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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer




Vorbemerkung: Das Herz gilt seit alters als Sitz der Seele, des Gefühls, des Mutes (schon bei Homer), des Bewußtseins (im Buddhismus) und der Vernunft. Bei den alten Ägyptern bedeutet "herzlos" soviel wie "verstandesarm". Das wahre Wesen des Menschen liegt nicht in seinem Äußeren, deshalb schaut Gott auf das Herz (1. Sam 16,7). Schon im altmesopotamischen Mythos kehrt "Furcht vor dem Tode in das Herz" ein und läßt Gilgamesch nach dem Kraut der Unsterblichkeit suchen. Ohne dieses zentrale Organ war den Ägyptern ein Weiterleben nicht denkbar; während bei der Einbalsamierung alle inneren Organe entfernt wurden, blieb das Herz an seinem Platz.



J. S.

Das Herz

Um Missverständnisse zu vermeiden weise ich vorab darauf hin, dass eine objektiv freimaurerische Deutung von Symbolen nicht möglich ist. Daher handelt es sich natürlich auch bei der nachfolgenden Zeichnung um meine persönliche Interpretation.

Zuerst will ich beschreiben, warum ich mich ausgerechnet mit dem Herz beschäftige. In der Freimaurerei gibt es viele Symbole: Rauer Stein, Zirkel, rechter Winkel usw., aber auch das Herz kommt an vielen Stellen im Ritual vor. Doch das Herz wird oft vernachlässigt, denn es unterscheidet sich von den anderen Symbolen. Das Herz ist nicht nur ein Symbol, sondern auch ein lebendes Organ. Wir bringen es selbst in den Tempel mit und es begleitet uns auch, wenn wir ihn wieder verlassen. Man kann es nicht einfach aus der Hand legen, wenn man sich nicht damit beschäftigen will. Wir sind auf unser Herz angewiesen. Wird das Herz krank oder hört es gar auf zu schlagen ist unser Leben in Gefahr. Viele Menschen in unserer Gesellschaft leiden an Herzkrankheiten und doch kümmert sich kaum einer um sein Herz.

Doch für was steht das Herz? Im allgemeinen Sprachgebrauch benutzen wir es als Symbol für Gefühle. Dabei werden oft nur Freude und Liebe gesehen, doch das Herz kann auch Quelle des Schmerzes und der Angst sein. Man braucht sich nur ein paar Redensarten dazu vergegenwärtigen, wenn einem z.B. das Herz vor Schmerz zerbricht oder einen der Herzschmerz übermannt. Diese Schattenseite der Gefühle wird von unserer Gesellschaft als schlecht angesehen. Doch gleichzeitig werden diese Gefühle besonders bei Männern noch dadurch verstärkt, dass ihre Sozialisation auf Konkurrenzdenken abzielt. In Konkurrenzsituationen kommt es zu keinem Miteinander, sondern Misstrauen, Angst, und Einsamkeit bestimmen das Geschehen. Die Folge davon ist, dass wir eine harte Schale um unser Herz bilden, um uns zu schützen und die "schlechten" Gefühle nicht mehr an uns heran zu lassen. Doch wir übersehen dabei, dass die selbe Schale uns auch von den "guten" Gefühlen trennt. Wir behindern uns dabei gleich doppelt. Zum einen sind viele "gute" Gefühle untrennbar mit "schlechten" verknüpft. Wenn wir z.B. einen Menschen lieben, haben wir gleichzeitig Angst ihn zu verlieren. Zum anderen ist die Intensität von "guten" Gefühlen davon abhängig, dass wir sie mit "schlechten" vergleichen können. Schützen wir uns also vor den "schlechten", dann wissen wir die "guten" kaum noch zu schätzen. Diese Selbstbeschränkung wäre allein schon schlimm genug, doch sie wirkt sich auch nach außen aus. Ein Mensch der seine eigenen Gefühlen nicht kennt kann auch die anderer Menschen nicht mitfühlen. Er erscheint seinen Mitmenschen kalt und leblos, ihm fehlt das was man Wärme, Liebe oder auch Brüderlichkeit nennt.

