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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht auf die Mythologieen und Mysterien des Alterthums
- Allgemeine innere und äussere Geschichte der Bauhütte -
von Dr. Jos. Schauberg, Zürich 1863

B a n d III. - Vorrede



Dass ich entgegen meiner ursprünglichen Absicht dem vergleichenden Handbuche der Symbolik der Freimaurerei nunmehr einen dritten, die Geschichte der Bauhütte umfassenden Band beifüge, hat seine Veranlassung und Entschuldigung in der unerwartet und ungewöhnlich günstigen Aufnahme, welche die beiden ersten Bände gefunden haben. Ich glaubte in dieser Aufnahme ein beifälliges und ermunterndes Zeichen nicht für meine wirklichen Leistungen, welche allerdings anders und grösser sein könnten, aber doch für den Grundgedanken und das wesentlichste Bestreben erblicken zu dürfen, welche ich meinen Arbeiten zu Grunde legte. Mir soll es vollkommen und reichlich genügen, wenn ich von meinen Werken nur das Bewusstsein mit hinwegnehmen und bewahren kann, dass ich den Blick und die Betrachtungsweise der maurerischen Geschichtsehreibung und der gesammten Maurerwelt durch das Alterthum, durch die alten Mysterien und Mythologien wieder erweitert und nach Osten zurückgelenkt habe, woher alles Licht der ältern Menschengeschichte kam, kommt und kommen wird; bat nur einmal erst das Auge sich unverwandt nach Osten gerichtet, wird es dort sicher auch die leuchtende Sonne sich strah-





lend und allerfreuend erheben sehen. Auch die gleichzeitigen Quellen müssen vielseitiger und tiefer erforscht und betrachtet werden, als solches bisher geschehen, um die in ihre Zeiten und Umgebungen so tief eingreifenden Bauhütten mit der weltbürgerlichen Freimaurerei als deren letzte Blüthe und Frucht zu begreifen.

Die Geschichte der Bauhütten, welche durchaus nur als ein Theil der allgemeinen Staats- und Rechtsgeschichte anzusehen und zu behandeln sein möchte, ist nach diesem rechtsgeschichtlichen Gesichtspunkte noch wenig oder gar nicht bearbeitet, indem dabei gewöhnlich die allgemeine Geschichte als solche, die Baukunst oder eine andere einseitige Rücksicht überwiegt. Es dürfte daher schon als verdienstlich gelten, den geschichtlichen Boden gefunden und betreten zu haben, auf welchem künftig geforscht und die Lösung der Aufgabe versucht werden muss. Nicht die Freimaurerei an sich, wohl aber die Bauhütten, die Bauzünfte und Bauinnungen, die Baucorporationen, aus welchen jene hervorgegangen ist und deren Symbole und Formen sie noch gebraucht, gehören zu den Staats- und Rechtsalterthümern, zu der Staats- und Rechtsgeschichte, weshalb sofort auf sie angewandt werden darf ?und muss, was für die letztere die neuere Geschichtswissenschaft erkannt und festgestellt hat, wie namentlich die Fortdauer des römischen Rechts und vieler römischen rechtlichen Einrichtungen mit römischem Wissen und römischen Sitten. Indem die Baugenossenschaften, wie sie im Allgemeinsten genannt werden können, dem Rechte und der Staats- und Rechtsgeschichte vorzugsweise zugetheilt und zugewiesen werden, wird das Recht und die Geschichte der Baugenossenschaften zur strengen Wissenschaft erhoben und dem Reiche der Träume. und leeren Hypothesen, welchen sie nur zu oft und zu lange verfallen waren, für immer entzogen. Nicht einmal die Kunstgeschichte hat bis jetzt den kunstgeschichtlichen Theil der Geschichte der Baugenossenschaften





angemessen und befriedigend vorgetragen, weil die Kunstgeschichte selbst noch eine junge Wissenschaft und erst durch Winckelmann, Meyer, Kugler, Schnaase, Lübke, Otte und Andere geschaffen worden ist. Nicht selten beschränken sich auch die Kunst- und Baugeschichtschreiber darauf, mit einem kurzen allgemeinen Machtspruche den Stab über die ungeschichtlichen Geschichten der Freimaurerei zu brechen und dieselben als keiner Berücksichtigung werth zur Seite zu schieben, anstatt liebevoll, besser und gründlicher zu belehren. Auch hat das eitele Geheimthun der Freimaurerei nicht wenig dazu beigetragen, dass man ihre vorgeblichen Geheimnisse ihr zur Bewahrung und Erforschung überlassen hat und mit Stillschweigen übergeht, was nicht in seiner Wirklichkeit und Wahrheit erkannt und erschaut sein will. Uebrigens gebührt die letzte und höchste Entscheidung hier keineswegs der Kunst- und Baugeschichte, sondern allein der Staats- und Rechtsgeschichte, indem die Entwickelung der Gewerbe und Künste unter dem allgemeinen Staatsgesetze steht, - durch die Gewerbsgesetzgebung und die gesammte Lage der Staaten und der Völker bestimmt und beherrscht wird. Es ist das unbestreitbare und grosse Verdienst von Schnaase, in seiner Geschichte der bildenden Künste diese stets auf ihrem universalhistorischen Hintergrunde oder als das Erzeugniss der gesammten Verhältnisse der Staaten und der Völker betrachtet zu haben. Winckelmann war auf diesem Wege insofern vorausgegangen, als er in dem ersten Buche seiner Geschichte der Kunst dem Einflusse des Himmels oder der verschiedenen Lage der Länder auf die Künste ein eigenes Kapitel gewidmet und auch die verschiedene Entwickelungsweise der hetrurischen und griechischen Kunst aus ihren ungleichen politischen Verhältnissen und Schicksalen zu erklären versucht hat. 1) Der




    1) Winckelmann's Werke, herausgegeben von HeinrichMeyer und Johann Schulze, III. S. 163 ff.



