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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht auf die Mythologieen und Mysterien des Alterthums
von Dr. Jos. Schauberg, Zürich 1861

B a n d II. - Kapitel LI., Teil 2, Seiten 651-753

Die Zwölfzahl. Thales und Anaximander, Pherekydes und Pythagoras. Die Orphiker und das orphische Gedicht. Das Symbol des Löwen.



ewige Licht, mit welchem und in dem die gesuchte Kore wieder gefunden werden wird, und die eleusinischen Geheimnisse sind die Feier des irdischen Todes und der himmlischen Wiederauferstehung. Die Demeter ist die Stifterin des eleusinischen Gottesdienstes, 1) d. h. ihr Suchen und ihr Wehklagen, das Verschwinden und das Wiederfinden der Kore 2) sind, der Gegenstand der Eleusinien, die Eleusinien sind die Erinnerungsfeier des Leidens und Lebens der Demeter und ihrer Tochter Kore, des Jahreslaufes. Mit Hinsicht auf das neuntägige Suchen der Demeter scheint angenommen zu werden dürfen, dass eigentlich auch die Kore nur drei Monate in der Unterwelt bei ihrem Gemahle Aïdoneus abwesend war oder im Grabe bis zu ihrer Rückkehr ruhte. Die Zustände () der Persephone sind die wechselnden Zustände oder Zeiten der Erdvegation des Jahres, welcher Jahreszeiten auch die Griechen nach Preller, a. a. O., S. 117 ff., 3) vier annah-




    1) Ueber die Eleusinien vergl. auch Schoemann, II. S. 338 ff., und Preller in Pauly's Realencyklopädie, III.
    2) Den Namen (Jungfrau) und (Jüngling) leitet Hugo Weber, etyniologische Studien, I. S. 32 unten, ab von der Wurzel , cer, d. i. vom hellen glänzenden und frischen Aussehen. In dieser Abstammung würde sich berühren mit , der Tod, woher die Keren, die tödtenden Göttinnen, indem auch dieser seinen Namen von der bleichen (Todes-) Farbe trägt. Auch Ceres soll nach Weber gebildet sein aus cer?, (glänzen, schimmern) durch das sanskr. Suffix -as, lat. us, -ur, -es, -er und soll die glänzende Frucht bedeuten. Rinck, a. a. O., I. S. 109, lässt das lat. Ceres von Axiokersa, dem samothracischen Namen der Persephone, stammen; die Kore war nach ihm (S. 140) in ihrer Grundbedeutung der ausgestreute Samen, denn in der Menschenwelt gehe es wie bei einem Saatfelde; wenn sie ihre Frucht gebracht hat, werde sie eingethan durch die Hand der Schnitter; deshalb sei auch der Erntekranz, den man beim Erntefest umhergetragen, einem Verstorbenen, einem schon Eingebrachten zu Ehren aufgehängt worden; daher erkläre sich ferner die Verbindung der Targelia als des Erntefestes mit der Lustration von Athen; der orphische Hymnus nenne die Persephone "Leben allein und Tod für die mühbebeIadenen Menschen." Bedeutungsvoll gebiert nach Hesiod Th. 214 ff. die dunkle Nacht von sich das Schicksal (), das schwarze Verhängniss (), den Tod (), den Schlaf () und die Träume (); sie alle ruhen in der Erde dunklem Schosse, in der Unterwelt, in dem Reiche der Persephone (Rinck, I. S 147).
    3) Vergl. auch Welker, a. a. O., II. S. 476 ff. und S. 511 ff.,



men nämlich zwei Haupt- und zwei Nebenjahreszeiten; die Hauptzeiten waren Winter und Sommer, die Nebenzeiten Frühjahr und Späisommer. Die kleinen Eleusinien feierten im Frühjahre, im Blumenmonate Anthesterion, sobald die ersten Blumen blühten, die Zurückkunft oder den Aufgang (, auch , Ankunft, woher das Fest und der Tempel, wie die Stadt ihren Namen trugen 1) der Persophone durch Blumenpflücken und Kränzewinden auf der Frühlingswiese; der Aufgang der Kore aus der Unterwelt war zugleich das Vorbild der in ihrem unterweltlichen Reiche weilenden Seelen der Verstorbenen und dadurch wurde das Frühlingsfest der Kore wie auch ihr Herbstfest zu einer Art von Allerseelenfest, welches sich auch bei den Römern findet. 2) Die grossen Eleusinien, das Fest des Niederganges (). der Persephone fiel in das Spätjahr, wenn die Früchte und die Blumen von den Feldern schwanden (); der Niedergang wurde dabei durch mimische Darstellungen aufgeführt, wie z. B. zu Rom eine Priesterin die verschwindende Kore darstellte. 3) Eusebius und Clemens von Alexandrien nannten die grossen eleusinischen Feste die Feste der Särge und der Todten. In der Kunst wird die Kore beim Aufgange dargestellt auf einem Wagen mit weissen Rossen fahrend und beim Niedergange auf einem Wagen mit schwarzen Rossen. Mit dem Auf-




welcher nur eine Dreitheilung des Jahres bei den Griechen, wie bei den Indern und nach Tacitus bei den Germanen annimmt, von welchen drei Jahrestheilen die Tochter zwei mit der Mutter im Olympe, einen bei Hades zubringe, wie auch in Delphi Dionysos vier Wintermonate, Apollo die acht Sommermonate gehabt habe. Jedoch anerkennt Welker, dass in der Odyssee II, 192 und bei Alkman zu den drei Horen, Frühling, Sommer und Winter, die hinzugefügt, also die Viertheilung des Jahres hergestellt sei.
    1) H. Müller, das nordische Griechenthum, Mainz 1844, S. 50; Schömann, Il. S. 357.
    2) Preller, a. a. O., S. 228 ff.; Rinck, Religion der Hellenen, I. S. 150 ff., welcher letztere die eleusinischen Mysterien mit den Lehren Christi in Vergleichung bringt. Die kleinen Eleusinien können jedenfalls mit der christlichen Adventzeit, der Vorbereitungsfeier der Ankunft (, adventus) des Herrn der neuen Sonne, des neuen geistigen Lebens verglichen werden.
    3) Preller, a. a. O., S. 120 ff.



steigen und Niedersteigen der Lebens- und Todesgöttinnen zur Zeit des Frühlings und des Herbstes aus der Unterwelt oder der Erde und zu der Unterwelt oder Erde ist zugleich der natürliche Gedanken verbunden, dass alsdann das Todtenreich geöffnet sei und ein besonderer Verkehr zwischen den Abgeschiedenen und Lebenden stattfinde. 1) Dieser Gedanke mit daran sich anschliessenden Gebräuchen, Opfern, Sagen u. s. w. findet sich in einer merkwürdigen Uebereinstimmung bei den Griechen, Römern und Germanen und sie fielen von selbst in die Zeiten der Sonnenwenden, des Frühlings und des Herbstes. Preller hebt dabei mit Recht hervor, dass das Pflanzenleben das Vorbild des menschlichen Lebens sei und dass die Menschen und ihre Geschlechter gleich den Pflanzen entstehen und vergehen, blühen und welken, kommen und gehen. -

Den Mummelsee auf dem Schwarzwalde sucht ein Württemberger Herzog vergeblich durch ein neunerlei Zwirnnetz zu ergründen. 2) In der finnischen Mythe werden die Krankheiten, Schmerzen und schädlichen Thiere von einer alten Frau als neun Knaben auf einem Wassersteine nach einer Schwangerschaft von 30 Sommern und eben so vielen Wintern geboren.3) Nach althessischem Volksglauben bestanden die Krankheiten ebenso aus neun Brüdern, nach altslavischem aus neun Schwestern. 4) Die finnische Jungfrau Impi wohnt im hohen Norden und als sie einst im Meere badete, zeugte Meri-Turisas, der Meergott, neun schlimme Söhne mit ihr. 5) Bei den Ehsten ist Pohjolen-Emändä Königin des Nordens und Mutter von neun hässlichen ungestalteten Söhnen. Durch den Blitz, ein rothes Garn, werden die neun Kinder aus dem harten und eisigen dreimonatlichen Winter, Grabe und Mutterschosse geboren; das Himmelsfeuer muss sich mit dem irdischen Wasser gatten, damit die Erde blühe und den ringenden, leidenden




    1) Preller, a. a. O., S. 228 ff.
    2) Rochholz, Schweizersagen, I. S.9 Anm.; Grimm, D. S., I. S. 75.
    3) Eckermann, Lehrbuch der Religionsgeschichte und Mythologie, IV. 1. S. 149 und 183.
    4) Mülhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 310.
    5) Eckermann, a. a. O., IV. S. 176 und 183, 189.



Menschen Früchte trage. 1) Die Menschen sind des Brodmanns Söhne, müssen mühevoll ihr Brod erwerben. Der finnische Tontu ist der Hausgott, welcher sich in der Nacht bei den Wohnungen zeigte und jeden Morgen eine Schale mit Speise erhielt; wer neun Mal um eine Küche ging, dem erschien Tontu und fragte nach seinem Wunsche, und nun bekam man, was man verlangte, es mochte Geld oder etwas Anderes sein. 2) Hier erscheint offenbar der Sonnengott während der neun Monate seines Lebens in seinen wohlthätigen Wirkungen für das Haus und Hauswesen; wer ihn verehrt durch Fleiss und Arbeit, wird gesegnet. Haltia ist der Schutzgeist jedes Menschen; auch jedes Haus, Wald, See und Berg hatte einen solchen Schutzgeist. Auf dem hohen finnischen Berge Kippumäki befanden sich in dem mittelsten Felsen neun Höhlen, von welchen jede neun Klafter tief war; in diese Klüfte bannten die Zauberer die Schmerzen und Plagen der Menschen. Dort wohnte die Furie Hita mit schlangenumzischtem Haupte und die Furie Kiwutar, Wäinämoinens Tochter, welche das Feuer anschürte und die Plagen kochte, sowie noch andere Unholde. 3) Wenn Jemand sich eine Verrenkung zugezogen hat, wendet der schottische Aberglaube den gewundenen Faden an, welcher aus schwarzer Wolle gesponnen, mit neun Knoten versehen und mit einem Zauberspruche um das verrenkte Bein oder Arm gebunden wird. 4)

Wenn Apollo neun Musen nach Pieros in Thespiae 5) in Böotien zu seinen treuen Begleiterinnen und darnach eine Leyer mit neun Saiten, d. h. neun Lebensmonate gegeben werden, kann er alsdann natürlich nur drei Monate todt oder bei den Hyperboräern abwesend sein, wie dieses wirklich auch eine Sage erzählt. Ebenso gibt Kallimachus dem Chore der Artemis, der Zwillingsschwester des Apollo, in Dian. 13 neunjährige Okoaninen und Nymphen des




    1) Vergl. aueh Rochholz, I. S. 340.
    2) Eckermann, IV. 1. S. 191.
    3) Eckermann, IV. 1. S. 209.
    4) Eckermann, III. 1. S. 77.
    5) Welker, II. S. 43; Rinck, S. 143 und 290.



Amnisos. Noch inniger sehliesst sich hieran, dass die Geburtswehen der Mutter des Apollo und der Artemis neun Tage und neun Nächte dauern, 1) und sie endlich gebiert, die heilige Palme, das Symbol des 12monatlichen Jahres umfassend. Die Eileithyia erhält für die der Leto bei der Geburt geleisteten Dienste ein prächtiges Halsband () von neun Ellen, was Pott für ein Symbol der Nabelschnur hält, mittelst deren der Embryo neun Monate lang aus dem Leibe der Mutter Nahrung und Wachsthum empfängt. Uebrigens ist Leto nicht allein die Nacht, aus welcher das neue Jahreslicht geboren wird, sondern die Urnacht und das Chaos, aus welcher überhaupt das Licht, die Sterne und die Welten hervorgingen. Delos ist nach der ansprechenden Bemerkung von Pott die Insel, worauf das Licht zur Welt kam und gleichsam offenbar () wurde. 2) Nereus der Alte () umkreiset neunmal wirbelnd die Erde und das Meer und fällt dann in das Meer; sein zehnter äusserster Arm ist die Styx, welche lange unter der Erde fliesst. 3) Nach Hesiods Theogonie 722 ff. würde neun Tage und Nächte lang ein Ambos vom Himmel auf die Erde fallen, und eben so lange von der Erde bis in den Tartarus. 4) Schiller singt von der Persephone:

Die von ihren Gütern nichts berühren,
Fesselt kein Gesetz der Zeit.
Wollt ihr schon auf Erden Göttern gleichen,
Frei sein in des Todes Reichen,
Brechet nicht von seines Gartens Frucht!
Selbst der Styx, der neunfach sie umwindet,
Wehrt die Rückkehr Ceres Tochter nicht;
Nach dem Apfel greift sie, und es bindet
Ewig sie des Orkus Pflicht.

Der Apfel, der sinnliche Genuss, verbannte auch Adam und Eva, die Urmenschheit aus dem Garten Gottes und




    1) Pott, Studien zur griech. Mythol., S. 322.
    2) Deutsche m. Zeitschrift, XIII. S. 371 Anm. 1.
    3) Rinck, Religion der Hellenen, I. S. 53 oben.
    4) Rinck, a. a. O., I. S. 133 und 206.



umschlang sie mit allen Banden des Erdenleidens. Die himmelstürmenden Giganten Otus und Ephialtes, Söhne des Poseidon und der lphimedeia, waren nach Homer neun Ellen lang und doch nicht ausgewachsen. 1) - Beim stygischen Fluss schwören Götter und Menschen; Zeus selbst, um in jenem Fall die Wahrheit an das Licht zu bringen, stellt eine Wasserprobe an. Er lässt durch Iris ein goldenes Gefäss voll von dem stygischen Wasser heraufbringen; wer von den streitenden Theilen, dasselbe trinkend, meineidig wird, verliert auf lange Zeit seine göttlichen Rechte; er liegt ein Jahr lang ohne Ambrosia und Nektar athem- und sprachlos in tiefem Schlaf versunken und muss weitere neun Jahre einen Kampf nach dem andern bestehen, bevor er wieder der Göttergemeinschaft einverleibt werden kann. Eine ähnliche Wasserprobe findet sich IV. Mosis 5, 17, um den Ehebruch einer Frau zu ermitteln. 2) Plato im Phaedr. setzt neunerlei Lebensstufen, welche die aus dem Himmel zur Erde herabsinkende Seele einnehme, 3) worunter auf der vornehmsten der Freund der Weisheit oder Schönheit, oder der Musen und der Liebe steht, auf der zweiten der König, der nach Gesetzen regiert oder Krieg führt u. s. w. bis zur neunten Stufe, auf welcher der Tyrann steht. - Auf Samothrace sollen sich neun Korybanten, Söhne des Apollo und der Rhytia, oder der Thalia, oder nach Andern des Zeus und der Kalliope, niedergelassen haben. 4) Herodot theilte nach der Zahl der neun Musen seine Geschichte in neun Bücher. - Bei einem Poseidonfeste zu Pylus wurden neun Reihen Bänke ausgestellt und auf jeder sassen 500, und für eine jede Reihe wurden neun Stiere geopfert, also im Ganzen 81 für 4500 Menschen. 5) - Bei der germanischen Probe des glühenden Eisens musste dieses 3 Mal 3' getragen und dabei mit dem rechten Fusse ausgeschritten werden. - Die Völuspa nach der kopenhagener Handschrift Str. 2 sagt:




    1) Rinck, I. S. 178 und 79.
    2) Rinck, I. S. 202; Schömann, II. S. 243.
    3) Rinck, I. S. 244.
    4) Rinck, I. S. 250.
    5) Rinck, II. S. 4,



Neun Welten kenn' ich, neun Hölzer weiss ich,
Mächtigen Mittelbaum im Staube der Erde. 1)

In den spätern Zeiten waren bei den olympischen Spielen neun Kampfordner und Kampfrichter, Hellanodiken genannt, bestellt, nämlich drei für die Rosswettrennen, drei für das Pentathlon und drei für die übrigen Kampfarten; 2) noch später waren zwölf Hellanodiken nach den zwölf topischen Phylen in Elis. Vor der Einführung der pentaeterischen pythischen Feste wurde zu Delphi dem Apollo in jedem neunten Jahre, d. h. nach Ablauf einer achtjährigen Schaltperiode ein Hauptfest gefeiert. 3) Auf Lemnos ward ein jährliches Reinigungsfest begangen: alles Feuer auf der Insel, als verunreinigt durch die Versündigungen der Menschen, wurde ausgelöscht und nach neun Tagen erst kam neues Feuer, von Delos hergeholt, an seine Stelle. 4) - Auch das noch in Pausania's Zeit, also noch im 2. Jahrhundert nach Christus auf der Höhe des lykäischen Berges gefeierte Fest des lykäischen Zeus, wobei Menschen geopfert wurden, scheint je das neunte Jahr gefeiert worden oder ein ennaeterisches gewesen zu sein und Derjenige, dem das Loos gefallen war, den Menschen zu opfern, musste wahrscheinlich auf neun Jahre das Land meiden. 5) Am neunten oder auch schon am siebten Tage nach der Geburt wurde das neugeborene Kind, welches gewöhnlich zugleich den Namen erhielt, und am vierzehnten Tage die Kindbetterin gereinigt. 6) Athen hatte ein Collegium von neun Archonten und dem zweiten derselben, dem Basileus, als dem Oberaufseher des gesammten Staatscultus war die äussere Anordnung der Eleusinien übertragen ; 7) ihm waren vier Epimeleten beigeordnet, zwei aus der gesammten Bürgerschaft, zwei aus den eleusinischen Geschlechtern der Eumolpiden und Keryken durch




    1) Bunsen, Gott in der Geschichte, III. S. 498.
    2) Schömann, a. a. O., II. S. 55.
    3) Schömann, II. S. 59.
    4) Schömann, II. S. 197 unten und 461.
    5) Schömann, II. S, 223 und 24; Böttiger, kleine Schriften, I. S. 141 ff.
    6) Schömann, II. S. 326 und 499: Rinck, II. S. 204 ff.
    7) Schömann. II. S. 340.



Cheirotonie oder die Mehrheit der aufgehobenen Hände erwählt. Der Titel Archon Basileus, welcher Königstitel in vielen griechischen Staaten auch nach dem Untergange des Königsthums demjenigen Beamten verblieb, welchem die Ueberwachung und Besorgung des Staatscultus oblag, beweiset, dass einst die alten Könige die weltliche und geistliche Herrschaftsgewalt in ihrer Hand vereinigten, - der König auch gleichsam summus episcopus war. 1) Das Fest des Apollo Karneios, des Apollo als Heerdengottes, des die Vermehrung und das Gedeihen der Heerden verleihenden Sommergottes wurde zu Sparta im zweiten Jahrhundert vor Chr. neun Tage lang vom 7. bis 15. des Monats gefeiert, wobei an neun ohne Zweifel dicht bei ein ander gelegenen Plätzen Zelte oder Lauben () für je neun Mann, oder für je drei Phratrien errichtet wurden, so dass also damals zu Sparta 27 Phratrien gewesen sein müssen. 2) Auch wurden dem Apollo zu Delphi alle neun Jahre die Septerien mit einer sich daran schliessenden Procession nach Tempe gefeiert, zur Erinnerung an seinen Kampf mit dem Drachen Python oder Delphyne; 3) bei dem Feste wurde dieser Kampf bildlich dargestellt und Apollo durch einen auserlesenen Knaben, dessen beide Eltern noch lebten, vertreten. In Böotien, namentlich zu Theben, wurden dem Apollo Daphnephorien oder Feste mit lorbeertragenden Prozessionen ennaeterisch oder alle neun Jahre gefeiert. Ebenso bei dem Apollofeste zu Theben wurde Apollo, der hier nach der Lage seines Heiligthums den Beinamen Ismenios trug, durch einen Knaben mit goldenem Kranze auf dem Haupte und langem wallenden Haare, wie in glänzendem Gewande, den sogegenannten Daphnephoros dargestellt; dieser Knabe hielt mit seinem nächsten Anverwandten einen mit Lorbeerzweigen und Blumen umwundenen Olivenstab als Symbol des Apollo als Jahresgottes, weshalb an dem Stabe (Kopo) 354, und nachdem an der Stelle des Mondjahres von nur 354 Tagen das Sonnenjahr von 365 Tagen eingeführt




    1) Vergl. Schömann, II. S. 367 ff.
    2) Schömann, II. S. 405.
    3) Schömann, II. S. 407.



worden war, 365 Purpurbänder hingen und an demselben zugleich Kugeln als Symbole der Sonne, des Mondes und der Sterne angebracht waren. 1) In Sicilien auf dem Berge Eryx feierte man jührlich die Abreise der (phönicischen Aphrodite nach Libyen und nach neun Tagen ihre Rückkehr. 2) An dem Jahresfeste des Dionysos (Herrschers) zu Paträ verrichteten den nächsten Dienst neun vom Volke erwählte angesehene Männer und neun Frauen, 3) und in dessen Tempel wurden aus einem andern benachbarten Tempel drei Bildsäulen des Dionysos Merateus, Antheus und Aroeus gebracht. - Nach Ragon rituel d'une pompe funèbre maçonnique, Paris 1860, S. 3, soll im Umkreise die Trauerloge durch 27 gelbe Wachslichter erleuchtet werden, geordnet in neun Gruppen von je drei. Der stellvertretende Grossmeister soll durch neun und der wirkliche Grossmeister durch fünfzehn Brüder in die Loge eingeführt, bei seiner Einführung das Stahlgewölbe gebildet und von den drei ersten Vorstehern mit den Hämmern die Batterie geschlagen werden; 4) die Grosswürdenträger und die Ehren-Grossbeamten werden durch sieben Brüder in die Loge eingeführt. - Bei der Aufnahme in den 32. der französischen Grade oder zum prince de royal secret soll die Loge durch 81 Lichter erleuchtet sein. 5) Im 29. Grad wird dem Grand Écossais de Saint - André d'Écosse oder Patriarche des Croisades das Alter von 81 Jahren beigelegt. 6) Der Schlag des 30. Grads, des Kadosch oder des Ritters vom weissen und schwarzen Adler ist neunfach, + 1, wobei die umgelegte 8 die endlose maurerische Kette andeuten soll, welche alle Maurer der ganzen Erde umschlingt, und die abgesonderte 1 die Einheit der Ansichten und Bestrebungen. 7) Zum Ver-




    1) Schömann, II. S. 409 und 410; Rinck, II. S. 155.
    2) Schömann, II. S. 465.
    3) Rinck, a. a. O., II. S. 151.
    4) Ragon, rituel de l'apprenti maçon, Paris 1860, S. 19 und S. 20 oben.
    5) Ragon, rituels du grand inspecteur ect., S. 10 unten.
    6) Ragon, nouveau rituel de Kadosch, Paris 1861, S. 6.
    7) Ragon, a. a., S. 100 oben.



ständniss des französischen Systems der 33 Grade, des sogenannten rite écossais ancien et accepté mag übrigens hier die nicht zu übersehende Bemerkung gemacht werden, dass bis zum 31. Grade eigentlich nur fünf Grade wirklich bearbeitet und feierlich ertheilt werden, nämlich die drei ersten oder die sogenannten symbolischen Grade, der 18. Grad (Rose-Croix) und der 30. (Kadosch); die übrigen oder die dazwischen liegenden Grade werden durch ihre blosse Beschreibung bei Gelegenheit des Rose-Croix oder Kadosch mitgetheilt. - Wie dem Helios nach Theokrit 11, 8 zwölf grosse Stiere weiden, so umstrahlen sein Haupt auch 12 Strahlen und diese 12 Stiere und 12 Strahlen umfassen die gesammte Zeit des Lebens und des Todes, der Anwesenheit und der Abwesenheit des Apollo. Mitunter zählt der Strahlenkranz des Helios-Apollo auch nur sieben Strahlen, wobei also das Leben auf sieben Monate und der Tod oder die Abwesenheit auf fünf Monate ausgedehnt wird und mit Hinsicht, worauf Proclus den Helios den Siebenstrahligen () nennt, 1) was nach den Mithradenkmalen auch Mithra war. Sehr merkwürdig sind in dieser Richtung auch Swantewit und Rugewit, die zusammengehörenden Götter der alten Rugier und Wenden in Pommern. 2) Zu Arkona auf der Insel Rügen stand das riesengrosse Bild des Swantewit und bildete den Centralpunkt für die heidnische Gottesverehrung der ganzen südlichen Küste des baltischen Meeres, bis es Waldemar I. zerstörte und mit dem blutigen Schwerte die Heiden zum Christenthum bekehrte. Gleich vielen indischen Göttern hatte Swantewit, Svetovitü, sveto = sanctus, welchen altslavischen Obergott Zeus mit Brahma vergleicht, 3) wie er auch dem deutschen Odhin gleichsteht, vier Häupter, um nach den vier Weltgegenden Alles er-




    1) Welker, Götterlehre, I. S. 411.
    2) Vollmer, a. a. O., S. 1405, vergl. mit Taf. XCIII, und S. 1463, vergl. mit Taf. XCIX.
    3) Grimm, Reinhart Fuchs, S. CCLII. Anm. ** leitet den siavischen Svetopolk, Svjetopulk von pulk, Volk, Schar ab, erklärt ihn also für den heiligen Anführer und verwirft die von Mone vorgeschlagene Ableitung von swaty wlk (heiliger Wolf).



leuchten und überschauen zu können, und trug in der rechten Hand ein Füllhorn mit Blumen und in der linken einen Bogen, womit er den Blitz und die Sonnenstrahlen versandte und der nach Schwarz vielleicht auch auf den Regenbogen Bezug hat. Sein Bild in Rhetra hatte noch ein fünftes langbartiges Haupt auf der Brust und er selbst wird dadurch zum Symbol der fünf Sommermonate, gleich dem griechischen Apollo und der römischen Flora, der Gott des Reichthums und der Weissagung, des begeisterten und in der Begeisterung weissagenden Gesanges. Zu weissagenden Göttern wurden wohl Zeus, Apollo, Swantewit und andere Licht- oder Sonnengötter, weil sie als die allleuchtende und allsehende Sonne Alles wissen und daher auch darüber befragt werden können, zugleich aber auch, weil sie durch ihr Verhalten als Frühlingsgötter, durch die Frühlingswitterung den guten oder schlechten Sommer und Herbst nach dem Volksglauben und nach den Wetterpropheten, nach den Bauernregeln vorausverkünden. Das fünfte Haupt auf der Brust des Swantewit 1) ist ohne Zweifel ein späterer Zusatz, nachdem durch den Anbau des Landes der nordische Sommer länger oder das ganze Klima milder geworden war, man durch Fleiss der Erde noch einen Sommermonat abgewonnen hatte; eben so ist der Wein, welcher später bei dem Jahresfeste des Swantewit aus seinem Füllhorn als ein Göttertrank getrunken wurde, nicht ursprünglich; ursprünglich war es natürlich Meth. 2) - Rugewit stand als kolossales Stein- oder Holzbild häufig in den Städten, hatte sieben Köpfe, trug an einem Wehrgehänge sieben Schwerter, vier auf der rechten und drei auf der linken Seite und in der rechten Hand ein achtes entblöstes Schwert; er war also der acht- oder siebenmonatliche Winter- und Kriegsgott. Die sieben Häupter auf dem einen Halse waren, abweichend von der sonst in dieser Beziehung üblichen Darstellungsweise, in drei Reihen über einander von 4, 2 und 1 nach oben ge-




    1) Hocker, Stammsagen, S. 66, fasst Swantewit, Swiatowit gleich Sonne nach Hanusch, denn Swantewit als Mithras sei der Vertreiber der winterlichen Kälte oder des Todes der Natur.
    2) Mülhause, Urreligion, S. 302.



ordnet; der siebente und oberste Kopf trug einen grossen runden Hut, wohl als Symbol der verhüllenden Winterwolken. Alle sieben Köpfe des Rugewit haben einen Bart, während die vier Köpfe des Swantewit bartlos sind, dieser daher die Jahresjugend, jener das Jahresalter bezeichnet. Dem Rugewit soll die Schwalbe geheiligt gewesen sein, was nur ausdrücken könnte, dass Rugewit zum Swantewit werde, wenn die Schwalben zurückkehren.

Die drei Aepfel der Hesperiden, welche Herakles von dem Baume des Lebens entweder selbst pflückt oder auch durch den Atlas pflücken lässt, 1) sind nur ein anderes und wahrscheinlich ursprünglich orientalisches Bild der drei Wintermonate, welche Herakles im Grabe schläft, oder des Scheiterhaufens, auf dem er sich selbst verbrennt, um als der unsterbliche Sonnen- und Naturgott verjüngt wieder zu erstehen. Den drei Aepfeln der Hesperiden würden also auch die drei ungetreuen Gesellen, die drei Tage des Grabes des Hiram gleichstehen. Das Holen der fetten Rinderheerden des dreileibigen und dreiköpfigen Riesen Gerynoeus oder Geryon von den Fluren des abendlichen Okeanos, wo auch der Garten der Hesperiden liegt, durch Herakles 2) - ist in aller Hinsicht mit dem Holen der Aepfel gleichbedeutend; in den Rinderheerden, den Wolken, des erschlagenen Riesen und in den Aepfeln holte Herakles sich die Kraft des neu zu beginnenden Lebensjahres. Creuzer, Symbolik, II. S. 220, deutet die drei Aepfel des Herakles auf die drei alten Jahreszeiten des Frühlings, Sommers und Winters. Die Dreizahl der Aepfel ergibt sich aus der Neunzahl der Dienstjahre des Herakles und den neun treuen Gesellen des Hiram. Die drei Aepfel, welche Herakles aus dem Göttergarten geraubt hatte, müssen dahin zurückgebracht werden, damit Herakles sie stets von neuem rauben und mit ihnen sich siegreich verjüngen könne. Derselbe Gedanke wird bei Herakles dadurch ausgedrückt, dass ihn die Haut des nemeischen Löwen unverwundbar macht, 3) und bei Hiram, dass ihn die drei




    1) Preller, griech. Mythol., II. S. 149 ff.
    2) Preller, a. a. O., II. S. 142 ff.
    3) Preller, a. a. O., II. S. 130.



ungetreuen Gesellen zwar erschlagen, aber ihm das Meisterwort dennoch nicht rauben können, weshalb auch allein ein neues Meisterwort gefunden zu werden, ein neues Jahr wieder zu beginnen vermag. Dem griechischen Herakles im Löwenfelle ist übrigens auch der Zom (der Starke) der Aegypter oder der ägyptische Molech, d. i. der Kämpfer (Mars), wie ja auch Herakles der , der starke Ringer, oder , der Krieger, und bei Homer und Hesiod , der Löwenmuthige, heisst,1) welchem sein Vater Jupiter Ammon, als er ihn durchaus sehen wollte, zuletzt sich nach Herodot II, 42 in einem Widderfelle mit verhüllendem Kopfe zeigte, 2) damit er den Anblick ertragen könne. Der Gott im Löwenfelle und der Gott im Widderfelle, der Sohn und der Vater, sind derselbe Sonnen- und Naturgott, blos in einem andern Gewande, in einem andern Sternbilde. - Der dem Herakles verwandte hörnene Siegfried ist eigentlich nicht der unverwundbare, der mit einer Hornhaut versehene Siegfried, sondern der zeugende, von hörnen = zeugen, und er erlangt die zeugende Kraft durch das Bad in dem Fette des von ihm getödteten Gewitterdrachen. 3) Die höchste und bedeutungsvollste Arbeit des Herakles als des Symboles der göttlichen Kraft und des ewigen Lichtes ist seine Ueberwindung des Kerberos, der Schrecken des Todes und der Unterwelt. 4) Nach der Mysteriensage soll Herakles in die eleusinischen Geheimnisse, besonders in die für Fremde gestifteten von Agrä (wie auch in diejenigen von Samothrace) 5) eingeweiht gewesen und deshalb ihm als einem Gereinigten von den Göttern der Unterwelt der Kerberos freiwillig überlassen worden sein, d. h. wohl , dass man nur durch ein reines und gottgefälliges Leben den Tod zu überwinden vermöge. Das irdische Leben des Herakles beim Eurystheus und bei der lydischen Omphale war selbst nur ein Leben der




    1) Preller, a. a. O., II. S. 151; Creuzer, Abbildungen zur Symbolik, Taf. XVII, Fig. 3 und S. 7, so wie Taf. LV. und S. 8.
    2) Uhlemann, ägypt. Alterthumsk., II. S. 171.
    3) Hocker, Stammsagen, S. 66 und 67.
    4) Preller, a. a. O., II. S. 153; Purtwängler, a. a. O., S. 286 ff. und S. 412 ff.
    5) Welker, II. S. 774.



