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Geheime Unternehmungen der Freymaurer

von Larudan, London Berlin 1788

Zweites Capitel



Daß die Zeit des höchsten Flors der Freymaurey und ihrer Vermehrung unter Cromwells Regiegrung gewesen seyn müsse, können sich meine Leser, nachdem sie aus dem, was ich von diesem eifrigen Bekenner gesaget, erfahren haben, schon von selbst erklären. Wir haben ihn vorher als den Stifter oder doch als den Wiederhersteller des Freymäurerordens angegeben und kürzlich betrachtet, und er verdient diesen Titel mit allem Rechte, wäre es auch nur in der Ausführung seiner großen Absichten. Wir wollen nun auch über ihn eine kurze Untersuchung anstellen, wie er die Früchte seiner Arbeiten ärndet, und seinen gegründeten Orden vollends beendiget, welches nach meiner Einsicht die merkwürdigste That und Hauptsache ist. Man kann diese Nüanzen der Schilderung seines Gemüths nicht weglassen, wenn man die vollkommnene Gleichheit der Gesetze des Ordens mit Cromwells Naturell zeigen will. Wenn man auf ihre Meynungen von Religion und Policey, auf ihre Neigungen zu Entzückungen, ihre feyerliche Schreibart und dunkle Worte auf ihre Freyheit und Geschicklichkeit ihre Meynung, ohne sie vor-





zutragen, kund zu thun, auf die Gründe, welche sie anführen, Achtung giebet: so kann man sich des Verdachts nicht entschlagen, daß sie eine neue Religion und bisher unbekannte Regierungsform, worinn alle einander ganz gleich, und alle vollkommenen frey sind, einführen wollen.

Dieser Argwohn hat dem Orden die vielfältigen Verfolgungen zugezogen, welche sie in verschiedenen Staaten erlitten haben, bis sie nach und nach mit der Politik wieder ausgesöhnt worden sind. Denn nach dem guten Grunde: daß in der Moral nur Narren oder Betrüger Geheimnisse haben, folgt der Schluß: daß die ganze Sache auf Täuschung einer Tartüfferey hinauslaufe. Das Beyspiel ihres Stifters, den sie aus schlauen Absichten vielleicht nur darum mit Stillschweigen übergehen, giebt diesem Schlusse einen starken Anschein der Wahrheit.

Nachdem Cromwell des Königs Tod wirklich befördert hatte, so war nun seine erste und vornehmste Sorge, wegen den Unternehmungen derer, die ihm bey der Einrichtung der Republik im Wege seyn konnten, durch einen Parlamentsschluß bekannt zu machen: Sie hätten erfahren, daß die königliche Würde unnütze, beschwerlich, und der Freyheit, der Sicherheit, dem Besten der Nation, schädlich sey, und daß sie ganz abgeschafft werden müßte. Hierauf beschloß man,





die Regierung sollte künftig künftig in den Händen der Vornehmsten seyn, und verordnete eine Art von einem Staatsrath, der aus vierzig Personen, worunter Cromwell selber war, bestand, die den Titel der Beschützer der englischen Freyheit bekamen.

Alle waren seine Freunde und Anhänger, und erdachten eine neue Eidesformel, wodurch die Unterthanen sich verbanden, dem neuerrichteten Regiment, ohne dem Oberhaupte getreu zu seyn, und diesem Regimente gab man völlige Gewalt, Truppen zu werben, und die Einrichtung der Armee und Flotte zu machen. Nachdem also der Grund zu dieser neuen Republik geleget worden war, so mußte man auch die Mittel, sie zu erhalten und zu befestigen, bedacht seyn.

Cromwell glaubte nicht, daß die Religion und Freyheit, welche er predigte, hierzu genug wäre; sondern, daß man alle, die sich seinen Absichten widersetzten, aus dem Wege räumen müßte.

Diese Politik war Ursache, daß er dem Herzoge von Hamilton, dem Lord Capel und vielen andern den Proceß machen und die Köpfe abschlagen ließ. Auf diese Art blieben Cromwells Anhänger im Besitz der obersten Gewalt und Freyheit, die zur Ausführung seiner Befehle nöthig waren.





Diese seine Gedanken von Religion und Politik breiteten sich bald in ganz England aus. Er war unermüdet im Ermahnen, Bitten, Drohen und Vorstellen, und wendete List, Gewalt und Schmeicheley an. Er schichte oder hinterließ Abgeordnete nicht nur in den vornehmsten Städten Englands, sondern auch in Schottland und Irland, welche Reiche er durch die Gewalt seiner Waffen bezwungen hatte. Ihre Verrichtung war, die Gesellschaft zu stiften oder zu befördern.

