. Seine innere Mitte waren Passalesung und -exegese des Hausvaters. Dann stimmte die Mahlgemeinschaft die zwei vorderen Hallelpsalmen 113/114 an und trank den zweiten der vier Festbecher. Darauf folgte die eigentliche Mahlzeit. Beim Füllen des vierten Bechers rezitierte man die hinteren Hallel-Psalmen 115/118."


Das kultisch sakramentale Mahl des Melchisedek

Es gibt eine noch ältere Kulthandlung in der Bibel, die Parallelen zum Abendmahl erkennen läßt: Abrams Begegnung mit Melchisedek in 1. Mose 14. Albert Zeilinger (1986, Band 1, Seite 147) beschreibt das Zusammentreffen wie folgt: "Auf Abrams Rückweg von dem kriegerischen Abenteuer kommt ihm nicht nur der Stadtkönig von Sodom entgegen, sondern auch ein unbeteiligter und unbekannter: Melchisedek, der König von Salem und Priester des El Eljon. Sein Name bedeutet: "Mein König ist der Gott Zedek" oder "mein göttlicher König ist gerecht, schafft Heil". [ .... ] Von Zedek ist der Priestername Zadok abgeleitet, der ebenfalls ein Priester des Jerusalemer Heiligtums der Davidszeit war. Auch der Königsname Zedekia (Zidkija) hat die gleiche Bedeutung; nur verbindet er das Wort Zedek mit der Silbe "ja" oder "jahu", der Abkürzung für Jahwe. Später nennen sich die Priesterfamilien Zadduäer (Sadduzäer), von "zedek = gerecht" abgeleitet. "Zaddik = der Gerechte" ist eine Ehrenbezeichnung für solche, die das ganze Gesetz halten. Auch "Melek" ist nicht nur das Wort für "König", sondern zugleich ein Gottesname, der in Moloch wiederkehrt (Jer 32,35). In Hebr 7 wird Melchisedek einfach mit "König der Gerechtigkeit" übersetzt. Er ist der König von Salem, der Friedensstadt, also wird er auch König des Friedens genannt. Salem ist natürlich identisch mit Jerusalem. In den Tell-Amarna-Briefen wird die Stadt "uru-salim" genannt. Salem ist in Ps 76,3 parallel zu Zion. Ein König kann auch priesterliche Funktionen ausüben. Aber Melchisedek ist beides: politisches und kultisches Oberhaupt, König und Priester, Priesterkönig eines sakralen Kommunalverbandes. Er dient dem "El Eljon". Dieser höchste Gott ist die monarchische Spitze eine Pantheons. "El" ist die ältere und häufigste semitische Gottesbezeichnung. Erst in späterer Zeit wird "der Höchste" die Gottesbezeichnung Israels. Dieses Gottesprädikat wurde besonders im Kult von Jerusalem gebraucht.[ .... ] Von Melchisedek wird nun eine Handlung und ein Wort berichtet- und jeder Kult besteht aus Handlung und Wort. Er bringt Brot und Wein zu einer festlichen Mahlzeit anläßlich einer Siegerehrung, aber auch zu einer kultisch-sakramentalen Mahlzeit zur Ehre Gottes, des Allerhöchsten, der den Sieg geschenkt hat. Von Speise und Trank als Gaben Gottes ist der Segen Gottes nicht zu trennen. Leiblicher und geistlicher Segen gehören zusammen. Darum kommt zur Segenshandlung das Segenswort. Melchisedek segnet Abram im Namen des höchsten Gottes zugleich für diesen Sieg. Segen als die Kraftwirkung Gottes herab zum Menschen und der Lobpreis als die dankbare Antwort des Menschen zu Gott gehört nicht nur sachlich zusammen, sondern ist auch in der hebräischen, griechischen, lateinischen Sprache das gleiche Wort. "Gesegnet seist du, Abram- gelobt sei Gott". Rettung und Hilfe erweckt das Gotteslob. Die kanaanäische Formel "Schöpfer des Himmels und der Erde" ist den Vätern Israels noch fremd. Den Schöpfergott erkennt Israel erst nach der Landnahme, nachdem sie Bauern geworden sind. So wird die Begegnung von Melchisedek und Abram zum Gottesdienst mit Segen und anbetendem Lobpreis. Und so wird das Festmahl mit Brot und Wein, mit Segenswort und Segenstat nicht nur zum ökumenischen Gemeinschaftsmahl von Menschen verschiedener Kultem sondern auch zum Gemeinschaftsmahl mit dem höchsten Gott und damit zum Sakrament! Die Väter Israels kennen noch keine Religionspolemik. Im höchsten Gott kann Abram seinen Gott erkennen und annehmen. Und auch später in der Königszeit Davids und Salomos bis zu Elijas Zeit lebten Israeliten und Kanaanäer friedlich nebeneinander. Dennoch ist eine so positive und so tolerante Einschätzung eines außerisraelitischen Kultes im Alten Testament sonst ohne Beispiel."