Geschichte der Kunst des Alterthums, nach den äussern Umständen der Zeit unter den Griechen betrachtet, ist bei Winekelmann das IX. Buch zugetheilt. In diesem universalhistorischen Sinne und Geiste von Winckelmann und Schnaase muss vorzüglich die Geschichte der Bauhütten geschrieben werden.

Bei meiner Arbeit habe ich es oft schwer empfunden, dass noch geringe Vorarbeiten, namentlich auch keine Quellensammlungen vorhanden seien, was bei einer gerechten Beurtheilung des von mir Gegebenen und Vollbrachten nicht ausser Acht gelassen werden darf. Eine vollständige und erschöpfende Geschichte der Baugenossenschaften kann allein der fortgesetzten Thätigkeit und dem Fleisse Mehrerer, Vieler gelingen; jedoch hoffe ich dazu einige nicht unwichtige und völlig Neues bringende Beiträge geliefert zu haben, ganz besonders durch den Nachweis der Aechtheit der Yorker Urkunde vom J. 926 aus den walischen und angelsächsischen Geschichts- und Rechtsquellen. Uebrigens möchten, so scheint es mir, in der Geschichte der Freimaurerei, nicht die Urkunden, welche vielleicht Jahrhunderte im Staube der Archive geschlafen, sondern die noch heute geübten, weil auf höchst wahrscheinlich unmittelbarer und ununterbrochen fortgesetzter Ueberlieferung beruhenden, Gebräuche und Uebungen die meiste Berücksiehtigung verdienen, obwohl es gegenüber jener flachen und seichten Geschichtsschreibung, welche die Freimaurerei und die ihr vorangehenden Bauhütten eines jeden ältern Ursprunges und Zusammenhanges entkleiden möchte, von der grössten Bedeutung ist, nachzuweisen, dass die von ihr bezweifelten und bestrittenen Urkunden sich als ächte darstellen, sobald sie nur mit wahrhaft geschichtlichem Blicke und in ihrem geschichtlichen Boden betrachtet werden. Um in Hinsicht der Gebräuche nur Eines, das maurerische oder regelmässige, d. h. das von einem Vorsteher geleitete Händeklatschen zu erwähnen, ist dasselbe schon nach den unbestrittenen maurerischen Urkunden jedenfalls älter als das J. 1717 oder reicht über das Stiftungs-





jahr der neu-englischen Grossloge und der eigentlichen Freimaurerei hinauf: allein es erstreckt sich nachweislich viele Jahrhunderte vor Chr. als ein heiliger Gebrauch in das entfernteste Alterthum. So erblicken wir eine Gruppe von Händeklatschenden auf dem merkwürdigen dorischen Architrave der Akropolis von Assos an der äolischen Küste Kleinasiens, abgebildet bei Semper, der Stil, I. S. 434. Eine ähnliche Gruppe assyrischer Priester findet sich an der obern Lehne eines zu Kudjunkschik bei dem alten Ninive aufgefundenen Stuhles, wovon Semper, I. S. 273, eine Abbildung gegeben hat. Mehrere ägyptische Darstellungen theilt Wilkinson mit. Wenn daher so Viele den Zusammenhang der Freimaurerei und der frühern Bauhütten mit dem Alterthume leugnen, heisst dies im euphemistischen Ausdrucke nur, dass ihnen das Alterthum eine unbekannte Sache sei. Es soll damit nicht gesagt sein, dass wir die volle Wahrheit entdeckt und die Verbindung zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit klar genug entschleiert haben: aber wir haben uns wenigstens in stolzer Unwissenheit nicht den einzig richtigen Weg abgeschnitten, indem wir fühlen und missen, keine Aussichselbstgeborne zu sein, vielmehr im mütterlichen Schoosse des Alterthums zu ruhen. An die Götter knüpften die untergegangenen Völker und Zeiten so gern ihr Sein und Wissen an, dass zum heiligen Götterwerke und zur göttlichen Offenbarung wurde, was die Menschen thaten und wussten: wogegen die heute Lebenden Gottes, der höhern weihenden Hand nicht mehr bedürfen und dafür auch, recht menschlich, nicht mehr den Anfang und das Ende finden, - jedes höhern und göttlichen Geistes, der Vergangenheit und Geschichte baar sind. Die göttliche Offenbarung, die Götter und Heroenregierungen sollten blos das Unnachweisbare und doch Vorhandene, den unbemerkt beginnenden Anfang bezeichnen, - die Geschichte ward zur nothwendigen Mythe: aber auch die Mythe ist Geschichte, nur in anderer Gestalt und Personification. Die Mythe und Geschichte besteht, aber das Ver-





ständniss der Mythe und Geschichte ist verloren, und wer noch dieselben zu deuten und zu schreiben wagt, ist nicht ein verständiger Mytholog, sondern ein irrationeller Mystiker. Indessen haben wir nicht für die feindliche Kritik, sondern für das freundliche Volk geschrieben und das letztere hat uns nicht getäuscht und verlassen.

Nebenbei fand auch noch in diesem dritten Bande die Symbolik passenden und geeigneten Ortes Ergänzung und Vervollständigung; um indessen jeden, auch nur scheinbaren Zwang des Ankaufes zu vermeiden, erscheint der dritte Band der Symbolik auch mit besonderem Titel, als ein selbstständiges Werk.