Ein in dem Alterthume und bei den Maurern vielgebrauchtes Symbol der Ewigkeit oder vielmehr des ewigen Gottes ohne Anfang und ohne Ende ist eine sich ringelnde oder schlingende Schlange, welche mit dem Kopfe das |
Ende erfasst und so weder Anfang noch Ende darbietet. Das Symbol ist darin von der höchsten Bedeutung, weil es den erhabensten Begriff der Gottheit des einzigen ewigen Gottes in sich schliesst und von ihm die schönen Worte der indischen Bagavad-Gítá gelten.
Nicht Ende, noch Mitte, noch irgend Anfang dir
In verwandtem Sinne beginnen die Vêdas mit den Worten: "Es gibt nur einen einigen Gott, Brahma, allmächtig, ewig, allgegenwärtig, die grosse Seele, von welcher alle übrigen Götter nur Theile sind." - Bei den Indern erscheint der Ring der Ewigkeit zugleich besonders in der Gestalt der Perlenschnur der Welten, welche die Götter in der Hand tragen, wie darauf auch das Perlenhalsband der Götter und Göttinnen zu beziehen ist. Bei den Parsen der späteren Zeit ist derselbe Gottesbegriff ausgedrückt in Zaruana akarana oder Zervane akarene, die unerschaffene Zeit, welche im Urbeginn der Wesen Ormuzd und Ahriman erschaffen hat und wodurch der ursprünglich dem Parsismus zu Grunde liegende Dualismus des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen in einem höheren Begriff versöhnt und vereinigt werden sollte. 1) Diesem parsisischen Gottesbegriffe der unerschaffenen und anfanglosen Zeit als dem Schöpfer von Ormuzd und Ahriman entspricht vollkommen die Trimurti der Griechen oder Kronos, die Zeit, welcher aus dem Chaos den Aether (den Tag, das Licht, Ormuzd) und Erebos (die Nacht, die Finsterniss, Ahriman) erschuf. In der Monatsschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich, 1856, S. 283, leitet Hitzig zarvan von demselben Sanskritstamme ab wie 1) Vergl. Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 170 und S. 348 |
verwandt mit der Athene der Griechen, obwohl der Name Athene nach Vielen nicht von Neith abzuleiten ist, 1) die Urmaterie, das Chaos, als ein mit Erdtheilchen vermischtes, schlammiges Wasser gedacht und die grosse Mutter genannt, weil aus ihr das Weltall hervorgegangen; 3.) die uranfängliche Zeit, Sevech, Sevek, der Kronos der Griechen, als deren Emanation oder Verkörperung die Sonne galt und die von den Aegyptern gleich dem indischen Çiwa, der Zerstörer, als eine wesentlich übelthätige Gottheit gedacht worden zu sein scheint, indem die Zeit nicht blos Alles hervorbringt, sondern auch Alles wieder zerstört, - die Zeit die Wiege und das Grab alles Lebens ist, schaffend zerstört und zerstörend schafft; 4) die unendliche Ausdehnung, der unendliche Raum, welcher das All umfasst und trägt. Unser Ring der Ewigkeit kann nun entweder auf die untheilbare ewige und unerschaffene Gottheit und Macht oder auf eine der göttlichen Eigenschaften, besonders die unendliche Zeit und den unendlichen Raum bezogen und ist wirklich darauf bezogen worden, obgleich nur die erstere Deutung an sich eine angemessene, eine wahrhaft göttliche ist. Dem im J. 500 - 300 vor Chr. von den Brahmanen im Gegensatze zu den Buddhisten ausgebildeten Vischnu, dem Gotte "in den buntfarbigen hellen Wolken," dem Gotte des, blauen Himmels, wird auch eine grosse Schlange Ananta, d. i. die Schlange ohne Ende, neben dem Lotusblatte als Ruhebett zugetheilt, weil die Natur sich jährlich wie die Schlange häutet, weil der Kreislauf des Naturlebens sich endlos stets von Neuem wiederholt. 2) Die sich in den Schwanz beissende, einen Kreis bildende Schlange ist daher bei den orientalischen Völkern allgemein das Symbol des ewigen Kreislaufes der Zeit oder einfach der Zeit. 3) Nach Polak ruht Vischnu vor der Schöpfung auf der Schlange Adischehen, als das Bild der unermesslichen Vorzeit. ln der germanischen Mythologie 1) Welker, griech. Götterlehre, II. S. 315 und 316. 2) Dunker, Geschichte des Alterthums, II. S. 211 (der ersten Ausgabe). 3) Polak, Urreligion, S. 30. |
erzeugt Loki, altn. lok, consummatio, d. i. nach Uhland der Endiger, das Ende aller Dinge, mit dem Riesenweibe Angrboda, Angurdoda, d. h. nach Uhland Angstbotin, aus Jötunheim auch die grosses Urtheil drohende Midgardschlange, weshalb Allvater die Schlange in die tiefe See warf, welche alle Länder umgibt, wo die Schlange zu solcher Grösse erwuchs, dass sie mitten im Meere um alle Länder liegt und sich in den Schwanz beisst. 1) Diese germanische Midgarschlange war offenbar ursprünglich der allesumspannende und allesumfassende unendliche Himmelsraum, der blaue Aether, das himmlische Gewässer, wie Vischnu dieses selbst ist; später wurde jedoch der Himmelsraum irdisch localisirt, das Himmelsgewässer, - nach Schwartz , Ursprung der Mythologie, S. 79, das heulende Thier des Gewittersturmes, - zum irdischen Meere, welches sich um alle Länder schlingt und in der Midgardschlange nur in seiner zerstörenden und feindlichen Wirkung gedacht ist. Aehnlich ist der griechische Poseidon, der Gott des Erdmeeres, ursprünglich der Gott des Himmelsmeeres oder Vischnu. Noch tiefer aufgefasst ist die von Loki, dem zerstörenden Weltfeuer, erzeugte Schlange nur er selbst, und er und die Schhlange werden gefesselt, um den drohenden Weltuntergang durch das Feuer der Zerstörung abzuwenden. Loki, nach Simrok von liuhan , lucere und womit lux, das Licht, Lynkeus, der weitschauende, 1) Simrok, Mythol., S. 114 ff. |
leuchtenden Himmelsäthers und Himmelsfeuers. 1) Ebenso war die Schlange wegen ihrer Selbstverjüngung das gewöhnliche Symbol des Asklepios. 2) Artemis mit Jagdstiefelchen neben Apollo hat in beiden Händen und auf der Stirn Schlangen wie Hekate auf einer Vase von Ruvo. 3) Eine dreileibige Erzfigur (der Hekate) aus Aegina mit Schlangen in den Händen und mit einem mit drei Monden geschmückten Kalathos bedeckt, wurde von Stackelberg, Gräber der Hellenen, Taf. 72, 6, gezeichnet. Bei der bekannten kleinen dreigestaltigen capitolinischen Erzfigur der Artemis, Selene und Persephone hat das eine Bild in Händen ein Schwert und eine durchschnittene Schlange, dabei eine phrygische Mütze auf; das andere hält zwei Fackeln und hat auf der Stirn eine mit einer Lotosblume verbundene Mondsichel; das dritte, mit Eichenlaub bekränzt, hat einen grossen Schlüssel in der Hand, in Bezug auf die Unterwelt, in der andern einen Strick, da die Alten die Schlösser auch zubanden. 4) Schon Sophokles stellte in den Rhizotomen neben Helios als den Mond das heilige Feuer, den Strahl der Enodia (der auf dem Wege stehenden und wachenden) Hekate, den sie in Fülle durch den Himmel ( 1) Vergl. auch Welker, Il. S. 288 ff. 2) Preller, griech. Mythol., II. S. 326; röm. Mythol., S. 606 ff. 3) Welker, a. a. O., II. S. 404. 4) Welker, a. a. O., II. S. 406. 5) Welker, a. a. O., Il. S. 410 oben. 6) Welker, II. S. 490 oben. |
