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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Geheime Unternehmungen der Freymaurer

von Larudan, London Berlin 1788

Neuntes Capitel



Das Zeichen der Diener fängt sich mit Aufhebung der rechten Hand, so hoch als die Schulter ist, an, man strecket den Arm in seiner ganzen Länge aus, doch so, daß der Damen weit





genug von den andern Fingern, einen Zirkel zu machen entfernt ist. Diese erste Figur wird die erste Zeit des Zeichens genennet. Hernach wenn der Daumen und die übrigen Finger wieder zusammen geleget worden, so bleibt die Hand eine Zeitlang zugemacht, sodann streckt man allein den Zeigefinger aus, da indessen die übrigen in ihrer vorigen Lage bleiben. Diese Veränderung und Faltung der Hand, heißt man die andere Zeit. Zum dritten legt man die Hand auf das Gesichte, so, daß der Zeiger mit seiner Länge den Mund genau zuschließt, den Arm mitten auf dem Magen, und der Ellebogen auf der Brust aufliegt. Man muß merken, daß der Zeiger, indem er den Mund schließt, eine besondere Lage haben müsse. Die Faust muß darunter liegen, so, daß die Breite zwischen dem Daumen und Zeiger das Kinn berühre, und das erste Gelenke des letztern die Lippen unmittelbar bedecke, die zwey andern aber, so gerade über der Nase sind, die Stirne berühren; das ist das letzte, woran die Brüder=Diener einander kennen, und nach dessen Endigung jeder von ihnen die Arme in ihre natürliche Lage fallen läßt. Gewisse Logen sind von dieser Gewohnheit, wieder alle Regeln der Gesellschaft, abgegangen, und haben eingeführet, daß wenn zwey Brüder das Zeichen auf die beschriebene Art gemacht, sie bey der dritten Zeit wieder anfangen, und bey der ersten aufhören müssen.





Dieses ist die neue Art so sich in den Französischen und Holländischen Logen eingeschlichen, durch die Gesetze und Befehle der Obern aber verboten worden. Sie sind also von der Lauterkeit, welche man in den Englischen und Deutschen Logen erhalten, abgegangen, als welche von ihnen, da sich solche durch die daselbst gemachten Neuerungen gar sehr geändert hat, ganz unterschieden sind.

Was die Griffe betrift, so geschehen solche gleich nach dem Zeichen, und zwar auf folgende Weise. Die beyden Brüder, so einander erkannt, treten zusammen, und fassen einander bei der rechten Hand, krümmen beyderseits den Daumen über dem letzten Gelenke des Zeigers, welches diesen Finger mit der Hand verbindet, so daß die Hohlung des ersten das Erhabene des ersten Gelenkes des andern bedecket. Endlich nachdem sie eine Weile in dieser Stellung geblieben, so sagen sie: Gehet weiter. Dann fahren sie beyderseits herunter, und indem der Damen das andere Gelenke des Zeigers, den er allemal auf die vorige Weise bedeckt, berühret, so wiederholgen sie nochmals die Worte: gehet weiter, hernach berühren sie sich mit eben diesen Ceremonien das letzte Gelenk dieses Fingers und sagen: haltet ein. Man muß noch bemerken, daß der Zeiger in denen drey unterschiedenen Zeiten, da die Brüder die Gelenke desselben berühren, so gekrümmt seyn muß, daß er einen erhabenen





Raum zwischen ihnen läßt, und daß die oben erwähnten Logen blos mit der Spitze, und nicht mit dem hohlen Daumen das erste Gelenke des Zeigers berühren. Sie sind in diesem Stücke von vielen andern ganz unterschieden, als welche so genau und ordentlich sind, daß sie nicht nur bey jedem Griffe sagen: gehet weiter, sondern auch jede Zeit genau bemerken, indem sie die Zahlen eins, zwei, drey aussprechen.

Die Losung der Brüder=Diener ist Nicanor, welches Wort sie gleich vollkommen kenntlich macht. Es wird niemals vor den Zeichen und Griffen, sondern allemal hernach gesprochen. Die Art aber, wie man sich solches vorsagt, ist überaus behutsam und abgemessen. Die Furcht, einen falschen Bruder anzutreffen, der durch Hülfe der Zeichen und Griffe, so er ohngefähr entdeckt haben könnte, sich vor ein Mitglied des Ordens ausgeben, und also mit einem der ehrwürdigsten Geheimnisse spotten würde, ist die Ursache, daß sich die Freymäurer entschlossen, dieses Wort nicht auf einmal, sondern die Buchstaben, woraus es zusammen gesetzt ist, nur einzeln auszusprechen: so daß, wenn der erste gefragt: was die Losung? der andere ihm antwortet: sagt mir den ersten Buchstaben, so will ich euch den andern sagen. Dieses thun sie beyderseits, bis daß der letzte genennet worden, da denn der





erste sie in Sylben sammelt, die erste nennt, und sagt Ni, der andere Ca, womit sie bis zur dritten Sylbe fortfahren, und das Wort Nicanor zusammen aussprechen.

