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DER TAROT

die kabbalistische Methode der Zukunftserforschung als Schlüssel zum Okkultismus

von ERNST KURTZAHN
(Daïtyanus)
Zweite unveränderte Auflage 1925

Erster Teil.

Theoretischer und symbolischer Tarot.

II. Kapitel.
Tarot und Kabbala.

Die "großen Arkana" - Tarotkarten 6 - 10

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6. Tarotkarte: "Die Liebenden",

(6. Buchstabe Vau).

Diese Hieroglyphe Vau bedeutet das Auge, d. h. alles das, was sich auf Licht und Helligkeit bezieht, denn das Auge bildet ein Bindeglied zwischen uns selbst und der äußeren Welt, da uns durch das Auge allein Licht und Formen offenbar werden. Das Vau ist das universelle unveränderliche Zeichen, welches den Übergang von einer Natur zur anderen bildet. Das Vau ist der zweite einfache Buchstabe des Alphabets. Astronomisch entspricht es dem zweiten Tierkreiszeichen, dem Stier, der das erste irdische Zeichen ist. -

Die Karte ist das Symbol der Vereinigung, aber auch gleichzeitig das des Widerstreits, der Polarität.

Die Figur eines Jünglings (gemeint ist wieder der Mensch Aleph) steht an einem Scheidewege.

Man muß hier an das Arkanurn eins erinnern, dort war er ein Zauberer, ein Eingeweihter, hier ist er es nicht. Über ihm leuchtet das Astrallicht, er weiß nicht, wie er es benutzen kann, Widersprüche bewegen ihn, symbolisiert durch - zwei Frauen, die durch ihre Aufmachung himmlische und irdische Liebe (bzw. Weisheit) zur Genüge dartun. - Auch als Laster und Tugend lassen sie sich syrnbolisieren.

Die Zukunft des dargestellten Mannes ist von dem Wege abhängig, den er einschlagen wird. Entweder wird er durch weise Wahl ein Eingeweihter (der Magier des Arkanums 1.), oder er wird dem "vom Blitz getroffenen Turm" des 16. Arkanums entsprechen.

Der Geist der Gerechtigkeit, dargestellt durch den über den Figuren schwebenden Amor mit verbundenen Augen, spannt seinen Bogen und richtet seinen "Pfeil der Strafe" auf die Verkörperung des Lasters.

Durch dieses tiefe Symbol - das oft mißverstanden wird - wird dargetan, daß der Mensch, der unbeirrt das Gute, den Weg der Tugend, wählt, nicht ohne Hilfe bleibt, und daß sich die Vorsehung mit seinem Willen zum Guten verbinden wird, um ihm bei der Überwindung des Lasters zu helfen.

Kurz ausgedrückt symbolisiert diese Karte den ewigen Kampf zwischen Gewissen und Leidenschaften.

Dieser Widerstreit aber ist auch gleichzeitig das mächtigste natürliche Agens, das es in der Welt gibt, wenn - es sich in Liebe auflöst, welche die Widersacher letzten Endes anzieht und für immer mit-





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einander vereint. Haß und Liebe sind schließlich nur Gegenpole, und die Gegenpole ziehen sich an.

Die Karte vertritt daher:

  1. Im Göttlichen: Das Gleichgewicht zwischen Wille und Intelligenz, "Schönheit",
  2. im Menschlichen: Das Gleichgewicht zwischen Macht und Autori ät, "Liebe", (Charakteristik der Menschheit), "Mitleid",
  3. in der Natur: Das Gleichgewicht zwischen der universellen Seele und dem universellen Leben: Die universelle Anziehung, "Universelle Liebe".

Hieraus geht hervor:

Die Karte 4 hält im Gleichgewicht: Karte 5 und 6,
die Karte 5 hält im Gleichgewicht: Karte 4 und 6,
die Karte 6 hält im Gleichgewicht: Karte 4 und 5.

Mit der nächsten, der 7. Tarotkarte, schließen wir die erste Siebenheit, die uns die Welt der Prinzipien oder der Schöpfung unter den verschiedensten Gesichtspunkten zeigte. Gleichzeitig aber bildet die 7. Karte auch den Übergang zur II. Siebenheit, außer dem Schluß der I. Siebenheit. Die zweite Siebenheit wird von der Welt der Gesetze oder der Erhaltung handeln.