Schlange in der Hand, auf der Rückseite den Stier (Dionysos). 1) Die Mutter des kretischen Zagreus ist Persephone, mit welcher Zeus als Drache den stiergestalteten Sohn erzeugt, wie Clemens berichtet, indem er diese Mysterien, deren Symbol den Eingeweihten der durch den Busen gezogene Drache war, Sabazische nennt. Lenning, Encyklopädie unter Schlange, sieht mit Sikler die Schlange im Dienste der Proserpina als die Fruchtschlange, als die Hieroglyphe des in der Erde aufgelöseten Samens an, die daher dargestellt worden sei, wie sie sich aus der Cista mystica oder dem mystischen Kasten gleich dem aus der Finsterniss der Erde zur Pflanze emporsteigenden Samen erhebt. 2) Stieglitz, von altdeutscher Baukunst, S. 238 ff., betrachtet nach Bellermann die Schlange als die Hieroglyphe der Klugheit und des belehrenden Verstandes; und die beiden Schlangen des Basilides deuten auf 1) Welker, II. S. 640 oben. 2) Creuzer, Symbolik, IV., S. 192, Anm. 3) Bachofen, Gräbersymbolik, S. 144. 4) Creuzer, Symbolik, I. S. 312 ff.; Preller, röm. Mythol., Anm. 1. 5) Creuzer, a. a. O., I. S. 504 ff. 6) Creuzer, III. S. 299, Anm. 12. |
Schlafzimmern hielt und man sie auch auf Gräbern angebracht findet; 1) unverkennbar sind hier die Schlangen Symbole des Lebens. Im Sinne des Lebens und der Zeugung wird auch die römische Fauna, die bona Dea, die deutsche Hulda, die Mutter Erde von Faunus in der Gestalt einer Schlange, der Gewitterschlange, befruchtet. 2) Auch bei dem Bilde der bona Dea sah man eine Schlange, während andere zahme Schlangen von der Art, wie sie in Rom sehr häufig waren, in ihrem Tempel gehalten wurden. 3) In dem Haine der Juno Lanuvina oder Sospita befand sich eine Höhle, in welcher eine Schlange hauste, vermuthlich als Symbol der Juno Junonis, d. h. des Genius der Juno, welcher alljährlich im Frühjahre von einer Jungfrau ein Opferkuchen dargebracht wurde, wobei sie mit verbundenen Augen in die Höhle geführt wurde. Genoss die Schlange von diesem Opfer, so galt dieses als ein Beweis der Reinheit des Mädchens und der Fruchtbarkeit des Jahres, verschmähte sie es, so war das Mädchen nicht rein gewesen. 4) - In deutschen Sagen zeigen sich die Elben oft in Gestalt eines Drachen oder einer Schlange, welche geküsst werden muss. 5) Bei den Deutschen ist sie überhaupt noch aus der Heidenzeit ein mit Ehrfurcht umgebenes Thier. Insbesondere sind die Hausnattern als glückbringend beliebt und dürfen nicht gereizt oder beleidigt werden. Die Krone des Schlangenkönigs oder der Königin ist ein sehr gesuchtes Gut, weil sie Glück und Reichthum verleiht. Darum erscheinen in den meisten Schatzsagen Schlangen, welche den Schatz hüten oder den Schlüssel dazu überreichen; oder aber die Jungfrau verwandelt sich während der Erlösungsprobe in eine Schlange. 6) Neuerlich hat am ausführlichsten Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 26 ff., von den Schlangen- 1) Preller, röm. Mythol., S. 566 ff.; Gerhard, Mythologie, Berlin 1854, §. 156. 2) Preller, a. a. O., S. 340 unten. 3) Preller, S. 350. 4) Preller, a. a. O., S. 246. 5) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 166. 6) Quitzmann, S. 245 und 246; Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 43 ff. |
und Drachengottheiten gehandelt, welche alle auf Blitz und Gewittergottheiten zurückgeführt werden. Schwartz erinnert dabei an Schillers Worte:
Die Longobarden verehrten eine Schlange als summus deus; Odhin führte die alten Schlangennamen Ofnir und Svâfnir. Die alten Preussen unterhielten ihrem Protimpus eine grosse Schlange; von den Litthauern erzählt Adam von Bremen, dass sie geflügelte Drachen verehrten und ihnen Menschen opferten. Diesen Schlangencultus, sowie denjenigen der Indogermanen überhaupt, der Phönicier, Babylonier, der Aegypter, bei den Negern Afrika's, bei den Urbewohnern Amerika's u. s. w. leitet Schwartz von dem Bilde des Blitzes ab. Auch das Weltei der griechischen und indischen Mythologie, - das Schlangenei der Allentaken, der Esthen, der Kelten, - den eirunden milchweissen Opal, der einst die deutsche Königskrone geschmückt und bei Nacht geglänzt haben soll, sieht Schwartz für die ursprüngliche Frühlingssonne an. Ein (Gewitter-) Drache zierte auch die Fahnen der griechischen Helden oder diente ihnen sonst zum Feldzeichen, sowie die Fahnen der römischen Kaiser, Siegfrieds, Fasolds, der Sachsen und später die der Könige von England, bis der Drache zum Satan der Christen wird, den der heilige Georg bezwingt. Ein solcher Drache war auch der griechische Typhon, welcher bald als ein Sohn der Erde, bald der Himmelsgöttin Hera bezeichnet wird, da die Gewitterwolken von der Erde zu dem Himmel aufsteigen. Auch das wilde Heer, welches Odhin anführt, sind nur die Sturmwinde und Sturmeswolken, wie der indische Wolkengott Indra von dem Maruts begleitet wird, welche gleichfalls blosse Personificationen der Sturmwinde sind. Man dachte sich die Maruts reich mit goldenen Armspangen, hellen Waffen und leuchtenden Panzern, geschmückt, auf rehbespannten Wagen, durch die Luft fahrend. Sie lassen lauten Gesang ertönen, wobei Himmel und Erde erbeben, die Berge zittern, die |
Bäume stürzen und die Wolken zerstieben. Ihre Schaar ergänzt sich, wie diejenige Odhins, aus den Geistern der Verstorbenen. 1) Ebenso sind die 21 bellenden Hündinnen der Frau Gaude und die Hunde Odhins nur die donnernden Gewitterwolken. 2) Auch der schlangenfüssige Boreas am Kasten des Kypselos und die schlangenfüssige Hekate schliessen sich an; 3) die leuchtende Fackel der Hekate erklärt Schwartz für den ursprünglichen Blitz, ebenso bei der fackeltragenden Demeter und Artemis, die Fackel in den Athene- und Hephästosmythen. Ferner hängt damit die heilige Schlange in dem Tempel der eleusinischen Fruchtgöttin Demeter 4) und der Athene zusammen, welche letztere als eine Art Palladium galt. Das Milchtrinken der Schlangen bei den Schweizern und Deutschen, den Letten bezieht Schwartz, S. 44, auf die weissen Wolken als himmlische Milch. Allein die milchtrinkende Schlange ist zugleich ein Symbol des Menschen, der nach dem Tranke des Lebens und der Gesundheit verlangt und diesen besonders von Aeseulap und seiner Tochter Hugiea erhält. ln diesem Sinne trägt auch auf einem römischen, jetzt zu Sitten im Wallis als Reliquiarium benützten Elfenbeinbilde, die mit einer Schlange in der rechten Hand neben dem Vater Aesculap mit dem Schlangenstabe stehende Hugiea auf dem rechten Arme eine Schüssel mit dem Futter der Schlange. 5) - Welker, II. S. 632 unten, erklärt die Schlange des Asklepios daraus, dass ursprünglich alle Arzneikunst Wahrsagung und deren Symbol die Schlange gewesen sei; die Schlange als Sinnbild der Verjüngung wegen ihrer oftmaligen Häutung sei bei den Alten kaum bekannt und ihre Vergleichung mit Flüssen selten und an sich unbedeutend. Die Schlange in dem Eingangs erwähnten Ewigkeitssymbole ist wohl entschieden keine Gewitterschlange, wenn gleich auch diese zu einem Ringe sich aufrollen könnte, sondern jene ist einem davon ganz verschiedenen Vor- 1) Mannhardt, germanische Mythen, S. 49. 2) Schwartz, S. 35 oben. 3) Schwartz, S. 37. 4) Preller, griech. Mythol., I. S. 493. 5) Anzeiger für schweizerische Geschichte für 1857, S. 32 ff. |
stellungskreise, der höheren Vorstellung von dem unendlichen und das All umfassenden Raume als einer Weltschlange entlehnt. Diesem letzteren Vorstellungskreise gehört es noch an, dass Zeus und die ihm in Natur und Eigenschaften gleiche Tochter Athene als 1) Welker, Il. S. 282. |
heit, des Osiris, tragen noch heute ausserordentlich zahlreiche Baudenkmale der Aegypter, wie dieses Strahlenauge von ihnen auch zu den Christen gebracht worden ist.
