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DER TAROT

die kabbalistische Methode der Zukunftserforschung als Schlüssel zum Okkultismus

von ERNST KURTZAHN
(Daïtyanus)
Zweite unveränderte Auflage 1925

Erster Teil.

Theoretischer und symbolischer Tarot.

II. Kapitel.
Tarot und Kabbala.

Die "großen Arkana" - Tarotkarten 11 - 15

Seite 59

11. Tarotkarte: "Die Kraft" ,

(11. Buchstabe Caph).

Es ergibt sich als hieroglyphische Bedeutung des Buchstaben Kaph die Hand des Menschen, halb geschlossen, im Begriff des Zufassens, wie Ghimel. Jedoch ist Kaph eine Verstärkung von Ghimel: er bezeichnet die Hand des Menschens im Begriff des unerbittlichen, festen Zugreifens. Daher entsprechen diesem Buchstaben auch alle Ideen von Kraft. -

Die Zahl 11 nun, die die erste nach der Zehnheit ist, erteilt dem Kaph einen anderen Wert, einen, der ein reflektiertes vergängliches Leben bezeichnet.

Kaph ist von dem Buchstaben (8) abstammend, der seinerseits von dem Zeichen des absoluten Lebens (5) ausgeht. So auf der einen Seite mit dem Zeichen des elementaren Lebens verbunden (vgl. 8. Arkanum!), stützt es sich auf die Bedeutung des Buchstabens Cheth (8), von dem es nichts weiter als eine Verstärkung ist. -

Caph ist ein doppelter Buchstabe, der mit'dem Monat März und dem Wochentag Dienstag korrespondiert. -

Durch das 11. Arkanum werden nur zwei Ideen ausgedrückt:

1. Die Idee der Kraft, 2. die Idee der Vitalität.

Ein Weib deutet mit dem Zeigefinger der Linken auf den (von ihr geschlossenen) Rachen eines mächtigen Löwen (erste Idee).

Auf dem Haupt trägt sie das vitale Zeichen der Dreiheit in Gestalt von drei dreieckigen Spitzen einer Krone (zweite Idee).





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Das 11. Arkanum steht in der Mitte zwischen dem 5. und dem 14. Arkanum. In ihm finden wir den Symbolismus der 8. Karte umgewandelt zur physischen Ebene. Dies ist in der Tat das Bild einer Macht, die durch die richtige Anwendung der heiligen Wissenschaft des 2. Arkanums gegeben wird.

Die 11. Tarotkarte zeigt alle negativen bzw. reflektierten Bedeutungen des 5. Arkanums, und zwar:

  1. Den Reflex der Intelligenz (5), Freiheit,
  2. den Reflex der Autorität, des Glaubens, Mut (das Wagen),
  3. den Reflex des universellen Lebens, Manifestation der Kraft der vorangehenden Arkana; reflektiertes und vergängliches Leben.

Wir werden im folgenden Arkanum, dem 12., den Ausgleich sehen mit sich selbst, d. h. ihrer in ihren Manifestationen potentiellen Stärke.

12. Tarotkarte: "Der Gehenkte",

(12. Buchst. Lamed).

Hieroglyphisch bedeutet der Buchstabe Lamed den Arm, und daher steht dieser in enger Beziehung mit allem, was sich ausstreckt und erhebt, entfaltet wie der Arm. Kurz, er ist das Zeichen jeder ausdehnenden Bewegung. Als Folge dieser Bedeutung begreift er auch in sich alle Ideen des Sicherstreckens, des Einnehmens, auch des Besitzes.

Propheten und Offenbarungen erzeugen in der Menschheit eine göttliche Ausdehnung, woraus sich eine Idee des geoffenbarten Gesetzes ergibt. Diese Offenbarung aber schließt sowohl Strafen für Verletzung desselben, als auch Belohnung für Erfüllung ein, für den, der sie richtig versteht.