Busse und der Sühnung, der Leiden.- Der Drachen und Eidechsentödter Apollo ist eine andere und geistigere Gestaltung des Herakles, 1) denn er führt nicht blos Pfeil und Bogen, sondern spielt auch die Lyra.

Da wir aus dem allgemeinen Vorkommen der Zwölfzahl bei fast allen Völkern der Erde, - bei den Chamiten, Semiten und Japhetiden, - bei den Chinesen, Indern, bei dem Zendvolke, bei den Juden, bei den Aegyptern, bei den Griechen, Etruskern, Römern und Sabinern, 2) - bei den Germanen und Kelten, bei den Amerikanern u. s. w. glauben mit Schoemann schliessen zu dürfen, dass schon in ihrem Ursitze die Menschheit das zwölfmonatliche Jahr wenigstens als Mondsjahr gekannt und aus diesem mit sich über die Erde nach den verschiedenen Ländern getragen habe, sollen nun neben den schon an verschiedenen Orten gegebenen Beispielen der Zwölfzahl noch weitere mitgetheilt werden:

I. Die uralte sinesische Zeitrechnung beruht auf einer ihr eigenthümlichen übereinkömmlichen Grundlage der Bindung des Mondjahres durch einen 60jährigen Cyklus, welcher dem ganzen Hochasien mit den Chaldäern gemein ist, wahrscheinlieh (da er sich auch in Indien findet) zugleich mit den Baktriern, und diese Grundlage ist geschichtlich. Die Mittheilung fand statt, ehe die Chaldäer den 600jährigen Cyklus erfunden hatten. Die sinesische Beobachtung beruht auf dem Gebrauche des babylonischen Gnomon. 3) Das Sonnenjahr von 365¼ Tagen begannen die Sinesen von dem Tage der Wintersonnenwende, welchen sie durch die Beobachtung des längsten




    1) Furtwängler, a. a. O., S. 288 ff.
    2) Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 122.
    3) Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, Va. S. 300; Gfrörer, Urgeschichte des menschlichen Geschlechts, I. S. 214 ff. und S. 234. Weber, die vedischen Nachrichten von den naxatra, Berlin 1860, S. 302 Anm. und S. 307 ff., hält es für ziemlieh sicher, dass die Sinesen die Dodekatemorie, die kung, die Zwölftheilung des Himmels, welche zuerst in einem chinesischen Werke aus dem Anfange des 5. Jahrhunderts erwähnt zu werden scheint, durch die Serenstrassen aus Babylon empfangen haben, wie dieses auch Ideler annimmt.



Mittagssehattens am Gnomon bestimmten; sie hatten vier Jahreszeiten und die siebentägige Woche nach einer gewissen Reihenfolge der Planeten zum astrologischen Gebrauche. Der Tag fing in der zweiten Dynastie mit dem Mittag an, was der Aufmerksamkeit keines Maurers entgehen wird; Wou-wang, im J. 1122 v. Chr. Gründer der dritten Dynastie, setzte ihn auf Mitternacht. 1) Mit dem Sonnendienste, mit der Verehrung der Sonne als des Symboles des göttlichen Lichtes, - der Wahrheit, Gerechtigkeit und Treue hängt es zusammen, dass die Urmenschheit zu allen, besonders wichtigeren Geschäften das Sonnenlicht, gleichsam den göttlichen Zeugen verlangte. Beim Sonnenlichte wurde gebetet und geschworen, erworben und gerichtet, gehandelt und gewandelt, Gott gelobt, wie dieses oben in der Abhandlung über den Osten schon nachgewiesen wurde. Die rechte Zeit, die höchste Zeit zum Arbeiten war daher der Urmenschheit, den Lichtgläubigen, den Sonnendienern, wenn die Sonne ihren höchsten täglichen Standpunkt erreicht hatte, im Scheitelpunkte stand und den Hochmittag verkündigte. Dass in uralter Zeit die Chinesen und folgeweise die Urmenschheit den (rechten) Tag mit der Mittagszeit angefangen haben, ist eine unbestreitbare geschichtliche Thatsache, und wenn nun auch heute noch die Maurer ihre Arbeiten erst am Hochmittage symbolisch beginnen und um Hochmitternacht symbolisch schliessen, welche Tagesstunde es auch wirklich sein möge, ist dieses ein Umstand, welcher alle Aufmerksamkeit des Geschichtsforschers und besonders des denkenden Maurers beanspruchen darf. Dass dieser Gebrauch, dieses Symbol erst im 18. Jahrhundert erdacht und in die freimaurerischen Rituale hineingetragen worden sei, möchte besonders mit Rücksicht auf den Stand der Alterthumskunde, der Geschichts- und Sprachforschung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts für ganz unmöglich zu halten sein, und wird diese Unmöglichkeit zugegeben, erscheint es als ein uralter traditioneller Mysteriengebrauch, als ein geschichtlicher Ueberrest des Glaubens und der Sitten




    1) Bunsen, a. a. O., Va. S. 282ff.; Weber, a. a. O., S. 287 Anm. 3.



der Urmenschheit. - Bei dem grossen Frühlingsackerfeste, welches der Kaiser von Sina alljährlich feiert, wird derselbe von zwölf hochgestellten Männern begleitet, welche nach ihm ackern müssen. 1) Der 50 Fuss hohe Hügel, auf welchem bei diesem Feste der Kaiser das Opfer darbringt, hat unzweifelhaft eine symbolische Beziehung auf die 50 Mondmonate des Jahres, wie in derselben Bedeutung besonders bei den Griechen die Fünfzigzahl nicht selten vorkommt. - Die zwölf Theile des Himmels, welche neben den ältern 28 Mondstationen erscheinen, heissen die zwölf Paläste der Sonne, wornach die Sinesen die vier Jahreszeiten ordneten, die Sonnenfinsternisse vorausbestimmten und die Stellen der Planeten und Fixsterne berechneten. 2) - Der mythische Kaiser Hoangti, welcher um das Jahr 2637 v. Chr. im 61. Jahre seiner Regierung den 60jährigen Mondcyklus eingeführt und auch die musikalischen Noten erfunden haben soll, goss zuerst zwölf Glocken; 3) seine Gemahlin gründete die Seidenzucht und wob prächtige Gewänder. - Der historische grosse Kaiser Schihoang-ti, der Erbauer der grossen chinesischen Mauer, des achten Wunders der alten Welt, theilte gegen das Ende des dritten Jahrh. v. Chr. das Reich in drei Mal 12 oder 36 Provinzen . 4) Confutsee umgibt entsprechend den vier Gebirgen, welche nach alter Sage das Land der Mitte durchziehen, und entsprechend den vier Meeren, welche es begrenzen, den Kaiser mit vier Säulen der Thore als Augen und Ohren. Unter diesen vier obersten Reichswürdenträgern, denn das sind die vier Säulen, stehen 12 Mou oder Hirten, Minister der Provinzen, und zugleich sieben Minister, 5) darunter ein eigener Minister der Musik, welche in der chinesischen Volkserziehung eine sehr wichtige Stelle einnimmt. 6) Nach Deguignes heisst es im Schu-king: "La musique étoit la base de toutes les scien-




    1) Apostelgeschichte des Geistes, I. S. 168.
    2) Apostelgeschiehte des Geistes, a. a, O.
    3) Gfrörer, a. a. O., I. S. 234.
    4) Gfrörer, a. a. O., I. S. 260.
    5) Gfrörer, a. a. O., I. S. 274.
    6) Gladisch, das Mysterium der ägyptischen Pyramiden und Obelisken, S. 7, Anm. 3.



ces, et surtout de la morale et du gouvernement." Im Li-ki heisst es: "Avec le cérémoniel et la musique rieu est difficile dans l'empire" und weiter: "Le sage est naturellement musicien; il distingue par la musique, qui domine, si un état est bien reglé ou proche de sa ruine." - In der Mythologie der Japanesen erscheinen zwölf grosse Hauptgötter, welche aus dem über allen stehenden Tenjo-Daisin hervorgegangen sind. Diese zwölf japanischen Götter sind wohl die zwölf Sonnengötter, in welche bei den Indern der Sonnengott, Sura, Surja, der Himmlische, oder auch Savitri, der Erzeuger genannt, - sich später gespalten hat. 1) Die indischen zwölf und früher blos sieben Aditya als Götter des himmlischen Lichts, die Brüder der Uschas oder Morgenröthe, der griech. Eos, Auos, lat. aurora, lith. ausz-ra, sind die Sonne in ihren verschiedenen Ständen zum Thierkreise. 2)

II. Bei den Indern wird Buddha oft mit zwölf Augen dargestellt; ebenso werden bei den Buddhisten die heiligen Schriften gewöhnlich in zwölf Arten eingetheilt und zwölf Grade der Gelahrheit scheinen sie bei ihren Mönchen zu unterscheiden. Damit hängt es zusammen, dass es herkömmlich, ja bei den nördlichen Buddhisten fast kirchliche Satzung geworden ist, die Lebensgeschichte des Buddha in zwölf Abschnitte zu theilen. In den indischen Dörfern finden sich fast durchgehends zwölf Gemeindsbeamte und Gemeindsangestellte. 3) Das jetzige Delhi, eine Schöpfung des prachtliebenden Shah Jehan und nach ihm Shahjena bad genannt, hat zwölf Thore von prachtvoller, solider Bauart. Alle zwölf Jahre findet die grosse Wallfahrt nach der heiligen Stadt Hurdwar an den Ganges-Quellen statt wobei manches Mal sich eine Million Mensehen versammelt. Von Müller, Taf. IV, Fig. 46 - 57, werden zwölf, in einem Quadrate je drei und drei vielleicht ritualiter zusammengestellte Trimurtibilder mitgetheilt. Die indischen Magar, von welchen die Gorkha abstammen, zerfielen in zwölf Thumm oder Stämme (Glaus). Die Um-




    1) Wollheim, Mythol. des alten Indien, S. 129.
    2) Pott, Studien zur griech. Mythol., S. 341.
    3) Ersch und Gruber, Encyklop., II. Bd. XVII. S. 228 a.



brittae auf dem Ostufer des Indus bestanden nach Megasthenes aus zwölf Stämmen, deren jeder zwei Städte besass. 1) Amarasinha, der Verfasser des ältesten noch erhaltenen, nach wissenschaftlichen Grundsätzen geordneten Wörterbuchs der Sanskritsprache und einer der neun Edelsteine am Hofe Vikramâditja's, lebte zwölf Jahre als Büsser in dem Walde, um sich den göttlichen Buddha geneigt zu machen. 2) Wer einen Brahmanen erschlagen hat, kann nicht eher Vergebung erhalten, als bis er zwölf Jahre lang, die Hirnschale des Erschlagenen in der Hand, als ein büssender Pilgrim Almosen gesammelt, und alle Speisen, die er durch die Mildthätigkeit anderer Menschen erhalten, aus eben diesem Schädel zu sich genommen hat. 3)

III. In den germanischen Rechts- und Staatsverhältnissen kehrt die Zwölfzahl in den verschiedensten Richtungen bei Land und Leuten wieder; die Zwölfzahl ist die irdische und menschliche, wie die himmlische und göttliche. Auch darf wohl hierher bezogen werden, dass der König von O-Tahiti zwölf Kammerherrn (Hoa) hatte; 4) in einem Heiligthume zu Owaihi fand Cook zwölf in einem Halbkreise aufgestellte Götterbilder; 5) in einem andern Heiligthume wurde Cook von einem höheren Priester mit zwölf Begleitern empfangen, 6) so dass die Zwölfzahl in der Religion dieser Südseeinsulaner die heiligste gewesen zu sein scheint. - In einer neuerlich bekannt gemachten Inschrift aus dem Dekhan vom J. 1193 ertheilt der König Bhogadeva von Kâlukja dem Kronprinzen den Auftrag, täglich zwölf Brahmanen im Dorfe Kaçeligrâma mit den nöthigen Lebensmitteln zu versehen. 7) In der im J. 1565 zwischen den muselmännischen Fürsten des Dekhan und dem indischen Fürsten Râmarâja geschlagenen Schlacht wurden den drei Abtheilungen des muselmänni-




    1) Lassen, indische Alterthumskunde, II. S. 690.
    2) Lassen, a. a. O., II. S. 1154.
    3) Meiners und Spittler, neues götting. historisches Magazin, I. S. 512.
    4) G. Forster, Gesch. der Seereisen, IV. S. 248 unten.
    5) A. a. O., VII. S. 208.
    6) A. a. O., VII. S. 214.
    7) Lassen, indische Alterthumsk., IV. S. 118.



schen Heeres je zwölf Standarten vorgetragen zu Ehren der zwölf Imân oder Hauptpriester, die durch ihre Gebete die Muslim zum Kampfe begeisterten. 1) Ibn Batûtah fand in der Mitte des 14. Jahrhunderts das Gebiet der Küste von Malabar unter zwölf nichtmuselmännische Sultaue getheilt. 2) Das grosse Fest Nanmangon wird in Malabar alle zwölf Jahre gefeiert;' 3) ob diese Feier mit den ursprünglichen dekhanischen Gottheiten, zu welchen auch die durch eine Art Karneval gefeierte Göttin Holi und die in der Gestalt eines linga oder eines Phallus angebetete, die Mutter der Götter genannte Mahâsahâ gehörte, 4) oder mit dem in das südliche Indien eingedrungenen Buddhismus zusammenhänge, ist nicht zu entscheiden. Für das Letztere spricht jedoch, dass auch auf Lankh oder Ceylon die dortigen buddhistischen Herrscher zur Zeit des Devânâmprija-Tishja jedes zwölfte Jahr dem Boddhi-Baume ein grosses Fest zu begehen pflegten. 5) König Prakamabahu, welcher im 12. Jahrhundert über Lankâ herrschte, liess für eine buddhistische Brüderschaft ein Gebäude von zwölf Stockwerken erbauen. 6) - Auf einem Berge bei der Residenzstadt von Kamboga standen 24 steinerne Topen, nebst einer, die mit goldenen Platten belegt war; die zwei vor ihnen aufgestellten vergoldeten Löwen beziehen sich auf den Namen Buddha's als Çâhjasinha. 7) Sinhâsana, Löwensitz, heisst im Sanskrit auch der Thron und die indischen Fürsten und Grossen sitzen häufig auf Löwenfellen, oder der Fürst, wie der König von Siam, wird auf goldenen Löwen gekrönt. 8) Die Bewohner von Kamboga, welche nach indischem Vorgange das Jahr in zwölf Monate und den Monat in vier siebentägige Wochen theilten, bedienten sich auch des zwölfjährigen (nach Lassen indischen) Cyklus; 9) die Kamboga begannen ihr Jahr um die Mitte




    1) Lassen, IV. S. 224.
    2) Lassen, IV. S. 258.
    3) Lassen, IV. S. 272.
    4) Lassen, IV. S. 265.
    5) Lassen, IV. S. 288.
    6) Lassen, IV. S. 317.
    7) Lassen, IV. S. 399.
    8) Lassen, IV. S. 432.
    9) Lassen, IV. S. 413.



des Monats März, wie die Bewohner Vorderindiens. - Der Tempel von Kottu auf der Insel Java, welcher zwischen 1448 und 1456 dem Mahâdeva oder Çiva erbauet und geweiht wurde, besteht aus zwölf Terrassen und die letzten Treppen führen zu dem Tempel; an den Seitenwänden dieser Terrassen sind Thiere, Schlangen, Löwen, Tiger und andere ausgehauen und auf den Terrassen selbst sind Statuen aufgestellt, namentlich des Çiva, nebst Abbildungen des linga. 1) - In Tripura, dem bengalischen Grenzlande, wurden zwölf Gottheiten angebetet. 2) Nach einer in Uggajini aufgefundenen Inschrift vom J. 1143 war der Sohn des dortigen Königs Jaçovarman mit zwölf Bezirken belehnt, 3) wobei noch die Bemerkung gemacht werden mag, dass auch die indischen Könige jener Zeit gleich den deutschen Fürsten den Gebrauch hatten, die öffentlichen Urkunden, und besonders die Urkunden über Schenkungen an die Geistlichkeit, durch ihre ersten Beamten, z. B. den purohita oder Hauspriester, die Minister und andere vornehme Männer als Zeugen mitunterzeichnen zu lassen. - Die oberste Behörde der heutigen Parsengemeinde zu Bombay darf nicht unter 24 und nicht über 36 Mitglieder zählen. 4) - Auf den Nilagaris oder den blauen Bergen im südwestlichen Vorderindien finden sich bei Aschenny zwölf alte Steine, von denen drei oder vier mit Sculpturen bedeckt sind und die als ein Sieges- oder Grabdenkmal der alten Djaina-Könige in Madura angesehen werden. 5) Auf dem Hauptsteine sind 24 männliche und weibliche Figuren; die Männer schwingen Waffen, die Frauen scheinen zu tanzen. Glorien um dieses oder jenes Haupt scheinen allerdings auf Djainathum hinzudeuten. - Die Buddhisten nehmen zwölf Ursachen des kreatürlichen Seins an, welche von Bunsen, Gott in der Geschichte, III. S. 427 ff., mitgetheilt werden. - Weil die Zahl heilig war, ist es eine Gnade der Götter, dass sie




    1) Lassen, IV. S. 512 ff.
    2) Lassen, III. S. 769.
    3) Lassen, III. S. 862 unten und 863.
    4) Graul, Reise in Ostindien, I. S. 95.
    5) Graul, a. a. O., I. S. 283 und S. 345, Anm. 109.



den Jokur mit 12 Fingern geboren werden liessen; Thô'rr selbst trug eine Krone mit 12 Sternen. Gefeierte Helden haben 12 Söhne oder Begleiter; der König verheisst seinen Söhnen 12 Paläste oder 12 Burgen; 12 Grafen, 12 Mönche, 12 Jarle begleiten und bewachen eine edle Jungfrau. 12 Edle, 12 Grafen u. s. w. kommen als Gesandte, bringen eine Botschaft, unterhandeln um den Frieden oder werden zur Schlichtung eines Streites als Schiedsrichter bestellt. 12 Schafe bildeten eine Heerde; auch 12 Rosse und 12 Schweine wurden mit einem gemeinsamen Namen bezeichnet. 12 Männer bildeten durchgängig den Rath, das Gericht, die Regierung, die Heerführer, die Eidhelfer, erwählten den König u. s. w. Dabei sind die Zahlen 11, 12 und 13 gleichbedeutende Zahlen, nämlich die Verminderung der 12 und die Vermehrung der 12. um eins; ist von 11 Schöffen die Rede, so ist der Richter als der 12te zugefügt und zu Zwölfen gibt er die 13te Gerichtsperson. Daher 12 oder 11 Schöffen 1) und 12 Eidlielfer, z. B. in Art. 39 des Gildestatuts des seligen Königs Erich zu Ringstaden vom Jahr 1266. 2) Die Zahlen 24, 36, 48, 60, 72 u. s. f. sind nur 2, 3, 4, 5, 6 u. s. f. Mal 12. Z. B. kommen 24 Heimburgen des Gerichtes vor, - ferner 24, 36 und 72 Eidhelfer, sowie in den Liedern 72 Dienstleute, 72 Länder und 72 Sprachen, eine Flotte von 72 Schiffen, eine Burg mit 72 Schlössern, 72 Jünger (Lucas 10, 1 und 17) und 72 Namen Christi, 72 Teufel als Lehrer des Zauberers Virgilius; der Gralstempel hatte 72 Chöre; 3) in einem Volksliede bei Simrock, die deutschen Volkslieder, S. 27, heisst es:

Man leuchtet ihr zum Schlafkämmerlein,
mit zwei und siebenzig Kerzelein.

Die oben erscheinenden 72 Sprachen sind die Sprachen, in welche einst zu Babel bei dem Abfalle von dem rechten Glauben die Eine Sprache sich gespalten haben




    1) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 217 ff. und besonders Waitz, deutsche Verfassungsgeschichte, I. (Kiel 1844) S. 275 ff.
    2) Winzer, die deutsehen Bruderschaften des Mittelalters, S. 151.
    3) Weimar. Jahrbuch, V. S. 339.



soll. Drei 3 Mal 12 bildeten das Landgericht auf dem nordischen Gulething in früheren wie in späteren Zeiten. Im 15ten Jahrhundert erscheinen bei den Dittmarsen Achtundvierziger. Im Norden musste jede der vier Reichsprovinzen oder Fylki 12 Schiffe zur Flotte stellen, so dass also die ganze Flotte aus 48 Schiffen bestand. Wenn von 13 Valkyrien in der Edda und im Grimnismal geredet wird, vermuthen mit Grund darin Müllenhof und Waitz eine Göttin mit ihren 12 Begleitern. Bei den Longobarden sollen 12 Herzoge 12 Jahre ohne einen König die Herrschaft geführt haben, was ein offenbarer mythischer Anklang an die 12 Götter der 12 Jahresmonate ist. Die Zwölfzahl oder ein Dutzend bildete überhaupt die erste Grössen- oder Zahleneinheit und schritt in solchen Einheiten fort bis zum grossen hundert von ursprünglich 12 Mal 12 oder 144, später aber, nachdem die Germanen von dem römischen Decimalsysteme berührt worden waren, nur noch 10 Mal 12 oder 120; die Hälfte dieses späteren grossen Hunderts oder 60 wird das Schock, Schuck, Geschock, Geschuck genannt oder mit diesem Namen wurde eine Zahl von 60 Stücken, sexagena, bezeichnet. 2) Die alten Germanen hatten also nicht das Decimal-, sondern das Duodecimalsystem, was man wesentlich beachten muss, um die ganze germanische Gauverfassung und die Strafzahlen der alten deutschen Gesetze zu verstehen. 2) In dem Dutzend, mittellat. dozena, dozina für duodecim, - ital. dozzina, span. dozena, franz. douzaine, niederl. dozijn, engl. dozen, schwed. dussin, dän. dusin, russ. duischina,




    1) Wüstenfeld, Gesch. der Stadt Medina, S. 25 und 26.
    2) Schmeller, bayerisches Wörterbuch, Theil III. S. 320; Ziemann, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter Schok.
    3) Vergl. vorzüglich Sachse, historische Grundlagen des deutschen Rechts- und Staatslebens, Heidelberg 1844, S. 247 ff. Es ist eine unhaltbare Behauptung Spiegel's im Auslande für 1860, S. 1082 a, dass alle Indogermanen, einige unbedeutende Ausnahmen abgerechnet, wo fremder Einfluss erweislich sei, dem Decimalsystem folgen. Gerechtfertigter ist die weitere Behauptung von Spiegel, dass die indogermanischen Völker vor ihrer Trennung nur bis auf 900 haben zählen können, weil nur so weit die sprachlichen Benennungen übereinstimmen, bezüglich tausend alle Sprachen, ausgenommen das Baktrische und Indische, aber abweichen.



hat sich als Einheit von 12 Stücken bis auf den heutigen Tag das ursprüngliche germanische Duodeeimalsystem forterhalten. 1) Fünf Dutzend machen also ein Schock oder halbes Hundert im spätern Sinne. Gewicht und Mass werden noch heute nach dem Duodecimalsysteine bestimmt, z. B. 120 Pfund sind ein Centner. Das grosse Tausend betrug 1440 oder 10 Mal 144. Weil 12 die Zahleneinheit bildet, beginnen wir nach der 12 mit einer neuen Wortform (dreizehn u. s. w.) zu zählen, gerade wie wegen desselben Systems die französische Sprache nur bis 60 oder bis zur Hälfte des grossen Hunderts mit regelmässigen Zahlwörtern zählt. 12 Jucharten Landes sollen, wenigstens nach bernerischen Urkunden des 15ten Jahrhunderts, 2) eine Schuppose (scoposa) bilden und vier Schupposen, also 48 Jucharten gehören zu einer Hube, zu einem Gute (huba, mansus). Mit Schuppose gleichbedeutend ist der Ausdruck lunagia, lunaris. Auch bei den Römern deuten die 12 Tafeln, die 12 Lictoren, die 12 Ancilien, die Eintheilung des Asses in 12 Unciae, das grosse Hundert von 120 3) auf den frühern Gebrauch des Duodecimalsystems; ebenso die Sitte, dass bei Mahlzeiten niemals mehr als 12 Personen an einer Tafel bei einander sitzen durften, und man hatte selbst das Sprichwort: septem convivium, novem convitium. 4) Das Duodecimalsystem 5) ist nichts anderes als die Anwendung der Zahl




    1) Grimm, deutsches Wörterbuch, unter Dutzend.
    2) Vergl. Anzeiger für schweizerische Gesch. für 1859, S. 22 ff.
    3) Böttiger, kleine Schriften, III. S. 305.
    4) Böttiger, kleine Schriften, III. S., 208.
    5) Ueber das dekadische oder Decimal-Zahlensystem nach den zwei Mal fünf Fingern (zwei Mal V = X) vergl. KIenze, historischpolitischer Versuch, die Lehre von dem Organismus des Staatsbaues zu begründen, I. (Hamburg 1837) S. 473 ff. Das dekadische System findet man z.B. in China, bei den Mongolen, bei den Israeliten, den Griechen und Römern. Nach Klenze ist die Zehn oder die Decanie als die unterste Ordnung, als die Grundform und der Typus der Socialformen überhaupt anzusehen. Die deutschen Einheitszahlen Eilf und Zwölf, welche sich auch noch bei den Engländern, Dänen und Schweden finden, erklärt Klenze für reine Additionalzahlen, welche die sociale Dechnalordnung vielmehr unabweislich darthun.



des 12monatlichen Monds - und Sonnenjahres auf die menschlichen und staatlichen Verhältnisse und bildet daher auch die Grundlage der germanischen Gauverfassung, Landeintheilung zum Zwecke der Verwaltung, des Rechts und des Krieges, besonders im Norden. Das Reich zerfiel zunächst nach den vier Himmelsgegenden in vier Provinzen, in eine Tetrarchie und zugleich nach dem Duodecimalsysteme in 12 grössere Bezirke, Gaue, nordisch Syssel, bei den Angelsachsen Shires und bei den Deutschen Grafschaften, so dass auf eine jede der vier Provinzen drei Bezirke fielen. Der deutsche Ausdruck Gau wird jedoch nicht blos zur Bezeichnung des Bezirkes, sondern auch der Provinz gebraucht, hat sonach eine engere und eine weitere Bedeutung. Jeder Bezirk umfasste wieder wenigstens ursprünglich 12 Hundertschaften oder Centenen in der Weise, dass je vier Hundertschaften im Norden eine Härad, im fränkischen Reiche ein Vicariat oder Vicecomitat, eine Gaugrafschaft oder einen pagus minor im Gegensatz zu dem pagus major oder dem Bezirke, dem Syssel bildeten. Die 12 Decanien oder vielmehr Zwölfschaften einer Hundertschaft wurden im Norden in vier Sochnas mit je drei Zwölfschaften eingetheilt. Ein Reich zerfiel somit nach dem Duodecimalsysteme in vier Provinzen, 12 Syssel oder Bezirke, 36 Unterbezirke oder Härards und Vicecomitate, 144 Hundertschaften, 576 Zwölfschaftsbezirke oder Sochnas und in 1728 Zwölfschaften. 1) Das im Jahr 861 durch den skandinavischen Seeräuber Nadod entdeckte Island zerfiel zunächst in vier Viertel und jedes Viertel ward in drei Bezirke getheilt; 2) jeder Bezirk zerfiel wieder in 30 Aemter, so dass ganz Island 120 Aemter zählte mit fünf erstinstanzlichen Richtern. An diese nordische und deutsche Landeintheilung mahnt zuvörderst, dass die Jonier in Athen und in Asien nach dem Sonnenlaufe oder Thierkreise, vier Phylen oder Stämme, 12 Phratrieen (auch , Drittelsstamm, wie ihr Vorsteher




    1) Vergl. auch Sachsse, a. a. O., S. 250.
    2) K. V. Bonstetten, neue Schriften, Kopenhagen 1799, II. S. 166.



genannt 1) und 360 Geschlechter () zählten; ferner, dass Aegypten schon von Sesostris in 36 Nomen oder Bezirke eingetheilt worden sein soll, welche unter sog. Nomarchen standen, 2) so wie Aegypten zur Zeit der Dodekarchie, der Herrschaft der 12 Fürsten, in 12 Fürstenthümer oder Provinzen zerfiel, 3) deren Vertreter sich in dem 12palastigen neueren oder wiederhergestellten Labyrinthe versammelten, bis Psammetich (663 - 610 v. Chr.) mit Hülfe der ionischen karischen Seeräuber der Dodekarchie nach einem 15jährigen Bestande durch die Schlacht bei Memphis ein Ende machte. 4) Seyffarth, Beiträge zur Kenntniss des alten Aegyptens, Heft 1 - 5 (Leipzig 1833), S. XVIII. und S. 356 und 357, besonders aber S. 90, und Heft 6 (Leipzig 1834) S. 23 und 44 hat zu erweisen gesucht, dass nach astronomischen Grundsätzen das Land bei den Aegyptern, Sinesen, Japanern, lndern, Israeliten, Joniern, Achäern u. s. w. nicht nur in 12 Gaue, sondern auch in 36 Bezirke eingetheilt worden sei, wozu Sachsse, a. a. O., S. 102 ff. in Anm. 51 und 52 wenigstens bezüglich der Zwölfzahl noch viele Beispiele beibringt. Nach IV. Moses 2 waren die 12 Stämme der Juden auf dem Zuge durch die Wüste oder im Lager so geordnet, dass je drei Stämme nach den vier Himmelsgegenden zusammenzogen und lagerten, gerade wie die 12 Stiere an dem ehernen Meer des salomonischen Tempels gestellt waren. 5) Bei den Etruriern trifft man schon in deren älterer Ansiedelung in Oberitalien 12 Landschaften, eine jede mit einem Lukumo, welcher an den altnordischen Lögmann und an die 12 Asegen (Richter) der Friesen in den sieben Seelanden erinnert. Auch die von den Etru-




    1) Rinck, II. S. 207. Vergl. auch über den Begriff von Buttmann im Mythologus II. S. 304 ff.; über die Benennung aber Graevell, Betrachtungen über die Symbolik der Freimaurerei, Cotbus 1843, S. 121 ff.
    2) Uhlemann, ägypt. Alterthumsk., II. S. 23 ff.
    3) Vergl. auch die Literatur bei Beck, Anleitung zur genaueren Kenntniss der allgemeinen Welt- und Völkergeschichte, I. 1. S. 721.
    4) Uhlemann, a. a. O., III. S. 238 ff.
    5) Vergl. über die jüdische Lagerordnung nach Num. 2 Bunsen, Bibelwerk, I. S. CCCLXVI.



riern in Campanien gestifteten Colonieen, deren Hauptstadt Capua, das alte Vulturnum, war, bestand aus 12 Städten. Das alte Belgien umfasste 12 Völker, welche vermuthlich je zu drei eine Provinz bildeten. Polen hatte um das J. 695 12 Woiwodschaften; Böhmen war in 12 Kreise eingetheilt. Die Aragonier übertrugen im J. 842 die Regierung des Landes 12 Magnaten oder Senioren. In Thüringen soll Karl der Grosse dem Landgrafen 12 Comites untergeordnet haben. Im fränkischen Reiche werden oft 12 Comites zusammen, z. B. unter einem Dux erwähnt. Der Primas von Deutschland, der Erzbischof zu Mainz, hatte 12 Sufraganbischöfe und ebenso in Frankreich der Erzbischof von Rheims und Tours. Der Erzbischof Adelbert von Hamburg beabsichtigte die Bildung von 12 Bisthümern. In der Urkunde, in welcher im Jahr 968 Magdeburg zu einem Erzbisthume erhoben wird, wird daher auch die Weihe von 12 Cardinalpriestern vorgeschrieben. Frankreich hatte anfänglich nur 12 Pairs, sechs geistliche und sechs weltliche, wie 12 Gouvernemente und Parlamente. 1) Bei den Franken wird in Uebereinstimmung mit dem geschilderten Duodecimalsysteme die Ansicht ausgesprochen, dass 12 Grafschaften ein Herzogthum bilden und 12 Bisthümer ein Erzbisthum; Pippin beschenkt daher seinen Bruder more ducum mit 12 Grafschaften in Neustrien , d. h. er macht ihn dadurch zum Herzoge. 2) In Durchführung. und Festhaltung dieser Ansicht sollten auch 12 Herzogthümer ein Königreich bilden und 12 Herzoge, Churfürsten den König wählen und seine Begleiter sein, und ähnlich sollte das Kaiserthum sich zu den Königreichen und den Königen verhalten. Da aber nach den hier zu Grunde liegenden astronomischen und Naturanschauungen sich die Zwölfzahl in sieben und fünf theilt, ist auch die Siebenzahl im Gericht oder bei den Schöffen und im Staate oder bei den Herzogen häufig an die Stelle der vollen Zwölfzahl getreten; die sieben deutschen Churfürsten, wenn sie nicht auf die Planetenzahl bezogen werden wollen, können auf diese Weise erklärt werden.