Werden der Hammer und die Schlange zu einem Symbole verbunden, erhalten wir zwei aufrechtstehende Schlangen (den Schöpfer), welche gemeinsam ein Ei (die Schöpfung) tragen und gleichfalls ein sehr altes, auch maurerisches Symbol sind. In der letztern Einsicht vergleiche man in Nr. 1 des Temple mystique, Paris 1854, die Lithographie: Le Genêt mystique. Auf einer kleinen Erhöhung steht eine neunsprossige Palme mit je drei Zweigen auf jedem der drei Hauptzweige und über der Palme strahlen neun, unten aber zur rechten Seite der Palme sieben und zur linken Seite zwölf Sterne. Die die Palme tragende Erhöhung bezeichnet ohne Zweifel das dreimonatliche Grab des Hiram, aus welchem die neun Monate des Lebens und des Lichtes hervorgehen. Nach Bachofen, Gräbersymbolik, S. 137 ff., woselbst zugleich mehrere antike Bildwerke mit den zwei ein Ei tragenden Schlangen beschrieben werden, wären die zwei Schlangen als Hugiea und Aesculap, als die vereinigte weibliche und männliche Zeugungskraft, und das Ei als 1) Bachofen, a. a. O, S. 139 unten und S. 143. 2) Bachofen, S. 146. |
wohl als Symbol des ihnen zu verleihenden gesunden und langen Lebens, an, wie Erichthonios in seinem Kasten mit denselben umwanden gefunden wurde; nach Preller, griech. Mythologie, I. S. 143, wäre jenes Anlegen der Schlangen erfolgt in Erinnerung der wunderbaren Geschichte des Erichthonios, aber welches war die Veranlassung zu dieser letztern Mythe? Erichthonios ist gleich allen Menschen ein Lichtgeborener, ein Feuergeborener, wie auch Mithra und Dionysos, welche daher 1) Vergl. Schwartz, S. 122 und 123. |
stets zuerst und zuletzt Wein gespendet. 1) Daher war es auch einer der Sprüche der sieben Weisen, dass man den Herd und die auf ihm beruhenden häuslichen und staatlichen Verbindungen und Sitten ehren und heilig halten solle. Die antiken Bilder, welche Bachofen bespricht, sind nachfolgende:
1) Welker, II. S. 693 und 696. |
latus serpentes cristati et erecti, ovum ove apprehendentes. Fabretti muthmasste, dass dieses Monument entweder den Wunsch um ein langes Leben ausdrücke oder den Kindersegen für einen bisher unfruchtbaren Mutterschoss erflehe wogegen sich jedoch Bachofen mit Grund erklärt, als der Bestimmung eines Funerärsteines nicht entsprechend; die Salus, an welche hier allein gedacht werden könne, sei eine höhere, welche jenseits der Grenzen der leiblichen Existenz und des tellurischen Daseins liegt; es seien nova salutis curricula, welche Apulejus als den höhern Inhalt der Mysterien darstellt. Die beiden Schlangen auf dem Grabmonumente bezeichnen daher in dem von ihnen gehaltenen Eie, als dem Symbole des Lebens, die Hoffnung und den Keim des höhern Lebens, der Unsterblichkeit, welchen der Verstorbene entgegenzugehen glaubt, - es ist gleichsam ein maurerisches Denkmal des Meisters; es bezeichnet die pythagoreische Hugiea, die ewige Gesundheit und das ewige Leben. Der pythagoreische Buchstaben Y, die pythagoreische Hugiea erscheint nun auch noch heute in der Maurerei, besonders in den höhern Graden, indem der Aufzunehmende mit den Füssen einen nach Aussen geöffneten Winkel, d. h. den Buchstaben Y bildet, um anzudeuten, dass er die Hugiea, die Unsterblichkeit zu erlangen hoffe. Auf dem Titelkupfer von Jachin und Boaz in der Ausgabe von 1800, mitgetheilt von Krause, I. 1. S. 238, ist daher über der Säule Jachin und unterhalb der strahlenden Sonne der Buchstabe Y (Ypsilon) angebracht, worüber die aber ungenügenden Bemerkungen von Krause, I. 1. S. 310, Anm.*, und S. 313, Anm.*, sowie I. 2. S. 355 zu vergleichen sind und den ursprünglich alle Aufzunehmenden zu bilden hatten, indem erst später mit der Ausbildung der verschiedenen Einweihungsgrade auch verschiedene Antrittsstellungen festgesetzt wurden. Jetzt wurde gesagt, dass der Lehrlingstritt oder Schritt die Figur eines Winkelmasses, - der Gesellentritt und Schritt die Figur einer Setzwage und der Meistertritt und Schritt einen offenen Zirkel, ein Y bilden müsse, ähnlich wie der Lehrling mit entblösstem linken Knie, der Geselle mit dem rechten und der Meister mit beiden Knieen bei der Ablegung des |
Schwures am Altare niederknieen soll. 1) Ueber die eigentliche Mysterienbedeutung des Buchstabens Y und der durch ihn bezeichneten Hugiea geben die antiken Schlangenbilder Aufschluss und die Schlange wie das Ei sind das gleicher Symbol der Gesundheit, der Verjüngung, der ewigen Jugend und des ewigen Lebens. Nach Krause verband Pythagoras mit dem Buchstaben Y die sittenlehrliche Bedeutung: "Er zeige das Leben eines Menschen an, der im Anfange in der unschuldigen Kindheit einen ebenen und geraden Weg vor sich habe; wenn er aber das verständige Alter erreicht, den Scheideweg der Tugend und des Lasters vor sich sehe, wo er alle Ursache habe, zu bedenken, welchen der beiden er einschlagen wolle, weil sie zu einem gar ungleichen Ausgange führen." Darnach wäre der in dem pythagoreischen Buchstaben, im Y stehende Aufzunehmende, der den nach zwei Seiten geöffneten Winkel bildende Mensch Herakles am Scheidewege der Tugend und des Lasters, der zwischen den zwei parsischen Schicksalswegen oder zwischen den ägyptischen Wegen der doppelten Gerechtigkeit Wählende: allein so ansprechend diese Deutung des Symbols an sich ist, bleibt dagegen doch zu erwägen, dass das Symbol ein Unsterblichkeitssymbol, ein eigentliches Mysteriensymbol, - ein Symbol nicht des Lebenden, sondern des Sterbenden ist und deshalb die Hugiea gerade auf Grabmonumenten erscheint, wie noch jetzt bei den Maurern wenigstens des rectificirten schottischen Systems im Meistergrade, welcher die Wiederauferstehung und Unsterblichkeit zum Gegenstande hat. Mossdorf in der Encyklopädie, III. S. 636 und I. S. 109, schliesst sich zwar auch hier unbedingt an Krause an und bezieht den pythagoreischen Buchstaben Y, den sog. Triangel, auf das menschliche Leben: aber er muss auf das menschliche Sterben bezogen werden, womit auch Creuzer, Symbolik, IV. S. 541, Anm. 407 übereinstimmt, indem er die Gesundheit in dem religiösen Sinn von Seelenheil versteht. Der Tod, das Sterben war den Pythagoräern im Geiste der ägyptischen Priester das eigentliche Gesundwerden, die Wiedergeburt, die wahre Geburt ( 1) Krause, I. 1. S. 313. |