Das Kultmahl des Mithraskultes

Einen Vergleich der christlichen rituellen Handlung mit der des Mithraskultes führt Hans Koepf (1987, Seite 46/47) durch: "Das zentrale Geschehen des Mithraskultes ist das Stieropfer, das als Quelle der Erlösung angesehen wurde und deshalb auch von den Mithrasjüngern in einem feierlichen Kultmahl nachvollzogen wurde. Der von Mithras überwundene Stier bricht in die Knie, aus seiner Seitenwunde quillt Blut, das ewiges Leben verheißt und deshalb auch in einem Krater aufgefangen wird. Auf dem Boden und an den Wänden der Opferstätte sieht man Blattranken und Bäume als Zeichen des Lebens aufsprießen, aus dem Schwanz des Stieres wachsen drei Ähren als Symbol der Fruchtbarkeit der Erde heraus. Grundstoffe des Kultmahles waren das Blut des Stieres und die Ähren des Getreides. Das Stierblut wurde zunächst mit dem berauschenden Saft der Haomapflanze vermischt, bald aber ganz durch Wein ersetzt, wie auf zahlreichen Kultbildern zu sehen ist, auf denen Bacchus oder Mithras mit der Weintraube in der Hand erscheint. An die Stelle der Ähren traten runde Brotschreiben, die durch Quadranten ("Kreuze") in vier Teile geteilt wurden. Die Kultopfer wurden in einem Kultmahl nachvollzogen, das Mithras und Sol feiern und zu dem sich auch Cautes oder Cautopates oder einige Grade der Jünger wie "Leo", "Corax" oder "Miles" einfinden. Das Kultmahl des Gottes wurde also auf Erden von seinen Jüngern nachvollzogen, die nun die wirkenden Stoffe von Wein und Brot in sich aufnahmen, um es dem Gotte nachzutun. Vorbilder dieses heiligen Mahles gab es bereits im Parsismus, stammt doch von Zarathustra der Spruch: "Wer von meinem Leib ißt und von meinem Blut trinkt, auf daß er eins werde mit mir und ich mit ihm...". Durch das Kultmahl fühlten sich die Jünger auch besonders eng untereinander verbunden und wurden zu "Brüdern im Geiste", wie sich ja Anhänger anderer Mysterienreligionen nannten. Neben den eigentlichen, mehr symbolisch anzusehenden Kultmahlen, die eine Art "communio" waren, gab es aber noch weitere gemeinsame Mahlzeiten, die den Liebesmahlen der Urchristen nicht unähnlich waren, wobei natürlich wegen der temporären Priorität die Mahle der Mithrasjünger die christlichen Verbrüderungsmahle stark beeinflußt haben dürften. Wie bereits erwähnt, wurden bei den Kultfeiern runde Brote auf Patenen [Hostientellern] dargereicht und Wein aus Pokalen getrunken. Die Brote waren viergeteilt und wurden von den Mysten "gebrochen", wobei sich vier Mysten ein Brot teilten. Schon diese unvollständige Zusammenstellung legt offen, daß zahlreiche wichtige Elemente des Mithraskultes von den Christen später unreflektiert übernommen wurden, auch wenn diese - wie etwa Lichterprozessionen am hellichten Tage - oft gründlich mißverstanden waren." Marion Giebel (1990, Seite 215) kommt zu einem etwas anderen Schluß: "Mithrasmahl und christliches Abendmahl bestehen unbeeinflußt nebeneinander als eindrucksvoller Beweise der Existenz großer religiöser Ideen, die in der Menschheitsgeschichte immer wieder auftauchen. So stammt vieles, was als Entlehnung aus der Welt der Mysterienreligionen im Christentum scheinen kann, aus diesem gemeinsamen Schatz religiöser und kultureller Ideen und Symbole."