Hier begegnen wir also den Ideen des gewaltsamen Todes freiwilliger oder unfreiwilliger Art.

Lamed ist ein einfacher Buchstabe und entspricht in astrotiomischer Hinsicht dem (luftigen) Tierkreiszeichen Wage!

Das Bild stellt einen Mann dar, der mit einem Fuß an einem rohen Galgen aufgehängt ist. - Der Galgen ruht auf zwei Bäumen, an denen man die Stümpfe von je sechs abgehauenen Ästen erblickt.

Die Hände des Mannes sind auf dem Rücken gebunden, seine Augen sind weit offen, und sein Haar flattert. Das rechte Bein kreuzt das linke. -

Wieder begegnen wir in der gehängten Jünglingsgestalt dem Gaukler, dem Menschen Aleph, von dem wir schon Verwandlungen in den Arkana 6 und 7 sahen.

Die zweimal sechs abgeschnittenen Äste sollen hier die zwölf





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Tierkreiszeichen darstellen, zwischen denen der Mensch aufgehängt ist. je 6 Aststümpfe zeigen eine Entschließung an, im ganzen also deren zwei, zwischen denen er zu wählen hat. Von der getroffenen Entscheidung wird aber diesmal nicht, wie im 5. Arkanum, seine physische Zukunft abhängen, sondern vielmehr seine geistige Zukunft.

Das 12. Arkanum liegt in der Mitte zwischen dem 9. (Weisheit) und dem 15. (Verhängnis). Beide Arkana, 9 und 15, stellen, in geistigem Sinne betrachtet, die beiden Frauengestalten des 6. Arkanums dar.

Der Gehängte soll als abschreckendes Beispiel für den Vermessenen dienen und drückt seine Lage die vollkommene Unterwerfung aus, die das niedere Menschliche dem Göttlichen schuldet.

Die zwölfte Karte stellt die Macht des Gleichgewichts dar, in ihr werden die Gegensätze der zehnten und elften Karte neutralisiert.

  1. Gleichgewicht der Notwendigkeit und der Freiheit; Mitleid. Gnade (erhaltende Kraft der Liebe),
  2. Gleichgewicht der Macht und des Mutes; Reflex der Klugheit; erworbene Erfahrung (Wissen),
  3. Gleichgewicht der potentiellen Manifestation (10) und des reflektierten Lebens; Widerschein des Astralfluidums; Kraft des Gleichgewichts.

Modifizierende Kraft ist also der letzte Ausdruck der II. Siebenheit. Durch sie erfolgt Verwirklichung im Astralen, um in die physische Ebene überzugehen, und zwar aus der Welt der Aufnahme und Erhaltung (II. Siebenheit), in die Welt der Umwandlung (III. Siebenheit).

13. Tarotkarte. "Der Tod".

(13. Buchstabe Mem).

Die hieroglyphische Bedeutung des "Mem" ist ein - Weib . . . 1), eine Frau, die Gefährtin des Mannes. Daher entsteht die Idee von Fruchtbarkeit und Gestaltung.

Das Mem ist vor allem das Bild des passiven äußerlichen Wirkens, das mütterliche und weibliche Zeichen. Am Ende eines Worts gebraucht, ändert sich das Zeichen etwas in der Form (dem 15. Buchstaben Samech bezeichnenderweise! ähnlich) und bedeute in diesem Fall: Das Sein im unbegrenzten Raum.

Mem bezeichnet auch alle Wiedergeburten, die aus vorangegangenen Zerstörungen entstehen, denn




    1) Im Zusammenhang hiermit eine sonderbare (?) Entdeckung: Das Wort Materia ergibt, wenn man die Silbe "te" (dich!) fortläßt: Maria ...
Anmerkung des Verfassers!



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die Schöpfung braucht notwendig Zerstörung, ?um selbst bestehen zu können. Aus diesem Orunde versinnbildlicht das Mein alle Umwandlungen und infolgedessen auch den - Tod, der nichts, aber auch nichts anderes ist, als ein Übergang, eine Geburt von einer in die andere Welt.