    1) Sachsse, a. a. O., S. 289.
    2) Waitz, a. a. O., S. 285 ff.



Auch das den Papst wählende und ihn berathende Cardinalcllegium ist nach der Siebenzahl gestaltet, da es wohl aus den sieben kirchlichen Bezirken oder Regionen hervorgegangen ist, in welche schon um das J. 210 Papst Fabian die Stadt Rom eingetheilt haben soll. Wegen der 12 Jünger und Apostel hätte es jedoch näher gelegen, den Rath des Papstes, das Cardinalcollegium entweder nur aus 12 Mitgliedern oder wenigstens nach einer Vermehrung der Zwölfzahl zusammenzusetzen, wie in der That das Concil zu Basel in seiner 23sten Sitzung die Zahl der Cardinäle auf 24 beschränkt hatte. 1) Durch eine noch in Kraft bestehende Bulle von Sixtus V. ist im J. 1586 die Zahl der Cardinäle auf 70 bestimmt worden. An der Spitze der (katholischen) Maroniten in Syrien stehen nach der Synodal-Constitution vom J. 1736 ein Patriarch und 12 Bischöfe. - Der Chronist Robertus spricht noch den alten Grundsatz in den Worten aus: "provincia (ein Herzogthum) est, quae unum habet metropolitanum (Herzog), duodecim consules (Grafen) et unum regem." Auch in den nordischen Sagen finden sich Ueberlieferungen, nach denen ein Land aus 12 Reichen bestanden haben soll. Deutschland, heisst es in der Hervarasaga, umfasste wie Norwegen 12 Königreiche; 12 Abtheilungen soll Schweden gehabt haben und aus dem fränkischen Burgund ziehen einmal 12 Herzoge zusammen in den Krieg. Dietrich, der deutsche Herakles, hatte 12 Helden und der ihm gleiche oder verwandte Siegfried 12 (wie Rugewit sieben) Schwerter und, wenn er die Tarnkappe, den Stärkegürtel des Thôrr, trägt, die Kraft von 12 Männern. Im Nibelungenlied IV. 336 - 339 heisst es:

"Alsô der starke Sîfrit die tarnkappe truoc,
so hêt er dar inne Krefte genuoc
zwelf manne sterke zuô sin selbes lip."

Entgegengesetzt betrauert die Nibelungenklage 12 Erschlagene, wohl die abgelaufenen 12 Jahresmonate. Die Tarnkappe und der Stärkegürtel sind hier vielleicht der




    1) Walter, Lehrbuch des Kirchenrechts, 137 und 138; Richter, Lehrbuch des Kirchenrechts, S. 202 ff.



12getheilte Thierkreis, der 12monatliche Jahreslauf, indem sie ausserdem nicht die volle und ganze Kraft, die Kraft von 12 Männern oder die Kraft des ungetheilten Sonnengottes verleihen könnten. Sonst ist freilich die Tarnkappe, der unsichtbar machende Helm des Hades, des Perseus und der Athene die verhüllende und bergende Gewitterwolke und berührt sich mit der furchtbaren Aegis des Zeus, der Athene und des Apollo, dem Gorgonen- und Medusenhaupte. 1) Auch der Gürtel der Aphrodite, der Athene und Harmonia, wie der Halsschmuck Brinsingamen der deutschen Freyja = der Schönen oder Holden, indem sie auch Holda, Frigaholda genannt wird, - sind entweder der Thierkreis überhaupt, die Perlenschnur der Welten, das 12monatliche Jahr, indem ja alle diese Göttinnen blos der weibliche Theil, die Gattin, Schwester oder Tochter des Jahresgottes sind, - oder dann unter allen und jeden Umständen die fünf Blüthenmonate, die fünf Sommermonate, die fünf schönen und liebreizenden Monate des Jahres, das strahlende Blüthenkleid der Erde. Der Gürtel und das Halsband, der Schmuck der Schönheit, der Liebe, ist die zu liebende Schönheit selbst und die Freyja hiess daher Bertha, 2) weil sie in Schönheit und Gnade leuchten sollte. Im ägyptischen Todtenbuche nennt Osiris den Thierkreis oder nach der gewöhnlichen Ansicht die Milchstrasse den von ihm gewebten sternenbesäeten Gürtel, wie für das den ganzen Himmel, das ganze Himmelsgewölbe nach der Vorstellung des Alterthums Umspannende und Umgebende durchaus kein anderes Bild gebraucht werden kann. Das Volk nannte die ihm sichtbare Milchstrasse und die Astronomen, die Priester, welche die eigentliche Mythologie schufen und gestalteten, nannten den von ihnen erdachten oder ihnen bekannten Thierkreis, die Bahn der Sonne am Himmel, den Himmelsgürtel, den Gürtel des Osiris, das Halsband der Harmonia,




    1) Vergl. Hocker, Stammsagen, S. 69 ff.
    2) Zacher, die Historie der Pfalzgräfin Genovefa. Ein Beitrag zur deutschen Literaturgeschichte und Mythologie. Königsberg 1860. - Zacher betrachtet die Genovefa als eine Gestalt der Frigg oder Freyja, um welche im Winter der Wintergott Uller, der Verräther Golo, während der Abwesenheit ihres Gatten Odhin buhlte.



den Stärkegürtel des Tôbrr (Freyr), das Halsband oder den Schönheitsschmuck (seiner Gemahlin) der Freyja u. s. w. Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 116 ff., erblickt aber hier überall ganz unpassender und unvolksmässiger Weise d en Regenbogen, wie bei den Karaiben der Regenbogen als Schmuck des Juluka dargestellt werde. Abgesehen davon, dass die Karaiben wohl kaum als eine Erklärungsquelle der indo-germanischen Mythologieen benutzt werden dürften, mit schwarzem Stillschweigen in dieser Beziehung übergangen werden können, ist der Grundfehler der Hypothesen von Schwartz, dass sie auf die ganz vorübergehende und im Oriente gewiss seltene Erscheinung des Regenbogens gegründet werden, während in den Mythologieen sich die Eindrücke und Empfindungen wiederspiegeln und darin niedergelegt sind, welche die Urvölker bei dem täglichen Anblicke des Himmels und besonders des nächtlichen Himmels empfingen; in den sternhellen ruhigen Nächten ahnte und erkannte die Urmenschheit zuerst aus dem unendlichen Weltenraume und Sternenheere den Unendlichen und Ewigen. Der Ursprung der Mythologie von Schwartz ist zwar ein sehr fleissiges und gelehrtes Werk, aber ohne tieferes Naturgefühl und Naturwissen. Der Ursprung der Mythologie, die Urmythologie muss, man dürfte sagen dem Kinde oder doch dem Hirten einleuchtend und begreiflich sein, weil in der Kindheit der Menschheit oder bei den Urhirten die Mythologie entsprungen ist. Dabei ist es sehr wesentlich, dass nicht im Geräusche und im Lichte des Tages, sondern in der Stille und in dem Dunkel der Nacht der Glaube an Gott, an den Geist und die Geister, die Theologie und Dämonologie entsteht; in der Nacht gibt es keine Regenbogen, sondern einzig das leuchtende Heer der Sterne, die himmlischen Heerschaaren und deren Herrscher (Zebaoth oder Zaba). Der Perlenschmuck, womit die Götter und Göttinnen der Inder wahrhaft überladen sind, kann nur sich auf die Sterne beziehen, sind die Perlenschnüre der Sterne und Welten und eine andere Gestalt des sternenbesäeten Mantels oder Kleides, womit gleichfalls die Götter geschmückt werden.

Nunmehr erst können die Bestimmungen des ältern





englischen Lehrlingsfragestückes, Frage 69 ff., 1) über die Zahl der Glieder, welche eine Loge bilden, vollständig begriffen und erklärt werden. Die Fragen und die darauf ertheilten Antworten, so weit sie hierher gehören, lauten:

  1. Fr. Ich bitte, welche Zahl macht eine Loge?
    A. Drei, Fünf, Sieben und Eilf. 2)

  2. Fr. Warum machen Drei eine Loge, Bruder?
    A. Weil drei grosse Maurer die Welt und so auch dies edle Werk der Architektur, den Menschen, erbaut haben, welche in ihren Verhältnissen so vollkommen sind, dass die Alten ihrer Baukunst dieselben Regeln zum Grunde legten.

  3. Fr. Warum machen Fünf eine Loge?
    A. Weil jeder Mensch mit fünf Sinnen begabt ist.

  4. Fr. Warum sollen Sieben eine Loge machen?
    A. Weil es sieben freie Wissenschaften gibt.

  5. Fr. Warum sollen Eilf eine Loge machen, Bruder?
    A. Es waren eilf Patriarchen, als Joseph nach Aegypten verkauft und für verloren geachtet wurde.

  6. Fr. Der zweite Grund, Bruder?
    A. Es waren nur eilf Apostel, als Judas Christum verrathen hatte.

Werden diese Fragen und Antworten von dem Bildlichen und Mythischen entkleidet, liegt hier mit seltener Klarheit und Bestimmtheit das astronomische Duodecimalsystem der Urmenschheit vor, um welches die ganze Symbolik des alten Maurerthums sich harmonisch bewegt und dessen Entwickelung, Auseinanderlegung und nähere Bestimmung die übrigen Symbole nur enthalten. In der Gestaltung der Loge, der Welt und des Jahres, - in den Welt- und Jahreszahlen, - den Welt-, Jahres- und Logengliedern entwickelt, entfaltet und offenbaret sich der Schöpfer- und Jahresgott, die Drei und die Zwölf zugleich, und sein Schritt ist der dreifache Schritt der Zeit, des Irdischen, des Erdenmeisters durch Geburt (Drei), Leben (Fünf) und Tod




    1) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 196 ff.
    2) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 942, erwähnt Eilfmänner und fügt erklärend bei: d. i. zehn und der Schreiber.



(Sieben). Das Leben vollendet sich im Tode, indem die Fünf in der Sieben endigt und zur Zwölfzahl sich vereinigt, um verjüngt zum höhern Leben, zur Unsterblichkeit emporzusteigen. Die Zwölfzahl ist die Einheit; mit der Zwölf kehrt die in die Zeit und den Raum eingefretene, die Erde und Mensch gewordene Drei in sich selbst oder in die Ewigkeit, in das Licht zurück und so auch der Mensch, das Ebenbild und der AbgIanz der Drei oder der Gottheit. Wenn die 12 Stunden der Erdennacht von Hochmittag bis Hochmitternacht abgelaufen sind, endigen und schliessen die Erden-, die Logenarbeiten und sollen die Arbeiter den Lohn ihrer Thaten empfangen bei den beiden Säulen Jakin und Boaz, den Symbolen Gottes und der ewigen Gerechtigkeit, der unwandelbaren und unvergänglichen Liebe. Christus legt 12 Leidensstationen zurück, hat 12 Jünger und 12 Apostel und seine Grabeshöhle zu Jerusalem scbmückten 12 Säulen, welche Constantin mit silbernen Gefässen darauf ihm hatte setzen lassen, 1) wie schon der Thron des olympischen Zeus von Phidias auf einem Untersatze von 12 Fuss Höhe stand und wie sonst noch oft 12 Säulen oder Pfeiler die christlichen Kirchen tragen, weil auch Christus durch das Erdenleben, durch das Erdenjahr und die Sonnenbahn in die in das Reich Gottes hinübergegangen ist. Unsterblichkeit, Per ardua ad astra, durch 12 Leidensstationen fährt der Erdenweg zu den Sternen. Derselbe Gedanken ist ausgedrückt, wenn bei den Aegyptern in einem Tempel von Ramses III. auf der Westseite von Theben den zu krönenden König 12 Prinzen tragen. 2) Nach der Offenbarung oder Vision Johannis, Cap. 21, hat auch das himmlische Jerusalem 12 Thore und auf den Thoren 12 Engel und 12 eingegrabene Namen, welche die Namen der 12 Stämme der Kinder Israels sind; die Mauer der Stadt hat 12 Grundsteine und auf denselben die Namen der 12 Apostel des Lammes; die 12 Thore waren 12 Perlen und ein jedes Thor war aus einer Perle. Die Thore werden am Tage




    1) Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 380.
    2) Braun, a. a. O., I. S. 314; Dunker, Gesch. des Alterthums, I. S. 93.



nicht zugeschlossen, denn die Nacht wird daselbst nicht mehr sein, wie die Stadt auch keinen Tempel mehr Gott, denn Gott der Herr, der Allmächtige, ist ihr Tempel und das Lamm. Er, der der Anfang und das Ende, das Alpha und das Omega, oder der Erste und der Letzte ist, wird alles neu und unsterblich machen, indem er die Dürstenden aus dem Brunnen des Lebens tränket, welcher klar wie Crystall von dem Throne Gottes und des Lammes ausfliesset, und die Hungernden von dem Baume des Lebens speiset, der 12erlei Früchte trägt und seine Frucht jeglichem Monat gibt. Selig werden, welche die Gebote erfüllen und den rechten Weg wandeln, damit sie zu den Thoren der Gottesstadt gelangen, durch diese in den Himmel eingehen und von dem Baume des ewigen Lebens essen.

Diese Vision oder Weissagung des Johannes ist blos eine begeisterte Vergeistigung des wirklichen Jerusalems, welches als die Centralstadt, als der Centraltempel der 12 Stämme Israels 12 Thore hatte, durch welche man zu dem Tempel des Ewigen ging, um ihm als dem Geber des Jahressegens, der 12 Monate und 12 Brode zu danken. Dass in den obigen Antworten des englischen Lehrlingsfragestückes aber die Zwölfzahl durch die Eilfzahl ersetzt worden ist, hat darin seinen Grund und seine Erklärung, dass Judas den Herrn verkauft und verrathen hatte, daher nur eilf getreue Jünger waren und später Judas nicht mehr unter ihnen Platz nehmen durfte. In der Legende von der Tafelrunde (tabula rotunda) des englischen Königs Arthur, gestiftet zum Schutze des heiligen Graels (des goldenen Kelches mit dem Blute Christi) zu Carduel (Carlisle) musste daher auch stets ein Platz zum Andenken an Judas leer bleiben. 1) Eine ähnliche Tafelrunde von 12 Rittern hatte schon der Ostgothenkönig Theodorich und nach einer russischen Volkssage auch Czaar Castaws. Die Zahl der Mitglieder der Bauhütte zu Strassburg war anfänglich auf 13 beschränkt und erst später erweitert worden. 2) Zufolge Ragon, rituel du grade de maitre,




    1) Eckermann, a. a. O., III. 2. S. 149 ff.
    2) Krause, II. 2, S. 247.



Paris 1861, S. 27, werden dem Grabe Hirams 3' Breite, 5' Tiefe und 7' Länge beigelegt.

Nach den 12 Theilen des Thierkreises oder der Sonnenbahn mit den ursprünglichen vier oder späteren drei (z. B. in Indien, in Aegypten) Theilen und Zeiten des Jahres, nach den 12 Monats- oder Zodiakalgöttern, wurde das Erdenreich getheilt und regiert. Wie die Sonnenbahn und das Jahr in vier Theilen oder Zeiten 12 weitere Theile oder Monate umfasste, so umfasste das Reich in vier Provinzen 12 Hauptbezirke und die Vorsteher oder Leiter der 12 Bezirke bildeten den Rath und die Wähler des obersten und gemeinsamen Vorstehers und Leiters, des Königs, des Fürsten, des Herzogs, des Grafen, und wie das weltliche Reich war auch das priesterliche eingerichtet, ja die Priester waren ursprünglich die einzigen Leiter und Richter der 12 staatlichen Bezirke; nur die Heerführung und in den christlichen Zeiten der Blutbann lag aus schliesslich in weltlichen Händen. Das Priesterthum war namentlich auch bei den Germanen und Kelten innigst mit dem Staatswesen, der Staatsregierung verbunden und die Stätten der Volksversammlung, die Gerichtsstätten waren zugleich Kultusstätten; erst wurden die Opfer dargebracht, dann wurde über Krieg und Frieden berathen und gerichtet. 1) Besonders merkwürdig ist in dieser Beziehung die Verfassung und Einrichtung Islands, welche dort im 9ten Jahrhundert durch die ausgewanderten Norweger gegründet wurde, die sich der despotischen Gewalt des Königs Harald Harfagar nicht hatten unterwerfen wollen. Diese isländische Gesetzgebung ist in dem wohl im 13. Jahrhundert verfassten Landnamabuch, oder in den ausführlichen Annalen Islands beschrieben und darnach enthielt Island ursprünglich vier Viertheile oder vier Pro-




    1) Vergl. Sachsse, a, a. O., S. 285 ff. und S. 259, Anm. 20. Dem römischen Gallien diente Lyon, wo ein herrlicher Centraltempel stand, zur Versammlung seines jährlichen Gesammtprovinciallandtages, wo namentlich der geistliche Vorsteher, der sog. Priester der drei Provinzen erwählt wurde, welcher dann auf dem Hauptaltare, um dessen Fuss die Bildsäulen der sämmtlichen stimmberechtigten Provinzen gereiht waren, ein feierliches Opfer für ganz Gallien darbrachte. Vergl. Mommsen, die Schweiz in helvetischer Zeit, S. 8.



vinzen mit 12 Bezirken oder Sysseln und in jedem Viertheile drei Ding- oder Gerichtsstätten und in den letzteren drei Opferplätze oder Haupthöfe. Diesen wurden Männer zur Aufsicht über die Höfe vorgesetzt, um zu züchtigen und das Recht zu schützen. Sie sollten im Gerichte ihren Rath ertheilen und hindern, dass Niemandem sein Recht entzogen würde; darum hiessen sie die Guten (Godar), d. i. Priester. Nach Sachsse waren auch die Sachibarones oder Saksoknar, nach Waitz und Grimm Sacebarones der Lex salica, welcher in jedem Grafengerichte nicht mehr als drei sein durften, solche Härardspriester und Richter oder vielmehr rechtskundige Berather. 1) - Ganz ähnlich wie Island, war auch Sachsen nach Kap. 55 der Mansfeldischen Chronika von Cyriakus Spangenberg aus dem 16. Jahrhundert eingetheilt, da es in vier Tetrarchieen zerfiel, aus welchen vier Vierfürstenthümern 12 der vornehmsten Edelen als Vierfürsten erwählt wurden und diese Vierfürsten sodann wieder aus ihrer Mitte den Obersten erwählten, der sich aber nicht des königlichen Namens bedienen durfte. Ebenso hatte der Kirchenstaat vier Provinzen, welche von vier päpstlichen Legaten verwaltet wurden und welche vier Legationen wieder in 12 kleinere Bezirke zerfielen. Dieselbe Verfassung der Vierherrschaft in Verbindung mit der Zwölfherrschaft hatte auch das durch normannische Eroberer gegründete Königreich Neapel und die vier und 1212 Lazzaroni, welche am Neujahrstage dem Könige vier und 12 blühende Nelkenstöcke überreichen und die wir oben schon berührt haben, finden hier zugleich ihre historische Erklärung.

Die Geistlichen wurden später aus der Regierung und den Gerichten entweder ganz verdrängt oder mussten wenigstens den Einfluss mit den weltlichen Fürsten und Herrschern theilen. So hat Deutschland unter seinen sieben Churfürsten vier weltliche und drei geistliche, Frankreich aber unter seinen 12 Pairs (pares Franciae,




    1) Vergl. Waitz, das Recht der salischen Franken, Kiel 1846, S. 140 ff.; Maurer, Gesch. des öffentlich-mündlichen Gerichtsverfahrens, S. 19 ff.



Pairs de France) sechs weltliche und sechs geistliche. Von Schottland berichten englische Chronisten um das J. 1295, dass die Schotten sich 12 Pairs, vier Bischöfe, vier Grafen und vier Barone erwählt haben. Dies erinnert zugleich an die vier deutschen Völker, vier Königreiche, vier Landgrafschaften, so wie an die Viergrafen und Vierritter, 2) ja selbst an die heute bestehenden vier freien Städte. ln Soest finden sich 12 Burrichter auf vier Gerichtsbänken; 3) ähnlich zu Prag. Worms theilte sich in vier Parochieen mit vier Heimburgschaften in jeder Parochie; auch Cöln war in vier Theile oder Parochieen getheilt und jeder Theil hatte 12 Officiati oder Senatoren. 4)

Dass eine Loge, eine geistliche Bauhütte, was sie ursprünglich gewesen, 12 Mitglieder zählen sollte, beruhte schon auf den weltlichen und geistlichen Grundanschauungen jener früheren Zeiten, wie ein Erzbisthum 12 Bisthümer in sich begreifen sollte. Auf das Letztere bezieht Sachsse, a. a. O., S. 257, es, dass, als Willibrod, der erste Bischof von Utrecht, zu den Friesen gesandt wurde, man ihm 12 Geistliche mitgab, da er offenbar 12 Bisthümer habe gründen sollen. So kamen auch 12 Schüler des heiligen Philipp und Jacobus zur Einführung des Christenthums nach Britannien. Auf gleiche Weise begibt sich Bischof Robert von Worms, da er aus seinem Bisthume vertrieben worden war, mit 12 Geistlichen nach Baiern und nachdem er der Kirche daselbst durch die Taufe des Herzogs Theudo neuen Raum gesichert hat, nimmt er im J. 582 seinen Sitz zu Salzburg, wo bald darauf ein Erzbisthum errichtet wird. Die Eilfzahl in dem englischen Lehrlingsfragestücke ist unzweifelhaft nur gesetzt, um die Reihenfolge der ungeraden Zahlen nicht zu unterbrechen; die Neunzahl konnte aber hier keine Stelle finden.




    1) Sachsse, a. a. O., S. 297; Warnkoenig, französische Staatsgeschichte, Basel 1846, S. 341 ff. Warnkoenig glaubt, vielleicht habe zur Feststellung der Zwölfzahl der Pairs noch die auch durch die Troubadours der Zeit verbreitete Sage beigetragen, dass Carl der Grosse ein solches Gericht von 12 Paladinen gehabt habe.
    2) Sachsse, a, a. O., S. 72 ff. und S. 83, Anm. 2.
    3) Sachsse, a. a. O., S. 280.
    4) Sachsse, a. a. O., S. 306.



Von dem alten Duodecimalsysteme finden sich in den maurerischen Symbolen und Traditionen aber auch noch anderweitige unverkennbare Spuren. Dahin gehört insbesondere das aus sechzig Fäden, also aus einem Schock oder halben grossen Hundert von Fäden bestehende Gebund Stricke, welches entweder der Meister vom Stuhl oder der gewesene Meister vom Stuhl zum Symbole der später gewöhnlichen und ohne dringende Gründe nicht zu überschreitenden Zahl der sechzig Mitglieder einer Loge am Halse trug, 1) Wie in dem gesammten Rechtsleben der alten Germanen das germanische Duodecimalsystem mit dem römischen Decimalsysteme in beständigem Kampfe lag, bis zuletzt das römische System überwog, erscheint auch hier dieser Kampf in dem maurerisehen Grundsatze, dass eine Loge aus 50 oder 5 Mal 10 Mitgliedern nach dem Decimalsysteme oder aus 60, d. h. 6 Mal 10, 5 Mal 12 nach dem Duodecimalsysteme bestehen solle. Die Zahl 60 könnte übrigens auch aus 6 Mal 10 bestehen, zumal die Zehnheiten, die Decurien der römischen Corporationen oder Collegien, 2) die oben erwähnten pythagoreischen (Speisegesellschaften von je Zehn) nach dem Decimalsysteme auch in der alten maurerischen Zunftverfassung nicht unbekannt waren und Krause II. 2, S. 355 (oben) berichtet, dass früher in England über je neun Arbeiter der zehnte regierte oder die Aufsicht hatte. Die Zahl 60 war übrigens in der alten Maurerei eine praktische; denn so soll z. B. die berühmte Capelle des königl. Collegiums zu Cambridge der Mason Wafel mit 60 Gesellen erbaut haben. Auf jeder Seite derselben streben 12 aus vielen Säulen bestehende Pfeiler empor, die, ohne durch ein gemeinsames Kapitäl verbunden zu sein, in 12 Ribben, deren mittlere allemal die stärkste ist, ausstrahlen, und sich in vier Absätzen, in parobolischer Krümmung, etwa unter einem Winkel von 30 Graden, in die Decke ergiessen, wo sie mit der mittlern Ribbe zusammenstossen; von beiden Seiten treffen sie in geraden Linien




    1) Krause, Kunsturkunden, I, 1. S. 264 Anm. * und II. 1. S. 108, Nr. 4.
    2) Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 164.



zusammen. 1) Anzuführen ist auch eine lustige griechische Genossenschaft, die ihre Zusammenkünfte in dem diomeischen Heiligthum des Herakles hielt und auf die Zahl von 60 Mitgliedern beschränkt war; 2) die Gesellschaft bestand schon zu des Aristophanes Zeit. Wie Schubert, Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft, 3te Auflage, Stuttgart 1835, S. 27 Anm., anführt, ist die Zahl 60 bei allen bekannten asiatischen Völkern und selbst bei den Römern als Zeit- und Raumeintheilungszahl gewöhnlich und werde von Einigen von dem Planeten Jupiter hergeleitet, der sich dann jedesmal in Beziehung auf die Erde wieder an derselben Stelle des Himmels befinde; die Periode von 10 Mal 60 oder 600 Jahren werde von einem jüdischen Schriftsteller, der sich dabei auf Manethon und Berosus berufe, schon den Patriarchen vor der Sündfluth zugeschrieben. Die Babylonier theilten die Zeit, ohne Zweifel aus astronomischen Gründen, in Sosen von 60, Neren von 600 und Saren von 3600 Sonnenjahren. 3) In Babel war nach Niebuhr der Sossus nicht allein eine astronomische Periode, sondern auch das Hundert des Zahlensystems (S. 239). Ist diese Behauptung begründet, stellten sich die 60 Mitglieder einer alten maurerischen Loge oder Bauhütte dar als den Nachklang des uralten babylonischen Hunderts, zusammengesetzt aus 5 x 12 oder 2 x 30. Dass die Sosen, Neren und Saren Cyklen von tropischen oder von Sonnenjahren und keine Mondcyklen seien, was Bunsen annimmt und Niebuhr mit Recht verwirft, ergibt schon 3600 als Zahl der Sare, eines grossen Sonnen- und Weltjahres; das Jahr im Cyklus muss stets ein Sonnenjahr, d. h. ein natürlich bestimmtes sein, wie es das willkührliche Mondjahr nicht ist. Der Mondlauf kann zwar den einzelnen Monat, nicht aber an sich das Jahr messen. Die Sare (annus major) ist wohl aus 12 halben




    1) Krause, I. 2. S. 442 Anm. b.
    2) Schoemann, II. S. 481.
Ueber die babylonische Zeitrechnung vergl. besonders Niebuhr, Geschichte Assur's und Babel's, Berlin1857, S. 237 ff.; Bunsen, Aegyptens Stelle, IV. S. 309 ff.; Ideler, Handbuch, I. Seite 165 ff.; Beck, Anleitung, S. 187 und 188.