des Menschen. während sie die erste Geburt ( 1) Creuzer, a. a. O., I. S. 407, Anm. |
unsterbliche göttliche Geist, welcher die Materie und den Tod überwindet. Die königliche und göttliche Schlange, Die hier berührten Symbole und namentlich die Bil dung des Y, des eigentlichen Fusszeichens der Maurer, 7) sind übrigens in ihrem ganzen Wesen so antik oder alter- 1) Bachofen, S. 156. 2) Schwartz, S. 104. 3) Preller, röm. Mythol., S. 606 ff. 4) Vergl. Krause, I. 1. S. 311, Anm. 5) Krause, I. 2. S. 37, Anm. 6) Bachofen, S. 420. 7) Vergl. auch Krause, I. 2. S. 33 und I. 1. S. 316, sowie I. 2. S. 454 ; Grävell, Betrachtungen, S. 334. |
thümlich, dass sie der Maurerei seit den ältesten Zeiten angehört haben müssen und dieser nur von dem Alterthume, von den alten Baumeistern selbst überliefert sein können. Wir wären höchst begierig von Jenen, welche jeden unmittelbaren Zusammenhang zwischen den germanischen Bauleuten und dem Alterthume leugnen und bestreiten, zu vernehmen, ob z. B. auch der pythagoreische Buchstabe und die pythagoreische Hugíeía auf dem deutschen Boden entstanden seien und wie sie sich den harmonischen Zusammenhang dieser Symbole mit den übrigen maurerischen Symbolen und besonders auch mit den ältesten Lehrlingsfragstücken, den ganzen von demselben Geiste durchdrungenen und nicht von einem einzigen widerstrebenden Bestandtheile entstellten oder gestörten Gliedbau, das organische Ganze der Maurerei erklären. Die Maurer suchen und glauben das nach der Vorstellung des Alterthums im Osten wohnende ewige Licht und Leben mit der Wiedergeburt des individuellen Geistes, und diesem Grundbestreben und Grundglaubenssatze sind alle einzelnen Gebräuche, Symbole und Lehren untergeordnet. Alles Gute kommt bei den Maurern daher aus Osten oder befindet sich im Osten und sogar der Wind bläst aus Osten, der lebende Maurer aber wandert nach Osten und der sterbende geht in den Osten ein. In die genau von Osten nach Westen gelegene Loge und vor den im Osten stehenden Meister und Altar mit den drei grossen Lichtern tritt nach Prichard Masonry disseceted der Maurer nur, um
Bei Browne, Master-Key, mit dem Motto: Sit lux et lux fuit, wird, gefragt:
1) Krause, I. 2. S. 65. |
Dass man nicht etwa zu behaupten geneigt sein möchte, der pythagoreische Buchstabe sei erst seit der Stiftung der neuenglischen Grossloge oder mit dem Jahre 1717 den maurerischen Symbolen eingefügt worden, bemerken wir, dass schon in dem im Jahr 1725 zu London gegen diese Grossloge von. einem Anhänger der alten Maurerei herausgegebenen: The grand Mystery of the Freemasons discover'd, unter den Zeichen, einen echten Freimaurer zu erkennen, aufgeführt wird: "Man beschreibt einen rechten Winkel, indem man die Haken zusammensetzt, und die Zehen beider Füsse auswärts, in einiger Entfernung, oder durch eine andere Art von Triangel." 2) Diese andere Art von Triangel der Füsse ist der Triangel oder pythagoreische Buchstabe. Der dort auch mitgetheilte Gruss des besuchenden Maurers und Bruders: "Die Meister und Genossen der ehrwürdigen Gesellschaft, von welcher ich komme, grüssen Euch alle schön," worauf geantwortet wird: "Gott grüsse schön die Meister und Genossen der ehrwürdigen Gesellschaft, von welcher Ihr kommt," ist der uralte Gruss der alten Schenk- oder Grussmaurer, wie Jeder weiss und erkennt, der jemals eine deutsche Hand- 1) Krause, I. 2. 8. 117. 2) Krause, I. 2. S. 47. |
werksordnung gelesen hat. Bei Prichard spricht der eintretende Grüssende: "Die Empfehlungen, die ich von den sehr ehrwürdigen Brüdern und Genossen der sehr ehrwürdigen und heiligen Loge des heiligen Johannes mitbringe, woher ich komme; sie grüssen euch dreimal von Herzen auf's schönste." 1)
Der griechische Geist und die griechische Sitte, die
griechische Hugieia tritt uns übrigens in dem ältesten englischen Lehrlingsfragestücke noch in einem andern, höchst überraschenden Zuge entgegen. Bei den Griechen schloss die Mahlzeit beim Kreisen des Bechers mit einer Libation
von ungemischtem oder reinem Weine, welche entweder dem guten Geiste ( 1) Krause, I. 2. S. 65, womit zu vergleichen S. 121 und S. 416. 2) Vergl. Guhl und Koner, a. a. O., S. 291. |
lich nach den Worten des Lehrlingsfragestückes: Funde merum genio! die Bemerkung beigefügt: "Nach dieser Verpflichtung (der Beeidigung des Neuaufgenommenen) trinken sie (die Maurer) einen Toast dem Herzen, das verhehlt, und der Zunge, die nimmer erzählt. Der Meister vom Stuhle bringt ihn aus, und sie Alle sprechen dieses nach, und ziehen ihre Gläser an ihren Hälsen vorbei, wie zuvor gesagt," was eben nur bei der Tafelloge geschieht und geschehen kann; es ist dieses dermalen einfach der Toast, welcher bei der Tafelloge dem lieben neuaufgenommenen Bruder dargebracht wird und wobei dieser in den älteren Zeiten aufgefordert worden zu sein scheint, den ihm dargebrachten Toast und seine heutige Aufnahme zum Maurer durch ein dem guten Geiste darzubringendes Trankopfer zu verdanken. Jetzt wird dieser .Dank nur noch der aufnehmenden Loge selbst von dem Neuaufgenommenen verdankt. Die Schlange als Symbol des Lebens, hat sich auch in manchen deutschen Gegenden und namentlich im Kanton Aargau in den Broden und Kuchen erhalten, welche unter dem Namen und in oder blos in der Gestalt von Schlangen zu gewissen Zeiten des Jahres, besonders zur Neujahrszeit, gebacken werden und mit der allgemeinen Vorstellung von den fruchtbringenden Schlangen zusammenhängen, worüber Schwartz, a. a. O., S. 73 ff. und zunächst S. 73 Anm. 2, nachzusehen ist. Wie man in dem salomonischen Tempel durch die Darbringung des Brodes das tägliche Brod erflehte, wurden daher auch bei den Griechen, z. B. in Epirus, und bei den Römern, z. B. zu Lanuvium, im Anfange des Jahres oder zur Frühlingszeit den Drachen Kuchen dargebracht als Symbol des gehofften Jahressegens. 1) Die eben so reiche als tiefdurchdachte indisch-brahmanische Religionsymbolik blieb bisher absichtlich zur Seite, jedoch verdient dieselbe die höchste Beachtung und es ist deshalb besonders auf die von Müller, Glauben, Wissen und Kunst der.alten Hindus, auf vier Tafeln gegebenen Abbildungen mit den Erläuterungen dazu, S. 547 ff., zu 1) Schwartz, S. 75. |
