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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht auf die Mythologieen und Mysterien des Alterthums
- Allgemeine innere und äussere Geschichte der Bauhütte -
von Dr. Jos. Schauberg, Zürich 1863

B a n d III. - Kapitel V., Teil 1, Seiten 267 - 300

Die deutschen Bauhütten.

Da die germanischen Völker, welche in die Provinzen des zerfallenden römischen Reiches eingedrungen waren, hier sich nicht allein das Land, den Grund und Boden aneigneten, sondern auch besonders in Gallien die Sprache, die Bildung, die Gewerbe und Künste, die Gesetze und Einrichtungen, die Städte 1) und Schulen, soweit sich die-




    1) Ueber die Städte des alten Galliens und die aus ihnen hervorgegangenen neuern Städte vergl. die schöne Zusammenstellung bei Kiepert, historisch-geographischer Atlas der alten Welt, Weimar 1860, S. 27 und 28, welcher eine ähnliche Zusammenstellung der italienischen und spanischen Städte vorangeht. Im cisrhenanischen Gallien erhielten sich und zwar in Germania superior die Städte Strassburg, Brumpt (Brumat), Selz, Speier, Mainz und Bingen, - in Germania inferior die Städte Coblenz, Boppart, Andernauh, Remagen, Bonn, Cöln, Deutz, Zülpich, Tongern, Worringen, Zons, Neus, Gellep, Kelln bei Cleve, Nymwegen, Utrecht und Leyden. Daran reihen sich in den celtischen seit Augustus zu Belgica gehörigen Gebieten: Langres, Dijon, Alize, Besancon, Luxeil, Nyon, Sitten (Sion), Lausanne, Vevey (Vivis), Orbe, Yverdun, Avenches (Wiflisburg), Solothurn (Soleure), Windisch, Zürich, Winterthur, Augst, Basel, Breisach, Arzheim, Ell, Toul, Metz, Verdun, Trier,



selben mit den ihnen selbst eigenthümlichen Sitten, Gesetzen, Einrichtungen und Gebräuchen verschmelzen und zu einem neuen lebendigen Ganzen gestalten liessen: wurden sie zugleich die Vermitteler und Träger zwischen dem römischen und germanischen Wesen überhaupt, zwischen dem Alterthum und dem Mittelalter, zwischen dem Heidenthum und dem Christentbum. Die welt- und völkergeschichtliche Bestimmung und Wirksamkeit Galliens lässt sich mit derjenigen des byzantinischen Reiches nicht unpassend vergleichen, nur vermittelte das oströmische Reich mehr zwischen zwei Welttheilen, Europa und Asien, Gallien dagegen zwischen grossen Völkern, den Römern und Germanen, den römischen Christen und germanischen Heiden. Wenn in Gallien auch nicht wie in dem oströmischen Reiche die römische Herrschaft und Gesetzgebung ohne äussere Unterbrechung fortdauerte, erhielten sich doch in beiden gleichmässig die alte Sprache und alte Sitte, das Christenthum und die Kirche, manche alte Städte mit den wesentlichsten alten Einrichtungen, den Handwerken und Künsten, darunter vorzüglich die Baukunst. Man dürfte sagen, zunächst und besonders in Gallien, und sodann in allen römischen Provinzen, zumal im oberen Italien, nahmen die germanischen Völker die den Römern entfallende weltgeschichtliche Aufgabe und Herrschaft, die untergehende griechisch-römische, die klassische Zeit auf, um daraus eine neue Zeit, die christlich-germanische Zeit zu bilden. Die übernommene Aufgabe und weltgeschichtliche Neugestaltung, - die Bildung neuer Sprachen und Literaturen, Gewerbe und Künste, Staaten und Völker wurde von den germanischen Völkern aus den vormaligen westlichen und südlichen römischen Provinzen auf ihre rückwärts wohnenden Stammgenossen bis in den äussersten Norden fortgetragen, um überall eigenthümlich und selbstständig fortgebildet und fortgeführt zu werden.




Reol, Neumagen und Jvoy. Hiermit sind zugleich die Karten sowohl bei Kiepert, als z. B. bei Spruner, historisch-geographischer Schul-Atlas, Gotha 1856, Nr. 1, II und III, zusammenzuhalten. Solche einfache statistische Vergleichungen reden lauter und deutlicher als die weitesten und mühsamsten Ausführungen.



Da die germanischen Völker nur durch die Bekehrung zum Christenthum in die neue weltgesehichtliche Bahn eintreten konnten, übernahmen die germanische Bekehrung theils das Schwert der Franken, theils der friedliche Bekehrungseifer der christlichen Glaubensboten, besonders von den britischen Inseln. Wie an die byzantinische Kirche und Kirchenbaukunst sich die Kirche und Baukunst in Armenien und Georgien, 1) und noch mehr in Russland ') anlehnt, aber bald erstarrt: ähnlich lehnt sich zwar auch die deutsche Kirche und Baukunst, die deutsche Städteverfassung mit dem gesammten städtischen Leben an die gallische, fränkische oder französische und theilweise ebenso an die italienische anfänglich an, entfaltet sich jedoch in sich selbst sofort lebendig, kräftig und volksthümlich, weil sie mit jener nur die gleiche Aufgabe getheilt hatte, - mit ihr um denselben Preis und Sieg rang. Karl der Grosse war es vorzüglich, welcher nicht minder durch seine siegreichen Kriegsheere, wie durch seine weisen Gesetze und Einrichtungen den römisch-fränkischen Geistesstrom hinüberlenkte nach den deutschen und nach den nordischen Ländern; friedlicher und bleibender that aber dieses auch der stille Völkerverkehr, besonders aus den rheinischen altrömischen Städten Cöln, Mainz und Strassburg, und vielleicht selbst Basel.