Neren von je 300 Jahren, d. h. aus 12 grossen Monaten von 30 grossen Tagen zusammengesetzt. Niebuhr lässt sein den Quellen völlig fremdes grosses Jahr aus 12 Saren sich bilden. - Ueberhaupt ist die ganze deutsche Zunftverfassung, sind die eigentlichen Handwerke römischen Ursprungs und die Länder, welche den Uebergang der römischen Zunftverfassung und Handwerke an die Germanen vermittelt haben, sind Britannien und noch mehr Gallien oder überhaupt die Kelten. Fragmente von Inscriptionen bezeugen in Gallien z. B. folgende Zunftcorporationen: Wir finden die Nautae Parisiaci, welche sich durch das ganze Mittelalter als privilegirte Kaufleute erhalten und den Seidenhandel ausschliesslich betrieben haben, ferner die Nautae der Saone, die Navicularii von Aix und der Duranice, die Fabri von Narbonne, die Ferrifabri von Cimiez, die Fabri zu Lyon u. s. w. Mit Rücksicht hierauf bemerkt daher Warnkönig, französische Staatsgeschichte, S. 54, entgegen Wilda, das Gildenwesen im Mittelalter, s. 239, mit Grund, dass dieser Schriftsteller den römischen Ursprung der Zünfte nicht genug gewürdigt habe. Zu Thun oder vielmehr zu Amsoldingen bei Thun im jetzigen Kanton Bern bestand zur Römerzeit eine Zunft der Zimmerleute (corpus fabrorum tignariorum), zu welcher auch die Goldschmiede gehörten. 1) Die Zunft der Aarflösser ist schon oben berührt worden. Das neuenburgische Dorf Ligniers scheint seinen Namen von einer Niederlassung römischer Zimmerleute und Holzhändler, (lignarii, nämlich fabri und negatiatores) erhalten zu haben, welche hier die bei den Römern zum Schiffbau so gesuchten und aus dem Bielersee in die Aar und in den Rhein geflössten Juratannen fällten und spedirten. 2) Jene zu Amsoldingen bei Thun aufgefundene Inschrift enthält: "Amill. Polynices natione Lydus artis aurifex corporis fabr. tignariorum apud eosdem omnib honoribus functus," woraus also hervorgeht, dass der Lydier und Goldarbeiter Amillius Polynices der Zunft der Zimmerleute angehört und




    1) Mommsen, die Schweiz in römischer Zeit, S. 24; Heldmann, S 106 ff.
    2) Jahn, der Kanton Bern, S. 79.



darin alle Ehrenämter begleitet hatte. 1) Das alte Lehenbuch des Bisthum Basel erwähnt ein officium carpentariorum, officium cementarioruin, officium fabrile, officium picariorum, officium campsorum, und einen magister pistorum, 2) die Handwerker gehörten also noch damals unmittelbar zu dem bischöflichen Haushalte, waren Dienstmannen und Hörige desselben. Namentlich aber gehörten die Goldarbeiter, die Wechsler und Münzer seit den ältesten Zeiten zur Familia, zu den Hausgenossen des Bischofs und haben z. B. zu Basel bis auf den heutigen Tag als Zunft diesen Namen bewahrt. 3) Leider hat Heusler bei dem Stande der Quellen nicht zu untersuchen vermocht, welche Ueberreste sich in dem keltisch-römischen Robur, seit dem Jahr 374 n. Chr., oder seit dem damaligen Aufenthalte des römischen Kaisers Valentinian I. zu Robur, , d. i. Basel, genannt, 4 ) aus der Römerzeit von den Handwerken und ihrer ursprünglichen Verfassung erhalten hatten. Noch am Ende des dreizehnten Jahrhunderts stand urkundlich die Wechsler- und die Bäckerinnung unter der ausschliesslichen Leitung des bischöflichen Münz- und Brodmeisters und sie betrieben ihre Gewerbe als bischöfliche; die Handwerke waren bischöfliche Bannrechte, Vorrechte des Grundherrn. Die Geschichte des Entstehens der eigentlichen Zünfte ist zugleich die Geschichte der bürgerlichen Freiheit, der freien Städte durch Abwerfung der klösterlichen und bischöflichen Gewalt und Herrschaft; anstatt dass in den alten Zeiten die hörigen Handwerker für die Klöster und Bischöfe arbeiten mussten, durften die frei gewordenen Handwerker, die Bürger für sich selbst arbeiten, aber zwischen den Ausgangszünften der Hörigkeit und dem Ziel- und Endpunkte der bürgerlichen Freiheit liegen viele und lange Zwischenstufen. Nitzsch bezeichnet den Entwicklungsgang als die Erhebung aus dem cottidie servire zum foro rerum venalium studere. Bei den Zünf-




    1) Jahn, a. a. O., S. 265.
    2) Heusler, Verfassungsgeschichte der Stadt Basel, Basel 1860, S. 83 ff. und S. 114 ff., S 166.
    3) Heusler, a. a O., S. 58.
    4) Heusler, S. 1 ff.



fen der Bauleute ist aber noch wesentlich zu berücksichtigen, dass das Bauen nicht sowohl ein Handwerk, als eine von der Kirche hochgeschätzte und von den Kirchlichen selbst geübte Kunst gewesen ist. Heusler, S. 116, glaubt zwar, dass zu den ältesten Zünften in allen Städten die Wollenweber, die Grautücher gehören: indessen möchten es der Sache, wenn auch nicht der urkundlichen Zeit nach die Bauzünfte sein. Die Zunft der Zimmerleute und Maurer zu Basel hiess nach ihrem Zunfthause die Spinwetternzunft. Hervorgehoben verdient in dieser Beziehung noch zu werden, dass in der Schweiz sogar die Musiker, die Pfeifer eine Zunft, eine Brüderschaft gebildet zu haben scheinen und dass das Obermeisterthum dieser Zunft, das Pfeiferkönigthum im Kanton Zürich als ein förmliches Lehen vergeben wurde, z. B. nach einer vorhandenen Urkunde noch im J. 1430 1) und 1502. Den germanischen Zünften, vom deutschen zem-ian, lat. domare, gr. , zähmen, dämmen, stehen übrigens die griechischen Demen () sprachlich wie sachlich zur Seite und die Zünfte wie Demen, z. B. die bezeichnen feste gebundene Genossenschaften. 2) Weber stellt mit , dom-are, dom-inu-s einerseits, noch andererseits (ich baue), ; (Bau, Gestalt), (Haus), dom-u-s u. s. w. dem Begriffe nach zusammen; das Vermittelnde zwischen bauen und bändigen, zwischen Haus und Herr liege in der Bedeutung von , das eine abgegrenzte Gemeinde bezeichne; aus dem Begriffe des Begrenzens, Einschränkens folge der innere Begriff des Bauens einerseits, einer umschränkten Form, und der des Begrenzens, Einschränkens einer Kraft, einer starken Gewalt andererseits, der in und den zugehörigen Wörtern liege; die Wurzel sei , ich binde, sanskr. dâ-man (funis) und dâ-ma (vinculum). Dass auch die deutsche Städteverfassung innigst mit den römischen Einrichtungen zusammenhänge, darf kaum bemerkt werden




    1) Anzeiger für schweizerische Geschichte für 1856, S. 28 und für 1859, S. 25.
    2) Hugo Weber, etymologische Untersuchungen, I. (Halle 1861) S. 8.



und wir berufen uns in dieser Hinsicht blos noch auf die kurzen Bemerkungen Mone's mit den dazu gehörigen Urkunden in seiner Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Bd. IV. S. 129 ff. Eine jede gründliche und geschichtliche Geschichte der Freimaurerei muss daher in ihr Bereich nothwendig die Geschichte der britannischen und gallischen, sowie der italienischen und besonders lombardischen Zünfte und Städte ziehen, was bis jetzt noch nicht geschehen ist und weshalb man bei der blossen Berücksichtigung des Deutschen zu der Ansicht verleitet worden ist, dass die Freimaurerei, d. h. die Verfassung und Gebräuche der deutschen Steinmetzen und Bauleute sammt der deutschen Baukunst rein deutschen Ursprunges seien.

IV. Das keltische Helvetien zerfiel zur Zeit Cäsars in vier Gaue mit 12 befestigten Wohnplätzen (oppida 1)). Ebenso theilten sich die nach Galatia in Kleinasien in Verbindung mit Germanen eingewanderten Kelten in drei Hauptstämme und jeder dieser drei Theile hatte wieder vier Gaue oder Tetrarchien, welchen ein Tetrarch vorstand. 2) Die Zahl der aufgerichteten Steine bei den keltischen heiligen Orten und sogenannten Tempelsteinkreisen ist 7, 12, 19, 20, 30 und 60. 3) Das Feenschloss oder die Feengrotte in der Nähe von Tours am östlichen Ufer der Choisille in der Gemeinde Metray und St. Antoine-du-Roche ist aus 12 rohen Steinen erbaut. 4) Auf dem kleinen St. Bernhard befinden sich 12. Granitblöcke, welche vermuthlich in einem Kreise aufgestellt waren und worauf die Generale von Hannibals Kriegsrath gesessen haben sollen. 5) Das grossartigste keltische Steindenkmal ist das Steingehege bei Quiberon oder bei Carnac am Meeresufer




    1) Cäsar, de bell gall., I. cap. 5 und 12.
    2) Eckermann, a. a. O., III. 2. S. 11.
    3) Eckermann, III. 2. S. 32. Die Zahl Neunzehn ist wohl, wie bei den Aegyptern, nur die Zusammensetzung von 7 und 12. Vgl. oben I. S. 16 unten. Neunzehn Stufen hat auch der sogenannte Kreuzberg in der angeblichen heiligen Grabkirche zu Jerusalem (Van de Velde, Reise durch Syrien und Palästina, II. S. 25).
    4) Eckermann, III. 2. S. 35.
    5) Eckermann, III. 2. S. 45.



in Morbihan und besteht aus 4000 Obelisken von 4 - 25 Fuss Höhe, welche in 11 gleichlaufenden Reihen oder Kreisen aufgestellt sind, indem sie ohne jedes Fundament im Gleichgewichte stehen und daher noch viele (einst vielleicht alle) im Winde sich bewegen. 1) Eckermann bezieht die 11 Kreise auf den Thierkreis, weil wir nicht einmal wissen, ob das Monument vollendet oder unvollendet geblieben sei, und weil die ältesten Astronomen auch nur 11 Zeichen (oder Bilder) des Thierkreises anerkannt und die Griechen diesen erst auf 12 Zeichen gebracht haben, indem sie die Wage an die Stelle der Scheere des Skorpions setzten, und diese an den Platz, welchen früher sein Schwanz eingenommen hatte. Das Steingehege von Carnac, welches die Bretonen Ti-Goriquet oder Cornandonet (Zwergenhaus als von Zwergen erbaut) nennen, hat jedenfalls mit den Bildern des Thierkreises nichts zu schaffen, sondern bezieht sich wohl auf ein Zwölfgöttersystem, welche 12 Götter den 12 Theilen des Thierkreises oder Jahres vorstanden. Ebenso ist auch das Denkmal gewiss ein vollendetes gewesen; welches aber der symbolische Grund sei, dass nur 11 Götter angedeutet sind, vermag mit irgend einer Bestimmtheit nicht angegeben zu werden. Vermuthlich ist der oberste Sonnengott, der Zusammenfassende und Vereinigende, der Unsichtbare und vielleicht auch Undarstellbare als der zwölfte, hinzudenken, wie in den märkischen Sagen bei Kuhn auch das Mutterschwein (die Sonne) nur mit 11 Jungen erscheint. Carnac war übrigens nicht blos ein Hauptsitz der Druiden, wie Antun, Dreux, Chartres, Montmartre, Lyon, Bordeaux, Toulouse, der Wald von Marseille u. s. w. , sondern es soll auch zufolge der Tradition der Haupttempel des Landes gewesen sein, wie Armorica überhaupt der berühmteste und mächtigste Sitz der Druiden gewesen ist. Vielleicht könnte auch der 12te und letzte Kreis bei dem Gottesdienste durch das umstehende Volk gebildet worden sein. - Die Hauptstätte aller Götter (Crum Cruah oder Ceann-Croithi) in Bresin in der irischen Grafschaft Cavan liegt in einem Tempel




    1) Eckermann, III. 2. S. 52 ff.; Ersch und Gruber, Encyklopädie, I. B. XXVII. S. 495 b.



von 12 Säulen auf dem Magsleacht, d. h. dem Felde der Anbetung. 1) - An vielen alten gallischen Gerichtsplätzen standen 12 steinerne Sitze für die 12 Richter und Druiden, welche das Gericht gewöhnlich bildeten. Auch schreiben z. B. die Handvesten der Stadt Thun vom Jahr 1264 und von Burgdorf vom Jahr 1316 vor, dass der Schultheiss, mit 12 Scheffen oder Geschworenen (jurati) richten solle. Zu Glarus gab es in den ältesten Zeiten 12 Geschlechter freier Wappengenossen, 12 ritterbürtige Geschlechter. 2) In den beiden ältesten deutschen Jahrbüchern der Stadt Zürich, herausgegeben Zürich 1844 von Ettmüller, heisst es S. 49: "Man sol auch wizzen, daz in der christenheit xxlllj rechter Küngreiche sind," deren Namen sodann aufgezählt und wobei Irland vier Königreiche zugetheilt werden. Die zäringische Stadt Freiburg im Breisgau hatte ein unter dem Vorsitze des dux oder des causidicus, judex, advocatus oder scultetus (des Schuldheuscher nach Grimm, Weisthümer I. S. 109) thätiges Schöffencollegium von 24 Mitgliedern oder Geschworenen (conjuratores fori, conjurati, consules), welche im Jahr 1248 verdoppelt wurden und die eine gerichtliche und verwaltende Behörde zugleich waren. 3) Bekanntlich sind viele Stadtrechte der Schweiz demjenigen von Freiburg im Breisgau nachgebildet, wie dieses selbst wieder dem cölnischen Stadtrechte nachgebildet war, worüber die Nachweisungen von Gaupp, a. a. O., zu vergleichen sind; zu den Tochterstadtrechten von Freiburg gehört neben Thun und Burgdorf z. B. dasjenige von Bern vom Jahr 1218, von Laupen von 1275, von Freiburg im Uechtland von 1249, der Stadt Erlach von 1274, von Büren von 1288, von Murten 4) u. s. w. Das alte Stadtrecht von Freiburg vom Jahr 1120 ist auch besonders deshalb beachtenswerth, weil es die älteste Urkunde ist, worin ein städtischer Rath (consules) genannt wird. 5) Der Stadtrath hatte namentlich die Aufsicht über




    1) Eckermann, III. 2. S. 71.
    2) Archiv für schweizerische Geschichte, III. S. 45 ff.
    3) Gaupp, deutsche Stadtrechte des Mittelalters, II (Breslau 1852). S. 7 ff.
    4) Gaupp, II. S. 142 ff.
    5) Gaupp, a. a. O., II. S. 8



Mass und Gewicht, über den Markt, über Handel und Wandel, welcher letztere den Lebensnerv der neuen Städte bildete; die freien Städte waren wesentlich Freistätten des Handels, weshalb auch mit den Städten der Handel, der Verkehr und Reichthum und mit diesen die Bildung, die Freiheit emporblühet. Die Geschichte der Gründung der deutschen Städte ist wesentlich auch die Geschichte der deutschen Kunst und Wissenschaft, der bürgerlichen und politischen Freiheit, des deutschen Geistes, wie er in engeren Genossenschaften sich allein entwickelt und zu erstarken sucht. Den Mangel der politischen Einheit und Stärke lässt Deutschland rühmlich vergessen durch das selbstständige deutsche Leben, welches in Hunderten von Städten und Staaten blühet; in Frankreich, England, Spanien u. s. w. ist der Staat und die Hauptstadt gross und allmächtig, allherrschend auf Kosten des Vollkes und der Städte, in Deutschland überwiegen das Volk, die Städte und Hauptstädte über den König und Kaiser mit der einzigen Hauptstadt. Ein Volk kann nicht zugleich gross und stark sein, blos die zusammenfassenden und niederdrückenden Fürsten vermögen Beides. Deshalb ist der Deutschen Zerrissenheit und Vielköpfigkeit die wahre deutsche Grösse, das ächte Deutschthum. Das Privilegium oder das Stadtrecht der Stadt Freiburg beschwor der Stifter Herzog Conrad von Zäringen mit seinen zwölf angesehensten Beamten (cum duodecim nominatissimis ministerialibus) auf die Heiligen (super sancta sanctorum) und gab hierauf einem freien Manne und sämmtlichen Geschworenen seine rechte Hand, zum Zeichen, dass er sich durch keine Nothwendigkeit zum Bruch des geleisteten Eides werde bewegen lassen. - In Hinsicht der Mündigkeit hat das Freiburger Privilegium §. 48. 49 den alten fränkischen Termin von 12 Jahren, wie er schon im salischen Gesetze 24, 1. 5. (ed. Merkel) angetroffen wird und offenbar bei den meisten germanischen Stämmen angenommen war. Namentlich hatten ihn auch die Sachsen und der Sachsenspiegel versteht Zwölfjährigkeit unter dem zu seinen Jahren kommen. Nach Gaupp, a. a. O., II. S. 16, wäre auch bei den anni discretionis in § 20 des Freiburger Stadtrechtes nur an Zwölfjährigkeit





und darüber zu denken. Unter dem Einflusse des römischen Rechtes wurde später in den deutschen Rechten das Alter der Mündigkeit allgemein auf 14 Jahre bestimmt. Ganz alterthümlich keltisch ist die nachfolgende Bestimmung der Offnung von Embrach im Kanton Zürich vom J. 1518:

"Item der bropst oder sin amman fürendt den stab vnnd setzend die gotzhuslütt vss den 4 quartten 12 richter zu inen, namlich die in der kilchhöry Embrach dry man, die zwüschent der Thur vnd Thöss dry man, die zwüschent der Thöss vnd Glatt dry man, die zwüschent der Glatt vnd Lindmagt dry man; diss 12 richter der brobst zu meyen vnd herbst berüffen mag, vnd was sy von gemeiner gotzhuslüten wegen handlent, söll jegklicher den andern zu wüssen thün in seiner quart, vnd bestan als ob sy das alles gemeinlich gehandlet hettind." 1)

Nach der Offnung von Niderbüren im Kanton St. Gallen vom J. 1469 ist das Gericht gleichfalls mit 12 Richtern zu besetzen. 2) Nach dem Dingrodel von St. Peter, östlich von Freiburg, zwischen 1453 - 1484, ist das Gericht mit 24 Mannen zu besetzen. 3) Das Gericht des württembergischen Städtchens Dornstetten auf dem Schwarzwalde, welches seinen Oberhof zu Freiburg hatte, zählte 12 Mitglieder; 4) ebenso das zu Saspach in der Ortenau, 5) das zu Cappel in der Ortenau. 6) Zu Freiburg im Uechtlande bilden die eigentliche Gemeindsbehörde die 24 Jurati, Consiliatores, Consiliarii oder Consules. 7) Wer zu Freiburg ein casale (Hofstätte, area) besass, musste alljährlich davon am Feste des heiligen Martin 12 Denare Zins dem Herrn entrichten; anderwärts betrug dieser Grundzins nur 6 Denare. 8) Aus dem Murtener Stadtrechte ist als mit dem Vorgehenden zusammenhängend noch zu berühren,




    1) Grimm, Weisthümer, I. S. 112 und 116.
    2) Grimm, a. a. O., I. S. 220.
    3) Grimm, I. S. 350.
    4) Grimm, I. S. 381.
    5) Grimm, I. S. 413.
    6) Grimm, I. S. 417 und 418.
    7) Gaupp, a. a. O., II. S. 63.
    8) Gaupp, II. S. 67.



dass vor das Haus Desjenigen, welcher gerichtlichen Citationen einen beharrlichen Ungehorsam entgegensetzt, zuletzt ein Faden gespannt wurde, um ihn bei schwerer Strafe am Ein- und Ausgehen zu verhindern. 1) Auch gehört hierher, was in Shakspeare's Kaufmann von Venedig Gratiano zu Shylock spricht:

Zum Christenthum hast du der Pathen zwei;
Wär' ich dein Richter, hätt'st du zehen mehr,
Die brächten dich zum Galgen, nicht zur Taufe.

d. h. 12 Geschworene würden dich zum Galgen verdammen, was in England ein alter Scherz gewesen zu sein scheint. Zu Basel 2) bestand seit der ältesten noch vorhandenen Handveste des Bischofs Johann Senn von Münsingen vom J. 1337 der Rath vermuthlich aus 12 Mitgliedern, nämlich 4 Rittern und 8 Bürgern. 3) Auch der seit dem J. 1273 zu Klein-Basel entstandene Rath war aus 12 Mitgliedern (consules) gebildet, 4) und zugleich erscheint das Duodecimalsystem in den Rechts- und Lebensverhältnisgen durchgreifend. Seit den ältesten Zeiten war z. B. die für den Verkehr geprägte Münze der Pfenning und 12 Pfenninge machten einen Schilling. 5) Ebenso zählten die Vorstände der einzelnen Zünfte insofern je 12 Mitglieder, als die neuen Sechser bei sehr vielen Geschäften die alten Sechser beizuziehen pflegten, gerade wie die neuen Stadträthe die alten; 6) die Sechser aller 15 Zünfte bildeten den grossen Rath, so dass also der letztere aus 15 X 12 oder 180 Mitgliedern bestand, welche durch die Mitglieder des Schultheissengerichts von Gross- und Klein-Basel sich auf 200 erhöhten. Ferner hatte Basel seit dem 15. Jahrhundert ein mit ausserordentlicher Gewalt, beson-




    1) Gaupp, II. S. 150.
    2) Aus Missverstand hielt Adelung Basel, Basilea für den keltischen Namen der Eiche. Vergl. Diefenbach, Origines Europaeae, S. 252, Nr. 54.
    3) Heusler, Verfassungsgesch. der Stadt Basel, S. 156.
    4) Heusler, S. 357.
    5) Heusler, S. 228.
    6) Heusler, S. 376 ff.



ders in Kriegszeiten ausgerüstetes XIII Raths-Collegium; Strassburg hatte gleichfalls ein XIII Collegium. Das Civilgericht von Basel besteht noch heute aus 12 Richtern. - Frankreich zerfiel seit den ältesten Zeiten in 12 grosse Regierungsbezirke (gouvernemens), wornach noch im Jahr 1614 die Reichsversammlung (Etats généraux) gebildet und in 12 Sectionen, eine jede mit einer Stimme, getheilt wurde. 1) - Der Reinardus aus der Mitte des 13. und aus dem 14. Jahrhundert ist in 12 oder in einer Handschrift in 24 Abenteuer abgetheilt; 2) in dem 12. und letzten Abenteuer stirbt der unglückliche Wolf. Die Zeit der ursprünglichen Abfassung des Reinardus im nördlichen Flandern setzt Grimm zwischen 1150 und 1155. Der Wolf Isengrimus, d. i. der gleich dem schneidenden Schwert Scharfe oder Grausame, hat darin 11 Gesellen, 3) worunter z. B. ein septemgula (Siebenschlund), gehenna minor (kleine Hölle), arvernus major (grosse Hölle), triventer (Dreibauch, Dreimagen) u. s. w. Eben darin werden dem Hahne 12 Hennen zugeschrieben und er rühmt von sich: "conjugibus bis sex impero solus ego, quaelibet et nimium non audet tangere granum me nisi mandetur praecipiente prius. 4)"

Das Ueberraschendste ist jedoch, dass wir bei den gallischen Kelten einen Gott, von den Römern als Merkur oder auch Teutates (d. i. nach Einigen des Volkes Vater von teut, Volk, und tata, Vater) bezeichnet finden, völlig in der Gestalt des Herakles der Griechen. 5) Jahn, der Kanton Bern, S. 350 Anm., leitet den bei den gallischen Kelten so verbreiteten Cultus des Teutates, oder des Handelsgottes Merkur nach ihm, auf die in Südfrankreich an-




    1) Warnkönig, französische Staatsgeschichte, S. 531 und Urkundenbuch dazu, S. 64, ebenso die zweite Karte.
    2) Grimm, Reinhart Fuchs, S. LXXVII.
    3) Grimm, a. a. O., S. CCXXIII und CCXXXI.
    4) Grimm, S. CCXXXVI.
    5) Vergl. über den Herakles der Kelten auch Ritter, Vorhalle, S. 368 ff., nach welchem er von dem Og-mios des Lukian herstammen und der Grenzgott, der Furchenzieher, Weggott, Merker, Marker sein soll, von im Griech. Linie, Weg, Furche, - - occa lat. nach Columella die Egge, occare, eggen, im Keltisehen ogedi.



gesiedelten Phönicier zurück und hält den Teutates als wahrscheinlich mit dem phönicischen Taaut, dem ägyptischen Thot-Hermes, für identisch. Zeus, die Deutschen, S. 5 und 54, hält den Poeninus, abstammend ?von penn, d. i. Spitz, Fels, Höhe, mit Teutates und Taran für denselben Gott. 1) Eckermann, a. a. O., III. 2. S. 256 ff., stellt den Teutates als Stiergott dem britischen Hu mit dem Stiere gleich, wogegen Leo, etymologische Vergleichung der deutschen Götternamen, in Haupt's Zeitschrift für deutsches Alterthum, II. S. 224 ff., eher an einen Donnergott zu denken scheint. Im Welschen bedeutet z. B. taran Donnerschlag, taranu wettern; im Gälischen torann oder torunn Donner; die Gallier hatten einen Gott Taranus oder Tarannucus, wobei Leo an den deutschen Thôrr erinnert. Auf keltischen Bildnissen des sogenannten Merkur oder Teutates erscheint derselbe nach der von Lucian gegebenen Beschreibung als ein Greis mit wenigen grauen Haaren und braungebrannter Haut, bekleidet mit einem Löwenfelle, in der Rechten die Keule und in der Linken den gespannten Bogen. 2) Die Aehnlichkeit zwischen dem griechischen Herakles und dem gallischen Merkur, dem höchsten Gotte der Gallier, ist zu gross, um nicht auf den Gedanken zu verfallen, dass die Gallier das Bild ihres Gottes, die bildliche Darstellung desselben von den Griechen in Massilia entlehnt und erhalten haben. Bildnisse des Herakles mit der Löwenhaut und mit und ohne die Keule finden sich aus der Römerzeit vielfach in der Schweiz und sogar auf der Spitze des grossen St. Bernhard (Mont-Joux) in Wallis an der über denselben führenden alten Römerstrasse. 3) Ebenso werden in Deutschland selbst häufig kleine Heraklesidole aus Bronce stehend und knieend mit der geschwungenen Keule ge-




    1) Vergl. auch Dieffenbach, Origines Europaeae, S. 396 unter Peninus.
    2) Richter bei Ersch und Gruber, Encykl., 1. Bd. XXVII. S. 393 b.
    3) Mittheilungen der züricherischen antiquarischen Gesellschaft, Bd. XIII, über die römischen Alpenstrassen (Zürich 1861), S. 10 und Taf. 11. Fig. 1 und 8.



funden, wovon Klemm, Handbuch der germanischen Alterthumskunde, Taf. XX und XXI, Abbildungen gegeben hat und die er S. 354 ff. näher beschreibt. Es sind rohe römisch-gallische Erzeugnisse oder Nachahmungen. Als die gallischen Kelten Bildnisse ihres Gottes zu erhalten wünschten, bedienten sie sich zu deren Anfertigung zuerst der geschickteren griechischen und später der römischen Künstler, welche diese Bilder weniger nach den eigentlichen keltischen als nach den ihnen geläufigen griechischen und römischen Vorstellungen anfertigten, sobald nur diese Vorstellungen mit den keltischen eine gewisse grössere oder geringere Aehnliehkeit oder Uebereinstimmung besassen. Aehnlich mögen sich die ältesten Griechen, die Pelasger, zur Erbauung ihrer ersten Tempel und zur Anfertigung ihrer ersten Götterbilder der ägyptischen Baumeister und Künstler, Erzgiesser und Bildhauer bedient und dadurch selbst ungesucht und wider Willen mit der ägyptischen Kunst auch die ägyptischen Religionsbegriffe und religiösen Vorstellungen verschafft haben, obwohl noch neuerlich Pott, Studien zur griechischen Mythologie, Seite 338 ff., sich mit der grössten Lebhaftigkeit gegen die ägyptischen Einflüsse in der griechischen Mythologie ausgesprochen hat, ungeachtet gerade die Erfahrungen bei den Kelten ihm entgegenstehen und ihn widerlegen. Um bezüglich der Kelten ein genaueres und umfassenderes Urtheil fällen zu können, sollte man wenigstens wissen, in welchen Gegenden Galliens sich jene Merkurbilder befunden haben, welchem Zeitalter und Kunststyle dieselben angehören u. s. w., was man nicht weiss. Nur im Allgemeinen kann und darf bemerkt werden, dass, da die gallischen Kelten den Griechen die Münzprägekunst und die Buchstaben entlehnt haben, sie jedenfalls auch die Sculptur bei ihnen erlernten, wenn nicht die Griechen unmittelbar. oder selbst die Götterbilder für sie angefertigt haben. Selbst phönicische Einflüsse sind dabei sehr wahrscheinlich, da die Kelten den Glasguss, die Glaskünste entweder unmittelbar oder durch Vermittlung der Griechen von den Phöniciern und Aegyptern empfangen haben, wie die Griechen selbst die Kunst, Gefässe aus Glas zu bereiten, erst in späterer Zeit aus dem Orient und vorzugs-





weise aus Aegypten empfangen zu haben scheinen, 1) - und viele Glasgegenstände, welche von den Kelten in der Schweiz und in Frankreich schon aufgefunden worden sind und leicht noch aufgefunden werden können, gewiss sogar von den Phöniciern und Aegyptern selbst angefertigt und auf dem Wege des Handels bei den Kelten in Gallien und Helvetien eingeführt worden sind. Als wenig gebildet, waren die Kelten überhaupt fremden Einflüssen sehr unterworfen, wie namentlich bei den Galaten in Kleinasien jüdische Einwirkungen nicht zu verkennen sind; dahin gehört ausser dem Verbote des Schweinefleisches das Trinken des verlobten Paares aus Einem Becher im Tempel und vielleicht die ganze druidische Seelenwanderungslehre, indem diese der pythagoreischen weit ferner steht als der pharisäisch christlichen. In Pessinus war der Gallier Brogitarus nach Cieero Kybelepriester und die "Galli" in Kybeles Dienste waren wohl wirkliche Gallier. 2) Die Schwärmereien und Träumereien über den hohen Grad der keltischen oder druidischen Bildung lassen ganz unberücksichtigt, wie viele der ausgegrabenen Gegenstände blosse fremde Handelswaaren oder sonstige fremde Erzeugnisse sind. Jedenfalls haben später die Römer für die Gallier Merkur- und andere Götterbilder verfertigen müssen; nach Plinius XXXIV, 14 verfertigte z. B. unter Nero für die Averner Zenodorus einen Merkur von kolossaler Grösse zu Clermont, welcher vier Millionen Sesterzien kostete und woran Zenodorus 10 Jahre gearbeitet haben soll. Der keltische Gott, welcher unter dem Namen des Merkur verborgen ist, könnte um so eher ein Jahres- oder Sonnengott, eine Art Herakles gewesen sein, als auch Belin, Belen, 3) Abelio, der sogenannte Apollo ein solcher war und namentlich der Name Belenos astronomisch die 365 Tage des Jahres bedeutet 4) nämlich:




    1) Guhl und Koner, S. 168.
    2) Diefenbach, Origines Europaeae, S. 182 ff.
    3) Vergl. über Belenus und oder herba Apollinaris besonders Diefenbach, Origines Europaeae, S. 258, Nr. 62.
    4) Richter, a. a. O., S. 494 b. Auch aus den Buchstaben des in den maurerischen Urkunden vorkommenden Wortes Abrak, wel-



Ueberhaupt ist der Belenus entweder ganz identisch mit dem sogenannten Teutates oder blos eine andere Gestalt desselben. Eckermann, a. a. O., III. 2. S. 162, erklärt den gallischen Beli als identisch mit dem britischen Gott Hu worüber er S. 157 - 189 zwar ausführlich, jedoch durchaus nicht befriedigend handelt, indem es bei ihm überall an einer geordneten historischen Entwickelung fehlt und er die verschiedensten Zeiten und Quellen bunt unter einander mengt. Hu ist nach Eckermann der den Winter und die Finsterniss, den Tod überwindende löwenstarke Licht- und Sonnengott Aeddon (Adonis), welcher stirbt und auf der Insel Mona begraben ist, aber wieder geboren wird. Hu ist daher als der Haupttodte, gleich Osiris, Dionysos-Zagreus, Persephone, Jama, Christus u. s. w., auch Todtenrichter und strenger Vergelter; Hu ist ebenso der gerechte Beschützer aller Gerechten, welcher sie alle erlöset hat von langen Beschwerden auf dem Weltmeer, nachdem er sie geprüft und ihre Reinheit erkannt hatte. Alljährlich wurde auf dem schwarzen ungastlichen Mona, dem Inselgrabe des Hu, der Oberdruide unter dem gött-




ches nach Bellennann und Grävell, Betrachtungen, S. 232, heisst: "der gebenedeite Name, oder anbetungswürdig ist das Wort" und das aus der Religion der Brahmanen stammt, späterhin aber durch den Gnostiker Bisilides und seine Schüler mit einer Sylbenversetzung in Abrasax umgestaltet wurde, wurde kabbalistisch die Zahl der Jahrestage oder 365 zusammengezählt. Vergl. über Abrak noch Lenning's Encyklopädie s. h. v.; Gädike, Freimaurerlexikon s. h. v.; Krause, a. a. O., I. 1. S. 27 und S. 75 - 77, und II. 2. S. 484. Das Wort Abrak, Abraxas ist gleich dem Worte Om der mystische Name des höchsten Gottes, von dem der erstgeborene Geist als Vater des ewigen Logos gezeugt ist, und wurde besonders in dem dritten christlichen Jahrhundert auf Talismanen oder Amuleten getragen. Auf solchen Gemmen oder Steinen bedeutet nach griechischer Schreibart
ABRAXAZ
121001601200
Vergl. auch Mauch, über den Gebrauch arabischer Ziffern und die Veränderungen derselben, im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit für 1861, Nr. 2 ff.



lichen Namen des Aeddon bildlich oder symbolisch im Cromlech begraben und der Mard-nadd Aeddon o vôn ist das Weihelied bei diesem religiösen Drama. So viel aus der unklaren Darstellung von Eckermann zu entnehmen ist, wurde Aeddon, der sterbende Sonnen- und Naturgott in das Grab der neun Jungfrauen versenkt, um sich daraus (nach dreimonatlicher Grabesruhe) zu neuem Leben zu erheben (S. 175). Hu und sein Mysteriendienst 1) scheint somit in jeder Hinsicht mit Hiram und dessen Todesfeier zusammenzutreffen, weshalb weitere und genauere Aufschlüsse ausserordentlich willkommen sein müssten. Was die Akazie im Dienste Hiram's ist, scheint die Birke des Hu zu sein; mit der Birke erheben sich Hu und der ihn symbolisirende Druide, Gott und der Mensch gleich unsterblich wieder aus dem Grabe empor. Auch die druidische Initation war die Beerdigung des alten Menschen und die Wiedererweekung eines neuen und reinern, eines gereinigten. Nach Eckermann, S. 252 soll Belen, breton. melen, blond heissen und Belenus-Hesus, Heu, Heus, Esus, Hu sein. 2) Er wurde mit Strahlen rings um das Haupt, oder auch als Jüngling mit gelockten Haaren abgebildet. Auf dem Denkmal zu Paris in der Notre-Dame hauet Esus Aeste von einem Baume mit drei Aesten; die Pariser Schifferzunft hat das Denkmal unter Tiberius gesetzt. Ein Manuscript von Nantes spricht von einem Standbilde des Gottes mit drei Gesichtern und der Inschrift: , d. i. Anfang, Mitte und Ende, - Entstehen, Bestehen und Vergehen.