verweisen. Das in sich selbst verschlungene Brahm, der Urgeist vor seiner Offenbarung in der Schöpfung und in der Welt, der unerforschliche Ewige ist der in einen Mantel gehüllte Ring der Emigkeit (die ägyptische Sphinx mit dem Schleiernetze vor der Brust, das verschleierte Bild zu Sais), gebildet durch einen lichtstrahlenden Gott, welcher mit dem Munde seinen Fuss erfasst hat. Wirklich ein erhabenes Bild 1) des unbegreiflichen Urgeistes, welches wohl unter die Symbole der Freimaurerei aufgenommen werden dürfte. - Das Brahmbild nach dem Dherma-Schaster 2) zeigt eine blosse Wolkengestalt im Strahlenglanze, weil Brahm, die Gottheit, undarstellbar ist und kein wirkliches Bild von ihm gegeben werden kann und darf. Die Augen des Wolkengebildes bilden zwei Wasserlilien, hier vermuthlich Symbole der Lichtschöpfung, der Sterne und besonders der Sonne und des Mondes, welche den Augen der Gottheit verglichen werden. Im Schosse des Gottheitsgebildes ruht, umgeben von der Ewigkeitsschlange Ananda oder Abiseschen, das vierzehnstreifige Weltei (Brahmandam) und aus dem Munde der Gottheit hervor strömt auf das Weltei herab das dreigestaltete, das dreifache Schöpfungswort Oum, Om, - oder das Weltall, das Weltei ist der ewige Logos und die ewige That der Gottheit; im Uranfange war der Geist, das Wort und die That, und der Geist, das Wort und die That war bei Gott, war Gott. Die Ewigkeitsschlange, welche die Welt trägt und umfasst, ist der Schoss Gottes und Gott selbst; aus Gott kommt Alles und zu ihm geht Alles, er gibt das irdische und himmlische Leben. Aehnlich dachten sich die Aegypter den Urgeist Kneph und der Grund der so merkwürdigen Uebereinstimmung des indischen und ägyptischen Gottesglaubens und Gottessymbolik ist ein noch zu lösendes geschichtliches Räthsel. Das indische göttliche Wolkengebilde hat ferner vier Arme, zwei erhobene und zwei gesenkte, was sofort an die ähnlichen vier Flügel der babylonisch-assyrischen und phönicischen Gottheiten erinnert. Die gesenkte rechte Hand ruht auf dem Welteie und trägt be- 1) Müller, Taf, I. Fig. 1. 2) Müller, Taf. I. Fig. 2, vergl. mit Taf. II. Fig, 16. |
deutungsvoll die Perlenschnur der Welten. In der erhobenen rechten Hand trägt das Gebilde das daraus herabfliessende Wasser des Lebens und deutet damit an, dass der Geist und das Wort, die That und das Leben vom Himmel stamme, von Oben komme. Die gesenkte linke Hand reicht eine beschriebene Olla mit dem Auge Gottes oben darüber oder ein Palmblatt als Symbol der vier Veden, der göttlichen Lehre herab, denn auch alles Wissen ist ein Geschenk des Himmels. Die erhobene linke Hand hält das speichenlose Feuerrad Wischnus, den Blitzstern, Kiakra, Tschakra oder Schakran genannt, welches sich ewig in sich selbst umschwingt und der Gottheit lebendigstes Bild ist. Abwärts gerichtet sind die Symbole dreier Hände, der Urquell des Wassers und des Lebens, die Perlenschnur der Welten und das viergetheilte heilige Buch; einzig das Feuerrad Wischnus wird emporgetragen, gewiss zum ahnungsvollen Symbole, dass von der Erde auf, aus der Welt der Mensch nach Gottes Willen und Lehre in den Himmel zurückkehren solle. Fra Paolino berichtet, dass die ältesten indischen Könige sich des Feuerrades als eines Seepters bedient und daher den Namen Kiakrarartri, Radlenker, Weltlenker getragen haben. Der Lenker der Welten, der Lenker des Weltrades, der Führer, der König der Könige und der Meister ist Gott, - das Licht, das da war, da ist und da sein wird. Verständlicher und doch kürzer als Bücher reden die Symbole der Brahmanen. Zugleich liegt hier ganz unzweifelhaft vor, dass wenigstens bei den Indern die Ewigkeitschlange nicht das Geringste mit dem Blitze zu thun habe, indem dieselbe ja schon das Weltei, den Weltkeim, die ideale Schöpfung umfasst oder vor Brahma, vor der Schöpfung mit dem Blitze da ist. Deshalb finden wir auch auf anderen Bildern, z. B. Müller, Taf. I. Fig. 3, die das Weltei umschlingende Schlange noch schlafend. Auf einem andern Brahmbilde, worauf Brahm über die Möglichkeit der Schöpfung nachsinnt, liegt das Weltei goldstrahIend im wogenden Weltmeere oder Chaos und darüber erhebt sich, schwebt gleichsam die Ewigkeitsschlange, der Geist Gottes. 1) Auf diesem Bilde hat ausser- 1) Müller, Taf. I. Fig. 4. |
dem Brahm eine konische Spitzkappe, als Symbol des letzten Zusammenlaufens des Alls in den Punkt der Einheit. Der Spitze der ägyptischen Pyramiden darf dieselbe symbolische Bedeutung beigelegt werden. Die Maja oder Adamaja (Allmutter) mit dem geliebten Sohne Kama, dem Liebesgotte, auf dem Arme, führt als Standarte den Radkreis der Schöpfung, eine andere Gestalt der Ewigkeitsschlange, und darin das Auge der Allvorsehung. 1) Auch das Spinnengewebe der Maja als der ewigen Weberin der täuschenden Sinnenwelt umringt die Ewigkeitsschlange. 2) - Höchst merkwürdig ist ein Symbolbild von Jotma oder Jotna, der göttlichen Allmacht, eine geflügelte Ewigkeitsschlange mit dem Kopfe eines Löwen, welcher Stierhörner trägt, in der innern Mitte des Schlangenkreises; aus dem geöffneten Rachen des so gestalteten Stierschlangenlöwen mit den Adlerflügeln geht seine Tochter Pirkirti, die urmütterliche Güte der Gottheit, in der Gestalt einer Kuh hervor, von deren Brust sich Bienen die süssen Honigbringerinnen ablösen. 3). Zuvörderst ist hier zu beachten die symbolische Zusammensetzung des Allmachtbildes der Gottheit aus Löwe, Stier, Schlange und Adler, was mit den verwandten Symbolthieren der Assyrier und Aegypter und besonders aueh mit dem jüdischen Cherub sich berührt. Die bedeutungsvolle Tochter und Schöpfung dieser göttlichen Allmacht ist die nährende und süsse Güte der Gottheitt als deren Symbole die Kuh und die Biene erscheinen. Noch grössere Beachtung aber verdient es, dass die süssen Bienen aus dem Löwen geboren werden, wie bei den Juden aus dem Löwen des Simson. Die Verbindung der Bienen mit dem Löwen ist überhaupt bei den Indern eine gewöhnliche und innige; denn auf einem andern Bilde reitet der den Bienenbogen tragende Kama in der Weise auf dem Löwen, dass der Löwe aus dem Köcher, auf welchem der kleine Kama sitzt, hervorspringt und eine Biene den Köcher mit dem Löwen und dem jugendlichen Liebesgotte trägt. 4) An dieses schöne Bild schliessen sich wieder die 1) Müller, Taf. I. Fig 7. 2) Müller, Taf. I. Fig. 9. 3) Müller, Taf. I. Fig. 12. 4) Müller, Taf. I. Fig. 11. |