Soziale und politische Momente des christlichen Abendmahls

"Die Philosophie ist aus der Religion hervorgegangen" meint Karl Albert (1982, Vorwort)und ergänzt: "Das war offenbar dadurch möglich, daß in der Religion ein philosophisches Moment enthalten ist, wenngleich meist unentfaltet. Man könnte diesen Moment die Philosophie der Religion nennen." Diese Aussage von Karl Albert läßt sich dahingehend erweitern, daß auch soziale und politische Momente in der Religion zu finden sind, man muß sie nur erkennen. Norbert Greinacher (1982, Seite 9) spricht diese weltlichen Momente des christlichen Abendmahls an und verweist auf Walter Dirks: "Walter Dirks hat in aller Deutlichkeit auf diese intensive Verflochtenheit des Essens und Trinkens mit dem Schicksal der Menschen hingewiesen..."Jedes Stück Brot, das auf unseren Tisch kommt, ist das Ergebnis von hunderttausender menschlicher Handlungen, die als höchst verwickeltes, aber auch höchst wirkliches Geflecht zwischen der Natur und unserem Frühstückskorb vermitteln." (Das tägliche Brot, in: Frankfurter Hefte 3 (1948), S. 826-835, hier 827.)" Daher folgert Norbert Greinacher (1982, Seite 10): "Wenn wir deshalb gemeinsam essen und gemeinsam trinken, dann sollten wir uns dabei gerade dies bewußtmachen: daß wir Speise und Trank einander verdanken, daß wir beides aber auch einander schulden. Wenn wir also essen, so erhalten wir damit wirklichen Anteil am Schicksal der Menschen von heute. Wir essen sozusagen ihre Not und Schuld, ihre Dienste und Verdienst, ihre Hoffnungen und Erwartungen in uns hinein." Norbert Greinacher geht dann noch einen Schritt weiter (Seite 14): "Die Tatsache, daß Menschen zusammenkommen, daß sie in Wort und Zeichen ihre Weltsicht zum Ausdruck bringen, ihre Sinngebung der Wirklichkeit manifestieren, ist schon als solches ein politisches Faktum." Norbert Greinacher faßt dann abschließend zusammen (Seite 43): "Brot und Wein können gut zum Ausdruck bringen, daß es im Herrenmahl nicht um eine sakrale Sonderwelt geht, sondern um das individuelle und soziale Leben der Menschen. Die Zeichenhaftigkeit von Brot und Wein wird dann erhöht, wenn sie im Rahmen eines Essens, eines Mahles dargeboten werden. Wir haben bis heute keinen anderen Ritus entdeckt, der so wie das festliche Mahl zum Ausdruck bringen kann, daß man sich der Zusammengehörigkeit, der Solidarität versichern will. Das Mahl dient auch heute noch im menschlichen Zusammenleben als eine rituelle Form, deren man sich an den Knotenpunkten der menschlichen Existenz gerne bedient."


Freimaurerei, Religion und Ritterideal

Die Freimaurerei entfaltet in ihren Ritualen und Symbolen philosophisch-soziale Momente auf eine ihr eigene Art, wobei sich hier teilweise unvermeidbar Ähnlichkeiten zu den Weisheiten der Religionen ergeben. In den Ritualen der freimaurerischen Hochgrade werden dann freimaurerische Lebensweisheiten und philosophisch-soziale Anteile des "Ritterideals" mittels Wort und Handlung derart miteinander verknüpft, daß sich ein Übergang vom Symbolismus zum Aktivismus ergibt.