    1) Vergl. auch Ebert, Jahrbuch für romanische und englische Literatur, Berlin 1860, in dessen erstem Hefte sich eine Abhandlung von Ebert befindet: "Die englischen Mysterien, mit besonderer Berücksichtigung der Townelei."
    2) Belen, Apollo wird auch von dem semitischen Baal, Belus abgeleitet und Belen dem Atpili und Coios gleichgestellt, welcher auf den griechisch-keltischen Orgetorixmünzen vorkommt. Vergl. Anzeiger für schweizerische Geschichte für 1859, S. 11 ff. und Seite 27 ff. In der französischen Thierfabel ist Belinus, Belin der Name des Widders von beler, lat. balare, ital. belare blöcken, wie er noch heute belier heisst, in französischen Dialekten das Lamm belin. Vergl, Grimm, Reinhart Fuchs, S. CCXXXIV.



Auch müssen hier die zwei räthselhaften, 4 Fuss hohen alten Juliersäulen auf der höchsten Spitze des Julierpasses berührt werden, welche noch neuerlich Brügger von Curwald in Nr. 3 des Anzeigers für schweizerische Geschichte und Alterthümer vom J. 1860, S. 129 ff., besprochen und zu erklären versucht hat. Salis-Sewis glaubte, weil die Chronisten des 16. und 17. Jahrhunderts von drei getrennten gleich langen Säulenstücken berichten, welche damals sämmtlich oder bis auf eines am Boden lagen, - in Uebereinstimmung mit Tschudi und Campell (einem Engadiner des 16. Jahrh.), diese drei Säulen, wovon eine erst nach dem Jahr 1617 abhanden gekommen, seien die Bruchstücke einer einzigen, ursprünglich aufrecht gestandenen, später dann (erst nach 1407) umgestürzten Säule, welche somit eine Höhe von 12 Fuss gehabt hätte und wobei die Zwölfzahl als die symbolische Zahl des 12monatlichen Jahres betrachtet werden müsste. Indessen möchte diese Vermuthung deshalb unbegründet sein, weil es doch höchst unwahrscheinlich ist, dass eine umgestürzte Säule gerade in drei gleich lange und wohl auch gleich abgespitzte Stücke zerbrochen sei. Brügger stellt daher eine andere Ansicht auf, zumal da die ältesten Berichte von einem vorhanden gewesenen "Marmelstein" reden, die zwei jetzigen Juliersäulen nach den Minerallogen A. Escher und B. Studer aber eine Art Lavezstein, eine schwarze serpentin-ähnliche Grundmasse mit grünlichem Talk übermengt seien, welche vielleicht aus Chiavenna oder aus dem Feetthale stammen. Hieraus folgert Brügger, dass der eigentliche "Marmelstein" auf dem Julier, von dem die ältesten Berichte reden, längst verloren gegangen und wohl eine grosse Marmor- oder Kalksteinplatte (ein Gestein, das sich in der Nähe findet) gewesen sei, welche horizontal über die drei oder vier aufrechtstehenden, als Stützen dienenden Säulen gelegt war und so eine Art Opferaltar bildete; diese Deckplatte müsse entweder durch Verwitterung oder durch Menschenhände zwischen 1407 und 1538 zerstört oder entfernt worden sein und die Chronisten des 16. Jahrhunderts, welche die alten Urkunden gekannt, haben voreilig die noch vorhandenen drei Säulen für die Bruchstücke einer einzigen, des "Marmels" von 1396 gehalten. - Die





Juliersäulen sind nun gewiss ein uraltes heidnisches oder druidisches Steindenkmal und zwar waren es entweder drei frei stehende und Nichts tragende Säulen, wie auch das Schlachtfeld von Grandson noch heute drei und längst vor der Schlacht vorhanden gewesene druidische Felsen zieren, oder es waren, was wahrscheinlicher ist, zwei, die dritte tragende Säulen zum Symbole des die Welt tragenden Gottes, des doppelgestaltigen Tragebalkens der Welt. Auf den Marmelstein ist kein grosses Gewicht zu legen, indem im Jahr 1396 ein der Mineralogie nicht Kundiger auch den schwarzen Serpentin für schwarzen Marmor ansehen und nur von einem Steine reden konnte, wenn es drei mit einander zu einem Werke verbundene Steine waren. Den Marmorstein, welchen Brügger im Auge hat, hat kaum Jemand von der Spitze des Julier fortgebracht und ebenso ist es nicht glaublich, dass man nur die Stütze für einen solchen Stein aus weiter Ferne herbeigeholt habe. An die zwei Säulen des Juliers, der rätischen Kelten (nach Zeus die Deutschen und ihre Nachbarstämme, S. 238 ff., waren die Rätier wie die Vindelicier zum grössten Theile Kelten) würde es sich genau anschliessen, dass die Kelten dem Belisenus am 1. Mai, der von ihm la Bealtaine hiess, zwei Feuer einander gegenüber anzündeten, so dass man sprichwörtlich sagte: zwischen zwei Belsfeuern sitzen, anstatt in grosser Gefahr sein, welches Bild sich merkwürdiger Weise auch bei Ezechiel 15, 7 findet:

wenn sie dein einen Feuer entgehen, soll das andere sie verzehren.

wie auch die griechische Skylla und Charybdis dahin gehören. Auch in der Mitte des Sommers zur Zeit der Sonnenwende und am Ende des October wurden dem Belisenus zu Ehren Feuer angezündet. 1) H. Meyer, die römischen Alpenstrassen (Zürich 1861), S. 17 ff., neigt sich zu der Ansicht, dass es eine dem Jul oder der Sonne geheiligte Säule gewesen sei, woher auch derBerg selbst, gleich dem Monat Juli, 2) den Namen trage, welche Ansicht die vorhandenen geschichtlichen Nach-




    1) Richter, a. a. O., S. 4.
    2) Grimm, Geschichte der deutschen Sprache, S. 107.



richten von einem Steine oder einer Säule für sich zu haben scheint. Auch hält es Meyer nicht für unwahrscheinlich, dass der Berg Julier die Columna Solis sei, von welcher Avienus in seinem geographischen Gedichte über die Küste Spaniens rede. Sonnensäulen erwähnt übrigens Ezechiel 6, 6 auch bei den Juden.

Endlich erwähnen wir hier noch die dreizehn Gemeinden, i tredici Communi, welche zur Zeit der Republik Venedig das sogenannte Vicariato de' Monti des Gebietes von Verona gebildet haben und die Graf Henkel von Donnersmark, bei Ersch und Gruber, Encyklopädie, I. Bd. XXVII. S. 395 ff., für mösogothisch-germanische oder teutsche, - andere für rhätische, cimbrische oder tiguriner'sche Ueberreste halten. Ebenso darf hierher gezogen werden die Sage von den 12 Rheinfeldner Rathsherrn, welche Rochholz in seinen Schweizersagen aus dem Aargau unter Nro. 513 mittheilt. Zur Zeit der verheerenden Pest, welche der schwarze Tod genannt wurde, um die Mitte des 14. Jahrhunderts starben zu Rheinfelden alle Leute bis auf 12 alte Männer, denen ein Vögelein vom Himmel herab Heilkräuter verkündete und welche sodann eine noch bestehende Todtenbruderschaft zur Pflege der Kranken und zur Beerdigung der Todten bildeten. Das Andenken der Erscheinung jenes Vögeleins wird noch durch 12 Rathsherren und namentlich auch durch einen von ihnen um die Mitternachtsstunde der Weihnachtsnacht mit Laternen zu haltenden Umzug gefeiert. In einer andern Sage (Rochholz Nr. 310 a) führen die Geister von 12 Weinverfälschern mit 12 brennenden Kerzen einen Handwerksburschen, der ihnen zuvor 12 Gläser Wein zu trinken gegeben hatte, tief in einen Keller hinab und zeigen ihm hier in drei über einander gestellten Druhen das Geld, welches sie 12 Menschenalter hindurch durch betrügliche Weinverfähchung erworben hatten. Einem Aussätzigen wird von dem bösen Geiste eingegeben, dass er sich reinigen und von seinem Uebel befreien könne, wenn er sich in dem Blute von 7 oder 12 tugendhaften Jungfrauen bade. 1) Nach der ältesten Offnung der Stadt Luzern, nach




    1) Rochholz, a. a. O, Nr. 14 und 15.



Kopp aus dem Jahr 1291 oder 92, soll die Stange des Abtes sein "zwelf tumelen (Daumenellen) lang." 1) Die Zahl der Räthe der Stadt Luzern scheint ursprünglich schon je 18 neue und alte gewesen zu sein. 2) Im Jahr 1845 wurde zu Bern beim Abgraben einer Gasse ein merkwürdiges Götterbildchen von gebrannter röthlich gelber Erde aus römisch-keltischer Zeit aufgefunden, welches Jahn, der Kanton Bern, S. 174, für ein Symbol des Belenus und des durch ihn in 12 Theile geetheilten Jahres hält. Es stellt einen roh gebildeten jugendlichen Kopf mit flacher Stirne, breitem Gesicht und weit geöffneten Augen dar; statt der Haare sind zu beiden Seiten des Gesichts je sechs runde Knäufe angebracht. Das Bildchen könnte jedoch auch ein Erzeugniss der Bildnerei des Mittelalters sein. Unzweifelhaft keltisch und zugleich astronomisch ist ein anderes in der Enge zu Bern aufgefundenes Thongebilde aus feiner gelblicher Erde, welches, in Grösse und Form einem kleinen Geldstücke ähnlich und auf der einen Seite flach, auf der andern in der Peripherie einen Kreis von 12 Reliefbuckeln, innerhalb desselben einen zweiten von 7 und in der Mitte Einen solchen Reliefbuckel aufweist. 3) Verwandt hiermit ist, dass die serbische Vile, eine Art Artemis, die aus der Luft ihre tödtlich verwundenden Pfeile (die Blitze) auf die Menschen schiesst, auf einem 7jährigen Hirch reitet, der mit Schlangen (des Blitzes) gezäumt ist. 4) Die Kunst des Münzprägens, oder wenigstens die Münzbilder hatten die Kelten, gleich den Phöniciern. auf Sicilien, 5) von den Griechen angenommen, wie auch die lnder.

V. Gemäss der Lehre der ägyptischen Priester, welche nach Herodot II. 4 zuerst 12 Götter verehrten, worunter Herakles gewesen, und diese 12 Götter sodann auf die Griechen übertrugen, - regierten die Welt zuerst die




    1) Segesser, Rechtsgeschichte der Stadt und Republik Luzern, (Luzern 1851). S 81, Anm. 1.
    2) Segesser, a. a. O., I. S. 95.
    3) Jahn, a. a. O., S. 215.
    4) Grimm, Mythol., S. 407.
    5) Beulé, Fouilles de Carthage, S. 57 und S. 104 und 109; H. Meyer, die römischen Alpenstrassen (Zürich 1861), S. 10 unten.



Götter und Halbgötter 12 Sothisperioden oder 17,520 Jahre hindurch, also ein grosses Götterjahr mit 12 Monaten von je 1460 julianischen Jahren. 1) Man sollte erwarten, dass die 12 Zodiakalgötter oder die 12 ägyptischen Götter zweiter Ordnung in 12 gleichen Zeiträumen herrschen würden allein die ägyptischen Priester liessen die 7 grossen Götter Ptah, Ra, Mu, Seb, Osiris, Typhon und Horus zuerst regieren und dann folgten diesen die 12 Götter der zweiten Ordnung, Thot, Chunsu, Anubis u. s. w. und zwar in absteigender Länge der Regierung, so dass Ptah 9000 Jahre und der letzte Gott nur 70 Jahre regierte; diesen 19 oder 7 und 12 Göttern erster und zweiter Ordnung liessen hierauf die Priester 30 Halbgötter in der Regierung folgen, deren jedem das Zwölftel einer Sothisperiode zugemessen wurde. Welches astronoinische Prinzip hier zu Grunde liege, ist schwer auch nur zu vermuthen, geschweige denn zu errathen; dass aber ein astronomisches Prinzip zu Grunde gelegen habe, dürfte aus der Anwendung der Sothisperiode und aus dem ganzen astronomischen Wissen und Verfahren der ägyptischen Priester geschlossen werden. Auch wird es nicht entgehen, dass in der ägyptischen mythischen Grötterregierung und in den keltischen Steinkreisen sich gleichmässig die Zahlen 7, 12, 19 und 30 finden. Da das ägyptische bürgerliche Jahr nur aus 365 Tagen ohne Schalttage und Schaltmonate bestand, also um 6 Stunden zu kurz war und schon nach 4 Jahren um einen ganzen Tag hinter der wirklichen oder astronomischen Zeit zurückblieb, gebrauchten die ägyptischen Priester die Sothisperiode (annus canicularis, annus solaris, annus magnus, annus Dei, - und ) von 1460 julianischen Jahren dazu, um also das ganze fehlende Jahr einzuschalten oder ein bürgerliches Jahr ungezählt zu lassen, so dass nach 1461 beweglichen Jahren dieses wieder am 20. Juli genau mit dem Jahresanfange des astronomischen Jahres oder mit dem Frühaufgange des Sirius oder der Sothis zu Heliopolis, wornach der ganze ägyptische Kalender eingerichtet war, zusammentraf. Der Früh-




    1) Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 85.



aufgang des Sirius zu Heliopolis, die Beobachtungen und Bestimmungen der priesterlicben Astronomen zu Heliopolis waren also in demselben Masse für ganz Aegypten massgebend, wie jetzt für uns der Meridian von Ferro oder von Greenwich. Innerhalb der astronomischen Sothisperiode durchwanderten die Jahresfeste der Aegypter, welche an bestimmte Monatstage geknüpft waren, allmählich alle Zeiten des Jahres, was für das Verständniss der gefeierten welche doch meistens auf den Sonnenlauf sich bezogen, sehr verwirrend war. 1) Bunsen hat aus astronomischen Gründen darzulegen versucht, dass der Hundssternnkreis nicht später als 2300 und nicht früher als 3300 vor Chr. errichtet sein könne. Die Bezeichnung und Benennung des Jahres bei den ägyptischen Priestern durch das Viertel eines Morgen Landes (vergl. I. S. 192) bringt Bunsen, a. a. O., S. 60, mit dem in jedem bürgerlichen Jahre fehlenden Viertelstage in Verbindung, so dass zu dem grossen Gottesjahre von 365 Tagen 1460 Viertelstage erforderlich sind, welche eben das Gottesjahr oder die Sothisperiode bilden. Das Symbol dieses Gottesjahres könnte nach der Vermuthung von Lepsius sein der Palmzweig, - die in jedem Monat neu treibende Palme, als Symbol des Jahres, gepflanzt in einem Vierecke als Symbol eines aus 4 Viertelstagen zusammengesetzten und in 4 Jahren fehlenden ganzen Tages. 2)

Die ägyptische, der chinesischen ähnliche 3) Lehre von der uranfänglichen Herrschaft der Götter und Halbgötter auf Erden, worauf erst die menschlichen, sterblichen und gebrechlichen Regierungen folgen, ist nichts Anderes als der fast allen Völkern der Erde und besonders den indo-germanischen gemeinsame Traum von dem goldenen und glücklichen Zeitalter, welches ohne Mühen und Leiden und ohne schmerzhaften Tod, ohne Böses und ohne Unrecht einst im Uraufange der Menschheit bestanden haben soll, und die alte schwere Klage über die Unvollkommenheit




    1) Junker, Untersuchungen über die Sothisperioden, S. 2 und 3; Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, IV. S. 41 ff.
    2) Bunsen, a. a. O, IV. S. 61, Anm. 20.
    3) Gfrörer, Urgeschichte des menschlichen Geschlechts, I. S. 231.



und Verderbtheit der jetzigen Welt. Da jenes schöne Zeitalter verschwunden und dahingegangen ist, wurde es mit seinen göttlichen Vorzügen und mit seinem göttlichen und unsterblichen Leben zum Lande der Seligen, zum elysischen Gefilde, zum Lande der Phäaken, 1) zum Paradiese gemacht, welches wir verloren haben und nach dem Tode wieder zu erreichen wünschen und hoffen. Fichite, Bestimmung des Gelehrten (1794), S. 117, bemerkte in dieser Hinsicht sehr treffend, es sei eine in der Vorwelt häufig vorkommende Erscheinung, dass Das, was wir werden sollen, geschildert werde als Etwas, was wir schon gewesen, und Das, was wir zu erreichen hoffen, vorgestellt als etwas Verlorenes. Die Idee von 4 Weltzeitaltern, von den 4 Weltjahreszeiten, welche nicht blos bei den Indern und Persern, bei den Griechen (denn die beiden ersten Geschlechter des Hesiod sind nur die erste Regierungszeit der guten und der bösen Götter, des Ormuzd und des Ahriman), sondern sogar bei den Mexikanern sich finden, 2) stammt aus dem Ursitze der Menschheit, wo es wegen des dort herrschenden gemässigten Klimas 4 Jahreszeiten gab. Ebenso ist der Todtenstrom, der Luft- und Wolkenstrom, über welchen nach der Vorstellung der Aeggypter und der lndogermanen die Todten hinüberschiffen oder auf einer Brücke hinübergehen, aus der Zeit der Urmenschheit, welche Gott und den Himmel in den Wolken und in den Sternen suchte, während das Land und die Insel der Seligen erst später bei der Trübung und Abschwächung des




    1) Vergl. darüber Furtwängler, die ldee desTodes, S. 180 ff.; Crusius, Wörterbuch über die Gedichte des Homeros. Hannover 1839, unter .
    2) Welker, griech Götterlehre, I. S. 721 und 22; Humboldt, Ansichten der Natur, I. S. 212. Humboldt hält deshalb einen alten Verkehr zwischen den Westamerikanern und den Ostasiaten für mehr als wahrscheinlich. Nach Humboldt (l. S. 215) kennen wir die amerikanischen Sprachen noch zu wenig, als dass man bei ihrer grossen Mannigfaltigkeit die Hoffnung ganz aufgeben könnte, einst ein Ideom zu entdecken, das mit gewissen Modificationen im Inneren von Südamerika und in Inner-Asien zugleich gesprochen würde, oder wenigstens eine alte Verwandtschaft ahnen liesse; eine solche Entdeckung wäre gewiss eine der glänzendsten, die man in der Geschichte des menschlichen Geschlechts erwarten dürfte.



ursprünglichen Bergglaubens an den Gestaden des Meeres in die Gegend der untergehenden Sonne jenseits des Meeres, des Okeanos verlegt wurde. Von einer Insel der Seligen kann die auf den Hochbergen und Hochflächen des innern Asiens wohnende Menschheit schon darum nichts gewusst und geglaubt haben, weil sie weder Meere noch Inseln kannte. Man dürfte den geschichtlichen Grundsatz aussprechen, dass der Gottesglaube der Urmenschheit und der Urvölker in demselben Verhältniss an Erhabenheit verloren und sich von den Sternen, von dem einzigen Gotte und von dem Himmel entfernt habe, in welchem sie von den Bergeshöhen in die Flussebenen und an die Meeresufer herabstiegen; in den Ebenen der Flüsse, am Euphrat und Tigris, Indus und Ganges, an den beiden grossen chinesischen Strömen, Hoangho und Jantsekiang, am Nil, am Rheine u. s. f., - an den Küsten des chinesischen, indischen, mittelländischen, atlandischen, nordischen Meeres u. s. w. wurde die Menschheit eine andere, - gebildeter, aber auch polytheistischer, sinnlicher und irdischer. Früher als die Griechen wohnten die Babylonier und Assyrier, die Aegypter und Phönicier in der Ebene, an den Fluss- und Meeresufern und deshalb musste ihr Glaube und ihre Sitte auf die später angekommenen griechischen Bewohner der Küsten und Inseln des mittelländischen Meeres ein- und zurückwirken; die Griechen Übernahmen von den Phöniciern die theilweise Herrschaft über das mittelländische Meer, aber auch die Heeresgötter, den Poseidon-Glaukos, 1) Melikertes u. s. w. Die Meeresgötter, besonders Poseidon, die Schifffahrt, mussten aber begreiflich später der Wissenschaft und dem Geiste, der Athene und Apollo sich unterordnen. Nicht das Pferd oder das Schiff des Poseidon und nicht der Stier und die Rebe des Dionysos, vielmehr der Oelbaum und das Gewebe der Athene, der Gesang und die Musen Apollo's haben Athen und Griechenland den olympischen Siegeskranz gewunden.




    1) Vergl. Gädechens, Glaukos der Meeresgott , S. 1 ff. Mit Gädechens stimmt vorzüglich Gerhard: Ueber Ursprung, Wesen und Geltung des Poseidon, in den Abhandlungen der Berliner kgl. Gesellschaft der Wissenschaft, 1856, S. 158 - 198, überein.



Wenn man daher babylonisch-assyrische und ägyptisch- phönicische Einwirkungen behauptet und zugibt, wird dadurch das wahre Griechenthum nicht nur nicht geschmälert, sondern gehoben und vergrössert. Das Räthsel der Sphinx hatten die Aegypter gestellt, die Griechen gelöset; dem phönicischen Moloch brannten die fürchterlichen Menschenopfer, dem griechischen Apollo und Zeus und der Athene ertönten neben den ihnen errichteten herrlichen Tempeln und Bildsäulen die unsterblichen Gesänge eines Aeschylos, Sophokles, Euripides u. s. w.; die Phönicier gruben und holten das Gold und Silber in und aus dem fernen Spanien, die Griechen in dem eigenen Lande und Geiste.

Die zwölf Fürsten der Phäaken (wie auch 12 Titanen nach Hesiod sind 1) unter dem Alkinoos als ihrem Oberhaupte auf der mythischen Insel Scheria 2) deuten sofort darauf hin, dass auch der Mythus von den Phäaken, wie der Mythus des Osiris, Dionysos, Herakles, Hiram u. s. w., wieder nur an das Bild des Jahreslaufes anlehne und unter diesem Bilde den Menschen in ein neues Jahr, in das schönere und glücklichere Todtenreich verheissend hinübergeleite. Welker hält die Phäaken für die Fährmänner der Todten, welche Fährmänner wohl besonders nach ägyptischen (Welker glaubt, nach nordischen 3)) Sagen die seefahrenden Phönicier den seefahrenden Griechen gebracht haben. Die Phäaken selbst sind schon durch das 12monatliche Lebensjahr in das Land der Glückseligen hinübergesteuert und bringen nun unter ihren 12 Fürsten auf ihren Schiffen, den eilenden Wolken, auch alle Abgeschiedenen dahin, sie sind die gefahrlosen Geleiter und Heimführer von Allen, . 4) Der in den Mythus der Phäaken so bedeutsam verflochtene Odysseus, welcher endlich in der Nacht schlafend nach seiner so lange vergeblich gesuchten Heimathinsel Ithaka




    1) Rinck, Religion der Hellenen, I. S. 41 und II. S. 530.
    2) Homer, Odyss. VIII. 390 ff.; Preller, griech. Mythologie, I. S. 392 ff.
    3) Dagegen spricht sich Preller, a. a. O., I. S. 393 aus.
    4) Vergl. auch Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 19 Anm. 1 vergl. mit S. 15.



von ihnen zurückgebracht wird, ist wieder nur eine andere Darstellung des so viel gebrauchten Grundbildes. Was aber für die Maurer von dem grössten Interesse ist, das geisterhafte Schiff ohne Steuer und Steuerruder, ist schon bei Homer Od. VIII., 558 das Todtenschiff der Phäaken, welches ohne Steuer und Steuerruder die Menschen eben so schnell als sicher nach dem von ihnen ersehnten Lande trägt. Dieses steuer- und ruderlose Todtenschiff, dessen Stärke nach der Lehre der Maurer nur seine stille Hoffnung ist (in silentio et spe fortitudo mea), ist die Seele des Verstorbenen selbst, deren feste Hoffnung im Tode erfüllt wird und die aus den Wolken und den Nebeln des Erdendunkels zu dem Himmelslichte emporsteigt. Auch das Todten- und Geisterross, 1) so wie der griechische Delphin als Todtenträger und selbst der deutsche Schwan mit dem von ihm gezogenen Schwanenritter (dem griechischen Apollo) gehören hierher und sind nur eine andere Gestaltung des auch in den germanischen Sagen des Mittelalters noch so häufig erscheinenden Todten- und Geisterschiffes; 2) die Todten reiten und fahren gar schnell. In Bürgers Leonore heisst es daher:

"Und immer weiter, hop, hop, hop!
Ging's fort im sausenden Galopp,
Dass Ross und Reiter schnoben,
Und Kies und Funken stoben."

und:

"Der Mond scheint hell!
Hurrah, die Todten reiten schnell!"

Homer, Od. VIII. 557 ff., sagt:

Nicht der Fäaker Schiffe ja sind der Piloten bedürftig,
Noch der Steuer einmal, wie sie andern Schiffen gebaut sind,
Nein sie wissen von selbst den Sinn und Gedanken der Männer,
Wissen nah und ferne die Städt' und fruchtbaren Aecker
Jeglichen Volks und Fluten des Meers durchlaufen sie schleunig,
Eingehüllt in Nebel und Nacht; auch fürchtet man niemals,
Dass, sie das Meer entweder beschädige, oder vertilge.




    1) Vergl. Menzel, Odin, S. 217 ff.
    2) Menzel, a. a. O., S. 176 ff.; Hocker, Stammsagen, S. 52.



Preller fasst die Phäaken blos als eine Personification der günstigen Meereswinde, welche leicht und sicher in die Heimath geleiten, und allerdings ist Aeolus, des Hippotes Sohn, welcher nach Homer, Od. X. 1 ff., mit 12 Kindern, sechs lieblichen Töchtern und sechs aufblühenden Söhnen, auf der äolischen Insel im Westen wohnt und den Odysseus mit günstigem Westwinde entsendet, scheinbar nur der auch die Winde erregende Meeresgott Poseidon; allein auch Aeolus steht in Beziehung zum Todtenreiche und deshalb wieder zum Odysseus. 1) Ein schneeweisses Todtenschiff, das ohne Mast und Segel schnell und still daherfährt, erscheint noch bei Asmus, Lübeck's Volkssagen Nro. 114. 2) Weil die Phäaken die Genossen der Götter sind, erscheinen diese auch bei ihren Mahlen nach Homer, Od. VII. 200 - 203:

Stets ja von Alters her erscheinen Unsterbliche sichtbar
Uns, wann wir sie ehren mit heiligen Festhekatomben,
Sitzen an unserm Mahl, und essen mit uns, wie wir Andere.