7.Tarotkarte: "Der (Triumph)Wagen"

(7. Bchst. Zain).

Die Figur stellt einen gekrönten Eroberer dar, der auf einem zweirädrigen Wagen sitzt, der von zwei Pferden gezogen wird.

Dieses Symbol entspricht wieder dem 1. und 22 Hinsicht dem ersten luftigen Zeichen Zwillinge, dem dritten Tierkreiszeichen überhaupt.

Der Symbolismus der Karte entspricht in allen Punkten den Ideen, die er ausdrückt.

Hieroglyphisch bezeichnet Zain einen Pfeil, also eine Waffe, ein Instrument, dessen sich der Mensch bedient, um zu erobern und zu regieren.

Zain bedeutet: "Sieg in allen Welten." Er ist ein einfacher Buchstabe und entspricht in astronomischer Arkanum in anderer Anordnung, in allem kommt die Vierheit zur Anschauung: 4 Symbole, 4 Tiere usw.

Der Eroberer entspricht dem Menschen inmitten der vier Elemente, die er überwunden, sie sich nutzbar gemacht hat und sie regiert.

Auf seinen Schultern sieht man die Urim und Thummin des hohen Priesters, in seiner Hand sehen wir ein Szepter.





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Zwei Pferde, ein schwarzes und ein weißes (oder eine weiße und eine schwarze Sphinx), sind vor dem Wagen und deuten außer den Elementen die Polarität + - an.

Das Symbol vertritt die heilige Siebenzahl in allen Manifestationen, die den Schlüssel zum ganzen Tarof gibt.

Der Eroberer korrespondiert besonders mit dem Schwert und mit dem Buchstaben Vau des heiligen Namens.

Die Karte zeigt außerdem den Einfluß der Schöpfung in der Erhaltung und Bewahrung des Göttlichen im Menschen. Sie stellt das Jod oder den Gott der II. Siebenheit dar.

Ferner:

  1. Im Göttlichen: Der Mensch, der die Funktion Gottes, des Schöpfers, erfüllt: den Vater, (das Gesetz der II. Siebenheit: Verwirklichung), Reflex der Macht,
  2. im Menschen: Die Natur, welche die Funktionen des Adam versieht,
  3. in der Natur: Das Astrallicht.

Die II. Siebenheit, die die zentrale ist, hat die Idee der Vermittlung oder des Gleichgewichtes als Begründung aller ihrer Arkana, wie gleich das folgende achte Arkanum zeigen wird.

8. Tarotkarte: "Die Gerechtigkeit",

(8. Buchst. Cheth).

Hieroglyphisch bezeichnet Cheth ein Feld. Damit ist die Vorstellung von einer Sache, die Mühe und Arbeit fordert, gegeben.

Der Mensch ist nun im beständigen Kampf mit der Natur, welche seine Werke zerstören will, während er ihre Erhaltung anstrebt. Daher die Ideen einer ausgleichenden Kraft und der dieser Karte bzw. Buchstaben zugeschriebene Bedeutung der Gerechtigkeit.

In astronomischer Beziehung entspricht das Cheth dem Zeichen Krebs im Tierkreis, dem ersten Wasserzeichen.

Es wurde schon gesagt, daß dieses Symbol vor allem die Idee des Gleichgewichtes in allen seinen Formen ausdrückt.

Gleichzeitig finden wir in ihm die Fortsetzung des Symbolismus der Arkana 2 und 5.

Die Figur der Gerechtigkeit hält ein kurzes Schwert, mit der





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Spitze nach oben gerichtet, in der Linken und eine im Gleichgewicht schwebende Wage in ihrer Rechten.

Die Geheimwissenschaft - durch Karte 2 dargestellt - war praktisch geworden und wurde (vgl. Arkanum 5) gelehrt. Das Schwert der Gerechtigkeit zeigt die schrecklichen Folgen für den, der den falschen Weg (Karte 6) wählte und ein "schwarzer" Magier wurde. Für ihn ist das Schwert geschliffen, das ihn vernichten wird. Aber im Gleichgewicht ist die Wage beim Gerechten. Die Bedeutung des 8. Arkanums liegt in der Mitte zwischen dem 5. (He) und dem 11. (Kaph) Arkanum.