Entwicklung des Ritterideals

Dietrich Sandberger (1937, Seite 13) beschreibt die Entwicklung des Ritterideals wie folgt: "Aus antik-christlichen Wurzeln stammt aber in der Hauptsache das Tugendsystem des Ritterideals. Nach ihr war der vollkommene Ritter fromm, gläubig, ein treuer Sohn der Kirche, freigiebig, hilfsbereit gegenüber den Schwachen, mitleidig gegenüber dem besiegten Feind, bescheiden, ja demütig im Auftreten und im Benehmen, selbstbeherrscht in allen Lebensäußerungen, bereit zur Freude und begabt für den harmonischen Lebensgenuß. Aber wenn auch das Rittertum sittlich durch die Kirche erzogen wurde, wenn auch der Rittergedanke unendlich viel durch das Christentum vermitteltes antikes und christliches Gedankengut enthält, handelt es sich doch im Grunde um ein unchristliches Ideal, das im Kern der "superbia" [Abkehr von der Einheit mit Gott, Hochmut] eines aristokratischen, nach außen abgeschlossenen Standes entsprang. Die Verpflichtung zur moralischen Haltung im Sinne des ritterlichen Tugendsystems floß nicht aus einer religiösen Gebundenheit, sondern aus dem gesteigerten ritterlichen Ehrgefühl; die ritterliche Moral, die eine tiefe zivilisierende Wirkung ausgeübt hat, war eine konventionelle Standesmoral. Im Kern aber handelt es sich beim Rittergedanken nicht um eine ethische, sondern um eine ästhetische Kulturidee. Das vollkommene ritterliche Leben war beherrscht von der schönen Form; sein Inhalt war Heldentum und Frauenliebe."


Das Ritterideal in der Literatur

In der mittelalterlichen Literatur war der ritterliche Aktionismus immer wieder mit Symbolen verknüft. Der zwischen 1360 und 1380 geschriebene und anonym überlieferte Roman "Sir Gawain and the Green Knight" setzt sich mit dem höfischen Leben auf dem als Ideal dargestellten Artushof auseinander. Wilhelm G. Busse (1974, Seite 77-79) arbeitet in seinem Bericht das Ritterideal anhand des Pentagramms auf dem Schild und Mantel des Ritters heraus: "Seine (Gawain) glanzvolle Rüstung wird ausführlich beschrieben, vor allem aber ein "endloser Knoten", ein Fünfeck, das keinen Anfang und kein Ende kennt und dessen Linien nirgendwo unterbrochen sind. Dieses Symbol auf Schild und Mantel des Ritters ist Ausweis für die herausragende Qualität von Gawains physischen, geistigen und sozialen Tugenden; es ist Ausweis für Perfektion, aber auch dafür, daß nur die Unversehrtheit aller einzelnen Teile die Integrität des Ganzen bewahrt. Als Protagonist (Gawain) der Artusgesellschaft ist er in diesem Text zunächst die Inkarnation all der Normen und Werte, für die der Artushof steht. Der "endlose Knoten" - so wird das Fünfeck auf Gawains Schild und Mantel im Text genannt - faßt diese Normen und Werte im Pentagramm zusammen und gibt ihnen Namen: und da zeigt sich, daß mit diesem Symbol erstmals in einem englischen Ritterroman ritterlich-höfische und christlich-ethische Werte synthetisch in ein Bild gefaßt sind, daß die Tragfähigkeit dieser Synthese sogleich am Handeln des Ritters erprobt wird. Der Versuch geht von der Auffassung aus, daß solche Werte untrennbar miteinander veroben sind: erst die naht- und endlose Verbindung aller Einzelwerte macht den Ritter zu einem wahrhaft höfischen, zu einem idealen Ritter. Die erforderlichen Einzelwerte sind diese: eine Ecke des Pentagramms steht für die fünf Sinne als Symbol der Keuschheit; eine zweite für die fünf Finger, hier verstanden als Betonung der physischen Unversehrtheit des Helden; eine dritte steht für die fünf Wunden Christi, auf die der Ritter sein ganzes Vertrauen als Schutz vor Sünde setzen soll; eine vierte für die fünf Freuden der Jungfrau Maria, aus denen der Ritter seine Tapferkeit im Kampf bezieht. Und die fünfte schließlich steht für hier als sozial bezeichnete Tugenden: Großzügigkeit (oder Freigiebigkeit); Geselligkeit oder besser: Fähigkeit zum sozialen Umgang mit anderen, Höfischkeit und Mitleid. Die Dominanz christlich-moralischer Werte ist unübersehbar, aber auch ihre unlösbare Vernetzung mit weltlichen, mit höfisch-ritterlichen Normen bleibt deutlich genug."