Da die Truppen in den Winterquartieren lagen, war der wachsame Cromwell überall, und unterredete sich mit jedem Officier, um ihn bey seiner Neigung zu erhalten. Die Abwesenden benachrichtigte er durch Briefe, die er ihnen unaufhörlich schrieb, und worinn er alles anwedete, um sie bey einer Gesellschaft, die, wie er sagte, der Nation die größten Vortheile bringen sollte, beständig zu erhalten. Das Ende von allen diesen Briefen war eine Ermahnung, Gott, den Herrn aller Dinge, allein zu preisen. Alles dies geschah in einer Zeit von zehn Jahren, und unterdessen hatte die Welt Cromwells Karakter einsehen lernen.

Mit aller seiner Vorstellung konne er nicht hindern, daß er nicht nur im Munde der Leute, sondern auch in Schriften als ein Tyrann, Stöhrer der allgemeinen Ruhe, und Bertrüger in der





Religion und Policey angesehen wurde. Grimston verklagte ihn einmal vor dem Parlament, daß er die Hände an einige Mitglieder desselben legen wollen, und führte diesfalls Zeugen an; Cromwell aber fiel auf die Knie, und sprach ein Gebet, worinn er Gott zum Zeugen seiner Unschuld anrief. Er that dies mit viel Feuer und Thränen, und hielt eine so lange Rede zu seiner Rechtfertigung, daß er die Kammer verdrüslich machte, dabey er sich so gut zu stellen wußte, daß man dem Vorgeben seiner Feinde keinen Glauben beymaß. Gleichwohl war er kaum aus dem Parlament gegangen, als er sich zur Armee, und von da wieder nach London begab, und etliche Parlementsmitglieder, denen er nicht traute, fortjagte.

Ob er nun schon seine Politik, seine Verstellung und Betrügerey bey dieser und vielen andern Gelegenheiten aufs Beste in Acht nahm, so lief er doch Gefahr, unter der Gewalt seiner Feinde zu erliegen, und für einen Rebellen erklärt zu werden. Mittlerweile that er den Truppen allen Vorschub, wiegelte sie wider das Parlament auf, und beschützte sie ins Geheim.

War er im Gegentheil im Parlament, so schien er nach der äußersten Verstellung, die er besaß, die er aber mit der vollkommensten Geschicklichkeit zu verbergen wußte, über die Ver-





wegenheit der Soldaten verdrüslich zu seyn, und zog gegen ihre Kühnheit mit vieler Heftigkeit los. Er schlug vor, um die Rebellen, wie er sagte, zu dämpfen, Fairfax zur Armee zu schicken, und man glaubte seinen Worten so leicht, daß man ihn oft selbst dahin abordnete, um die Aufrührer wieder zu Gehorsam zu bringen.

Wenn er etliche Tage bey der Armee zugebracht, und sie in dem Vorsatze, sich aufzulehnen, bestärkt hatte; so kam er wieder in das Parlament, beklagte sich über die ungebundene Freyheit der Soldaten, und fügte einsmals hinzu, daß ihn seine Feinde durch ihre Künste so verhaßt bey ihr gemacht, daß man den Vorsatz gefaßt, ihn umzubringen, wo er sich nicht noch bey Zeiten davon gemacht hätte.

Bey dieser letzten Gelegenheit merkten viele seine Arglist, und wollten ihm den Proceß machen, wenn er nicht durch andre Kunststücke, die ihn gleichwohl nicht von allem Verdacht befreyeten, dem Netze entgangen wäre. Seitdem beförderte Cromwell seine und des Ordens Angelegenheit so wohl, daß er im Monat December 1653 die höchste Gewalt nebst dem Titel eines Beschützers der drey Königreiche, England, Schottland und Irland erhielt. Er verschaffte nunmehr dem Orden einen mächtigen Schutz, der ihm erstaunliche Fortschritte zu machen behülflich war. Jedermann wollte in den





selben treten; einer aus Schmeicheley, der andere aus Neugierde, der dritte aus Eitelkeit.

In wenig Jahren nahm ganz England die Meynungen der Freymaurer an, und Cromwell war dermaßen geliebt, daß man ihn fast vergötterte, und ihm nicht nur den Titel eines Protektors im Jahr 1657, bestätigte, sondern auch den 26sten Junius zu einer solennen Krönung in dem Saal zu Westmünster ansetzte. Ob er nun gleich die höchste Gewalt seit langer Zeit inbrünstig gewünscht, und alle List alle Verschlagenheit, solche zu erhalten, angewendet, so stellte er sich indessen doch, als ob ihm solche ganz zuwider wäre, und er sie ganz gezwungen annähme.

Man war über den heiligen Mann entzückt, und stellte ein Dankfest über die Wohltaten an, die Gott der Nation unter seinem Regiment erwiesen hätte. Der Orden stand damals auf dem höchsten Gipfel seines Ansehens, und ward in der Person seines Oberhaupts fast angebetet. Hatte Cromwell bey seinem übermäßigen Ansehn und Ruhme viele Feinde, so besaß er auch die Geschicklichkeit, sich von ihnen zu befreyen. Seine Macht erhob sich so sehr, daß er die, durch deren Hülfe er groß geworden war, stürzen konnte, so bald sie den Vorsatz, ihr eigenes Werk zu vernichten, merken ließen. Konnte er sie nicht aus dem Wege räumen, so wußte er sie





durch seine gewöhnliche Entzückung, so ihm beynahe natürlich geworden war, durch dunkle Reden und lange Gebeter zu gewinnen.