Wenn wir merken das etwas mit uns nicht stimmt neigen wir dazu das Problem nach außen zu projizieren, statt uns selbst um unser Herz zu kümmern. Man spricht z.B. davon, dass man jemanden sein Herz schenkt. Auch werden oft symbolische Herzen aus Schokolade oder Lebkuchen verschenkt. Doch was bedeutet das - will man dem Beschenkte wirklich etwas Gutes tun? Ich glaube nicht, man will eher das Herz und die damit verbundenen "schlechten" Gefühle los werden und möchte, dass sich der Andere darum kümmert. Er soll uns das geben, was wir nicht fühlen können. Doch bereits diese Forderung ist ein Paradoxon. Niemand kann unsere Wahrnehmung von außen ersetzen oder verändern, denn wir können auch ihn nur wahrnehmen. Ein anderer Mensch kann uns nur unsere Fehler spiegeln oder die Dinge vorleben die uns fehlen. Verändern müssen wir uns selber. Wenn wir uns an das Bild der harten Schale um das Herz erinnern, erkennen wir, dass wir noch ein Herz haben. Es fehlt uns nur der Zugang dazu. Wir müssen uns wieder um unser eigenes Herz kümmern, statt es zu verschenken und Hilfe von außen zu verlangen.

Die Schale um das Herz wieder zu knacken scheint mir auch ein zentrales Anliegen der Freimaurerei zu sein. Jeder von uns erinnert sich wahrscheinlich noch wie ihm als Suchender der Zirkel auf die Brust gesetzt und er mit drei mal drei Schlägen aufgenommen wurde. Dabei zeigt der Zirkel direkt auf das Herz und dringt wie ein Meißel symbolisch durch die harte Schale, um den Zugang zum Herz zu öffnen und es zu berühren. Dabei steht "berühren" nicht nur für den körperlichen Kontakt, sondern soll uns auch ermöglichen uns wieder von Gefühlen berühren zu lassen. Diese symbolische Öffnung des Herzens wurde schon bei der dritten symbolischen Reise vorbereitet, bei der es heißt: "Öffnen Sie nun weit ihr Herz und vernehmen Sie das Wort, das Sie in die Mitte des Tempels führt". Diese Aufforderung zeigt, dass man gewisse Dinge besser verstehen kann, wenn man sein Herz öffnet. Das erscheint um so einleuchtender, wenn man daran denkt das dem Kandidaten in diesem Moment noch die Augen verbunden sind. Dadurch soll ihm bekanntlich ermöglicht werden besser in sich hinein zu schauen. Dort wird er dann hoffentlich das finden, was er sonst übersieht - sein Herz. So vorbereitet vernimmt der das Wort: "Erkenne dich selbst". Doch dieses Erkennen kann kein Erkennen mit den Augen sein - diese sind schließlich noch verbunden. Sich selbst zu erkennen ist eine Sache des Herzens. Wie schon der kleine Prinz sagte:" Man sieht nur mit dem Herzen gut."

Das Herz kommt aber nicht nur im Text des Rituals vor, es hat auch mit den großen Lichter der Freimaurerei zu tun. Bei Öffnung der Loge werden Zirkel und Winkel ineinander verschränkt. Dabei bilden sie zwei gedachte Dreiecke. der Zirkel eins mit der Spitze nach oben, der rechte Winkel mit der Spitze nach unten. Zwei so verschränkte Dreiecke bilden ein Sechseck - ein Hexagramm. Ein solches Hexagramm ist auch unter dem Namen "Siegel Salomo" bekannt, was eine weite Verbindung zur Freimaurerei aufzeigt. Schließlich befindet sich der Umriss des salomonischen Tempels auf dem Arbeitsteppich. Jetzt ist nur die Frage was das ganze mit dem Herz zu tun hat? Dazu müssen wir uns wieder vergegenwärtigen, dass das Herz ein Teil unseres Körpers ist. Nach der indischen Chakren-Lehre gibt es im Körper sieben Energiezentren die so genannten Chakren. Das Herz bildet dabei das vierte und damit mittlere Chakra. Das interessante dabei ist, dass als Symbol des Herz-Chakras auch das Siegel Salomons gebräuchlich ist. Aus dieser Übereinstimmung lassen sich weitere Deutungen herleiten.