Das Ritterbild in Mittelalter und Renaissance findet immer mehr Aufwertung. Gert Kaiser (1985, Seite 38) erkennt: "Seit Hartmanns "Erec" heißen in der Literatur immer wieder auch hochadlige Herren "Ritter", zieren sich mit einer ständischen Bezeichnung, die jetzt für ein exklusives ethisches und ästhetisches Menschenbild steht."


Die Kultivierung des ritterlichen Kampfes und der Frieden

Nicht unwesentlich zur Entwicklung des Ritterideals hat die Kultivierung des Kampfes beigetragen. Diese Veränderung verlief parallel zu der langen Konfrontation christlicher und islamischer Krieger, die sich in den vom Westen in den Osten vordringenden Kreuzzügen fortsetzte. Rudolf Fahrner (1994, Seite 7/8) ordnet diese Entwicklung wie folgt zu: "Zugleich mit den äußeren Ereignissen fanden auch große innere Umbildungen statt: Neue Auffassungen von einem europäischen Gotteskriegertum traten hervor, die den islamischen entgegenstanden, aber dennoch mit ihnen innigst verbunden waren. Diese Verwandlungen ließen allmählich aus dem Reiterstand den Stand der Ritter erwachsen, und mit ihm eine verschiedene Lebensbereiche durchdringende ritterliche Weltauffassung. Eine ähnliche ritterliche Gesinnung war fast gleichzeitig im islamischen Osten entsprungen. Beider Hauptmerkmale war die Verwandlung des Kampfes aus einem Vernichtungskampf in einen Wettkampf der Ehre unter ehrenhaften Bedingungen: Ausschluß eines Kampfes mit allen Mitteln, Ausschluß eines Kampfes ohne vorherige Ansage, Unterstellung der Kampfesweisen unter beide Kämpfer verbindende Gesetze, Achtung vor einem als gleichgesinnt erkannten Gegner, Versöhnungsbereitschaft und Schonung, ja Pflege des Besiegten und aller Wehrlosen."

Rudolf Hiestand (1985, Seite 59/60) kann sich allerdings der Aussage bezüglich des besonderen Erscheinungsbildes der islamischen Welt, der sogenannten "futuwwa" nicht anschließen und hält entgegen: ""futuwwa" bedeutet einerseits eine Art Ehrenkodex der Wüste mit Gastfreundschaft, Großmut, Freigiebigkeit, andererseits einen bündischen Zusammenschluß, vor allem von jungen Leuten mit einer Schutzfunktion. Man hat in der "futuwwa" nicht nur das Vorbild für das abendländische Rittertum sehen wollen, sondern auch das Pendant zu den Ritterorden, ja das unmittelbare Modell für den Templerorden. Doch an dieser Gleichung ist das meiste unhaltbar. Die "futuwwa" des 11./12. Jahrhunderts ist primär nicht militärisch, sondern zivil, nicht eine Sache der Führungsschicht, sondern der mittleren, ja unteren Schichten, zum Teil außerhalb der Gesellschaftsordnung stehend und terroristische Züge aufweisend, nicht religiös, sondern urban, besonders ein Zusammenschluß von Handwerkern." Festzuhalten ist jedoch, daß durch die Kultivierung des Kampfes erst ein friedliches Miteinander möglich wird. Tödlicher Kampf kann so eingeschränkt bzw. durch Wettkampf umgangen werden.


