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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Geheime Unternehmungen der Freymaurer

von Larudan, London Berlin 1788

Erstes Capitel



Geht man die Geschichte durch, so findet man in allen Zeiten und fast bey allen Völkern geheime Gesellschaften. Diese Gesellschaften bewahrten gewöhnlich die wichtigsten Wahrheiten, und gaben doch meistens den gefährlichsten und ungereimtesten Irrthümern ihren Ursprung. Sie übten die reinste und strengste Moral aus, und ergaben sich doch den schändlichsten und unmenschlichsten Ausschweifungen. Sie bildeten sich gleich in der Kindheit der Welt, erhielten sich, pflanzten sich mehrere tausend Jahre hindurch fort; und doch haben sie kaum Spuren ihres Daseyns hinterlassen. - Ihre Ueberreste, sparsam mit den Trümmern der Reiche und Staaten vermischt, sind verändert, entstellt. -





So widersprechend dies auch manchem scheinen oder wirklich seyn mag; so ist und bleibt doch die Maurerei der grosse und wichtige Gegenstand, der von den Weisen in nähere Betrachtung gezogen zu werden, und unstreitig unter allen Gesellschaften der Welt mit recht den Schutz der Fürsten, die Achtung der Philosophen und die allgemeine Verehrung des Volks verdient. In Rücksicht, daß alle Klassen von Menschen gewisse Vergnügungen haben müssen; mit welcher Zufriedenheit müssen nicht Fürsten, Obrigkeiten und Regierungen eine Gesellschaft in ihren Staaten sich verbreiten sehen, welche die Kenntnis des höchsten Wesens, die Verehrung der Religion, den Gehorsam des Unterthanen gegen den Fürsten, die Mäßigung der Leidenschaften, die Liebe des Nächsten, und Mitleiden gegen die Unglücklichen lehret und ausübet? - - Dies sind die Grundsäulen der Mäurerei, auf dem sie sich seit langer Zeit gegen Verläumdung, Unwissenheit, Fanatismus und Tyrannei aufrecht erhalten und beschützt hat.

Freilich, wären die Menschen beständig tugenhaft gewesen; so hätten sie alle zu allen Zeiten und an allen Orten der Gottheit ihre Gelübde, ihre Verehrung, ihre Erkenntlichkeit darbringen können. Aber so bald Laster und Verbrechen auf Erden zu Hause waren! suchten die da-





mit Befleckten, die den Zorn des höchsten Wesens fürchteten, um solchen abzuwenden, Fürsprecher, die selbigem ihrer Tugend wegen angenehm wären.

Eine so erhabene Beschäftigung war für diese nur ein Grund mehr, dem natürlichen Gesetze nachzudenken, und es zu befolgen, und ihre Blicke standhaft zur Gottheit hinauf zu richten. Aber von Lastern und Vorurtheilen umringt, fürchteten sie ihren schädlichen Einflus, und gingen nun hin in abgesonderten Einöden zu leben. Ihr Leben mehr der Betrachtung gewidmet als das Leben der übrigen Menschen, trieb sie natürlicher Weise zuerst, den periodischen Wechsel der Jahreszeiten, den Umlauf der Gestirne, die Erzeugnisse der Natur zu untersuchen; sie wandten diese Kenntnisse zum Besten ihres Gleichen an, und verkündigten dem Volke von den Gipfeln der Berge herab, durch Feuer oder Gesänge die Zeitpunkte, da das Tagesgestirn die Natur wieder beleben und verschönern, da die ersten Stralen des stillen Monds den besorgten Wanderer mitten in dem Dunkeln der Nacht leiten würden; sie errichteten unter dem Schatten einer alten Ceder einen Altar von bloßen Rasen, und bekränzten ihn mit den ersten Blumen, die der Lenz hervorsprossete; bedeckten ihn mit den ersten Früchten, die der Herbst gezeitigt hatte, oder opfer-





ten auch die Milch von den Heerden, und heiligten deren Erstlinge mit Gepränge. Mit der Dankbarkeit der Völker beladen, feyerten sie solche durch Tanz und Gesang.