Mem hat einen besonderen Rang, da es einer der drei Mutterbuchstaben ist. (Wenn Goethe im 2. Teil seines wunderbaren "Faust" von den "Müttern" spricht, wolle der nach Kabbala strebende Leser einmal die drei kabbalistischen Mütter Aleph, Mem und Shin als Schlüssel anzuwenden versuchen! Bei richtigem Gebrauch dürfte er von dem Ergebnis überrascht sein! Überhaupt darf man den ganzen "Faust", jedes Wort fast, nur kabbalistisch lesen. Dies nebenbei.)

Die Idee, die durch das Bild des 13. Arkanums ausgelöst werden soll, ist die einer Vernichtung, der aber eine Wiedergeburt folgt (oder auch vorausgegangen ist . . .).

Die erhobene Sense deutet nach oben, während die rechte Hand nach unten zeigt; wieder der hermetische Grundsatz, der schon durch Arkanum 1 ausgedrückf wurde: Wie oben, so unten.

Nichts ist beständig, alles einem ewigen Wechsel von Entstehen und Vergehen unterworfen.

Das 13. Arkanum wird durch das 10. (Schicksal) und durch das 16. Arkanum (Zerstörung) erklärt, zwischen denen es steht:

10 + 16 = 26;    26 : 2 = 13.

Aus diesem Grunde ist Mem das Zentrum zwischen dem (10.) Jod (Schöpfungsprinzip) und dem (16.) Hain (Zerstörungsprinzip).

Das 13. Arkanum findet seine Ergänzung im 18., das es vollendet. (So war es auch beim 5. und 2. und beim 12. und 7. Man vergleiche auch das 8. und 5. Arkanum.) Also:

1318
Todwird vollendet durchMond
13 + 18 = 31 = 4 = 1    1)
1417
Mäßigkeitwird vollendet durchSterne
14 + 17 = 31 = 4 = 1
1516
Teufelwird vollendet durchZerstörung
15 + 16 = 31 = 4 = 1

Die 13. Karte ist zwischen die unsichtbaren und die sichtbaren Welten gestellt und damit das universelle Mittelglied in der Natur, wodurch alle Einflüsse von einer Welt auf die andere rückwirken. Daher bezeichnet sie:

    Gott, den Umformer: Das umwandelnde universelle Prinzip, zerstörend und schöpferisch,



    1) Über diese rein kabbalistische Rechnungsart vgl. das Kapitel "Deutung".



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  1. die Verneinung der Verwirklichung: Tod,
  2. das Astrallicht, das die Funktionen des Schöpfers ausführt: Die universelle gestaltende Kraft (die den Tod und die untwandelnde Kraft ausgleicht). -

14. Tarotkarte: "Die Mäßigkeit",

(14. Buchst. Noun).

Der hieroglyphische Inhalt von Noun ist der Begriff des Sprößlings vom Weiblichen, z. B. eine Frucht, gleichviel welcher Art, ein Kind, kurz, alle irgendwie erzeugten Dinge. Daher ist das Noun das Abbild des erzeugten (und reflektierten) Seins geworden, oder das Zeichen der körperlichen und persönlichen Existenz.

Am Ende eines Wortes in Vau-Form bedeutet es Vermehrung und unterstreicht die Bedeutung des Wortes, das es beschließt.

Astronomisch entspricht Noun dem (wässrigen) Tierkreiszeichen des Skorpion.

Zusammengefaßt drückt das Noun ebenso wie das berühmte Siegel Salomonis: die Hervorbringung irgendeiner Zusammensetzung aus oder die Wechselwirkung der schöpferischen Kräfte (aufsteigendes Dreieck im Siegel) und der vernichtenden Kräfte (mit der Spitze nach unten zeigendes Dreieck im Siegel).