Da das Schiff ohne Steuer und Ruder für die Maurer so bedeutungs- und beziehungsvoll ist, theilen wir hier noch einige darauf bezügliche deutsche Sagen mit, welche zugleich durch ihre höchst auffallende Uebereinstimmung mit der griechischen Phäaken- und Odysseussage zu der Vermuthung leiten, dass die Germanen und die Griechen diese Sagen aus dem asiatischen Stammsitze mit nach Europa gebracht haben. Nach der Sage der Angeln, die vom sächsischen Stamme waren, trieb einmal in alten Zeiten, als noch wenige Menschen im Lande lebten, ein Schiff ohne Steuer und Ruder die Schlei herauf, darin lag ein eben geborner Knabe, nackt und schlafend, mit dem Kopfe auf einer Garbe und um ihn her Waffen aller Art und viel edles Geschmeide. Niemand kannte ihn und wusste, woher er gekommen sei (das Mädchen aus der Fremde von Schiller); aber man nahm ihn wie ein Wunder auf, pflegte und erzog ihn, bis er erwachsen war, und weil man glaubte, dass ein Gott ihn gesendet habe, und




    1) Furtwaengler, a. a. O., S. 79.
    2) Menzel, a. a. O., S. 182.



die Herrlichkeit des Jünglings sah, wählte man ihn zum ersten Könige über die Angeln und nannte ihn Skeaf oder Schoof, weil man ihn schlafend auf einem Schoof, einem Bündel Stroh gefunden hatte. Skeaf aber wohnte an dem Orte, der von Alters her Schleswig heisst, und herrschte lange ruhmvoll über sein Volk. Sein Sohn hiess Skild, d. i. Schild. Aber lange blieb er ohne Nachkommen, bis ihm im hohen Alter ein Sohn Beowulf oder Beaw geboren ward. Dessen Ruhm verbreitete sich schnell in den Skedelanden zwischen den beiden Meeren. 1) Alle einzelnen mythischen Bezüge dieser Sage sind nicht ganz klar, aber immerhin ist der schlafende Knabe der von den Phäaken, von den Hyperboreern, aus der Unterwelt durch die lichten Wolken, den weissen Schwan, zurückgebrachte Frühlingsgott, der griechische Apollo und Odysseus, der germanische Schwanenritter, 2) die erlösete weisse Frau, die zurückkehrendePersephone oder Aphrodite. Schlafend kehrt er wieder, weil er aus dem Todesschlafe erwacht und aus dem Todtenlande kommt, aus dem Grabe gleich Hiram blühend wieder aufersteht; 3) der weisse Schwan des Apollo und des Schwanenritters, das weisse Kleid und der weisse Schleier der weissen Frau, das weisse Sargtuch des Hiram sind alle nur das abgeworfene oder abzuwerfende weisse Kleid des Winters, in dem am weissen Sonntage, am angebrochenen Frühlingstage deshalb auch die christlichen Neophyten zum letzten Mal erscheinen sollen. 4) Bald herrscht der junge Frühlings- und Gewittergott, er wird herangewachsen der Herrscher und König und sein Sohn und Schild ist der Gewitterschild, die starke Gewitterwolke, wie der Schild (und Helm) der Athene, des Zeus und Apollo, - das furchtbare Gorgonen- oder Medusenhaupt, - das Götterpferd Pegasus und Sleipnir und der indische Götterelephant Airavâta, 5) - die Götterstiere, die Gewitterbullen und Götter- oder Sonnenlöwen. Beim




    1) Hocker, Stammsagen, S. 52.
    2) Ueber die Sage vom Schwanenritter vergl. besonders Hocker, die Stammsalgen, S. 39 ff.
    3) Hocker, a. a. O., S. 53.
    4) Bd. I. S. 52.
    5) Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 251.



nahenden Winter kehrt der Frühlingsgott in die Unterwelt, in das Land der Hyperboreer, in das nordische Eisland zurück, und Hocker, a. a. O., erzählt daher die Sage also weiter nach Müllenhof, Sagen aus Schleswig Nro. 1: "Als dem alten Könige nun das Schicksal nahte und er dahin ging, brachte sein Gesinde die theure Leiche zum Ufer, wie er selbst befohlen hatte, da er noch lebte. Zur Ausfahrt stand sein Schiff bereit, glänzend wie Eis: da hinein legten sie trauernd den Fürsten, mit dem Haupte zum Maste. Kein Schiff war je prächtiger ausgerüstet, eine Menge von Schätzen und Kleinodien, Waffen und Kriegsgewändern lagen umher, wie einst in dem Schiffe, das den Skeaf zum Lande getragen hatte (im Frühjahre kommt und im Herbste kehrt der Gott mit der Blitzes- und mit den Gewitterwaffen zurück). Hoch an dem Mast band man ein goldenes Banner als königliches Zeichen (wohl den Blitz) und überliess es dann steuerlos dem Spiel der (Wolken-) Fluthen." - Das steuerlose, nicht bewegte Schiff ist die Sonne unmittelbar nach der Sommersonnenwende, indem alsdann die Sonne eine Zeit lang stille zu stehen scheint, und auf diese Weise wird der verstorbene König von Schleswig zum Licht- und Sonnengotte Baldur, der ja auch nur die dem versengenden Sonnenbrande, der Riesin Hyrrokin, in der Sommersonnenwende unterliegende Sonnen- und Naturkraft, das Blüthenleben der Erde ist; auch sein Scheiterhaufen, das Gewitter gleich dem Scheiterhaufen des Herakles, 1) auf dem sich zugleich die vor Schmerz vergehende Gattin Nanna, die Blüthe, mit dem Leichname des Gatten verbrennen lässt, wird auf dem Schiffe Hringhorn entzündet und es fährt dieses flammend in Sonnenglut dahin, aber es trägt nur noch die Leiche seines Gottes. 2) Eine schwedische Sage lässt Odhin die Seelen der in der Brâvallaschlacht gefallenen Krieger auf goldenem Schiffe nach Vallhöll fahren und es war im Norden ein häufiger Gebrauch, die Leichen in einem Schiffe dem Meere zu überlassen. 3) Nach dem




    1) Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 258.
    2) Simrock, deutsche Mythol., S. 95.
    3) Mannhardt, germanische Mythen, S. 357; Schwartz, a. a. O., S. 273; Hocker, Stammsagen, S. 53.



Engelland fahren oder schiffen heisst in das Todtenreich, in das Land der Engel hinübergehen. Auch fahren der indische Indra und Varuna, wie der deutsche Thôrr 1) und wie die ägyptischen Götter 2) auf Schiffen durch das Himmelsmeer dahin. Ebenso ist die siebenköpfige Schlange und das Lotusblatt, auf welchem Vischnu im Meere ruht, 3) dem Schiffe zu vergleichen. In einem goldenen Kahn fährt ferner Herakles nach den Rindern, in einem goldenen Kahn kommt er mit ihnen zurück; der goldene Kahn des Herakles erscheint aber als ein goldener Becher oder eine goldene Schaale. 4) Nach Hocker, Stammsagen, S. 55, symbolisirt der in den deutschen Sagen vom Schwanenritter so oft erscheinende Becher die nährende Kraft der Wolken, d. h. er bezeichnet den Gott als Bringer der Gewitter und Regen, als Jupiter pluvius; zugleich will Hocker den Schwanenritter, den Seelandskönig Skiöld oderSkeaf dem Freir und die weisse Frau sowohl, als auch die Beatrix von Cleve der Freia gleichstellen, zumal der Freia der Schwan heilig gewesen sei, den sie von ihrem Vater Niördhr überkommen hatte. Schiff und Becher nimmt Hocker für ganz gleichbedeutend. Das Schiff, griech. Skaphos, aus dem die Römer Scapha machten, gothisch Sceff (Skeaf hiess der Knabe, der auf einem Schiffe im Lande der Angeln landete), lässt sich als Göttersitz durch vielfache Stellen der Alten nachweisen. Dieses Wort berührt sich mit dem persischen Konac (pocalum) und mit unserer Kanne, während die flachen Nachen, Schalden genannt, an unsere Trinkgeschirre oder Schalen erinnern. Im griechischen Mythos durchschifft Holios auf goldenem Becher Nachts den Okeanos. 5) Die Schalen auf Samothrace waren nach Uschold keine Weihgeschenke der Seefahrer, sondern Symbole des Sonnenbechers, auf welchem der Sonnengott,




    1) Mannhardt, a. a. O., S. 147 und 234.
    2) Sehe z. B. die Abbildungen des ägyptischen Thierkreises bei Rhode, Versuch über das Alter des Thierkreises und den Ursprung der Sternbilder, Breslau 1809.
    3) Abbildungen zu Creuzers Symbolik, Taf, XXIV. und XXI.
    4) Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 186; Hocker, Stammsagen, S. 99 unten und ff.
    5) Hocker, a. a. O., S. 100.



wenn er am Abend seine Fahrt vollendet hatte, nach dem fernen Osten zurückschiffte. Wie dem Parsen der Becher heilig war und als Symbol des Weltbechers Dschemschids galt, der in Persien den Ackerbau einführte, so kommen auch bei den Slaven geheiligte Becher vor. Swantewit hielt mit Bezug auf seine Eigenschaft als Sonneingott, der der Erde Fruchtbarkeit verleiht, ein Fruchthorn in der Hand, das die Gestalt eines Bechers hatte und aus welchem zur Festzeit die Vornehmen (nobiles) tranken. Auch Dionysos führte einen Becher, 1) aber auch einen Spiegel, und mit kleinen Spiegeln war der Fruchtbaum behängt, welcher dem Urbanus, der an die Stelle des Odhin getreten 2) zu Nürnberg vorgetragen wurde, wie auch eine ihm zur Seite gehende Frau einen Korb mit Spiegeln trug.

Das Götter- und das Seelenschiff, das Todtenschiff, der Todtenbaum gehört in seinem letzten Ursprunge den seeumwohnenden und seefahrenden Völkern, also besonders den Phöniciern, von welchen die niemals die Meerschifffahrt liebenden Aegypter diese Vorstellungen erhalten. Das Hauptfest des blau-grünen Jupiter-Ammon in Aegypten wurde durch Umhertragung eines Schiffes begangen. Die Orakel in den Ammontempeln zu Meroe, Ammonium und in der syrischen Halbinsel Hierapolis sollen zufolge Eckermann, a. a. O., I. 1. S. 75, durch ein Schiff gegeben worden sein, welches die Priester auf den Schultern herumgetragen haben, damit die Gottheit spreche. - Bei den meerumwohnenden Skandinaviern möchte es die älteste Beerdigungsweise gewesen sein, den Leichnam in einem Schiffe oder Nachen oder blos in einem ausgehöhlten Baumstamme, ohne Führer und daher auch ohne Ruder, Mast und Segel, den Meereswellen zu übergeben, damit sie oder vielmehr die Götter selbst den Verstorbenen in das unbekannte Reich des Todes hinüberführen und hinübertragen. Als die skandinavischen Germanen die Meeresküste verlassen hatten und ihnen das Meer zur Todtenbestattung unerreichbar war, übergaben sie, gleich den gallischen Kelten, welche ihre Todten der Rhone über-




    1) Creuzer, Symbolik, III. 409.
    2) Hocker, a. a. O., S. 97 ff.



gaben, um nach dem vermeintlichen Elysium zu Arles getragen zu werden, 1) die Leichname entweder auch den Flüssen oder behielten wenigstens die Schiffsgestalt noch lange für den Sarg und das Grab bei. Der letzte Ausläufer der früher üblichen Schiffbestattung war aber z. B. bei den Baiern der noch im 16. und 17. Jahrhundert übliche Gebrauch, Selbstmörder in eine Tonne zu schlagen und dieselbe mit der Aufschrift "lass rynnen" den Fluthen zu übergeben. Auch war es in Alemannien und Lothringen ein damit verwandter Rechtsgebrauch, Verbrecher in steuer- und ruderlosen Schiffen den Wellen zu übergeben. 2) Die Oberpfälzer Sage kennt auch das Todtenschiff und nach der Legende trägt ein Schiff ohne menschliche Leitung die Leiche des heiligen Heimram durch die Isar und Donau bis nach Regensburg im schnellsten Laufe. - Nach einer Sage bei Rochholz, Schweizersagen Nro. 9, kam die heilige Verena auf einem Stein von Solothurn die Aare herab nach Koblenz im Aargau gefahren und dieser Stein ist noch heute in die Kirchmauer zu Koblenz hinter einem Gitter eingemauert zu sehen, mit der Inschrift über dem Steine:

Auf diesem Stein hier auf der Aaren
Die heilig Verena ist gefahren,
Ohne Ruder, Schiff und Schalten,
Wie solches geglaubt die frommen Alten.

Diese Verenalegende, d. h. das Schiffen auf Steinen scheint aus dem Keltenthume entsprungen zu sein, denn nach den irischen Legenden sind auch die Heiligen Kiaran, Fechin und Aend auf Steinen sicher und wohlbehalten über den Ocean, über Seen und Flüssen wie auf Schiffen gesegelt. 3) Die finnischen Ostjaeken begraben gleichfalls ihre Todten nicht in Särgen, sondern in Kähnen; selbst die Wiegen sind bei den Lappländern schiffähnliche ausgehöhlte Hölzer, welche nur ein Loch in der Mitte für den Kopf des Kindes haben. Das Schiff hat also seine Bedeutung bei der Geburt wie beim Tode; das durch dieses Schiff symboli-




    1) Menzel, Odin, S. 179.
    2) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 264.
    3) Eckermann, III. 2. S. 54.



sirte Wolkenmeer ist der Mutterleib, der Brunnen, aus welchem das Kind geboren wird, und das Land, das Rosenland, wohin es nach seinem Tode wieder zurückkehren muss. 1) Das Geburtsschiff erscheint auch in deutschen Sagen und Mährchen, worüber besonders Rochholz, Schweizersagen, I. S. 50 ff., sehr Beachtenswerthes mitgetheilt hat und wobei er bemerkt: "Das Schiff ist unser erstes und letztes Geschirr, wie die anlautende Formel Schiff und Geschirr es selbst schon besagt. Unser Milchgeschirr, aus dem man unmündige Kinder stillt, führt den Namen des Schiffleins. Unserer Frau Holle, welche die Wickelkinder stillt und ihnen aufs Neujahr sechs neue weisse Hemden bringt, muss dieses Schiff sonst auch eigen gewesen sein, gerade wie das Glas, woraus man Gertrudenminne trinkt, die Form eines Schiffchens hatte, oder wie das Bildniss der deutschen Göttin Nehalennia ein Schiff zum Symbol hat. Zu Cortyk kommen die Kinder, anstatt mit dem Storche oder aus dem Kinderbrunnen, zu Schiffe herbei." - Da die Fischerkähne der Lappländer ähnlich wie die Kinderwiegen grössten Theils gebauet sind und einer Mondsichel gleichen, glaubt Eckermann auch ihnen eine symbolische Bedeutung, die Beziehung auf Geburt und Tod beilegen zu dürfen. Die Todten kommen in das Todtenreich Tuonala, wo sie Bier trinken, und Fische und Wildpret essen, weshalb sie auch Bogen und Pfeile dahin mitnehmen. lst es dann der Seele verstattet, auf die Schultern (des Gestirns) des grossen Bären zu treten, so kommt sie in den höchsten Himmel (nach finnischer Vorstellung gibt es zehn Himmel) und zieht in die grösste Seligkeit ein. Der Bär ist also der grosse Empfänger der Seelen, er ist der Seelenherr Wäinämoinen selbst, denn er geht nie unter, er ist ewig von Anbeginn der Dinge und, ohne zu altern, bewahrt er stets die frische Jugendkraft. Daher ist er Ukko und Wanha genannt und nach diesem Gestirn ist das Saiteninstrument des höchsten Gottes gebildet und die Zeit durch die Sieben-




    1) Vergl. Eckermann, Lehrbuch der Religionsgesch. und der Mythol IV. 1. S. 207 ff.



zahl getheilt. Des Bären Gattin ist die Sonne, denn die Ehe der Nacht und des Tages ist unauflöslich.

Ferner wird in jüngeren keltischen Sagen Vieles von den Todtenschiffern erzählt, welche zur Nachtzeit auf am Ufer schon bereit stehenden, fremden Schiffen die Seelen der Verstorbenen nach dem Lande und der Insel der Seligen hinüberfahren, weshalb vorzüglich auf Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 29 ff., verwiesen wird. Wie aus den Mündungen des Rheines bei den Deutschen die Todten hinüberschiffen nach dem Engellande, nach dem Grönlande, nach dem Rosenlande, so die gallischen Kelten von den französischen Küsten und besonders von den Küsten der Bretagne nach Brittia, nicht nach Britannien, - oder nach der Bretagner Sage nach dem Apfellande, Ile d'Avalon, nach der Insel der Hesperiden. Nachklänge der Sage finden sich noch in dem altfranzösischen Romane Lancelot du Lac, wo die Demoiselle d'Escalot verfügt, wie es mit ihrem Leichname gehalten werden solle. Ihr Körper soll in ein reich geschmücktes Schiff gebracht werden, welches dann ohne Führer den Winden übergeben werden soll. Es herrschte also der Glaube, dass die Leiche, dem heiligen Meere und den Winden übergeben, von selbst einlaufe in das menschlicher Führung unnahbare Land, und der höchste und letzte Gedanke von dem führer-, mast-, segel- und steuerlosen Todtenschiffe ist der, dass die göttliche Fügung, die göttliche Liebe und Gnade dessen einziger Führer, Mast, Segel und Steuer sein solle und könne. Diese stille Hoffnung ist der mächtige Trost (fortitudo) der Lebenden und Sterbenden. Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 37, meint, Amerika sei den Druiden die Insel und die Wohnung der Seligen gewesen: allein an Amerika haben die Druiden sicher nicht gedacht, sondern das Land der Seligen war ihnen ursprünglich ein unbekanntes, sagenhaftes und blos mythisches Land im fernen Westen und Norden, jenseits des bekannten Meeres, und wenn und sobald sie es irdisch localisirten, verlegten sie es entweder hinter und über dem Brittenlande und der Britteninsel oder auch nach diesem selbst, woher eben das Land der Seligen den Namen Brittia trägt, wie vielfach auch bei den Deutschen England das Engelland ist und Grön-





land zum Grünland wurde. Das keltische Brittia ist von dem deutschen Engellande nicht wesentlich verschieden. Eine kleine Quelle rieselte dort, die Seelen tranken daraus und kehrten dadurch in das Leben zurück; Jeder fand dort die Seinigen wieder und es herrschte ewiger Gesang und Freude. ln einem dort stehenden gläsernen Palaste weilen die seligen Helden und Heroen und dahin fährt auch Merddin Emrys mit seinen neun Barden. Nach Taliesin fahren in einem Glasschiffe selbst die Todten nach dem Glaspalaste, dem deutschen Glasberge, d. i. in den Wolkenhimmel. Am Flusse Treguier in der bretagnischen Gemeinde Plouguel herrscht bis auf den heutigen Tag die Sitte, die Leichen in einem Nachen nach dem Kirchhofe über einen kleinen Arm des Meeres, passage de l'enfer genannt, zu schiffen, statt sie den kürzeren Landweg dahin zu tragen.

Ganz besonders gehört auch hierher das germanische Todtenschiff NagIfar, welches aus den Nägeln der Todten gemacht ist und das beim Weltende oder Weltuntergange loskommt, weshalb den Verstorbenen die Nägel beschnitten werden sollten, um die Vollendung des Schiffes und damit den Weltuntergang zu verzögern. 1) Nach Grimm, Mythol., S. 775, ist das Schiff Naglfar aus den Nägeln der Todten zusammengesetzt, um die ungeheure Ferne und das langsame Zustandekommen des Weltendes auszudrücken; bis ein solches Schiff aus schmalen Nägelspitzen der Todten vollendet werden kann, verstreicht lange, lange Zeit, zumal wenn die Vorschrift, den Todten vor der Beerdigung die Nägel abzuschneiden, sorgfältig beobachtet wird. Auf dem Schiffe NagIfar sollen beim nahenden Weltende die zerstörenden Naturmächte heranschiffen und Frostriese Hrym wird dessen Steuermann sein. Erfüllen die Lebenden ihre Pflichten gegen die Verstorbenen stets getreu, wird das Weltende lange ferne bleiben; erst wenn diese Pflichten nicht mehr erfüllt, den Verstorbenen die Nägel nicht mehr geschnitten werden, also das Böse herr-




    1) Simrock, Mythol., S. 142 ff.; Mannhardt, germanische Mythen, S. 626 ff.



schend geworden ist, naht auch das Weltende, wird das Schiff vollendet und flott.

Auch die Schiffe der Sintfluthsagen, z. B. der mosaischen, der babylonischcn und indischen, 1) können hierher bezogen werden, indem sie nur eine andere Gestaltung und Wendung des grossen Geburts- und Wolkenschiffes sind, welches die Menschen auf die Erde bringt. Nach dem Mahâbhârata befiehlt Brahma in Gestalt eines Fisches dem frommen Weisen Manus Waiwaswatas, dem indischen Noah, ein festes Schiff zu zimmern, die sieben Rischi's (heilige Weise) und Samen von allen Gattungen mit in das Schiff zu nehmen; wenn dann die Fluth hereinbräche, würde er (der Fisch) ihn an einem Horne durch die Fluth ziehen und vor dem Untergange retten. Und so geschah es; als die bald hereingebrochene Fluth fiel, befestigte der Fisch das Schiff an den Gipfel eines Berges, welcher nach der Erzählung noch heute Naubandhanam, d. i. die Schiffsanbindung genannt wird. Nach andern Sagen ist Wischnu der Retter in Fischgestalt. Wie hier Manus sieben Richis mit sich nimmt, so nimmt Noah seine Frau, seine drei Söhne und Schwiegertöchter, also gleichfalls sieben Personen mit sich, ausserdem von den reinen Thieren und Vögeln sieben Paare und sieben Tage regnet es. Am ähnlichsten der indischen und der biblischen Fluthsage ist die keltische vom Hu, auf dessen Anordnung sich allein zwei Menschen aus der Fluth retteten, indem sie ein Schiff bauten, in das sie alle Thiergattungen mit sich nahmen, und endlich durch die Stiere des Hu aus dem Wasser gezogen wurden. Auch in Amerika bei den Karaiben, Mexikanern, Peruanern (wo namentlich gleichfalls sieben Menschen aus der Fluth gerettet wurden), Brasilianern, so wie in Australien lebt die Fluthsage.

Den Mittelpunkt des grossen Panathenäenfestzuges am 28. Hekathombäon oder am dritten Festtage bildete ein auf Rollen ruhendes Schiff, an welchem segelartig der grosse, von den attischen Jungfrauen gewebte und mit reicher Stickerei geschmückte Peplos der Athene, mit welchem das alte Xoanon der Göttin auf der Burg be-




    1) Wollheim, Mythol. des alten Indien, S. 27 ff.



kleidet wurde, befestigt war. 1) Auch gehören hierher die Kähne oder Schiffe, in welchen die ägyptischen Götter stehend den Himmel durchziehen oder durchschiffen; ferner die auf römischen Denkmalen so oft erscheinenden segelnden, oder auf einer Amphora schiffenden Amorinen, welche nach Böttiger, Kunstmythol., II. S. 486 Anm., ein Symbol der zu den glücklichen Inseln (insulis fortunatis) schiffenden Kinderleichen zu sein scheinen. Auf einem Carneol fährt Psyche auf einem Ruderschiffchen, dessen Steuer sie selbst regiert, von zwei Delphinen gezogen, zu den elysischen Sitzen. 2)

Auch sogar bei den Typie's auf den Marquesas-Inseln wird der Tod als ein Hinüberrudern im Canoe nach dem Reiche des Segens und der Brodfrüchte gedacht und Melville, vier Monate auf den Marquesas-Inseln, aus dem Englischen übersetzt von Garrigue, II. (Leipzig 1847) S. 84 ff., beschreibt ein in diesem Sinne einem verstorbenen Häuptling errichtetes Todtendenkmal. In seinem Canoe rudert der Verstorbene hinüber, ihm gegenüber auf der Spitze des Canoes ein polirter Todtenschädel.

Je vielseitiger und tiefer man die maurerische Hirammythe und die daran sich anschliessenden Symbole betrachtet, um so alterthümlicher und harmonischer stellt sich das ganze Gebäude des Mythus und der Symbole dar. Wäre die Symbolik der Maurerei, wie man sich dieses häufig vorzustellen bemüht ist, erst im Anfange des 18ten Jahrhunderts aus ganz willkührlichen und getrennten Bestandtheilen zusammengelesen und zusammengesetzt worden, könnte nicht der harmonische symbolische Bau entstanden sein, auf welchem noch dermalen die Freimaurerei ruht und den sie ungefährdet oder ohne sich selbst aufzuheben nicht verlassen darf. Jene Geschichtsforscher sollten doch einmal ihre Behauptungen dadurch nicht erweisen, sondern nur einigermassen glaublich und möglich machen, dass sie die Quelle nachweisen, aus welcher die Hirammythe und zumal das tiefsinnige und seltene Symbol des mast-, steuer-




    1) Guhl und Koner, a. a. O., S. 316; Schoemann, II. S. 414.
    2) Böttiger, a. a. O.. II. S. 500 ff.



und segellosen ruhigen Schiffes habe entlehnt werden können, wenn dieselben der Maurerei nicht seit den ältesten Zeiten angehört haben.

Da die vier Weltalter nur den vier Jahreszeiten nachgebildet sind, ist ihre natürliche Bezeichnung diejenige nach dem Frühling, Sommer, Herbst und Winter der Natur oder nach der Kindheit, dem Jünglings-, Mannes- und Greisenalter des Menschen und diese natürliche Bezeichnung leuchtet aus den verschiedenen Gestaltungen des Mythus von den vier Weltaltern überall hervor. Bei den Griechen hat jedoch Hesiod die vier Metalle des Goldes und des Silbers, des Erzes und des Eisens gewählt, um die Stufenfolge und den Werth der vier Weltzeitalter auszudrücken. 1) Bleiben wir bei vier Weltzeitaltern stehen, dann würde das Gold der Kindheit der Menschheit zufallen, in welcher die Götter noch sichtbar auf der Erde erschienen und mit den Sterblichen des Mahles sich erfreuten; das silberne Zeitalter wäre die Jünglings- und Heroenzeit, - das Zeitalter der Halbgötter, der Herakliden, da Herakles das Urbild aller göttlich-menschlichen Helden bei den Griechen ist; das Erz und das Eisen würden die reingeschichtliche Menschenzeit in ihrem Fortschreiten von dem Gebrauche der ehernen Waffen zu dem der eisernen bezeichnen. Dass die Menschheit zugleich ethisch in dem gleichen Masse herabsank, in welchem die Götter und die Halbgötter sich aus ihr zurückzogen und sie von diesen sich entfernte, verstand sich von selbst. Das Lebensalter soll nach demselben Verhältniss herabgesunken sein oder Krankheit und Tod einen stets weiteren Spielraum und Einfluss gewonnen haben. Welker, griech. Götterlehre, I. S. 725 und 726, sieht mit Buttmann und Rinck (I. S. 144) das Zeitalter der Heroen, bei Hesiod das vierte, als von Hesiod in die ursprüngliche Sage von den vier Weltaltern, des griechischen Heroenthums und Heroencultus wegen, eingeflochten an; Andere sehen es wieder anders an, wie bei Welker selbst deren Meinungen mitgetheilt werden. Den von Welker angeführten verschiedenen Auffassungen der Menschengeschlechter des Hesiod ist noch beizufügen




    1) Roth, Mythus v. d. 5 M. A., S. 12 unten und ff.



Furtwaengler, die Idee des Todes, S. 211 - 220, Bunsen, Gott in der Gesch. II. S. 219 ff. und Roth, in der obigen Abhandlung, S. 5 - 20. Nach Roth bilden die beiden ersten Geschlechter des Hesiod, das goldene und das silberne, die Vorstufe der Menschheit, die vorgeschichtliche Menschheit, welche dazu berufen war, das Geisterreich, das Hesiodische Reich der Genieen zu füllen, nachdem ihre Zeit auf Erden abgelaufen war; das dritte eherne Gesehlecht, das vierte Geschlecht der Heroen und das fünfte und gegenwärtige eiserne Geschlecht aber stellen in einem besondern Kreise, die Epochen der geschichtlichen Menschheit dar; und zwar das erste derselben die Anfänge, das zweite den Höhepunkt und das dritte den Niedergang. Da Hesiod von dem fünften Geschlechte sagt:

Häte doch ich nicht länger zu leben im fünften Geschlecht!
Wär ich eher gestorben nur, oder auch später geboren!

soll er damit die Aussicht auf eine neue und bessere Ordnung der Dinge andeuten. - Zufolge Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 68 und S. 109 Anm. und S. 130, ist das eherne und vielleicht auch das goldene Geschlecht nach der ursprünglichen Auffassung eine blosse Gewitterschöpfung und Vorstellung.

Nach parsischer Lebre, wie dieselbe im Bundehesch I. und XXXIV. dargestellt ist, beschloss die ewige Zeit beim Beginn der Zeugung der Wesen einen Zeitcyklus von 12 Jahrtausenden zum Um- und Ablauf aller Zeit und Jahre, zum Endschluss der Dinge dieser Welt. Die ersten drei Jahrtausende waren allein Licht, ohne Verdunkelung durch Ahriman; in den zweiten regierte Ormuzd noch allein und Ahriman vermochte nicht durch seine Söhne die himmlische Welt zu zerrütten, doch erfolgte am Ende der selben schon das Verderben Kaiomorts, des Urkeims der Menschheit; in den folgenden 3000 Jahren ist Licht und Finsterniss im Zweikampf, und das letzte Viertheil der begrenzten Zeit ist Ahriman vom Ewigen gegeben; darin aber soll er sich mit dem Heer seiner Genossen aufreiben. Nach dem Zendavesta wird das Böse sich von selbst auf-





reiben. 1) Es ist unverkennbar, dass die Parsen bei ihren vier gleichen Weltaltern von je 3000 Jahren einfach dem Jahreslaufe der Sonne und ihrer leuchtenden Kraft folgen, aber das Licht zugleich als das Symbol des Guten und die abnehmende Sonnen- und Lichtkraft, die zunehmende Finsterniss als das Symbol des Bösen nehmen. Mit der Wintersonnenwende beginnt daher das Reich des Ormuzd und er herrscht allein bis zur Sommersonnenwende; nach dieser beginnt das Reich des Ahriman und er herrscht im Kampfe mit Ormuzd bis zur Herbst-Tag- und Nachtgleiche, womit die Winterszeit und die ausschliesslielie Herrschaft des Ahriman anhebt. Der Mythus der Parsen, welche sich unter den arischen Völkern am wenigsten aus und von dem Ursitze entfernten, ist deshalb auch der ursprünglichste und natürlichste. - Mit Hinsicht darauf, dass der Kampf zwischen Ormuzd und Ahriman 12,000 Jahre oder ein grosses Weltjahr dauerte, sollen die zoroastrischen Schriften auf 12,000 Kuhhäuten nach dem Berichte eines arabischen Geschichtsschreibers geschrieben gewesen sein. Wie Lassen, III. S. 441 Anm., vermuthet, waren es vermuthlich 12,000 auf aus Kuhhäuten zubereitetem Pergament geschriebene Bände, deren jeder 10,000 Verse oder eher Zeilen enthielt.