Da solchergestalt Vertreter der Völker bei der Gottheit, ihre Rathgeber und Führer in ihren Arbeiten und Pflichten waren, so hatten sie Zeichen von nöthen, um die Nationen an die Zeiten ihrer ihrer Feste und ihrer Geschäfte zu erinnern, das Andenken merkwürdiger Begebenheiten zu erhalten, und ihre Lehre, Wissenschaften und Entdeckungen sich untereinander mitzutheilen. Dies war der Ursprung der Hieroglyphen, und Sinnbilder, welche sich bei allen Priestern der alten Völker fanden. Um sich zu ihren Verrichtungen und Studien keine andere als dazu fähige und würdige Männer zuzugesellen, ordneten sie Proben und Prüfungen an, und dies muß auch die Prüfung der im Alterthum so berühmten Einweihungen gewesen seyn. Obgleich die ältesten Schriftsteller solche den ägyptischen Priestern zueignen, so muß man doch glauben, daß diese Mysterien und Einweihungen schon vor der Zerstreuung der Völker da waren; denn man findet bei Nazionen, die eben so alt sind, wie die Egypter, Spuren davon, und man sieht aus der Aehnlichkeit der Grundsätze, der Lehren, der Gebräuche ihrer Priester, daß sie einen ge-





meinschaftlichen Ursprung gehabt haben müssen. Bei den ersten Chaldäern wohnten die Magier auf den Gipfeln der Berge: bei den Celten lebten die Druiden in den stillen Einöden der Wälder: bei den Indiern und Aethiopiern hatten die Brachmanen und Gymnosophisten Oerter, die ihnen gewidmet waren, und bei den Egyptern hatten die Priester weitläufige Wohnungen tief unter der Erde. Alle führten in diesen abgesonderten Oertern ein mäßiges und arbeitsames Leben; alle bedienten sich langer Fasten und rauher strenger Gewohnheiten, um diejenigen, die zu ihnen gelassen werden verlangten, vorzubereiten; alle hatten ihre Sinnbilder und Unterscheidungszeichen; alle predigten Sanftmut und Mildthätigkeit, lehrten das Daseyn eines höchsten Wesens und die Unsterblichkeit der Seele; alle sangen in ihren Hymnen die Wohlthaten der Gottheit, die Wunder der Natur; alle studierten auch die Sternkunde, die Arzneigelahrtheit, und von ihnen lernten die Völker Wissenschaften und Gesetzgebung; aber die egyptischen Priester waren vorzüglich berühmt durch ihre Entdeckungen in der Sternkunde, Scheidekunst, Mechanik, durch die Reinigkeit ihrer Sittenlehre und ihrer Lehrsätze, durch ihre Weisheit in der Gesetzgebung. Diese konnten ihren Ruhm nichts anders als den Geheimnissen ihrer Mysterien und der Strenge ihrer Einweihungen zu





danken haben. Denn da sie mitten unter einem verderbten und abergläubischen Volke lebten, bewahrten sie sich blos dadurch so viele Jahrhunderte vor dem Irrthum und Aberglauben, daß sie sich wenig mittheilten, ihre Lehre sorgfältig verhüllten, und die, welche sie einweiheten, aufs schärftste prüften.

Etwas ganz Gewisses kann man nicht über die eigentliche Zeit sagen, da die Maurerey entstanden ist; alles, was man hierüber beibringen kann, ist, daß die Egypter, und vor ihnen die Chaldäer die Urheber der ersten Grade der Maurerey waren. Man siehet dies leicht ein, wenn man entweder die Gebete ihrer Eingeweihten in Erwägung zieht, oder die Kenntniß, die sie von dem flammenden Stern, unter dem Namen Oromazes *) hatten, die sie ihren Eingeweiheten nicht eher mittheilten, als bis sie sich durch drey Reisen, oder besser zu sagen, durch drey Reinigungen, mit Wasser, Feuer und Blut geprüft hatten; sie hatten verschiedene von unsern Sinnbildern unter derselben Bedeutung; sie zielten




*) Oromazes bedeutet im Chaldäischen schimerndes, glänzendes Licht. Dies ist der Name, welchen dieses Volk dem guten Principio gab; das böse nannten sie Arimanes.



auf die Verehrung eines höchsten Wesens, das Rächer und Vergelter ist; es war nöthig, diese Gottesverehrung vor den Augen des Volks verborgen zu halten, das sich seinen Aberglauben schlechterdings nicht nehmen ließ. Dieses, das eine fast unzählige Menge von Göttern aller Art anbetete, hatte zu der Anbetung eines einzigen keine Neigung, und es dazu zu zwingen, wäre gefährlich gewesen.