Da das Hexagramm aus zwei gleichen Dreiecken gebildet wird, die von oben und unten ineinander verschränkt sind stellt es auch die Vereinigung von oben und unten da. Doch wenn das Hexagramm unser Herz symbolisiert, was ist dann oben und was unten? Das können wir am leichtesten erkennen, wenn wir uns unseren Körper anschauen. Oben ist der Kopf mit dem Gehirn und unserem Geist, der uns als Menschen so einzigartig macht und mit dem wir uns zu Göttern über die Natur aufschwingen. Unten hingegen sind unsere Geschlechtsteile, die uns als Säugetiere das Überleben der Art sichern. Mit unserem Herz befinden wir uns in der Mitte halb Tier, halb Gott. Diese beiden Aspekte lassen sich auch in Zirkel und rechtem Winkel wiederfinden. In geöffneter Loge liegen Zirkel und Winkel wagerecht auf dem Buch des Gesetzes. Der Zirkel weist mit seiner Spitze nach Osten auf das göttliche Licht. Der rechte Winkel nach Westen auf das vergänglich Irdische. Entscheidend ist, dass erst die vereinigten Werkzeuge die Loge öffnen, so wie das Herz in seiner Vereinigung den Menschen. Wenn wir versuchen uns nur auf einen der beiden Aspekte zu reduzieren, verlieren wir damit unsere Menschlichkeit - unsere viel gepriesene Humanität.

Wie es sich auswirkt, wenn man sich zu sehr auf einen der Aspekte konzentriert, will ich an einem Satz aus dem Ritual erläutern. "Seid wachsam auf Euch selbst" so lautet die Aufforderung am Schluss der Arbeit. Doch wachsam auf was - auf meinen Geist - meinen Körper? Schnell richte ich die Aufmerksamkeit auf meinen Geist, der mir unaufhörlich Fragen stellt - der versucht die Zukunft voraus zu sagen oder zu fremden Orten abschweift. Wie selten spüre ich meinen Körper - wie selten mein Herz schlagen, die Wärme meines Körpers, die Luft in meinen Lungen. Ich bin viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, um wachsam auf mich Selbst zu sein. Ich versuche meine Umwelt mit meinem Geist zu kontrollieren und vergesse dabei mich selbst. Ich beschäftige mich mit, philosophischen Dingen um die Welt zu verstehen, ich studiere um später einen gut bezahlten Job zu haben, ich plane mein Leben um etwas daraus zu machen. Doch mein Herz schlägt hier und jetzt.

Mein Geist fragt, wo ist hier - wann ist jetzt? Jedoch hier im Tempel bekommt er keine Antwort. Wir befinden uns außerhalb der normalen Zeit - außerhalb des normalen Raums. Im Tempel kann der Geist schweigen, denn es gibt nur hier und jetzt. Darum will auch ich einen Moment schweigen und euch fragen:

"Fühlt ihr euer Herz schlagen - hört ihr euer Herz schlagen?"

Unser Herz schlägt hier im Tempel genau wie in der profanen Welt. Darum heißt es auch nach der Schließung der Loge: "Damit entlasse ich euch nun aus der Kette der Hände. Niemals aber aus der Kette der Herzen,..." Damit ist meiner Meinung nach die spirituelle Verwandtschaft derjenigen gemeint, die bereit sind ihr Herz zu öffnen. Diese Öffnung wurde zwar mit der Initiation symbolisch begonnen, doch für das was er daraus macht ist jeder selbst verantwortlich. Die harte Schale wurde erst ein kleines Stück weit aufgebrochen und muss wie ein rauer Stein immer weiter bearbeitet werden, um den Zugang wieder herzustellen und zu erhalten. Diese Arbeit kann sehr unangenehm sein, da sie uns auch mit schmerzlichen Gefühlen konfrontiert. Doch wenn wir den Schmerz spüren, wissen wir, dass die Arbeit voran geht. Zu letzt symbolisiert das Herz auch unsere persönliche Uhr. Es erinnert uns mit jedem Schlag daran, dass wir nicht früh genug mit der Arbeit beginnen können. Denn solange wir zögern, verschenken wir unser Leben.

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