Diese 8. Karte ist die Ergänzung der 11., wie es die 5. für die 2. war. In der I. Siebenheit ergänzen sich alle Zahlen, welche zusammen die Zahl Sieben bilden. In der II. Siebenheit dagegen alle Karten, welche zusammengezählt die Zahl Neunzehn ergeben.

712
"Der Wagen"wird ergänzt durch"Der Gehenkte"
7 + 12 = 19, das heißt:
1 + 9 = 10 = 1 (1 + 0)
811
"Die Gerechtigkeit"wird ergänzt durch"Die Stärke"
8 + 11 = 19 = 10 = 1
910
"Der Eremit"wird ergänzt durch"Das Schicksalsrad"
9 + 10 = 19 = 10 = 1

Die achte Karte des Tarots umfaßt in sich die Bedeutung der zweiten und fünften Karte und stellt gleichzeitig den Widerschein der siebenten dar.

Sie bezeichnet:

  1. Im Göttlichen: Gott, den Sohn der II. Siebenheit. Die Frau, welche die Funktionen Gottes, des Sohnes (die Liebe), erfüllt: "Die Mutter",
  2. im Göttlichen: Reflex des Vaters, Erhalter Gottes, des Sohnes, in der Menschheit. Passives Gesetz der II. Siebenheit: "Gerechtigkeit". Reflex der Autorität und Verwirklichung.
  3. in der Natur: Die Frau der II. Siebenheit; die Natur, welche die Funktionen der Eva erfüllt. -

Die elementare Existenz ist das Mittel, durch welches das belebende astrale Fluidum oder das Astrallicht (Karte 7) sich durch den Äther oder Astralstoff manifestiert. Dies wird durch das folgende neunte Arkanum seine Erklärung finden.





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9. Tarotkarte: "Der Eremit",

(9. Buchstabe Teth).

Das Teth stellt hieroglyphisch ein Dach vor und verkörpert so die Idee eines schützenden Ortes. Daher entsprechen alle von diesem Buchstaben abgeleiteten Ideen dem Begriff von Schutz und Sicherheit, und zwar des Schutzes. den allein die Weisheit verleihen kann.

Also:

  1. Schutz,
  2. Weisheit (Umsicht).

Das Bild zeigt einen alten Mann, der eine brennende Laterne trägt. Er geht auf einen Stab gestützt. Ein Mantel umflattert ihn und droht, das Licht der Laterne zu verhüllen.

Dies Symbol hält die Mitte zwischen dem sechsten und dem zwölften.

Der Mantel, der den alten Mann umhüllt, deutet den Schutz an.

Die Lampe versinnbildlicht die Weisheit.

Der Stab verkörpert die Idee, daß ein Weiser (Wissender) stets gegen Ungerechtigkeit und Irrtum gewappnet ist. (Wieder der Stab, der schon beim Menschen Aleph eine Rolle spielt!)

Vergleichen wir nun dieses Arkanum mit dem 6. und 12., so sehen wir gleich, daß der damals noch bartlose Jüngling (der 6. Karte) den rechten Weg gewählt hat. Die in schwerer Lebensarbeit gewonnene Erfahrung hat ihn zu einem weisen Manne gemacht, und sicher wird ihn nun Weisheit und Vorsicht zu der höheren Erkenntnisstufe führen, die zu erreichen sein höchstes Bemühen ist. Der leuchtende Strahlenkranz, welcher den Genius auf der 6. Karte umgab, ist nun, eingeschlossen in der Lampe, sein Führer, den er hoch hält. - Das ist das Endergebnis seiner unablässigen Bemühungen.