Wenn man den Gesängen, welche das Glück der Freymaurer verherrlichen, glauben will, so gleichet auch da die Geschichte dieses Ordens den Erzählungen der berühmtesten Völker des Alterthums, den Assyrern, Persern und Egyptern, die ihren Ursprung auf undenkliche Zeiten hinaus setzten, die sie in ihren Jahrbüchern durch eine Reihe von Millionen Jahren berechneten. Den ehrwürdigen Verfassern solcher Lieder ist es viel zu wenig, daß man den Ursprung ihres Ordens bis an die Zeit des Königs Salomo zu Jerusalem hinaufführet. Die Jahre vor der Sündfluth sind die wahrhafte Zeit, da man den Anfang der Freymaurer festsetzen muß. Vielleicht hatte es Noah bey dem allgemeinen Scheitern der Natur dieser treflichen Eigenschaft zu danken, daß die Wellen seine Arche verschonten, und in der Person des Wiederbringers dieses Ordens einen Mann verehrten, dessen Nachkom-





men, nachdem sie sich überall ausgebreitet hätten, der Welt die ersten Bürger in den Freymaurern geben sollten.

Einen dem Gedächtnis so beschwerlichen Ursprung darf man sich nicht befremden lassen, noch weniger seinen Angehörigen verargen: sie thun, was die gesittetsten Völker gethan haben; und dieserhalb will ich meine Leser mit keinen längern Untersuchungen hierüber aufhalten.

Was ist es für den Vortheil, die Grüfte der ersten Welt zu durchsuchen, um für seine Herkunft einen Werth daher zu holen. Wenn der Maurerorden, nach dem Vorgeben, die menschliche Glückseligkeit zum Endzweck hat, und alles Bestreben auf die Einrichtung und Beförderung derselben abzielet; so hat er diese Vortreflichkeit, die sein Wesen ausmacht, und welches ihm die älteste Asche und die dunkelsten Denkmäler nicht mittheilen können, in ihm selbst zu suchen. Alles, was an sich gut ist, bedarf keiner Güte noch von fremder Hülfe zu entlehnen, und die Neuheit selbst könnte dem Orden keine Art nachtheilig seyn. Denn verdienen viele nützliche Erfindungen weniger Lob, und ihre Urheber darum weniger Dank, weil sie nicht die Hochachtung etlicher Jahrhunderte vor sich haben?

Endlich würden sich auch die Freymaurer eines Undanks schuldig machen, wenn sie ihre Er-





richtung oder doch Einrichtung nach dem heutigen und reellen Fuß, die sie von einem der größten Staatsmänner abzuleiten verbunden sind, mit chimärischen Erdichtungen verhüllen, da dessen Verstand und Gaben, die er bey der Stiftung ihres Ordens erwiesen, wenigstens verdienen, daß sie sich eines solchen Urhebers nicht schämen.

Dieser ruhmwürdige Stifter war der bekannte Cromwell in England. In diesem Reiche hat man sie wachsen, zunehmen, und endlich zu demjenigen Grad von Größe und Vollkommenheit, worinnen sie sich gegenwärtig befindet, gelangen sehen. Kurz, dieses Land ist die fruchtbare Quelle aller Logen, welche man in der Welt angeleget hat.

Es liegt nichts daran, daß die Gesellschaft durch dieses Geständniß einige tausend Jahre an ihrem Alter verlieret; auch ists ihr keineswegs zum Nachtheil, wenn sie Chromwell als ihren vorzüglichen und ersten Meister erkennet, was man auch sonst in dem Gesichtspunkte, da man ihn als einen Anmaßer betrachtet, gegen seinen Ruhm und gegen seine Redlichkeit einzuwenden haben mag! Nur ein so großer Geist, als der seinige, war allein vermögend, ein Werk von dieser Wichtigkeit zu unternehmen, und die Mittel zu finden, selbiges bis auf diejenige wunderbare Ausführung aufrecht zu erhalten, welche





die Welt die Welt durch die erschreckliche Veränderung in Erstaunen gesetzt hat.