Man darf indessen nicht glauben, daß, da die geringsten Dinge in der Gesellschaft unendliche mal verändert werden, man dieses Wort durchgehends auf einerley Art ausspreche. Es ist in gewissen Englischen und Holländischen Logen gar sehr verändert. Man spricht es da Nikanor, in den Italienischen Nichanor, und in einigen Französischen Niquanor aus. Dieser Unterschied macht bisweilen zween Brüdern von verschiedener Nation einen Zweifel und Argwohn, wenn die Buchstaben nicht eintreffen, die sie, das Losungswort zu formiren, einzeln hersagen. Indessen sieht man leicht, woher dieser Unterschied entstanden seyn mag, wenn man erwäget, daß die Diener, so wie alle übrige Brüder, in der Gesellschaft zum Stillschweigen verbunden sind, und ihnen verboten ist, das geringste nicht nur mündlich zu offenbaren, sondern auch nur die geringste Ceremonie auf Stein oder Erz abzubilden. Weise Vorsorge! indem sonst ein Bruder durch Hülfe des Grabstichels oder der Feder gar bald Mittel finden würde, etwas zu offenbaren, ohne sich indessen der geringsten Schwatzhaftigkeit schuldig zu machen, oder das





Stillschweigen, so ihm unter der schwersten Strafe, welche ein Herz, dem ein Geheimniß vertraut ist, gar wohl vor der Verführung es bekannt zu machen, bewahren konnte, auferlegt ist, zu brechen. Dieses allgemeine Verbot, etwas, es möge seyn, was es wolle, zu zeichnen oder zu schreiben, ist demnach an der mannigfaltigen Aussprache des Worts Ursache. Sie kann indessen auch wohl von der allen Völkern eigenen Gewohnheit jedes Wort des Alphabets auszusprechen, die man sonderlich bey den Engländern, Italienern und Franzosen bemerket, herkommen: Obschon die Wahrheit zu sagen, der eigentliche Ursprung vielmehr in der Unwissenheit einiger Logen, die man verworfene Logen nennen könnte, zu suchen ist, als welche, da sie von den Absichten der Gesellschaft schlecht unterrichtet sind, die Gesetze und Gewohnheit, deren weise Anordnung gar keine Aenderung leiden sollte, verstellen und verändern.

Beym Beschlusse diese Unterrichts von den neuaufgenommenen Brüdern, achten wir es für bequem und diensam, annoch auch von den Gesellen, oder Arbeitern, etwas zu bemerken.

Was die Gesellen anbelanget, so finden wir nicht für nöthig, uns lange bey ihnen aufzuhalten, indem ihre Vorstellung und Beförderung aus der





Lehrlinge in die Gesellenklasse von der, so der, derjenigen, welche noch gar keinen Rang in der Gesellschaft haben, über die Unheiligen erhebt, fast gar nicht unterschieden ist. Anstatt, daß man den, welcher weiter rücken soll, einen Neuaufzunehmenden nennt, so sagt man von diesem: Der Bruder Lehrling N. will Geselle werden. Er wird auf die oben beschriebene Art durch den, der ihn vorgeschlagen, an die äussere Thüre, und bis an das Zimmer, welches wir oben, als wir von den aufzunehmenden Lehrlingen geredet, das finstere genannt, und welches jetzo durch das Licht der Sonnen oder einiger Kerzen erleuchtet ist, gebracht. Hier zeiget ihm der, welcher zum Examinator bestellt ist, wie er das Zeichen des Gesellen machen müsse, fragt ihn wegen seines Berufs zu einer höhern Klasse, und läßt ihn drey Viertelstunden lang ganz allein in Gedanken. Hierauf treten zwey zu dieser Verrichtung ernannte Gesellen in das Zimmer, und befehlen ihm, sich fertig zu halten. Er muß die Hände kreuzweis auf einander legen, welche sie ihm mit einem doppelten Knoten zusammen binden, ohne ihm einen Strick um den Hals zu legen, oder ihm das bey sich habende Metall, oder seine Kleider, die Schuhe ausgenommen, abzunehmen. Man verbindet ihm die Augen, nicht sondern legt ihm nur das Schurzfell und die Handschuh nach der Art der Lehrlinge an. Endlich führet man ihn