griechischen und römischen Darstellungen des von Amor gezähmten Löwen. - Ein Brahmbild, welches Müller, S. 567, das hindustische Cherubimbild nennt, ist zusammengesetzt aus dem Kopfe einer Jungfrau mit einem Adlerkopfe darüber und rechts ein Löwenkopf, sowie links ein Stierkopf; dabei trägt es vier Flügel, zwei erhoben und zwei niedergelassen, und wird dreimal von der Ewigkeitsschlange umschlungen, ohne dass diese jedoch den Schwanz erfasst hat oder einen geschlossenen Ring bildet. 1) Indessen gibt es auch Brahmbilder, auf denen fünf göttliche Eigenschaften symbolisirt sind, die Weisheit durch einen Menschen mit dem Strahlennimbus, die Stärke durch einen gleich den übrigen Thieren geflügelten Löwen, die Allsicht durch einen Adler, die Zeugungskraft und auch Tugend im Allgemeinen durch einen Stier und der Zeugungsaffect durch einen Ziegenbock. 2) Müller hält diese indischen Symbolthiere ohne Grund für den Prototyp der vier Thiere der christlichen Evangelisten, des Adlers des Johannes (Alldurchschau), des Stiers des Markus (Allerzeugung), des Löwen des Lukas (ungedämmte Stärke und Macht) und des Menschenantlitzes des Matthäus (der fruchtbare Verstand des Brahm). Die Schaktitrimurti oder die drei Gemahlinnen der indischen Trimurti oder göttlichen Dreieinheit, nämlich die Saraswadi, die Gemahlin des Brahma, welche in der Mitte steht, eine Perlenkrone über einem Schleier trägt und in der Linken als Lohn der Weisheit, und Tugend eine Krone hält, - die Lakschmini, die holdselig liebreiche Gemahlin des Wischnu, welche in der Linken eine Vase mit dem Glückseligkeits- und Unsterblichkeitstrank (Amrita, Amritam, Amrda, Amrdam) trägt und deren Kniee zwei Kinder als die Stellvertreter der durch sie beglückten Menschheit) umspielen, und Bhawani, die Mutter des physischen Lebens und des Weltbestandes durch die Wiedergeburt, die Gemahlin des Çiwa mit Pfeil und Bogen, vergleicht Müller mit den drei Charitinnen der Hellenen und mit den drei christlichen Cardi- 1) Müller, Taf. I. Fig. 112. 2) Müller, Taf. I. Fig. 113. 3) Müller, Taf. I. Fig. 114. |
naltugenden des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, wobei Saraswadi den Glauben, Bhawani (als Pflanzerin der Lebenskeime in dem Schosse des Grabes und zugleich als Thatenvergelterin jenseits) die Hoffnung und Lakschmini - ihrer ganzen symbolischen Natur gemäss - die Liebe, also eine eigentliche Charitas repräsentire. - Auch die Schlange des Bösen kennen die Inder. So theilt z. B. Müller, Taf. I. Fig. 115, ein Bild mit, welches den Kampf zwischen dem guten und dem bösen Genius um die Seele des Menschen darstellt. Aus dem Genius des Bösen wächst eine Schlange hervor und streckt sich drohend über das Haupt empor; der böse Genius ist aber selbst die böse Schlange, die böse Lust und Leidenschaft, der Kakodämon in des Menschen Brust. Sonderbarer Weise will aber Müller auch hier die Schlange als einen Agathodämon betrachten, der in Prüfung der Tugend ihren Werth erhöhe und dieselbe zum Kampf reize, um ihren Sieg zu verherrliehen und die Macht der moralischen Freiheit, die Allgewalt des sittlichen Willensvermögens zu erproben. Das Ei ist nur ein anderes Symbol des irdischen Lebens, - der Materie oder Erde, aus welcher Alles kommt, wie auch noch viele Ueberreste des deutschen Aberglaubens beweisen. Hühner aus Gründonnerstags- (Frühlings-) Eiern werden sehr hübsch buntscheckig und verändern alle Jahre ihre Farbe. Wer am Charfreitage nüchtern ein Ei isst, das am grünen Donnerstage gelegt wurde, bleibt für dieses Jahr vor Leibschaden bewahrt. Bei den Indern legt die Pirkirti, die göttliche Güte in Gestalt einer Henne mit einem Kuhkopfe das Weltei. 1) Auf einem andern Oumbilde, Haranguerbehahbilde wird in der siebentheiligen Unterweltshöhle dieses Weltei von der geflügelten, zum Kreise geringelten giftigen, feuergekrönten Schlange des Bösen mit dem Rachen erfasst 2) und diese Schlange ist nur das Symbol des Irdischen, in welches die himmlischen Lichtseelen zu ihrer Prüfung herabsteigen müssen. Deshalb erhebt sich über der Unterwelt und Oberwelt, über der Erde und dem Irdischen die Gottheit als der vierzehn- 1) Müller, Taf. II. F. 13. 2) Müller, TaL II. Fig. 19, vergl. mit Fig. 20. |
köpfige Baum des ewigen Lebens, als die Seele aller Seelen, in deren Lichtschosse und Lichtmeere die einzelnen Menschenseelen als Lichtfunken schwimmen und ruhen; dieses geistige Milchmeer, als Lebensbaum gestaltet, ist gekrönt von der dreistrahligen Gottheit, bildet den Thron derselben. Das Bild selbst ist zugleich dreigetheilt, bildet gleichsam einen Hauptaltar, den himmlischen reinen Lebensbaum, das Geisterreich mit der bösen Erde und den bösen Menschen, und zwei Nebenaltäre , auf denen vor einem Feuerleuchter der Urmann und das Urweib, Adam und Eva, Meschia und Meschiane, anbetend knieen, unter dem Weibe die Symbole des empfangenden Wassers und unter dem Manne des zeugenden Feuers. Der ganze brahmanische Gott- und Menschenglauben, seine tiefste Metaphysik ist in diesem Bilde niedergelegt. Eben so bedeutungsvoll ist ein Prajagatbild, 1) der Symboltypus des göttlichen Weltbildungstriebes, der göttlichen Weltbaumeisterslust mit Selbst-Ich-Erkenntniss, Ahankar. Es trägt in dem Schosse das geborstene Weltei, aus welchem das zwölfgetheilte Sonneinzeitbild strahlend hervorbricht und auf welches der dreigetheilte Schöpfungs- und Belebungshauch niederfällt; auf dem Weltei stehen oder knieen die daraus hervorgegangenen guten und bösen göttlichen Geister (die Dewtas und Djenian's) und der Mensch oder der Mann und das Weib. Ferner schliesst sich an ein Trimurtibild, auf dem sich aus dem in dem Weltmeere schwimmenden Weltei der dreiästige Lebensbaum mit einer Sonne in jedem Aste als Symbol der Trimurti erhebt; die drei Aeste umstrahlt und umfasst zugleich vereinigend eine Sonne, die Dreisonne der Trinität, welche die dreimal grössere Brahmsonne hier zur Tetras vollendet, 2) Noch näher in unsern Vorstellumskreis tritt, das Symbol der göttlichen Zeugungskraft, ein von zwei mit Zweigen umwundenen gekrönten Schlangen getragener Weltlingam, woran unten in den zu einem Knoten verschlungenen Schwänzen der Schlangen das Fünfeck des Wischnu hängt. 3) Diesem 1) Müller, Taf. II. Fig. 21. 2) Müller, Taf. Il. Fig. 44, vergl. mit Fig. 45. 3) Müller, Taf. II. Fig. 58. |