Das Symbol drückt folgende Ideenaus:

  1. Zusammensetzung verschiedener Strömungen,
  2. Individualisierung des Daseins.

Die Person auf der Karte ist als Genius der Sonne aufzufassen, der das Lebensfluidum aus einem goldenen Krug in einen silbernen gießt. Dies ist die erste Idee.

Das Fluidum geht aus einem Gefäß in das andere über, ohne daß ein Tropfen verloren geht. Das ist die zweite Idee.

Das dargestellte Weib ist dasselbe, welches uns schon im 11. Arkanum begegnete und das wir im 17. Arkanum nochmals antreffen werden.

Die 14. Tarotkarte zeigt das bisher sorgfältig bewahrte Fluidum, das jetzt frei in der Natur kreist. Folgerungen:

  1. Zusammensetzung aktiver und passiver Fluida. Der Eintritt des Geistes in die Materie und die Rückwirkung des Stoffes auf den Geist, also: Involution,
  2. Reflex der Gerechtigkeit in der materiellen Welt: Mäßigkeit,
  3. Fixierung des reflektierten Lebens, Verkörperung des Lebens, oder: Individuelles und körperliches Leben.





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15. Tarokarte: "Der Teufel,

(15. Buchstabe Samech).

Diese Hieroglyphe stellt ebenso wie das 7. Arkanumzeichen Zaïn eine Waffe dar, einen Bogen oder dergleichen.

An den Bogen erinnert auch die kreisförmige Gestalt des Buchstabens.

Die Idee eines geschlossenen Kreises hat die Idee des Schicksals der unentrinnbaren Bestimmung zur Folge, in welchem allein der menschliche Wille frei handeln kann. Das urälteste, sehr bekannte Symbol ist die Schlange, die sich in ihren Schwanz beißt. Die Bestimmung, die dadurch symbolisiert wird, umschließt die Welt mit ihren Armen. Auch stellt dies Symbol ein Bild des Jahres nebst dem Wandel der Zeiten dar. Samech ist ein einfacher Buchstabe und entspricht astronomisch dem (feurigen) Tierkreiszeichen Schütze.

In jeder Kosmogonie entspricht der Teufel der geheimnisvollen, astralen Kraft, deren Ursprung durch den Buchstaben Samech besonders gekennzeichnet wird.

Auch in diesem Arkanum werden wir bekannten Gestalten aus früheren Arkanen begegnen. Gaukler (1.) und Teufel identifizieren sich, aber anstatt des Zauberstabes des Gaukters hält die Figur des Teufels eine brennende Fackel in der Hand, als Symbol der vernichtenden schwarzen Magie!

.Zu Füßen des Teufels stehen zwei Gestalten, entsprechend den zwei Frauen (6.) und den beiden Galgenstützen (12.).

Die universelle belebende Kraft des 3. Arkanums ist zur universellen zerstörenden Kraft geworden, das Szepter der Venus Urania zur Dämonenfackel, ihre Engelsflügel in die scheußlichen Flederrnausflügel des Gottseibeiuns.

Das dritte Arkanum symbolisierte den heiligen Geist (oder die Vorsehung).

Das fünfzehnte Arkanum hingegen symbolisiert den falschen Geist (oder die Bestimmung).

3 + 15 = 18 : 2 = 9

Das neunte Arkanum, das in der Mitte zwischen 3 und 15 liegt, symbolisierte die Klugheit (oder den menschlichen Willen).

Der Teufel hat auf seinem Haupt das universelle Fluidum, das den Kopf des Gaukters (1.) umgab, materialisiert, versinnbildlicht durch die Hörner





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Die 15. Tarotkarte bedeutet:

  1. Bestimmung (Gegenpol, Zufall),
  2. Verhängnis (Sündenfall Adams und Evas),
  3. das astrale Fluidum, weiches individualisiert; oder: Nahash, der hütende Drache der Schwelle.