aus dem Zimmer zum Bade, wo man ihm die Strümpfe ausziehen, und die Füsse waschen läßt. Von da gehet er barfuß bis an die innere Thüre der Loge, ohne einige Brüder, die sich schlagen, anzutreffen. Sein Führer klopft zweiymal, und sogleich macht der Hüter, der inwendig an der Thür Wache hält, sie halb auf, und fragt, wie der, so aufgenommen seyn wolle, heiße, und was er für Absichten habe. So bald er solches erfahren, giebt er den Brüdern auf die Art, wie wir oben von den Bruder=Dienern erzehlet, Nachricht. Hernach öfnet man ihm die Thüre, und läßt ihn hineingehen. Der andere Aufseher empfängt ihn, und macht die Knoten von seinen Händen los, giebt ihm in die rechte Hand eine Wage, und in die Linke einen Degen. Mit diesem Aufputze läßt er ihn um die auf den Boden gezeichnete Figur herumgehen, und alles, das Geräusch, der Degen ausgenommen, geschiehet auf die beschriebene Art. Endlich stellt er sich nach Mitternacht zwischen die beyden Aufseher. Man stellt ihn dem Meister unter eben den Gebräuchen, so wie wir oben bey den Neuaufzunehmenden erzehlet, vor, und dieser befiehlt ihm, den Eid von Wort zu Wort nachzusprechen, sagt zugleich zum Aufseher, ihm die Weise, wie die Gesellen gehen sollen, zu zeigen.





Um den Leser einen Begrif von dieser letztern zu machen, so ist es nöthig, die auf den Boden gezeichnete Figur zu beschreiben. Es ist solche ein länglicht Viereck, worinnen nach der mitternächtlichen Seite neun Stufen, so nach der offenen Thüre einer Gallerie zugehen, gezeichnet, sind. In den Ecken der Gallerie stehen die Waschbecken: zur Rechten und Linken zwo Säulen, deren die eine mit J. welches Jakin heißt, die andere mit B. dem Anfangsbuchstaben des Wortes Boaz, bezeichnet ist, als welche beyde Wörter die Losung der Lehrlinge und Gesellen sind. Die Treppe von wir geredet, gehet nach der Mauer, so die Gallerie umgiebt. Hernach kommt das mosaische Estrich, und eine Treppe von vier Stufen, die auf der Mauer aufgeführet ist, und nach der verschlossenen Thüre des Heiligthums gehet. Man findet in dieser letzten erst ein mosaisches Estrich, und wenn man von da in gerader Linie fortgehet, ein Waschbecken, ein Winkelmaaß, das Allerheiligste, einen Stern, welcher Strahlen wirft, eine Flamme, zu deren Rechten der halbe Mond, zur Linken die aufgehende Sonne ist: Endlich einen Zirkel und alle Arten von mathematischen Instrumenten, die zur Baukunst gehören, und die man in der dritten Figur sehen kann. Hier muß man anmerken, daß in dem Buche: Der verrathene Freymäurer=Orden, die ordentlichen Logen von dem, worinnen





man einige Aenderungen gemacht, in der Beschreibung der Figur der Freymäurer nicht unterschieden werden. Dieses erhellet daraus, daß man zwischen Lehrlingen und Gesellen keinen Unterschied gemacht, noch auch von denen Waschbecken, Handfässern, Mauren, Treppen und Flammen geredet, noch auch den wahren Platz der Figuren gezeiget hat.

Der Gang desjenigen, so unter die Gesellen aufgenommen werden soll, bestehet also darinnen, daß er die neun Stufen der ersten Treppe ordentlich hinaufsteigt: Hernach, so bald er an die Thürschwelle der Gallerie gekommen, die Füsse in Form eines Winkelmaaßes setzet, sich an dem Orte ein wenig aufhält, und endlich mit einem Schritte an die erste Säule, um welche er herumgehet, und hernach an die zweyte Säule, um die er gleichfalls herumgehet, gelanget. Von da kömmt er wieder zu der vorigen Thürschwelle, und mit einem Schritte zur Treppe des Allerheiligsten, die er gewöhnlichermaßen hinaufsteigt. Hier hält er sich ein wenig auf, setzt die Füsse in Form eines Winkelmaaßes, sodann beyde in das Becken, bleibt stehen, und berührt mit dem rechten Fusse den Schlegel, und mit dem linken die Hütte, worein er auch den rechten Fuß setzt. Sodann bleibt er abermals stehen, setzt den linken Fuß auf die Sonne, und den