Symbole Verehrung und Opfer unter Erflehung von Gesundheit, Glück und langem Leben darzubringen, wird der Schlangendienst (Naguputsche), auch Abischegam genannt; es ist der griechische Asklepiosdienst. In gewissem Sinne ein Gegenbild ist der achtarmige Todtengott Jama, Schawa, Zamo-Çiwa, der auf einem Büffel reitet, dessen Brust ein Kranz von Todtenschädeln schmückt und dem sich um jeden Arm eine zischende Schlange schlingt. Das Schaberaketuch ziert ein Todtenschädel über zwei kreuzweis gelegten Todtenknochen und in einem der Arme hält Jama die Wage der ewigen Gerechtigkeit, wie auch Çiwa eine solche Wage trägt. 1) - Auch die Buddhisten stellen den vierhändigen Meister des Universums dar sitzend mit der drei fachen Weltkrone über dem Haupt auf einem Throne, dem das im wogenden Weltmeere schimmernde Weltei zum Schemel, zur Unterlage dient, 2) so dass also das biblische Bild von der Erde, von der Welt als dem Fussschemel der Gottheit als ein altes asiatisches erscheint. Der Ewige mit lichtumstrahltem Haupte sitzt in einem länglichen Vierecke, wohl wieder ein Symbol der Welt, darüber wölbt sich oben ein Halbkreis, in welchem drei betende Genien symmetrisch gruppirt erscheinen; den Halbkreis aber krönt ein von dem Lichtnimbus umflossenes gleichseitiges Dreieck als das Symbol der göttlichen Dreieinheit. Das Bild, welches Adi-Natha genannt wird, findet sich auch im Tempel zu Ellora. Wie hier der Ewige von dem Welteie getragen wird, wird die Durga, in der Gestalt der heiligen weissen Weihe, von einer Schlange getragen, 3) so dass das Weltei, die Schlange und der jüdische Cherub gleichmässig als die Träger der Gottheit erscheinen. Die Eule als Symbol der Göttin der Weisheit steht gleichfalls auf dem Weltei. 4) So steht auch Pran, der göttliche Lebensgeist und Lebensodem, im Sternengewande und mit der strahlenden Sonne auf dem Haupte und dem leuchtenden Monde auf der Brust, mit geflügelten Armen und Beinen auf dem von der Ewigkeitsschlange getragenen Weltei; 1) Müller, Taf. IL Fig. 61 und 60. 2) Müller, Taf. II. Fig. 131. 3) Müller, Taf. II. Fig. 135. 4) Müller, Taf. II. Fig. 136. |
aus dem Weltei brechen durch fünf Oeffnungen hervor fünf Lebensströme zur Bezeichnung der fünf Sinne und Elemente und zugleich ist das Ei von dem Thierkreise, Rasischiakra, umgeben. 1) Leider fehlen alle Mittheilungen über das auch nur vermuthliche Alter des Bildes, weshalb daraus auch keine Schlüsse über das Alter des Thierkreises in Indien gezogen werden können. Die umschlingende Ewigkeitsschlange verwandelt sich auf andern Bildern auch in die Perlenschnur der Welten, oder nach dem Ausdrucke Müllers in die Allwesenkette, z. B. bei einem Pranbilde, wovon Müller, Taf. III. Fig. 30, eine Abbildung gibt und wodurch alle Zweifel über die eigentliche Bedeutung der Ewigkeitsschlange entfernt werden. Der Thierkreis befindet sich übrigens auch in dem schon berührten Tempel des göttlichen Baumeisters, Wismakarma oder Wismakarman, zu Ellora über dessen Haupte, worüber noch Müller, S. 591 und 592 und Fig. 94, Taf. III, zu vergleichen ist. Ganesa (der röm. Janus), der Gott der Weisheit und Klugheit, trägt in der linken gesenkten Hand seiner vier, theils erhobenen und theils gesenkten Hände einen Sphärenkreis und schwingt siegreich in der erhobenen rechten Hand die gelöseten und gebrochenen Fesseln der Sinnlichkeit, während die gesenkte Rechte das Scepter der Selbstbeherrschung hält und die erhobene Linke das Kampfbeil der Dualität trägt. In maurerischer Beziehung bieten diese Ganesabilder 2) die überraschendsten Vergleichungspunkte und stellen symbolisch dar, dass dem Menschen die Vernunft, die Weisheit und Stärke, als eine Streitaxt und ein Schwert gegen die Bande der Sinnlichkeit verliehen sei; um siegreich diesen Kampf zu kämpfen, muss der Mensch sich selbst beherrschen, das weise Mass halten. Ganesa sitzt in einem aufgerichteten länglichen Vierecke, welches über seinem Haupte in einen gothischen Spitzbogen ausläuft und von zwei anbetenden knieenden Frauen mit zwei von ihnen abgewandten Löwen gekrönt wird. Wie der Elephant des Indra das Symbol der Stärke durch die Weisheit ist, so sind die Löwen des elephantenhäuptigen 1) Müller, Taf. III. Fig. 25, vergl. mit Fig. 26. 2) Müller, a. a. O., S. 593 und Taf. III. Fig. 97. |
Ganesa neben den betenden Frauen das Symbol, dass allein die Frömmigkeit, das feste Gottvertrauen, die in Weisheit sich bescheidende Demuth Stärke gewähre; alle menschliche Stärke und Weisheit soll und wird vor Gott anbetend in den Staub sinken. Unmittelbar über dem Haupte des Ganesa und zu seiner Krone wölbet sich das Sternenzelt in einem Kreisabschnitte, das blaue Himmelszelt der Maurerloge; ihm zur Seite aber stehen, wieder ganz nach der maurerischen Anordnung, die leuchtende Sonne und der leuchtende Mond. Auf der untern rechten Seite des tragenden Thronthieres grünet ein Palmbaum, die maurerische Akazie, welchen Baum Müller auf die Geistesfruchtbarkeit des Ganesa deuten will, wohl aber das einfache Lebenssymbol ist; rechts dem Baume entsprechend stehen zwei schlanke enge Säulen, welche eine Querdecke mit einem Halbkuppeldache tragen und worüber auffallender Weise Müller Nichts bemerkt hat. Mit den gelöseten Fesseln der Begierde und dem Seepter der Selbstbeherrschung trifft endlich noch zusammen, dass dem Elephantenhaupte des Ganesa auch der Stosszahn der Begierde abgebrochen ist. Den gelöseten, den zerrissenen Fesseln des Ganesa stehen entgegen die Fesseln oder zwei Schlangen der Sinnlichkeit und des Bösen, welche auf einem Bilde des Sana, einer Çiwa-Jama-Modification, den Sana um schlingen und zugleich den Sünder als seine Gewissensbisse zwischen ihren Rachen emportragen 1) wie sie sonst das Ei halten. Diese Schlangen des Sana bestätigen zugleich die oben von dem Symbole der Fessel, versuchte Schlangendeutung. So trägt auch die schwarze und böse Mundewi, als die Göttin des Unfriedens, des Unheils und Lebenshasses, ein Schlangenhaar über der Krone und Schlangen umwinden ihre beiden Arme; sie reitet auf einem Esel, im ganzen Oriente dem Symbole des rohen Muthes und der bösen Lust, - Todtenköpfe, zieren ihren fliegenden Mantel, die sie umgebende Leibbinde und in der Fahne führt sie einen Raben, als Symbol des dunkelen Todes. 