Bei den Indern, welche den ursprünglichen Mythus von den vier Weltaltern mit den Baktrern und mit den Griechen gemein hatten, weil sie aus dem gleichen Ursitze ausgezogen sind, hat der Mythus durch die speculirenden Brahmanen eine ganz veränderte und speculative Gestaltung erhalten und in dieser Gestalt ist der Mythus bei den Indern jünger als bei den Griechen, selbst jünger als Hesiod. Dieses Letztere darf man zufolge der Ausführungen von Roth, a. a. O., S. 21 - 33, zugeben, jedoch nicht mehr, also namentlich nicht etwa, dass den Mythus die Brahmanen, so weit er noch ihrem philosophisch-historischen Satze zu Grunde liegt, nicht als einen alten vorgefunden, sondern neu erdacht oder anders-




    1) Vergl. Furtwaengler, die Idee des Todes, S. 219, Anm. 54;
    2) Welker, griech. Götterl., I. S. 721, Anm. 5; Kruger, Gesch. der Assyrier und Iranier, S. 67 ff. und S. 417 ff.



woher angenommen haben. Die vier Lebensabschnitte und die sonst bei den Indern so häufige Vierzahl, wie dieselbe schon oben dargelegt wurde, beweist die Ursprünglichkeit auch der vier Abschnitte oder Zeiten des Natur- und des Weltjahres bei ihnen. Das Wort juga, mit welchem die vier ungleichen Zeitabschnitte bezeichnet werden und das auch wirklich einen Zeitraum, ein Zeitalter gleich dem lateinischen aetas bezeichnet, ist nach Roth kein anderes als das griech. und das lat. jugum, eigentlich das Joch von der Wurzel jug', jungo u. s. w.; in der vedischen Literatur werde das Jugasystem noch nicht gefunden; die vier juga: Krita, 1) Trêtâ, Dvâpara und Kali tragen ihren Namen von dem mit 4, 3, 2 und 1 Augen bezeichneten Würfel und treten in ihrer vollen Ausdehnung auf im Manugesetzbuch, im Mahâbhârata und Ramâjana und in der ganzen späteren wissenschaftlichen und Purâna-Literatur, sie gehören somit der ausgebildeten brahmanischen Kosmologie an das von dem Würfel entlehnte Zahlenverhältniss (wobei es aber doch höchst unwahrscheinlich ist, dass der sechsseitige Würfel nicht auch wie in Aegypten sechs Zahlen getragen habe) von 4, 3, 2 und 1 soll nur das Verhältniss bezeichnen, in welchem in jedem der vier Zeitalter das Recht oder das Gute herrscht und anerkannt wird, denn im ersten Weltalter herrscht das volle oder 4/4-Recht, im zweiten nur 3/4, im dritten 2/4 und im vierten 1/4 (aber nach dem gleichen Verhältniss bestimmt sich auch die Länge der Lebensalter der jedesmaligen Menschen, selbst die Grösse der Tugenden und der Weltzeiträume). Gegen Weber, indische Studien, I. S. 283, weleher in Uebereinstimmung mit M. Müller (und Lassen) die vier Juga von den vier Mondsphasen ableiten will, indem sie bedeuten: erstes Viertel, zweites, drittes und Absterben, - macht S. 28 Roth die unglaubliche Bemerkung, dass seines Erachtens sich dem menschlichen (es handelt sich auch zugleich um das Auge des priesterlichen Astronomen) Auge nur zwei Mondsphasen, der Neumond und Vollmond, darbieten, deren reines Gegentheil also für Roth unsichtbar sind. Wenn dann Roth noch




    1) Das Kritajuga wird auch Devajuga, das Götteralter genannt.



einwirft: "Nimmt man dazu noch das widerstrebende Verhältniss, dass der Mondwechsel nicht herabsteigt, sondern auf- und ab- und aufsteigt, so wird man das unvollkommene Gleichniss gern aufgeben," misskennt er damit ganz das Wesen der Symbolik, welche das Symbol nur nach Aehnlichkeiten, nach gewissen Vergleichungsseiten, aber niemals nach absoluter Gleichheit wählt und wählen kann. Wir glauben zwar auch nicht, dass den vier Weltaltern der Mondslauf, der blosse Monat zu Grunde liege, sondern legen das Sonnenjahr und den Sonnenlauf zu Grunde; aber dennoch könnte das erste Mondsviertel als der goldene und unschuldige Anfang, als die Kindheit und der Frühling der Welt bildlich gefasst werden, wie doch jeder Mensch zugeben wird, dass seines Lebens goldene Zeit die schuldlose Zeit der Kindheit sei. Roth macht aller Poesie mit den Worten ein Ende, dass er eines (solchen) Gleichnisses gar nicht bedürfe, denn man brauche nur die Eins in zwei Hälften und sodann wieder jede Hälfte zu theilen, so erhalte man 4/4 : die Rechnung ist unbestreitbar, aber weshalb machte man 4 und nicht 8 oder 16 Theile? Auch war es nach der mythologischen Darstellungsweise der Inder keine grössere Absurdität, das Kali-Juga durch ein vierfüssiges Thier mit nur noch einem Beine symbolisch darzustellen, als es z. B. eine ist, wenn sie Brahma mit vier Häuptern, vier Armen u. s. w. darstellen, da ja diese Art der Symbolik selbst den geistvollen Griechen nicht fremd war. Es war ein den Indern vor nun Jahrtausenden erlaubtes Bild und Gleichniss, dass das Laster und die Thorheit so sehr gewachsen sei, um nicht mehr feststehen oder sich aufrecht erhalten zu können, um in seinem eigenen Uebermasse zu wanken und zusammenzubrechen; es gleiche einer Pyramide, welche anstatt auf ihrer Basis auf der Spitze ruhte. Auch darin hat Roth entschieden Unrecht, dass die Inder keine Mythe von den vier Weltaltern gleich den Griechen oder Hesiod haben; denn einmal sind die vier Weltalter doch gewiss eine Mythe und sodann ist eine noch grössere Mythe die Schilderung und Ausmalung der erdichteten Zustände der vier erdichteten Weltzeitalter. Man dürfte Roth nicht durch das Urtheil zu nahe treten, dass er ein ausgezeich-





neter Sanskritphilologe, aber kein guter Philosoph über die indische Mythologie sei; non omnes omnia possumus!

Bunsen, Aegyptens Stelle, V a S. 144 ff., betrachtet es als durch ihn festgestellt, dass die vier indischen Weltalter brahmanische Entstellung wirklicher oder geschichtlicher vier Zeitalter waren, die Kataklysmen aber nichts als Zwischenreiche, Auflösungsperioden, und dass das Viele oder Wenige, was von geschichtlichem Gehalte sich in den epischen Gedichten findet, im Grossen und Ganzen innerhalb der drei ersten Zeitalter sich bewegt und in diesen organisch fortschreitet. Die brahmanischen vier Weltalter sind aber gewiss nicht entfernt eine verfälschte Geschichte, sondern entweder eine ganz neue Mythe oder eine alte Mythe im neuen Gewande; was Bunsen den geschichtlichen Kern nennt, ist eine Mythe der Mythe. Gibt doch Bunsen, a. a. O., V a S. 243 ff., selbst zu, dass die hellenischen Ueberlieferungen von den Weltaltern wesentlich auf ganz idealem Grunde und Boden stehen; aber freilich hat Bunsen aus dem Ideale des Hesiod ein neues Ideal von drei vor- und zwei nachfluthigen Menschengeschlechtern herausgefunden, d. h. er unterlegt unbemerkt dem Gedichte die Geschichte.

Auch die Etrusker haben das grosse Weltjahr von 12,000 Jahren oder 12 Weltmonaten in wesentlicher Uebereinstimmung mit den Baktrern oder Parsen, indem sie 6000 Jahre der Weltschöpfung und 6000 Jahre dem Bestande der Welt geben, 1) d. h. in den zwei ersten Zeiten, in den sechs ersten Monaten (bei Moses Tagen) des Weltjahres wir die Welt und die Menschheit geschaffen, um in den beiden letzten Zeiten, in den letzten sechs Monaten des Jahres zu bestehen und vorgehen. Nach etruskischer Lehre bildete der Schöpfer im ersten Jahrtausend Himmel und Erde, im zweiten das sichtbare Firmament, im dritten das Meer und alle andern Gewässer, im vierten Sonne, Mond und Sterne, im fünften die Thiere und im sechsten die Menschen. 2) Nach der parsischen Mythe erfolgte die Schöpfung in der Weise, dass in den ersten




    1) Kruger, a. a. O., S. 68.
    2) Kruger, a. a. O., S. 418: Volney, ruines, chap, 21.



drei Jahrtausenden Himmel, Wasser und Erde, - in den drei folgenden Pflanzen, Thiere und Menschen durch das blose Wort (-Honover) erschaffen wurden. 1) Die volle Uebereinstimmung der parsischen, etruskischen und mosaischen Schöpfungsmythe wird Niemanden entgehen. Die vier Weltalter tragen bei den Parsen ihren Namen von Behram (nach Kruger, a. a. O., S. 419, Frühling), Mithra (Sommer), Serosch (Herbst) und Taschter (Winter, stets nach Kruger) und jedem der 12 Jahrtausende, der 12 Weltmonate ist in der Reihenfolge der Bilder des Thierkreises ein solches Bild vorgesetzt. An dem Feste der Schöpfung des Menschen, welches als der sechste und letzte Scliöpfungstag von den Parsen am Schlusse des Jahres in den fünf Zusatztagen gefeiert wurde, die den 12 Monaten von 30 Tagen hinzugefügt worden waren, sollte täglich 12,000 Mal das Gebet: "Reinheit und Herrlichkeit ist für den Gerechten, der rein ist" und eben so oft das Gebet: "Das ist der Wille Ahuramasda's" gesprochen werden. 2) Das Fest war eine Art Allerseelenfest.

Einen höchst merkwürdigen Anklang an die Schöpfungslehren der Arier, besonders aber der Baktrer und Germanen, finden wir im Kap. XX der Offenbarung Johannis. Im Eingange des Kapitels heisst es zunächst:

"Und ich habe einen Engel gesehen aus dem Himmel herabsteigen, der hatte den Schlüssel des Abgrundes, und in seiner Hand eine grosse Kette. Und er ergriff den Drachen, die alte Schlange, welche der Teufel und Satan ist; und band ihn auf 1000 Jahre und warf ihn in den Abgrund, und verschloss und versiegelte über ihm, damit er nicht mehr die Heiden verführete, bis die tausend Jahre vollendet wären. Und nach denselben muss er auf kurze Zeit losgelassen werden."

Wer könnte hier den parsischen Ahriman und den germanischen Wolf Fenrir, die im Innern der Erde tobenden und gefesselten vulkanischen Feuerkräfte, verkennen, welche




    1) Kruger, a. a. O., S. 419 ff.; Röth, Gesch. unserer abendländischen Pliilosophie, I. S. 392 ff.
    2) Dunker, a. a. O., II. S. 362 unten.



am Ende der Dinge sich losreissen und hervorbrechen werden, um den Untergang der Welt, den allgemeinen Weltbrand herbeizuführen. Johannes fährt fort:

"Und wann die 1000 Jahre vollendet sind, wird der Satan aus seinem Gefängnisse losgelassen werden. Und er wird ausgehen, die Heiden zu verführen, die an den vier Ecken der Erde sind, nämlich den Gog und Magog, sie zum Streite zu versammeln, deren Zahl wie der Sand des Meeres ist. Und sie zogen hinauf auf die Breite der Erde und umringten das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt. Aber das Feuer fiel von Gott aus dem Himmel herab und verzehrte sie. Und der Teufel, der sie verführt, ward in den Teich des Feuers und Schwefels geworfen, da das Thier und der falsche Prophet war; und sie werden Tag und Nacht von Ewigkeit zu Ewigkeit gepeinigt werden."

Die letztere Stelle ist eine reine Uebertragung der parsischen Lehre mit jüdischen und unchristlichen, wie unparsischen Modificationen, wohin besonders die Ewigkeit der Höllenstrafen gehört. - Auch hat das Zend-Avesta den alten Mythus, "als habe die schaffende Urkraft aus dem heiligen Stierblute 120,000 Pflanzengestalten hervorgerufen," was nach A. v. Humboldt, Ansichten der Natur, II. S. 120 unten, nicht weit hinter der Wirklichkeit zurückstehen dürfte.

Obwohl man gewöhnlich behauptet, dass das Rechnungssystem der Aegypter das Decimalsystem nach den zehn Fingern, nach welchen man ursprünglich nach Homer, Od. IV. 411, zählte, gewesen sei, 1) scheint entweder ursprünglich allein oder neben dem Decimalsystem auch das astronomische Duodecimalsystem in Geltung sich befunden zu haben; jenes war wohl das volksmässige, dieses das wissenschaftliche Rechnungssystem. Dass 12 eine Einheit gebildet habe, ist durch viele Beispiele zu erweisen. Nach Herodot, II. 168, besass zu seiner Zeit ein jeder einzelne Krieger mit seiner Familie 12 Aruren, jede zu 10,000 Ellen steuerfrei. Der gemeine oder kleine ägyptische Fuss hatte 12 Zoll und zerfiel wieder in drei Palmen oder Handbreiten von je vier




    1) Uhlemann, ägypt. Alterthumsk., II. S. 252.



Zoll; der göttliche Fuss hatte 14 Zoll oder war eine halbe Palme grösser. Zwei kleine, oder zwei göttliche Fuss, also 24 oder 28 Zoll 4 x 6 oder 4 x 7 Zoll bildeten die kleine oder gemeine und die göttliche, königliche oder heilige, mystische Elle. 1) Da nun die Elle altäg. amahe, kopt. mahe, ihren Namen von messen hat, scheint das ursprünglichste Mass die 24zöllige Elle oder der doppelte Fuss gewesen zu sein. Diese ägyptische Elle ist der 24zöllige maurerische Massstab, als der 12 Stunden des Tages und der Nacht; die Elle, der Massstab enthalten zwei Fuss oder 24 Zoll, weil sie die 12 Stunden des Tages und die 12 Stunden der Nacht in sich begreifen. Auch die ägyptischen Hohlmasse beruhen auf dem Duodecimalsysteme; denn

  1. hebr. bath, ägypt. pat, griech. , etwa eine römische Amphora, ist = 18 Kannen;

  2. hebr. hin, ägypt. hin, kopt. Imo, = griech. , = 1/6 Bath oder 3 Kannen;

  3. hebr. log, kopt. lok = 1/12 Hin, 1/72 Bath. 2)

Da auch die ägyptische Waage, , gleich dem 24zölligen Massstabe oder der Elle, ihren Namen von messen hat, muss auch nach dem Duodecimalsysteme gewogen worden sein.

Die griechische Art, das Feldmass einzutheilen, unterscheidet sich dadurch von der römischen, dass jene auf dem Decimal-, diese auf dem Duodecimalsysteme beruht. 3) Bei den Griechen mass man den Acker nach dem Plethrum, welches ein Quadrat von 10,000 Quadratfuss enthielt, so dass jede Seite 100 Fuss hatte. Das dem griechischen entsprechende Feldmass der Römer war der Actus, welcher




    1) Uhlemann, a. a. O., II. S. 85. Anders, jedoch schwerlich richtig, stellt Fenneberg, Untersuchungen über die Längen-, Feld- und Wegemasse der Völker des Alterthums, Berlin 1859, S. 28 und 68, die Sache dar. Fenneberg meint, dass der Fuss entweder gar nicht bei den Griechen existirt oder 4/7 der Elle betragen habe, welche beide Verrnuthungen gleich falsch sein dürften, obwohl auch Thenius und der ältere Bernard behaupten, dass die alten Orientalen, die Aegypter eingeschlossen, den Gebrauch des Fussmasses nicht gekannt haben.
    2) Uhlemann, a. a. O., II. S. 86.
    3) Fenneberg, a. a. O., S, 77.



aber nach dem Duodeeimalsysteme 14,400 enthielt, so dass jede Seite des Quadrats 120' mass, Auch bei den königlichen Ländereien in Cyrenä, welche der letzte ptolemäische König Apion dem römischen Volke testamentarisch vermacht hatte, galt das Duodecimalsystem, indem dieselben in Medimnen, d. h. in Quadrate, jugera, von 28,800 ptolemäischen , die Quadratseite mit der Länge von 720', eingetheilt waren. 1) Ein kleineres römisches Feldmass war eine Pertica von 12' im Gevierte. 2) Später wurde auch bei den Griechen unter dem Einflusse der Römer die Duodecimaleintheilung des Feldmasses eingeführt, aber nicht nach römischen, sondern nach griechischen Fussen. 3) Selbst noch in der dem Ezechiel nachgeahmten Vision Johannis 21, 17 leuchtet aus dem Masse der Mauern des neuen Jerusalems von 144 Ellen das Duodecimalsystem mit 12 X 12 hervor. 4)

VI. Von den Babyloniern und Assyriern kann, da ihre Geschichtsquellen erst jetzt aus dem Schosse der Erde erhoben werden, nur Weniges oder Nichts berichtet werden. Nach Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 314, bestätigen die zu Niniveh aufgefundenen Inschriften, dass die Assyrier das 12 Göttersystem hatten, wie es unbedingt die Chaldäer in Babylon, die Urastronomen der Erde hatten. Das astronomische Zwölfsystem der Chaldäer findet sich nach ihnen bei den benachbarten und stammverwandten Baktern und Juden; die Juden waren stamm- und sprachverwandt mit dem semitschen babylonischen Volke, die Baktrer stammverwandt mit den chaldäischen oder ursprünglich arischen Priestern, Magiern zu Babylon. Die himmlischen Heerschaaren, das Sternenheer, welches den Babyloniern, Baktrern und Juden völlig gemeinsam ist und als deren Beherrscher und Führer Gott der Herr der Heerschaaren genannt wird, scheint eine förmliche militärische Eintheilung und Führung gehabt zu haben, wovon besonders auch bei den Parsen Spuren erhalten sind und die gewiss nicht allein von der Eintheilung des Himmels, sondern




    1) Fenneberg, a. a. O., S. 80.
    2) Fenneberg, 8. 85.
    3) Fenneberg, S. 86.
    4) Fenneberg, S. 93.



auch der Erde, der Gemeinds- und Heerverfassung galt, wie bei den Aegyptern und Germanen. Bei der Schöpfung des Himmels im ersten Weltmonate des Weltfrühlings Behram theilte Ahuramazda oder Ormuzd sein Lichtheer oder das Heer der Sterne in 12 Heerhaufen mit je 18 Unterabtheilungen von 6400 grossen und 24,000 kleinern Sternen; über alle setzte er vier Heerführer, unter denen besonders Haftorang, nach Kruger das Siebengestirn, hervortritt. 1) Die 12 Heerhaufen sind die 12 Theile des Thierkreises, mit den in jedem Theile befindlichen grossen und kleinen Sternen; die vier Heerführer sind die Vierfürsten, die Herrscher der vier Haupttheile der Sonnenbahn mit je drei Zwölftheilen des Heeres unter sich. Diese, himmlische Heereintheilung soll Ormuzd im Uranfange der Schöpfung gemacht haben, wodurch nicht blos das hohe Alter dieser Eintheilung angedeutet, sondern noch mehr als der Grundgedanke und die Grundaufgabe der Welt und der Menschheit der Kampf des Lichtes gegen die Finsterniss, des Guten gegen das Böse ausgesprochen wird. Vom Uranfange ihrer Schöpfung an sollten die leuchtenden Sterne die dunkeln bekämpfen und die Menschen gleich den Sternen leuchten und ringen, damit sie der Nacht und dem Bösen nicht unterliegen. Das irdische Abbild des zwölfgetheilten himmlischen Heeres Gottes sind die 12 Theile, Heerhaufen oder Stämme der Juden als des Volkes Gottes, mit ihren 12 Stammfürsten und Heerführern, weshalb sie auch das heilige Land in 12 Theile unter sich vertheilen. 2) Da noch das Heer Alexanders des Grossen in 12 Stämme oder Phalangen eingetheilt war, darf vermuthet werden, dass auch das alte Makedonien die Zwölfstämmeverfassung hatte, besonders da das alte makedonische Reich von einem Herakliden, einem Sohne des Herakles gegründet sein sollte. 3) Die Galater in Kleinasien bestanden nach Strabo aus drei Stämmen, welche dieselbe Sprache redeten und sonst durchaus sich nicht unterschieden; jeder Stamm war in vier Theile, Tetrarchien getheilt; jede Tetrarchie hatte




    1) Kruger, Geschichte der Assyrier und Iranier, S. 419.
    2) Vergl. besonders Bunsen, die Bibel, Thl. I. S. CCCLIX ff.
    3) Beck, Anleitung, I. 1. S. 803.



ihren eigenen Tetrarchen, und diesem untergeordnet einen Richter, einen Heereswächter, Stratophylax, und zwei Hypostraphylakes; den 12 Tetrarchen war ein Rath von 300 Gliedern zugegeben; der Versammlungsort war der sogenannte Drynemetos, welches in dem griechisch-deutschen Wörterbuche von Jacobitz und Seiler, Leipzig 1850, einfach für einen Ort Galatiens erklärt wird. 1) An den Vierfürsten oder Tetrarchen Herodes 2) wird man sich leicht erinnern. Wenn in Lycien 23 Bundesstädte genannt werden, ist dieses wohl blos eine Verdoppelung der ursprünglichen Zwölfzahl solcher Städtebünde. 3) Der Aegypter Cekrops sollte Attika nach dem Vorbilde der 12 ägyptischen Regionen in 12 Demen oder Distrikte getheilt haben, 4) deren jeder seine besondere Regierung, seinen Rath u. s. w. hatte. Die gemeinsamen Zusammenkünfte () solcher griechischen Staaten- und Städtevereine waren stets auch mit einer gemeinsamen Gottesverehrung, einem religiösen Gesammtfeste verbunden; Gott und die Opfer, die Freude und die Spiele, der Handel und die Märkte (die christlichen Messen), der rechtliche Frieden und der Krieg schürzten Ein gemeinsames Band um die Verbündeten, so namentlich auch bei dem Bunde der Amphiktyonen mit 12 Völkerschaften 5) und bei dem Panionium oder der Gesammtversammlung der 12 ionischen Städte und Städtebewohner zu Mykale, - bei dem dorischen, äolischen 6) und achäischen Bunde u. s. w. Der ursprünglich auch nur aus 12 Städten oder Staaten bestehende achäische Bund 7) begriff nach seiner Erneuerung durch Aratus den ganzen Pelopenes in sich; auch hatten




    1) Vergl. Tittmann, Darstellung der griechischen Staatsverfassungen, Leipzig 1822, S. 739.
    2) Evangelium Matthäi, Kap. XIV. 1.
    3) Tittmann, a. a. O., S, 738 vergl. mit S. 667 ff., woselbst Tittmann die griechischen Bundesverhältnisse überhaupt behandelt.
    4) Uhlemann, Thot, S. 10; Gfrörer, Urgeschichte des menschlichen Geschlechts, I. S. 126.
    5) Schoemann, a. a. O., II. S. 27 ff.
    6) Rinck, I. S. 317; Schoemann, II. S. 101 ff.
    7) Hermann, griech. Staatsalterthümer, §. 185 ff.; Schoemann, II. S. 106 ff.



die Achäer einerlei Mass, Gewicht und Münzen, ebenso einen Erzpriester mit gemeinschaftlichen Tempeln der Demeter und Athene, wie die 12 Stämme der Juden Einen Hohepriester und EinenTempel hatten. Der arkadische Bund hatte eine gemeinschaftliche Hestia und gemeinschaftliche Spiele zu Ehren des Zeus Lykäos. 1) Zur Zeit des Thukydides hatte der böotische Bund 11 Böotarchen, 2) was auch auf ein Zwölfsystem der obersten jährlichen Leiter und Führer des Bundes zu schliessen berechtiget. 3) 22 Städte oder Flecken sollen den phocischen Bund gebildet haben. 4)

Auch werden bei den Griechen Felsengräber für 12 Personen gefunden, z. B. das Heroon des Chamylos auf der Insel Kos, welches Ross entdeckt hat. 5) Die Façade eines Felsengrabes zu Sindos auf der Insel Rhodos hat 12 dorische Säulen. Die Pyramide, welche das Grabmal des Königs Mausolus in Karien krönt, zählt 24 Stufen und trägt auf ihrem Gipfel die kolossale Gruppe eines mit vier Rossen bespannten Wagens 6) mit der Bildsäule des Königs, welche von dem griechischen Bildhauer Pythis gearbeitet war. Umgekehrt singen in dem Brautliede der Helena des Theokrit in dem Königspalaste Menelaos des Blonden zu Sparta die 12 ersten Frauen der Stadt, die Krone lakonischer Weiber, im Chor an der neuverzierten Kammer, tragend im weichen Gelock hyazinthene Kränze, unter Tänzen das Brautlied. Im Hause des Odysseus sind an den 12 Handmühlen eben so viele kräftige Sklavinnen angestellt, welche den ganzen Tag über Gerste und Waizen für die zahlreichen Gäste zu mahlen hatten. Bei Homer werden bald 12, bald 99 Stiere geopfert, 7) wobei die auch bei den Germanen erscheinende Zahl 99 schwer zu erklären ist; entweder ist dieselbe die der Neunzahl zu Ge-




    1) Tittmann, a. a. O., S. 689.
    2) Tittrnann, a. a. O., S. 711 unten.
    3) Vergl. Herrmann, griech. Staatsalterthümer, §. 179 Anm. 12.
    4) Tittmann, a. a. O., S. 709.
    5) Guhl und Koner, a. a. O., S. 93.
    6) Guhl und Koner, S. 104.
    7) Guhl und Koner, S. 314 oben



fallen um eines verminderte Hundert oder spätere Hekatombe oder es ist die 9, 3 x 3 zehn Mal genommen, an welches Letztere sich anschliessen würde, dass bei dem Opfer nach Homer II. 1. 458 ff. die Jünglinge den Fünfzack halten. Von diesen Opfern bemerkt übrigens der Prophet Micha VI, 7 ff.:

Hat wohl der Ewige Gefallen an viel tausend Widdern,
all Zehntausenden von Strömen Oels?
"Soll ich hingeben ineinen Erstgebornen für meine Uebertretung,
meines Leibes Frucht für die Sünde meiner Seele?"

Man hat dir verkündiget, o Mensch, was gut ist,
und was der Ewige von dir fordert:
Nichts weiter als Recht thun und Liebe üben
und demüthig wandeln vor deinem Gott

Bei den Indern werden öfters die 99 Wolkenburgen des Çambara genannt, welche Indra zerstört, z. B. Rig-Veda IV, 26, 3, - IV, 30, 20, - VI, 31,4, - VII, 19, 5. 1) Im Rieneker Weisthume werden 99 Jahre bestimmt, welche Grimm, Rechtsalterthümer, S. 942, für 100 - 1 erklärt. Die im deutschen Rechte zuweilen erscheinende Zahl 63 ist = 7 x 9 oder 3 x 21 ; 2) die Gudrun erwähnt 63 Jungfrauen und 63 Degen. Ebenso kann die Zahl 72 aus 8 Mal 9 entstanden sein. Die 900häuptige Grossmutter des Teufels, ein verstärktes Bild des dreimonatlichen Winters (der drei bösen Gesellen) in der deutschen Mythologie, 3) ist schon früher berührt worden. - Nachdem zu Sparta die Chthonien, das der Demeter gefeierte Trauerfest, elf Tage gedauert hatten, wurden sie am zwölften Tage aufgehoben und wurde der Demeter geopfert. 4) - Eleusis wird die Zwölfstadt genannt. 5) - Aristoteles stellte im Peplos die Eleusinien voran in einer Reihe von 12 Agonen in Hellas, als einen Agon wegen der Furcht der Demeter. 6) - In




    1) Vergl. Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 140.
    2) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 220.
    3) Simrok, Mythol., S. 311. 346.
    4) Welker, a. a. O., II. S. 487.
    5) Welker, II. S. 515.
    6) Welker, II. S. 541.



Kolone führte das Orakel zu Delphi einen Wettlauf ein von 12 Jungfrauen, Dionysaden genannt. 1) Die rothe Farbe der Dionysosbilder 2) muss gleichfalls auf die aufgebende Jahressonne gedeutet werden, obwohl Welker, II. S. 630 Anm. 168, abweichender Ansicht ist und die rothe Farbe der Kleidung des Dionysos, welche auch auf Pluton übergeht, auf den Tod beziehen will. Die Auslegung Welker's ist zwar nicht schlechthin verwerflich, aber in dem Kreise der Symbolik des Sonnengottes, des feuergezeugten Gottes Dionysos fremdartig und unnatürlich, während die rothe Farbe als das Symbol der auf- oder wenigstens der untergehenden Sonne sich gleichsam von selbst darbietet. Uebrigens ist auch der Tod ein Sonnenuntergang, aber freilich im Sinne des eleusinischen oder chthonischen Dionysos-Zagreus, des Jakchos mehr ein Sonnenaufgang, der Anfang des neuen hehren Lebens ( ). - Die Anthesterien, die ältern Dionysien, begannen mit dem 12. Anthesterion 3) und das Skirophorienfest am 12. Tage des nach ihm benannten Monats. 4) Der dem Jahreslaufe des Mondes und später der Sonne entlehnten Zwölfzahl in dem Dionysoskulte steht die Fünfzigzahl gleich, indem diese auf die fünfzig Wochen sich bezieht, welche dem Mondsjahre gegeben wurden; darnach bestanden zu Athen an den grossen Dinoysien die dithyrambischen Chöre aus 50 Tänzern. 5) - Die tragischen Chöre pflegten später allgemein aus 50 Personen zu bestehen und dieser Chöre waren für drei zusammengehörige Tragödien (Trilogie) sammt dem darauf folgenden Satyrdrama wenigstens drei; die komischen Chöre bestanden aus je 24 Personen, und es wurden gewöhnlich fünf solcher Chöre, aber auch sieben bestellt. 6) - Nestor hat 11 Brüder, welche im Kampfe mit dem thebischen Herakles fallen. 7) - Die unter den illyrischen Völkern genannten Siculotae




    1) Welker, II. S. 610.
    2) Welker, II. S. 615 Anm.
    3) Welker, II. S. 646.
    4) Schoemann, II. S. 419.
    5) Schoemann, II. S. 437.
    6) Schoemann, II. S. 438.
    7) Welker, II. S. 760.



waren ein Völkchen von 24 Dekurien und neben ihnen die Vaedaei von nur 20 Dekurien. 1) - Im J. 573 nach Erbauung der Stadt Rom soll man daselbst nach Plutarch einen Sarg mit 12 von Numa geschriebenen Büchern aufgefunden haben. 2) - Die Griechen feierten am 12. des ersten attischen Monats Hekatombäon (im Juli) dem Kronos zu Ehren die Kronia, von welchem Feste der Monat Hekatombäon früher hiess. 3) In der Mitte des Vorhofes der von Kaiser Justinian erbauten und noch heute erhaltenen Sophienkirche zu Constantinopel stand ein Wasserbecken von Jaspis, und zum Waschen für die Priester waren im Innern 12 Muscheln, die das Regenwasser auffingen, und 12 Löwen, 12 Panther und 12 Dammhirsche, die dasselbe wieder ausspieen.4) Die blendendweissen Ziegel zu dem Kuppelgewölbe, in Rhodus gefertigt, waren so leicht, dass erst 12 einem gewöhnlichen Ziegel an Gewicht gleichkamen; es wurden immer 12 gelegt und nach jeder Lage Reliquien eingemauert, während die Priester Gebete für die lange Dauer des Gebäudes sangen. Vier Pfeiler in der Mitte des Gebäudes tragen die Kuppel. Das Gebäude selbst nimmt einen 288 Fuss breiten und 250 Fuss langen, viereckigen Raum ein, welcher der Länge nach in drei Schiffe geschieden wird. Der Name oder bedeutet ein Opfer von 12, wie oder eins von drei Thieren. 5) Nach Apulejus gehörte es in Griechenland zu den Einweihungsgebräuchen der dort später weit verbreiteten Isismysterien, dass dem Eingeweihten 12 Stolen angelegt wurden; 6) zugleich trug er in der rechten Hand eine brennende Fackel und auf dem Haupte eine Krone von Palmen, deren Blätter gleich Strahlen vorstanden; der Einweihung folgte gleichsam zur Geburtstagfeier ein festliches Mahl. Am 15. Elophebolion




    1) Dieffenbach, Origines Europaeae, S. 99 oben.
    2) Krause, Kunsturkunden, II 2, S. 95 Anm.
    3) Rinck, Religion der Hellenen, I. S. 44.
    4) Wernicke, Geschichte des Mittelalters, 2te Aufl. Berl. 1859, S. 39.
    5) Schoemann, II. S. 215.
    6) Schoemann, II. S. 364.