rechten auf den Stern, welchen er auch über den linken gesetzt, berührt mit dem rechten den Mond mit dem linken die Flamme, und bleibet da stehen. Endlich kömmt er mit einem Schritte zum Zirkel, kniet nieder, giebt seinen Degen dem Aufseher, legt die rechte Hand auf die Bibel, die linke hält er dem Kopfe gerade in die Höhe, und legt in dieser Stellung den Eid ab. Hernach befiehlt ihm der Meister, sich zu seiner Rechten zu stellen, und lehrt ihm sodann die Zeichen, Griffe und Losung der Gesellen. Ihr Zeichen besteht darinnen, daß sie die rechte Hand auf die Brust, wo das Herz ist, legen, die vier Finger austrecken, und zusammenschließen; den Daumen aber fast in Form eines Winkelmaaßes ausdehnen, den Arm aber von dem Leibe entfernen, daß der Ellenbogen weiter in die Höhe kommt; das ist das Brustschild. Die Griffe sind wie bey dem Lehrlinge, doch mit dem Unterschiede, daß sie an den andern Zeigefinger geschehen. Das Wort ist Boaz, welches man gleichwie das Wort Jakin buchstabiret und ausspricht.

Endlich bekömmt er das Schurzfell der Gesellen, so eine herunterhängende Klappe hat, und ein Paar weisse Handschuhe zum Geschenke. Dann fängt der Redner seine Rede an, und der Meister erkläret ihm die Verrichtung der Gesellen, die bloße Sinnbilder sind. Sie bestehen in Po-





liren der Bruchsteine, in Aufführung einer Mauer nach der Schnellwage, in Erbauung eines Daches wagerecht, und in Setzung einer Säule, so, daß die Ecken oder Wände gleich sind, ferner in Abmessung des Flußwassers, in der Wissenschaft, die Flüsse fortschiessen zu lassen oder aufzuhalten, sie grösser oder kleiner zu machen; im Zimmern, im Schleifen des Werkzeuges, in Verbrennen und Begießen, in Ausmessung des Sonnenlichts, in der Kunst den Monden vollzumachen, und die Winkel eines Sterns zu messen; in Verfertigung der Glasfenster, im Kalklöschen, in Auszeichnung der Risse, ohne sie auszuführen, und in Unterhaltung der Flamme. Welche Dinge insgesammt eine natürliche Bedeutung haben, nämlich die Menschen von ihren Vorurtheilen zu befreyen, und eine feste Verschanzung, und ein unüberwindliches Bollwerk zur Vertheidigung der Freyheit und Gleichheit, aufzuführen, ihren Grund auf die Vernunft zu bauen, endlich aber diese Vortheile unendlich zu vermehren, und sie dem ganzen menschlichen Geschlechte mitzutheilen. Die Säule mit geraden Winkeln ist gleichfalls ein Vorbild der durch die Gewalt und Natur befestigten Freyheit, welche die Wage vollkommen gleich hält, ohne daß sie auf eine Seite den Ausschlag gebe. Die Flüsse bedeuten die Abwaschung alles Unflaths, oder der Vorurtheile, die man auf eine gewisse Zahl setzen





kann, indem man sie unter ihre Hauptklassen bringt, sie aber auch in grösserer oder geringerer Menge finden wird, nachdem man sich genau darum bekümmert oder nicht. Die Arbeit in Holz bedeutet bey ihnen die Geschicklichkeit eine Verbindung unter den Begriffen ohne Schwürigkeit, und ohne, daß die Kunst Antheil daran zu haben scheine, zu machen; indem die guten Arbeiter die Theile ihres Werks ohne Nägel und ohne Hammerschläge zusammen fügen. Die Kunst, das Handwerksgeräthe zu schleifen, zeigt die Geschicklichkeit, jemanden Muth und erhabene Gedanken einzuflößen, an: indem selbige uns geschickt machen, das Licht auszumessen, das ist die Gedanken zu ergründen, und zu einer genauen und vollkommenen Erkänntniß der Dinge, worauf man einen unveränderlichen Entschluß gründen kann, zu gelangen. Die Winkel der Sterne sind die Schwürigkeiten, welche man, ehe man das Lehrgebäude des Ordens einsiehet, überwinden muß. Die Glasfenster sind das Licht, so das Herz und den Willen bessern, den Verstand und Willen aber erleuchten soll. Die Bereitung des Kalks zeigt die Vereinigung aller Dinge unter einander an. Denn gleichwie Ziegel und verschiedene Steine vermittelst des Kalks einen Körper ausmachen, also vereiniget die Lehre des Ordens die Gemüther, die von einander ganz unterschieden, und einander zuwider sind. End-





lich muß der Geselle die angefangenen Risse auszeichnen, ohne sie zu vollenden, weil er noch nicht in den hohen Grade der Vollkommenheit, welchen man in den Orden erlangt, gekommen ist. Er kann deswegen nichts weiter thun, als die nützliche Flamme des Eifers für das gemeine Wohl der Liebe und genauesten Vereinigung, deren Hervorbringung und Erhaltung das große Werk, und der Hauptendzweck des Ordens ist, durch seinen Rath und Unterricht immer mehr und mehr erregen.