2) Es dürfte bei den Indern kaum ein Symbol 1) Müller. Taf. III. Fig. 99. 2) Müller, Taf. III. Fig. 100. |
geben, welches häufiger gebraucht wird als dasjenige der Schlange, und zwar bald im guten, bald im bösen Sinne. Als Schlange des Lebens und der Gesundheit umschlingt sie wieder auf einem Bilde des Danawantri, einer äskulapischen Incarnation des Wischnu, den Berg Mandara, vor welchem Danawantri oder Wischnu, mit einer Amritabüchse in der rechten Hand, aus dem frischgequirlten Milchmeere emporsteigt, welchem auch die bis zum Gipfel des Berges sich hinaufschwinngende Schlange Wasughi entsteigt. 1) Diese Schlange Wasughi ist nur ein anderes Symbol des Unsterblichkeitstrankes, des Amrita, - ja des Wischnu oder Welterhalters selbst. Auch der Luki, der Göttin des Getreides und überhaupt der Erdfruchtbarkeit und einer Gestalt der Bhawani, mit der Sichel in der Rechten und einem Aehrenbunde und einer Spate in der Linken, ist die belebende Schlange beigegeben. 2) Vor der beglückenden Mohene-Maja, einer Verkörperung des Wischnu, aus dem Milchmeere aufsteigend und in der Rechten eine Amritaflasche haltend, steht der Berg Mandara mit der ihn umgürtenden Schlange Wasughi. 3) Der flötenblasende Krischna, als Symbol der Weltharmonie bezähmt den wilden Tiger und die dreitäuptige Schlange, dass sie seinen Tönen lauschen. 4) Eine SchIange windet sich auch oft um den Dreizack des Çiwa, z. B. bei Müller, Taf. IV. Fig. 34 und 39. Oben in der Randverzierung eines Trimurtibildes, bei Müller, Taf. IV. Fig. 42, befinden sieh zwei von Schlangen niedergeworfene Pfauen, deren Bedeutung unklar ist und die Müller, S. 603. nicht zu deuten wagt; unten an demselben Bilde und den zwei oberen Pfauen entsprechend, als ihr Gegenbild sind zwei geflügelte, behaubte Frauenbilder angebracht welche an die geflügelten Sphinxe mahnen; vielleicht weisen die zwei von Schlangen niedergeworfenen Pfauen auf die in die Banden der Sinnlichkeit verstrickte Schöpfung und Geisteswelt. Die schönste und lebens- und zugleich liebesvollste 1) Müller, Taf. III. S. 104. 2) Müller, Taf. III. Fig. 105. 3) Müller. Taf. III. Fig. 106. 4) Müller, Taf. III. Fig. 152. |
Kette der Ewigkeit, welche die Maurer bilden und Menschen überhaupt bilden können, ist die Kette der treu und fest verbundenen Hände, die von allen Brüdern der Loge am Sehlusse derselben gewöhnlich gebildet wird 1) und wobei das fromme Gebet zum Himmel emporsteigt, dass, wie hier unsere Hände verschlungen seien, so in alle Ewigkeit unauflöslich unsere Herzen verbunden bleiben mögen. Nachdem der dreifache Bruderkuss durch die Kette gelaufen und mit ihm der Bund der Bruderherzen neu besiegelt ist, wird die Kette gelöset. Sicherlich wird niemals ein Bruder in diesen Ring und Kette der ewigen Freundschaft und Liebe eingeschlossen gewesen sein, ohne vom tiefsten Gefühle durchdrungen und durchglüht zu werden und ohne den Groll und Hass abzulegen, der noch etwa in seinem Busen gegen einen Bruder, gegen ein Kettenglied haftete. Wenn die geweckten Empfindungen der allgemeinen brüderlichen Gessinnung und Liebe auch nur auf Tage, ja selbst nur auf Stunden in den Herzen nachwirken und nachklingen, welch' eine Milde und göttliche Menschlichkeit oder menschliche Göttlichkeit muss nicht über das Leben ausgegossen werden. Auch ist es ein schöner und erhebender Gebrauch einzelner Logen besonders derjenigen des Schröder'schen Systems, vor dem neuaufgenommenen Bruder, wenn die verhüllende Binde endlich von den Augen sinkt, in der Bruderkette zu stehen; der erste Blick des neuaufgenommenen Bruders fällt in das Reich der ewigen Liebe und Treue, in die zu einem Ringe verbundenen Bruderherzen, welche auch nach dem Tode noch fortschlagen. Mit Wahrheit wird in der Bruderkette gebetet, dass sie in das Geisterreich hinüberreiche und durch keinen Tod getrennt werde. Auch diese Kette ist übrigens ein alterthümlicher Gebrauch und findet sieh schon in einzelnen Mysterien des Alterthums; von dieser Kette, die gesammte Menschheit umschliessend, singt freudefrunken Schiller: Seid umschlungen Millionen, diesen Kuss der ganzen Welt! In die Kette, zu dem heiligen Tempel auf dem Berge Moriah, zu der Anschauung und Uebung des Gött- 1) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 275 und I. 2. S. 353 und S. 483. |
lichen in dem Menschlichen, 1) führen die drei essäischen Thore: Gottliebe, Tugendliebe und Menschenliebe, oder die drei Sprossen der auf der Bibel ruhenden und bis zum Himmel reichenden Jakobsleiter: Glaube, Liebe, Hoffnung; wenn du an Gott glaubest, liebe die Menschheit, und wenn du die Menschheit geliebt, darfst du auf die Ewigkeit hoffen, - wer Gott und die Menschheit verloren, wird im Tode untergehen. Geschlossen wird die Kette vor dem symbolischen Altare des allmächtigen Baumeisters der Welt und auf des Tempels heiligem Grunde, welchen nach dem Statutenbuche der Loge von Essingen oder der York-Maurer der Aufzunehmende nur unbeschuhet betreten darf; 2) geschmiedet aber wird die Kette durch die Bruderliebe, den svmbolischen Kitt, 3) welchen die Hände als die Kellen darreichen. 1) Vergl. auch Grävell, Betrachtungen über die Symbolik der Freimaurerei, S. 198. 2) Krause, I. 1. S. 311, vergl. mit S. 139 und 186; Grävell, a. a. O., S. 207 unten. 3) Grävell, S. 204. |