(Anf. April) brachten in Attika die Landleute dem Kronos runde Opferkuchen mit 12 Hervorragungen als eine Hinweisung auf die 12 Monate des Jahres dar. 1) Bei Homer hat der Windgott Aeolos auch 12 Söhne und 12 Töchter, welche er miteinander vermählt. Auf dem Pallassturze oder dem Trümmerüberreste der Marmorstatue der Athene im Antikenkabinette zu Dresden trägt die Tunica, der Peplos, das Prachtgewand einen von der Brust herabgehenden 2 Zoll breiten, hochaufgebauschten Streifen in 11 noch sichtbaren Feldern, von denen unten das zwölfte Feld wahrscheinlich abgebrochen ist, auf welchen 12 Feldern die 12 olympischen Götter im Kampfe mit den Giganten dargestellt waren, wie dieser Gigantenkampf auch auf dem am grossen Panathenäenfeste durch die athenischen Jungfrauen der Athene dargebrachten Peplos nach Euripides gestickt zu sein pflegte. 2) Bötticher (III. S. 260 Anm.**) leitet den Faltenbausch des Peplos der athenischen Athene von dem ägyptischen Statuenkostüme der Isis her, wie er denn überhaupt nur diese in jener erblickt. 3) Beim Miserere in der heiligen Woche zu Rom brennen sechs Lichter am Hochaltare und sechs über dem Gegitter, die allmälig ausgelöscht worden; ferner 15 Lichter als Symbole der 15 abzusingenden Psalmen, die gelöscht werden je mit einem abgesungenen Psalmen. 4)

VII. Der alte semitische Sonnengott und Sonnenheld Mellkart-Herakles, die niemals ersterbende und stets siegreiche Licht- und Naturkraft, ist bei den Juden in die Sage von Simson umgestaltet und darin erhalten worden. 5)




     1) Schoemann, II. S. 411.
     2) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 51 und 352.
     3) Böttiger, Kunstmyth., II. S. 73.
     4) Waiblinger's gesammelte Werke, IV. S. 43 und 45.
     5) Roskoff, die Simsonssage und der Heraklesmythus, Leipzig 1860; Steinthal, die Sage von Simson, in der Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft von Lazarus und Steinthal, II. S. 129 ff. In derselben Zeitsehrift, II. S. 110 ff., ist zugleich eine höchst ungünstige und wegwerfende, aber ungerechtfertigte Recension von Steinthal über die Roskoff'sche Schrift enthalten, wie auch diese Schrift in mehreren andern kritischen Blättern eine anerkennende Beurtheilung erfahren hat.



Die Simsonsage ist bei den Hebräern offenbar nur der Ueberrest und die Gestalt des den Semiten mit den Indogermanen gemeinsamen uralten Licht- und Sonnengottes, zwölfmonatlichen Jahresgottes, welcher bei den Tyriern Melkart, bei den Assyriern und Lydern Sandan oder Sandon, bei den Hebräern Simson, bei den Griechen Herakles u. s. w. genannt wurde. Da der Ursemitismus, die Urmythen bei den Hebräern während ihres Aufenthaltes in Aegypten sehr erbleicht und vergessen sein mochten, ist es nicht unwahrscheinlich, dass auf die Simsonsage die Phönicier und besonders die Tyrier mit ihrer verwandten Sage gestaltend einwirkten, gewiss aber war dieses nicht bei den philistäischen Volksstämmen der Fall, mit denen die Hebräer und ihr Held Simson vielmehr einen unaufhörlichen Kampf um Leben und Tod rangen. 1) Simson, d. i. der Starke, nach Steinthal, S. 143, und Andern 2) aber der Sonnengott, die Sonne, war der Sage nach gleich dem ihm verwandten Hiram aus dem Stamme Dan, aus dem Löwenstamme, von welchem Moses V. 33, 22 sprach: "Dan ist ein junger Löwe, er wird von Basan aufspringen." Simson ist also gleich Herakles der löwenstarke und löwenmuthige, der löwenüberwindende Gott und Held, welcher 12 Thaten vollbringt, d. h. die 12 Jahresmonate gleich Melkart, Herakles und Hiram durchkämpft. 3) Die Zwölfzahl der Thaten des Simson, wie des Herakles, welche Ewald und Roskoff annehmen, betrachtet zwar Steinthal für keine so ursprüngliche und unablösliche: aber dennoch ist sie bei dem Zodiakal- und Jahresgotte Simson eine durchaus wesentliche und nothwendige, weshalb auch Simson unter die 12 Richter oder Helden Israels eingereiht wird. Die 12 Stämme und 12 Richter Israels, die 12 Söhne Jakobs und 12 Gesellen Hirams, wie die 12 Thaten Simsons stehen in den innigsten Beziehungen zu einander oder sind nur verschiedne Ausdrucksformen eines und desselben symbolischen Grundgedankens. Die Delila, d. i. Schwächende, - nach Gesenius infirma, desiderio confecta,




    1) Vergl. auch Roskoff, S. 100; Steinthal, S. 132.
    2) Roskoff, S. 109 unten.
    3) Roskoff, S. 21 ff.



- also nach Steinthal die Schmachtende, - nach Bertheau die Zarte, ist durchaus nur die Erde, die Hera, welche der Sonnengott Simson-Zeus liebend und zeugend umfasst, bis der winterliche Schlaf und Tod naht, so dass die Delila auch die Tödtende, die Todbringende, der Tod und der Winter selbst, die lydische Omphale und die weinende Mutter des erschlagenen Hiram ist. Die erste und höchste That des Simson ist, dass er gleich Herakles den Löwen mit den Armen erwürget und tödtet, welcher nur die Sonne im Sternbilde des Löwen, der Sonnenlöwe, mithin eigentlich Simson selbst ist, der als die Gluthhitze von der wieder milder werdenden Sonne, welche Pythagoras und Macrobius (I. 20) die virtus Dei regentis nennt, überwunden wird. Von Simson, Herakles und Hiram gilt das Gebet zu dem tyrischen Baal oder Melkart:

"Herakles, mit dem Sternengewande bekleidet, Feuerbeherrscher, Weltgebietender, Helios, des sterblichen Lebens weitschallender Hirte, der du in kreisender Bahn deinen Lauf vollendest, und den Sohn der Zeit, das zwölfmonatliche Jahr, hinrollend, Kreis fortwälzest auf Kreis." 1)

Der Sohn der Zeit, das zwölfmonatliche Jahr, ist der Sonnengott, die Sonne selbst, welche im ewigen Kreislauf zwischen Leben und Tod unsterblich ihre Bahn am Himmel vollendet, - Kreis auf Kreis und Jahr auf Jahr abrollt, - in der Sommersonnenwende als Johannes stirbt, um in der Wintersonnenwende als der stärkere Christus zu erstehen; - es ist der ägyptische Dsom, Som, Sem, Dsom ennuti, virtus Deorum, Sol invictus, - der griechische Herakles , - der phönicische Baal oder Himmelsherr, - der Melkart von Tyrus, in dessen Tempel zwei Säulen, die eine von Gold, die andere von Smaragd als die Symbole der Sonne und des Mondes standen, um abwechselnd bei Tage und bei Nacht zu leuchten, - das unverlierbare, das alte und das neue Meisterwort, die un-




    1) Anders theilt die Stelle mit Rinck, II. S. 529, nach Nonnus Dionys. XL, 369 ff. Wir haben die Stelle gernäss der Uebersetzung von Movers, die Phönicier, I. S. 182, gegeben. Vergl. oben I. S. 253.



sterbliche Kraft und das ewige Licht. Sehr scharfsinnig hat Steinthal S. 130 ff. das selbst in der Bibel nicht gelösete Räthsel Simsons : "Vom Esser kommt Essen und vom Starken Süsses" dahin gelöset, dass Simson, indem er den Sonnenlöwen tödtet, die versengende Gluthhitze abwendet, der milde Aristäos sei, welcher die Insel Kos von dem Löwen rettet, 1) - der Beschützer der Bienenzucht und des Honigbaues, welcher, wenn die Sonne im Löwen steht, am ergiebigsten sei; so komme süsse Speise von dem starken Fresser.

Ein sehr bedeutsamer und rein mythischer Bezug in der Simsonsage ist es sodann, dass Simson vier Mal bei dem Philistern gebunden wird und dass er stets wieder stark und siegreich die Bande zerreisst. Das Gebundenwerden der Natur- und Sonnengötter ist das Symbol ihres Gebundenseins, ihres Todes in dem winterlichen Grabe der Erde, bis der nahende Frühling durch seine Wärme die Eisdecke zersprengt und die Fesseln löset. Da der alte Natur- und Sonnengott aber zu einem javistischen starken Helden geworden ist, der als ein Gottgeweihter oder Nasir (nazir) die Feinde Judas bekriegt und besiegt, wird nun der unterliegende Gottesheld gebunden. Einmal wird Simson mit sieben ganz frischen Stricken gebunden, jedoch er zerreisst dieselben, wie Werg zerstiebt, wenn es vom Feuer (von dem Blitzes- und Sonnenfeuer) ergriffen wird. Diese sieben Stricke fallen mit den sieben Haarlocken Simsons, die seine Stärke ausmachen, zusammen und stellen sich als die sieben Lebens- und Sommermonate im Gegensatze zu den fünf Todes- und Wintermonaten dar; hat Simson sieben Monate als das blühende Grün der Erde, als die zeugende Sommerwärme gelebt, dann sinkt seine Kraft und sein Leben im beginnenden Winter dahin, die sieben Blüthen und Lebensmonate überliefern ihn dem erstarrenden und fesselnden Winter, sind nunmehr selbst seine sieben Bande. Die sieben Lebensmonate, die sieben Bande sind auch die sieben Haarlocken und die Augen, das strahlende Licht und die schaffende Wärme des Sonnengottes; schneidet die winterliche Delila




    1) Welker, griech. Götterlehre, I. S. 490.



ihm die Locken ab und stechen die kalten Philister ihm die Augen aus, ist der Sonnenheld besiegt und kraftlos; aber der Frühling, die Stärke kehrt wieder, - die Blumen und die Haare wachsen wieder. Da die Juden zur Zeit der Entstehung der Simsonsage die Bedeutung des alten Natursymbols der langen goldenen Haare als der Sonnenstrahlen nicht mehr verstanden, sagten sie, Simson habe als ein Nasir oder Gottgeweihter sich das Haar wachsen lassen, obwohl die Stärke des Simson an den Besitz und das Wachsen seiner Haare geknüpft blieb. 1) Dass abgeschnittene Haare nach der Ansicht so vieler Völker, namentlich der Germanen, als Zeichen der Ergebung, der Strafe, des Schmerzes und der Knechtschaft gelten, schliesst sich genau an jene mythologische Ansicht an. Der gallische Herakles wird gleichfalls nach den davon nach Deutschland gekommenen kleinen Bronceidolen mit langem starkem Haare dargestellt. 2) In der megarischen Sage von der Skylla wird ebenfalls die Eroberung der Stadt an das purpurne oder goldene Haar ihres Vaters Nisos geknüpft, das sie dem Minos zu Liebe ihm auszieht. 3) Durch das Ausheben der Stadtthore von Gaza in der Nacht stellt sich Simson als den Eröffner der dunkelen Pforten der Nacht und den Bringer des Lichtes dar, wie auch der römische Janus am Morgen des Tages, des Monats und des Jahres die Thore des Lichtes öffnet und am Abend wieder schliesset, so dass er als der Gott der Lichtthore, des Lichtes erscheint. Zu Mykalesus am Meeresgestade war ein Tempel der Demeter, welchen nach der Sage Herakles, einer der idäischen Daktylen, alle Nacht schliesst und wieder öffnet. 4) Steinthal, S. 139, hält es für wahrscheinlich, dass wir es hier mit einem entstellten Mythos zu thun haben, der mit dem Hinabsteigen des Herakles in die Unterwelt 5) verwandt gewesen und ursprünglich dahin gelautet habe,




    1) Vergl. noch Rinck, II. S. 209 ff.
    2) Klemm, german. Alterthumskunde, Taf. XX.
    3) Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 64 oben.
    4) Rinck, II. S. 157.
    5) Welker, griech. Götterlehre, II. S. 776 ; Preller, griech. Mythol., II. S. 154 und 167; Movers, die Phönicier, I. S. 442.



Simgon habe die Thore des wohlverriegelten () Hades ausgebrochen. Die erstere Deutung möchte aber vorzuziehen sein als der allgemeinen Natur des Lichtgottes Simson entsprechender; die Thore von Gaza in der Hand des Simson sind die erhobene Fackel oder Fackeln des Lichts, der Morgenstern, die Morgenröthe und die Frühlingssonne.

Die 30 erschlagenen Philister (Monatstage), deren ausgezogene Gewänder Simson den 30 Gesellen der Philister übergibt, sind nur ein anderes Bild des von ihm überwundenen Sonnenlöwen, des Gluthmonats; die 30 Philister, 30 Gewänder und 30 Gesellen sind durchaus gleichbedeutend und die 30 Gewänder werden zurückgegeben, um im ewigen Kreislaufe des Jahreswechsels im nächsten Jahre wieder angelegt und wieder ausgezogen zu werden, Auch der nemeische Löwe, welchen schon die Alten auf den Thierkreis bezogen, wurde während, 30 Tagen gejagt und erlegt. 1) Die 30 Gluthtage sind zugleich die 300 Füchse, der Sonnenbrand (robigo), wodurch Simson die Felder der Philister verbrennt. 2) Der rothe Fuchs mit dem rothen oder feurigen Schwanze steht gleich dem rothen Löwen mit der rothen Mähne. Wenn die Gluthhitze überwunden ist und die Philister erschlagen sind, verleihen die Wolken, die Kinnbahöhe, welche vom Blitze (Kinnbacken 3)) gespalten werden, dem dürstenden Simson und der dürstenden Erde Regen, eine Quelle. Die Kluft des Felsen Aetam in Juda, in welche sich Simson vor den Philistern verbirgt und rettet und die anklingt an den Berg Oeta in Thessalien, auf dem sich Herakles selbst verbrennt, ist das Wintergrab, in welchem der Sonnengott ruht und schläft und in das auch der von den drei ungetreuen Gesellen oder den drei Wintermonaten erschlagene Hiram versenkt wird. Durch die letzten 30 Tage des Jahres, d. h. durch die 3000 furchtsamen und feigen Judäer, seine eigenen Leute, wird Simson den Philistern, dem Winter ausgeliefert, aber sie versprechen ihm, ihn nicht zu tödten; er wird im neuen Jahre durch




    1) Movers, die Phönicier, I. S. 438.
    2) Steinthal, S. 134 ff.
    3) Steinthal, S. 137 unten.



das neue Leben wieder frei. Drei Tage lang errathen die Philister vergeblich das ihnen von Simson aufgegebene Räthsel, dass aus dem Tode Leben, aus dem Speiser Speise und aus dem Sauren Süsses ausgegangen sei; sie mussen des Räthsels Lösung mittelbar von ihm selbst erfahren oder nur der schlafende Gott selbst kann das Räthsel, die Fessel und die Grabesdecke lösen, das Meisterwort geht nicht verloren und die Sonne ist unbesieglich (invictus). Die 3000 Judäer, welche den Simson ausliefern, sind auch dem Judas gleich, welcher um 30 Silberlinge den Herrn verräth, und den 11 Söhnen Jakobs, die den zwölften nach Aegypten verkaufen. Indem Simson im Dagontempel die zwei Säulen beim Freudenfeste einreisst und die Philister begräbt, setzt er nur den Tod und das Leben in Bewegung und lässt der Freude die Trauer, dem Leben den Tod folgen, damit aus dem Tode wieder neues Leben hervorgehe. Der Tod ist Rache für das geraubte Augen- und Sonnenlicht oder vielmehr der Tod ist nur das geraubte Licht, die Finsterniss, und Licht und Finsterniss senden die Himmlischen, weshalb der blinde Simson nach E. Meier auch zu dem Ewigen betet:

"O merke mich doch
Und stärke mich doch
Nur diesmal noch
O du mein Gott!

Damit ich nehme
Auf einmal Rache
Für meine zwei Augen
An den Philistern."

Es liegt nahe mit den zwei von Simson umgestürzten tödtlichen Säulen seine zwei ausgerissenen Augen zu vergleichen, denn nur, weil das Licht, Sonne und Mond, nicht mehr leuchten und wärmen, tritt Erstarrung und Tod ein. Steinthal, S. 141, erinnert auch an die beiden Säulen des phönikischen Herakles im äussersten Westen, welche seiner Wanderung und seinem Leben ein Ziel setzen.

Indem es genügt, die mythischen Grundzüge der Simsonsage, welche mit der Hiramssage die innigste Verwandtschaft hat, dargelegt zu haben, mag nur noch angeführt werden, dass Bunsen, Bibelwerk I. S. CCLI., den





geschichtlichen Volkshelden Simson um die Zeit von 1099 vor Chr. setzt, sonach erst nach dieser Zeit die Simsonssage entstanden sein könnte; wahrscheinlicher aber hat es gar niemals einen wirklichen Simson gegeben 1) und er ist nur in die Richterzeit verlegt worden, weil er in keine andere verlegt werden konnte. Richter 15, 20 wird ihm übrigens ein 20jähriges Richteramt zugeschrieben. Um die Entstehungszeit der Simsonsage müssen zugleich die Juden wenigstens im Allgemeinen mit dem chaldäischen Thierkreise bekannt gewesen sein, da Simson als ein Zodiakalgott erscheint.

Andere Beispiele der Zwölfzahl bei den Juden sind noch: Nach Moses I. 37, 9 träumte dem Joseph, dass Sonne und Mond und 11 Sterne vor ihm sich verneigten. Zufolge Moses IV, 17, 2 ff. legte Moses 12 Stäbe, bezeichnet mit den Namen der 12 Hauptleute der Stämme, vor dem Herrn in der Hütte des Zeugnisses, indem der Stab Desjenigen blühen sollte, den Gott zum Priesteramte erwählen würde; am Morgen aber, als Moses in die Hütte, des Zeugnisses ging, siehe, da blühte der Stab Aarons, des Hauses Levi, und er hatte ausgeschlagen, und die Blume war aufgegangen und er trug Mandel. - Evangelium Matthäi 26, 53 sagt Jesus: "Oder meinst du, dass ich nicht könnte meinen Vater bitten, dass er mir mehr denn 12 Legionen Engel zuschickte." - Bei der wunderbaren Speisung des Volkes durch Jesus mit fünf Broden und zwei Fischen bleiben noch 12 Körbe mit Brocken oder Brodstücken übrig. 2) Im Evangelium Matthäi 19, 28 sagt Jesus zu seinen Jüngern: "Wahrlich, ich sage euch, dass ihr, die ihr mir seid nachgefolget, in der Wiedergeburt, da des Menschen Sohn wird sitzen auf dem Stuhle seiner Herrlichkeit, auch werdet sitzen auf 12 Stühlen und richten die 12 Geschlechter Israels." - In der Vision des Johannes 21, 16 ist die heilige Stadt ein Cubus im Masse von 12,000 Mannsläufen. Nach Moses II. 15, 27 finden die Kinder Israels in Elim in Arabien auf dem Zuge aus Aegypten 12 Wasserbrunnen und 70 Palm-




    1) Vergl. Steinthal, S. 149 ff.
    2) Evangelium Matthäi 14, 20.



bäume. Dem Buche der Richter 19, 29 zufolge zerschneidet ein Levit sein Kebsweib in 12 Stücke und versendet an jeden der 12 Stämme Israel ein Stück, um sie zum Rachekampfe aufzubieten. Im I. Buche der Könige 4, 7 wird erzählt, dass Salomo über ganz Israel 12 Amtleute gesetzt hatte, welche den König und sein Haus versorgeten; ein jeder Amtmann hatte es einen Monat lang zu versorgen. - Man zählt auch 12 kleine Propheten. König David theilte die Priesterschaft in 24 Klassen und vermuthlich sind die 24 Vorsteher dieser 24 Klassen mit dem Hohepriester als pater patrum die 25 Männer, welche Ezechiel 8, 16 im Geiste im innern Vorhofe stehen sieht. Bei der grossen Marienkirche zu Bethlehem, einer kreuzförmigen Basilika, wird der Oberbau von 24, in vier Reihen aufgestellten Marmorsäulen getragen. 1) - Das kolossale, von 12 ehernen Stieren getragene Meer des salomonischen Tempels erinnert jedenfalls an die ähnlichen Weihekessel aus Erz z. B. in dem Tempel des Zeus, Orios am Eingange des Pontus Euxinus zum thracischen Bosporus, welchen Pausanius des Kleombrotus Sohn weihte, der 600 Amphoren gehalten und sechs Finger dicke Erzwände gehabt haben soll, 2) - an den Kessel der Kimbern, den sie als ihr grösstes Heiligthum an den Kaiser Augustus ausliefern mussten und womit wohl der eherne Stier zusammenhängt, bei dem die Kimbern zu des Marius Zeit ihren heiligsten Schwur thaten und der nach ihrer Niederlage nach Rom gebracht wurde, - an das dodonäische Kesselorakel, - an das magische Hexenkesselwesen nordischer Völker, - an den alten Weihekessel in Mittelasien oder in Turkestan, 3) - an den kolossalen ehernen Krater oder Weibkessel auf dem buddhistischen Ararat (Chaisa-ghar) der Solimangebirge, an welchem nach der Sinffuth die Arche (Argha) landete; 4) in diesem noch heute vorhandenen Kessel der Buddhisten sollen zu gleicher Zeit 100 Körbe Nahrung zubereitet werden können.




    1) Ausland für 1849, S. 527 a.
    2) Ritter, Vorhalle, S. 345 ff.
    3) Ritter, Erdkunde, II. S. 652.
    4) Ritter, Vorhalle, S. 347.



Vielleicht sollte das eherne Meer des salomonischen Tempels mit seinen 12 Stieren auf Jehovah als den Spender alles befruchtenden und zugleich auch reinigenden Jahresregens (Jupiter pluvius) deuten, wie die 12 Schaubrode ihn als Verleiher des Brodes und der Früchte bezeichneten. Entfernt gehört hierher, dass zu Athen im Tempel der Athene der hausbeschützenden Schlange () monatlich ein Opfer von Honigkuchen dargebracht wurde. 1)

VIII. Bei den Serben oder Slaven wurde das Jahr in 12 nach den Naturerscheinungen benannte Monate eingetheilt; 2) ebenso bei den alten Lithauern und Preussen. Bei den Letten, Lieven und Ehsten, welche auch eine heidnische Taufe hatten, indem sie die Kinder nach der Geburt mit Wasser besprengten und ihnen den Namen gaben, fiel das Neujahr auf den kürzesten Tag, welcher bei ihnen Joula und daher der ganze Monat Dezember Jouloku hiess, offenbar vom skandinavischen Joulafest. 3) Wochentagsnamen waren und sind ihnen unbekannt; sie zählen blos die Tage. In Finnland trug Jumala, der Gott der Biarmier, eine mit 12 Edelsteinen besetzte Krone; sein Ring war 360 Mark werth, seine Schale und das Gold darin so hoch und weit, dass vier Mann sich davon satt trinken konnten. Auch sein Gewand war kostbar und mehr als drei der reichsten Schiffsladungen werth. 4) Die finnischen Zauberrunen oder Zauberlieder sind alle dreigegliedert. 5) Die Zauberkunst vererbt sich in Finnland von Geschlecht zu Geschlecht und der Zauberlehrling wird vor der Annahme an einem Wasserfälle umgetauft, um die christliche Taufe abzuwaschen. Sein Sitz ist in diesem Falle ein grosser, mitten unter dem Wassersturze stehender Stein. Es ist vorgekommen, dass die Finnmarken den Schiffern den Wind in einem Seile mit drei Knoten verkauft haben.




    1) Ritter, Vorhalle, S. 407.
    2) Eckermann, Lehrbuch der Religionsgeschichte und Mythologie, IV. 1. S. 78 oben und S. 100, 111.
    3) Eckermann, a. a. O., IV. 1. S. 111.
    4) Eckermann, IV. 1. S. 120 unten.
    5) Eckermann, IV, 1. S. 147 ff.



Knüpfte man den ersten auf, so war der Wind günstig und mässig; die Lösung des zweiten machte den Wind stärker, liess ihn aber günstig; die Lösung des dritten Knoten jedoch hatte augenblicklich Sturm und Ungewitter zur Folge. 1) Bei den Magyaren soll es sich ähnlich verhalten, weshalb Eckermann dieselben den Finnen stammverwandt glaubt. Besonders ist den Magyaren auch die Dreizahl heilig, wie sie z. B. ihr Haar dreifach gelockt herabhängen liessen und drei Klassen von Priestern hatten, magos, pythonissas 2) und haruspices. Finnen und Magyaren haben auch den gemeinsamen Glauben, dass die Seelen und die Geister in der Gestalt von Vögeln dahinfliegen; der Seelenweg ist ihnen der Vogelweg, finnisch Linnua rata und litthauisch Paukszcziw Kieles. 3) Merkwürdig ist es, dass in der finnischen Stammsage, in dem Liede von der Meerfrau etwas den fünf Hesiodischen Geschlechtern sehr Aehnliches erscheint, nämlich ein Goldmann (mit goldenem Mund, goldenem Harnisch auf den Schultern, goldenen Handschuhen auf den Händen, goldenen Ringen unter den Handschuhen und goldenen Sporen an den Fersen), - darauf ein Silbermann, ein Kupfermann, ein Eisenmann und endlich ein Brodmann, mit Mund von Brod und Schläfen von Brod, Handschuhen, Harnisch, Ringen und Sporen von Brod. Unter den fünf freienden Männern wählt Annika nach Schicksal und Weissagung nur den Brodmann zum Manne, denn dazu hat sie die Altfrau gewieget und die Grossmutter eingelullt. 4) - Der Magyarenherzog und König Arpod schickte nach der Sage an den König von Mähren einen Boten mit 12 weissen Rossen, eben so vielen Kameelen und Kumanischen Knaben (also,




    1) Eckermann, IV. 1. S, 140.
    2) Diese Pythonissae, Pythiae sind zugleich die spätern Druiden, Hexen, - die ursprünglichen Druidenpriesterinnen. Eckermann, III. 1. S. 9
    3) Eckermann, IV. 1. S. 153 und 154 vergl. mit S. 194 und 195. Die Dreizahl beruht bei dem finnischen oder tschudischen Volksstamme, wie bei den Griechen, hauptsächlich auf den drei Elementen des Feuers, des Wassers und der Erde, oder den drei Welten des Himmels, des Meeres und der Erde.
    4 ) Eckermann, IV. 1. S. 155 ff.; Rückert, brahman. Erzähl., S. 45.



3 Mal 12 Geschenke), seiner Gemahlin dagegen eine gleiche Anzahl russischer Mädchen, Hermelinpelze, Zobel, goldgestickte Mäntel, wofür der Mährenkönig Swiatopolk zum Zeichen seiner Unterwerfung dem Boten zwei Gefässe mit Donauwasser und einen Sack mit Garn (sonst gewöhnlich Erde oder Erde und Gras) mitgeben sollte. 1) - Den bei allen finnischen Stämmen sich findenden Namen Jumala für Gott oder die Gottheit überhaupt betrachtet Eckermann als wahrscheinlich mit verwandt und dieser Gott zerfällt bei den alten Lappländern in die Dreiheit der Lichtgottheiten Storjunkare (der grosse Junker oder Herr, Adonis, Adon-Hiram), Tiermes und Baiwe, vielleicht Odhin, Donar und Freyja. Tiermes führt jedenfalls den Blitz oder Hammer und den Bogen des Sonnenlichtes oder den Regenbogen, wie Schwartz dieselben ebenso dem griechischen Apollo beilegen will; auch ist Tiermes der Gott oder der Alte vom Berge wie der deutsche Odhin, der finnische Wäinämoinen-Wanha, oder W.-Ukko, der indische Viva und der olympische Zeus. Der strahlenumkränzte Tiermes steht auch dem Indra und Mitbra gleich und kämpft mit ihnen die selben Kämpfe gegen die Wolken? und Winterdämonen, - ist der Bringer des Lichtes, der Wärme und des Jahressegens. Mit Unrecht meint Eckermann, dass der lappländische Tiermes sein Strahlenhaupt jedenfalls erst mit der Einführung des Christenthums erhalten habe, denn die orientalischen Strahlengottheiten sind weit älter als die christlichen und das Christenthum hat die Heidengötter nicht nur nicht erst verklärt, sondern zu Teufeln und Unholden herabgesetzt, gleichsam in die Hölle aus dem Himmel verwiesen. Auch Vögel, die Symbole der Licht- und Himmelsgötter, erscheinen auf finnischen Siegeln von dem Lichtscheine, nicht Heiligenschein, wie Eckermann, S. 198, sagt, umgeben. Natürlich sind die lappländischen Naturgötter Götter des Lebens wie des Todes und Tiermes herrscht mit der Mutter Jabmo Akko (Demeter, Persephone, Holda, Hel, lsis) auch im Todtenreiche. Jabmo Akko lässt die Todten an ihren Brüsten trinken, bis Tiermes dieselben mit seiner Fackel in das Reich des Lichtes




    1) Eckermann, IV. 1. S. 158.



und des ewigen seligen Lebens hinübergeführt hat, d. h. der Mensch ruht im Schoosse der Erde und an ihrer Brust bis zum Auferstehungsmorgen. Der lappländischen Sonnengöttin Baiwe entspricht der finnische Sonnengott Päiwe mit der Päiwätar, der Göttin der Morgenröthe, als seiner beständigen Begleiterin. 1) - Die russische Handelsgesellschaft auf Kamschatka bestand ursprünglich aus 12 Personen. 2)

IX. Bei den Indianern Nordamerikas galt es nach der Lehre einzelner Prediger als ein Mittel der Reinigung von der Sünde, sich von der Fusssohle bis an den Hals mit 12 verschiedenen Stöcken prügeln zu lassen, um die Sünde zum Halse hinaus zu jagen. 3) Bei den Delawaren musste ein Mädchen seine erste Menstruation ausser dem Dorfe in einer abgesonderten Hütte abwarten, wobei ihr der Kopf 12 Tage lang verhüllt wurde, dass sie Niemanden sehen konnte. 4) Die jungen Jnka in Peru, welche zur Jünglingsweihe zugelassen werden wollten, mussten neben vielen andern Prüfungen auch 10 oder 12 Nächte hinter einander Schildwache stehen, um zu sehen, ob sie auch den Schlaf zu bekämpfen wüssten. 5) - Das Thal von Shemba in Congo auf der Westküste von Afrika zählt 12 Dörfer, die von vier so Monofuma oder Königen beherrscht werden; 6) die vier Könige wählen unter sich einen regelmässig wechselnden Oberkönig. Nach dem Glauben der Neger in Congo bleibt der Geist eines verstorbenen Königs noch 12 Monate über der Erde, weshalb stets nach dem Tode eines Königs ein 12monatliches Zwischenreich eintritt und erst nach dem Ablaufe desselben der Thronerbe den Thron besteigen darf. 7) Der neue König wurde früher durch eine aus den Gesandten von 12 Stämmen beschickte Versammlung gewählt und




    1) Eckermann, IV. 1. S. 170.
    2) Forster, Gesch. der Seereisen, VII. S. 456.
    3) Weimarisches Jahrbuch. Vl. S. 254, Anm. 13.
    4) A. a. 0., S. 257 oben.
    5) A. a. 0., S. 264.
    6) Bastian, ein Besuch in San Salvador, Bremen 1859, S. 51 und 57.
    7) Bastian, a a. O., S. 119 und 164 unten.



der Platz, worauf dieses geschah, heisst noch jetzt in San Salvador, der Hauptstadt von Congo, aus den Zeiten der Portugiesen her Fazenda de Rey. 1) Der Thron vererbt sich in Verbindung mit dem Wahlrechte oder der Bestätigung durch die Volksversammlung übrigens nicht in dem Mannsstamme, sondern, um die Reinheit des Stammes zu wahren, auch hier auf die Söhne der Schwestern des Königs, wie nach dem of Tanistry auch bei den Picten und Scoten bei zweifelhafter Nachfolge die Wahl auf den Nächstberechtigten aus der weiblichen Linie fiel. 2) Stämme zählen auch die Bengo-Buschmänner, welche die Insel Corisco an der Westküste von Afrika, eine der Guineainseln bewohnen.




    1) Bastian, S. 124.
    2) Bastian, S. 70, 167, 119 und 173; hier S. 62.
    3) Bastian, S. 309.