Die neunte, Karte entspricht der dritten, als Empfänger und Erhalter verstanden. Sie bildet nun auch den Ausgleich der siebenten und achten Karte in dieser Weise:

  1. Die Menschheit, die die Funktion Gottes, des heiligen Geistes erfüllt. Die menschlich schöpferische Kraft; menschliche Liebe,
  2. die erhaltende Kraft der Menschheit, das Gleichgewicht des Vaters und der Mutter; Gleichgewicht der Gerechtigkeit und Verwirklichung; Klugheit, Stillschweigen,
  3. die Natur, welche die Funktion der Menschheit erfüllt; Gleichgewicht des Astrallichtes und auch des elementaren Daseins; die natürliche erhaltende Kraft; das Astralfluidum.




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10. Tarotkarte: "Das Schicksalsrad",

(10 Buchst. Jod).

Das Jod zeigt im hieroglyphischen Sinn den Finger des Menschen, und zwar befehlend und gebietend den ausgestreckten Zeigefinger. Wir haben von diesem Buchstaben ja schon eingehend gesprochen, trotzdem man den Gegenstand kaum je, erschöpft. -

Das Jod ist zwar ein einfacher Buchstabe, doch wolle man nicht außer acht lassen, daß er auch den "Ursprung" bedeutet. In der Astronomie entspricht er dem (irdischen) Tierkreiszeichen der Jungfrau.

Das Symbol des Jod drückt zwei Hauptideen aus:

  1. Die Idee des Befehls, der Obergewalt,
  2. die Idee der Fortdauer als Folge der ewigen Wirkung der Zeit. -

Das Schicksalsrad schwebt frei. Das zur Rechten aufsteigende Tier symbolisiert den Genius des Guten, Anubis, emsig wie eine Maus, zur Linken, absteigend, Typhon, der Genius des Bösen. Oben auf einem in den Raum hineinragenden abgestorbenen Baumast sitzt ein Affe, in den Pfoten ein Schwert (oft in der Mitte des Rades auch eine Sphinx mit einem Schwert in den Tatzen).

In der Dreiheit findet die erste Idee ihren Ausdruck, Anubis (rechts), das Positive, Typhon (links), das Negative, als die Herrin des Gleichgewichts die dritte Figur, über deren Symbolisierung man nachdenken mag.

Die zweite Idee wird durch die Kreisfigur, das "Rad", in Form einer Spirale (was sehr zu beachten ist) ausgedrückt. Diese Linie ohne Anfang und ohne Ende symbolisiert die Ewigkeit.

Das 10. Arkanum liegt in der Mitte zwischen dem 7. und dem 13.:

7 + 13 = 20;    20 : 2 = 10.

Das 10. Arkanum bezeichnet ferner das immerwährende Gleichgewicht, welches die schöpferischen Verwirklichungen der Siebenzahl durch die notwendige Vernichtung, durch den Tod (13. Arkanum), modifiziert.

Hier sei eine Abschweifung gestattet, die eine Bestätigung des Vorkommens des Tarots schon im ältesten Indien beweisen dürfte:

Die drei Arkana 7, 10 und 13 entsprechen genau der Hindudreiheit oder Trimurti:

  1. Brahma = Schöpfer = Arkanum sieben (Wagen)
  2. Shiva = Zerstörer = Arkanum dreizehn (Tod)
  3. Vishnu = Erhalter = Arkanum zehn (Schicksalsrad).




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Das Arkanum stellt also den Lauf der Dinge dar nach dem Gesetz der Dreiheit, welches alle göttlichen Manifestationen leitet.

Die 10. Karte beginnt den negativen Teil der zweiten Siebenheit und drückt den Begriff der Siebenzahl in allen ihren Beziehungen aus.

Daher stellt sie dar:

  1. Den Reflex des Willens (Arkanum 4); Notwendigkeit; das Karma der Hindus und Theosophen (),
  2. den Reflex der Kraft und Verwirklichung; die magische Kraft; das Schicksal (soweit es "Wollen" ist),
  3. den Reflex der universellen Seele; die potentielle Kraft in ihrer Manifestation.

Die absolute schöpferische und gestaltende Kraft hat sich nun nach und nach in das universelle belebende Fluidum (4) und das Astrallicht (7) umgewandelt, von jetzt an wird sie durch potentielle Kraft in ihren Manifestationen dargestellt, was sich aus dem nun folgenden 11. Arkanum erklären wird.