Einst hielt er eine Rede in einer Gesellschaft, da alle Presbyterianer, Republikaner und Independenten, vor denen er sich am meisten fürchtete, beysammen waren. Er fiel auf die Knie und rief Gott zum Zeugen an, daß er lieber einen Hirtenstab als Protectorat annehmen wolle, indem seinem Naturell nichts mehr als eine solche Hoheit zuwider wäre. Es wäre aber nöthig gewesen, um die Nation vor der äussersten Verwirrung zu bewahren, und sie abzuhalten, der Raub ihres allgemeinen Feindes zu werden. Deswegen, sagte er, hätte er sich diese Zeit über unter die Lebendigen und Todten begeben, bis ihnen Gott eingegeben werde, auf was für einen Fuß sie die Regierung einrichten sollten, und alsdann wäre er willens, die schwere Last, die er auf seine Schultern genommen, mit so großem Vergnügen, als die geheimen Schmerzen, welche er bey diesem prächtigen Außenwerke fühlte, empfindlich wären, abzulegen. Er stellte sich zugleich, als ob er mit diesen Leuten ganz freymüthig umgienge, und in seine vorige Gleichheit mit ihnen träte. Er machte seine Stubenthür zu, ließ sie neben sich mit bedeckten Häuptern niedersetzen, um zu zeigen, wie wenig er sich auf den Vorzug, den er nur zum Schein





bey dem Volke anzunehmen verbunden wäre, zu gute thäte, und endigte nach Gewohnheit seine Unterredung mit einem schleppenden Gebet.

Durch diese Verstellung suche nun Cromwell die verschiedenen Secten nicht nur unter einander, sondern auch mit sich selbst zu vereinigen. - Man beschuldiget indessen den Orden keineswegs, daß er Cromwelln in allem nachahme, noch weniger behauptet man, daß er sich von denen, die ihm verdächtig scheinen, los zu machen suche, sondern nur, daß er eben die Kunstgriffe anwende, seine Gewalt durch die Zahl der Mitglieder auszubreiten. Da sein kluger Stifter eine ungemessene Macht über England, Schottland und Irland erhalten, und sie in diesen drey Königreichen befestiget, so blieben seine großen Unternehmungen und seine unergründliche Politik dabei nicht stille stehen; sondern die ganze Welt war der Vorwurf derselben, alle Völker, die durch ihn zu ihrer natürlichen und angeborenen Freyheit wieder gelangen sollten, die sollten ihn einmal, gleichwie die Brittanischen Inseln, als ihren Befreyer betrachten.

Seine großen Absichten veranlaßten ihn demnach, eine Kammer von sieben Personen nebst vier Sekretairen anzuordnen. Der Erdboden ward nach ihrem Plan in vier Provinzen eingetheilet, davon Frankreich, die Schweiz, die Thäler





von Pyrmont und Italien die erste, die Pfalz und übrigen Protestanten in Deutschland die andere, die nordischen Reiche und die Türkey die dritte, Ost= und Westindien aber die vierte ausmachten. Jedem dieser Sekretaire ward eine von diesen großen Provinzen angewiesen. Jeder sollte eine Correspondenz unterhalten, und den Abwesenden in allen Theilen der Welt Bericht erstatten, so wie den Anwesenden von jenen Nachricht ertheilen. War man bedacht, einen neuen Abgeordneten zu senden, so mußte er durch die sieben Beysitzer und vier Sekretaire erwählet, examiniret und unterrichtet werden.

Cromwell setzte jährlich zehntausend Pfund Sterling zu Bestreitung der Unkosten aus, und diese Summe sollte, wenn es die Noth erforderte, vermehret werden. Man errichtete ein besonderes Gebäude zur Ausführung dieses Vorhabens. Sollte man sich daher wohl wundern daß Frankreich, Deutschland, Italien und die andere benachbarten Länder in diese Gesellschaft getreten, und sich solche von Norden bis Westen ausgebreitet hat? Einige glauben, daß Cromwells Absicht bey dieser Stiftung die Ausbreitung der protestantischen Religion gewesen; aber sie betrügen sich sehr, und trauen der äußerlichen Aufführung Cromwells, ohne seine wahren Absichten einzusehen. Denn





alle Frömmigkeit und Tugend, was er zusammen an sich blicken ließ, hinderten ihn nicht, mit Religion und Moral ein Gespötte zu treiben. Alle Secten waren ihm allzugleichgültig, als daß eine von ihnen der Vorwurf seiner Bemühungen und Unternehmungen seyn sollen. Und wie sollte auch wohl das Aufnehmen der Religon der Endzweck eines Ordens, worein Katholiken, Protestanten, Juden, Türken und Heiden, ohne Unterschied aufgenommen werden, und einerley Vortheil zu genießen haben, seyn können?