Eine genaue Vergleichung und rechte Zusammenhaltung der Gebräuche und Neigung der Freymaurer mit den Gesinnungen, welche Cromwell hegte, zeigen eine volle Aehnlichkeit in der Sache. Aber unter denen, welchen der Orden seine Geheimnisse anvertrauet, kennen bloß die vornehmsten Mitglieder den Stifter, weil man ihn den übrigen Brüdern zu verschweigen für gut befindet. Diese letztern müssen sich verpflichten, zu glauben und zu leugnen, wie die erstern befehlen, daher sie auch, wenn ein Gewissensscrupel eines und des andern Mitliedes von Erheblichkeit der Welt Entdeckungen bekannt macht, die sie selber bey ihrer gehüllten wahrhaften Unwissenheit das prächtige Gewand der Verschwiegenheit nicht gewußt haben, von ihrem Erstaunen zurückkehren, und der Urheber solcher Nachricht einen Unwürdigen und einen Lügner nennen, weil ihn die Erstern sofort dafür erklären. Nur wenige Vernünftige haben den Muth und das Glück, die Binde abzureißen und dem Endzweck und den Absichten ihres Stifters nachzudenken.

Cromwell ward zu Hutingdon im Jahr 1599 geboren. Seine Verstandesgaben waren so ungemein, daß er sich aus einem mittelmäs-





sigen Stande zu einer königlichen Hoheit nicht nur erhob, sondern auch bis an sein Grab sich so glücklich dabey behauptete, und er in seinem Palast 1651 ruhig verstarb. Als er 1628 in die Dienste des Parlaments trat, hielt er nicht für gut, seine Gaben auf einmal zu zeigen; er brachte sogar eine geraume Zeit zu, ohne einige besondere Eigenschaften an sich blicken zu lassen, welche die Augen seiner Mitbürger auf ihn ziehen und ihm ihre Bewunderung erwerben konnten. Seine Politik war groß, daß er wohl einsah, was er zu einer Zeit, da ihm die Verstellung, um in der Verwaltung der Staatsgeschäfte fortzukommen, nöthig war, von seinen Mißgünstigen zu befürchten und auszustehen haben würde. Die Klugheit machte, daß er seinen Verstand allemal nach seinem Glück abmaß, bis daß er endlich auf den Gipfel des Ruhmes, wornach er strebte, gestiegen war, und sie in ihrer völligen Größe sehen lassen konnte. Eine Art Enthusiasmus, der seinen Absichten günstig war, blieb die Decke, worunter er sich allemal verbarg. Wenn er eine Rede hielt, so überließ er die Bemühung, sie genau zu verstehen, seinen Zuhörern, und redete immer zweydeutig. Bey einer Unterredung von der Religion mit dem Ritter Chichely sagte Cromwell: Ich könnte euch wohl sagen, was ich nicht wollte, aber ich kann euch nicht sagen, was ich gern





wollte. - Zweydeutige Worte, woraus Cromwells Vorsatz, eine Gesellschaft zu stiften, worinn jede Religion wäre, wohl abzunehmen ist. Er suchte eine Menge Secten miteinander zu vereinigen, und es gelang ihm. Er brachte die Presbyterianer und Independenten, die sich schmeichelten, daß sie in allen Regierungsformen bestehen könnten, eine Art von Leuten, deren Ansehen die Armee unterstützte, und diejenigen, welche, wie sie vorgaben, für die freye Religionsübung stritten, eine andere, deren Hauptendzweck die Abschaffung der monarchichen Gewalt war, kurz, alle Partheyen, die in ihren Meynungen ganz unterschieden waren, zur Eintracht. Das Parlement, welches noch des König Karls Parthey hielt, suchte selbigen noch immer wider die Armee, die ihm feind war, zu schützen; Cromwell aber wußte die uneinigen Mitglieder so wohl zu behandeln, daß sie ehestens befriediget werden sollten, stillte, und so gieng er immer weiter und weiter, bis er endlich zu Erreichung seiner Absicht gelangte und seinen Endzweck ganz erreichte.