Die höfische Tafel-Kultur

Die höfische Tafel-Kultur schildert Joachim Bumke (1986, Seite 241 - 251): "Überall wurde im hohen Mittelalter zwischen Herrenspeise und Bauernspeise unterschieden. "Manch ein Bauer wird grau und alt, der niemals Mandelpudding gegessen hat oder Feigen, feinen Fisch und Mandelkerne. Rüben und Sauerkraut aß er gerne, und manchmal er hat sein Haferbrot ebenso genossen wie Herren das Fleisch von Wild und Haustieren". Im Helmbrecht wurde das Haferbrot der Bauern den weißen Semmeln (wizen semeln) der Ritter gegenübergestellt, das Wasser dem Wein, die Grütze dem gekochten Huhn und der Kohl den Fischen. [ .... ] Zur festlichen Mahlzeit gehörte der Wein. "Wenn einer ein Fest veransteltete: wie viele Gänge es da auch gibt, es ist doch keine festliche Bewirtung, wenn gutes Brot und Wein fehlten." [ .... ] Zur Vermeidung von Rangstreitigkeiten unter den Fürsten wurde von den Dichtern der "runde Tisch", die table ronde, erfunden, an der die besten Ritter am Artushof in gleicher Würde saßen. "Die Tafel hat nirgends Haupt noch Ende, weder Ecke noch Spitze. Die Helden, die durch ritterliche Taten und Kühnheit so würdig geworden sind und die ritterlich verdient haben, daß sie dort sitzen, die sitzen alle in ausgezeichneter Weise und alle gleich an hohem Rang." In Wirklichkeit sahen die Tische anders aus. Sie waren rechteckig und lang, und der Wirt saß "zuoberst am Tisch". Der Tisch war niedrig und lang."


Die Elendenbruderschaften und ihre "weltlichen Lustbarkeiten"

Was den vornehmen Herren recht war, war dem Volke billig. Ernst von Moeller (1906, Seite 133) berichtet von den Festen der Elendenbruderschaften: "Diese Schmausgesellschaften sind bekanntlich uralt und durch ganz Deutschland verbreitet. Im Mittelalter ist kein Verein ohne derartige Feste denkbar. Was uns heute so auffällig vorkommt, daß Gelder verpraßt wurden, die eigentlich für die Wohltätigkeit und den Gottesdienst bestimmt waren, war dem Mittelalter kaum anstößig. Denn gemeinsames Essen und Trinken war das Symbol fester und dauernder Gemeinschaft im Verein, in der Verfolgung seiner Zwecke, in Leben und Sterben. Diese weltlichen Lustbarkeiten sind die Kehrseite der religiösen Feiern und Übungen, die an demselben oder einem kurz vorausgehenden Tage von der Bruderschaft vorgenommen wurden."


Das mystische Mahl, die sakrale Zeit und der Frieden

Die Übung des friedlichen Miteinanders der Brüder und die Stärkung des Bruderbandes ist das eigentliche Ziel des mystischen Mahles. Nur weil es zu rituell-sakraler Zeit stattfindet, die Brüder miteinander dasselbe Brot brechen und denselben Wein trinken hat es mit dem christlichen Abendmahl Ähnlichkeit. Aber Brot und Wein sind ebenso Elemente bei anderen kultischen Mahlen wie dem Passahmahl, dem Mahl des Melchisedek, dem Mahl im Mythraskult oder auch bei weltlichen Festmahlen. Ähnlichkeit ist keine Identität. Deshalb wird auch im Ritualtext der Osteragape des AASR zurecht gesagt: "In dieser feierlichen rituellen Handlung ist eine Zusammenfassung des freimaurerischen Gedankengutes zu erblicken. Liebesmahle gibt es und gab es bei den verschiedenen Völkern der Erde aus den verschiedensten Anlässe, sowohl profaner als auch kirchlicher Art." Wesentlich ist aber, daß jenes in der Welt aktiv praktiziert wird, was "drinnen" verrichtet wurde: "Gehen wir in Frieden voneinander und vergessen wir nie, daß wir aufgerufen sind, auf dieser Erde alle Tugenden zu verbreiten, die aus Hoffnung und Glauben, gestärkt durch die Liebe hervorgehen!"


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Bibliographie