Für den römischen oder, vielleicht schärfer bezeichnet, romanischen Ursprung 3) des mittelalterlichen deutschen und nordischen Städtelebens aus Italien, aus dem Exarchate und den lombardischen Städten einerseits, und aus Gallien, besonders dem südlichen und nördlichen Frankreich andererseits, spricht zuvörderst die entscheidende Thatsache der Bildung und Entstehung der romanischen Sprachen, Völker und Staaten, indem in ihnen, wenn auch langsam umgestaltet, dennoch sich die römische Sprache, Bildung und Einrichtung, namentlich die städtischen Verfassungen und Einrichtungen forterhalten haben. Mannert, Gesch. der alten Deutschen, II. S. 378, sagt z. B. in dieser Be-




    1) Schnaase, III. S. 248 ff.
    2) Daselbst, III. S. 275 ff.
    3) Vergl. auch Symbolik, II. S. 251 ff.



ziehung kurz, aber zutreffend: "Während der Frankenherrschaft ist keine der alten Römerstädte beschädigt, noch weniger gänzlich vernichtet worden." - Aehnlich, nur noch viel allgemeiner spricht sich Unger, die altdeutsche Gerichtsverfassung, Göttingen 1842, S. 352, aus. Auch Mohne, Zeitschrift für die Gesch. des Oberrheins, IV. S. 140, Anm. 6, vergl. mit S. 147, Anm. 30 und S. 475 ff., begründet die Behauptung, dass die Städte des Mittelalters durch das fränkische Reich aus dem römischen Vorbilde entstanden seien und dass Manches von dem römischen Städtewesen in den Einrichtungen des Mittelalters fortgedauert habe, wie ja selbst der Name der Stadt nur von statio, befestigtes Lager, abgeleitet sei, wogegen die Ableitung Trummers, Vorträge über Tortur u. s. w., I. S. 168, von Statt, Stäte, Marktplatz, weil der Markt den Grundberiff einer Stadt ausmache, nicht gebilligt werden könnte. Das in Norddeutschland von den dort wohnenden Belgiern zurückgebliebene Weichbild für Stadt betrachtet Mone als eine keltische Benennung von gwig, Ort, Wohnplatz, und pill, Festung, also so viel als befestigter Ort. Mone, Zeitschrift, II. S. 3 ff.: "Ueber die Gewerbe im 14. und 15. Jahrhundert," und III. S. 150 ff.: "Zunftordnungen des 14. und 16. Jahrh.," hat überzeugend und urkundlich dargelegt, dass in den alten Rheinstädten das römische Gewerbswesen erhalten und fortgepflanzt worden sei (III. S. 157, Anm. 10). Mone macht zugleich (III. S. 151) die nicht genug zu erwägende Bemerkung: "Für uns am Rhein kommen dabei die alten Gewerbsverhältnisse Frankreichs vorzüglich in Anschlag, denn das römische Gewerbswesen hat sich in Frankreich vollkommener erhalten als in den deutschen Grenzländern und ist durch den politischen und kirchlichen Einfluss des Frankenreichs theils fortgesetzt, theils ausgebildet worden." - Die mittelalterliche Verwendung der Handwerker zum Kriegswesen betrachtet wohl Mone weniger richtig als eine Fortwirkung der römischen Einrichtung, nach welcher jede Legion und jedes Regiment (numerus) seine eigenen Handwerker gehabt habe; die Stadtbürger, die Handwerker konnten nur frei sein und bleiben, wenn sie die Freiheit mit dem Schwerte errangen und beschützten. Zu





ihrem Schutze und zu ihrer Selbstvertheidigung mussten auch alle Mitglieder einer Bauhütte, selbst die geistlichen nicht ausgenommen, auf ihren Wander- und Kunstzügen bewaffnet gehen, 1) was Krause, Mossdorf und Andere bei Erörterung der Frage über das Alter des maurerischen Symbols des Schwertes übersehen. haben.

Schon Walter, Gesch. des bernischen Stadtrechtes, I. (Bern 17941) Hauptst. II. §§. 41, ist der Ansicht, dass die unter der römischen Herrschaft ausgebildete Rechtsverfassung der Stadt Cöln den deutschen Stadtrechten des 12ten und 13ten Jahrh., besonders und ausdrücklich dernjenigen von Freiburg im Breisgau vom J. 1120, zum Vorbilde und Leitfaden gedient habe und dadurch für alle folgenden Zeiten einflussreich geworden sei. Der bisher unrichtig dafür gehaltene 2) Freiheitsbrief, der sog. Stadtrodel der Stadt Freiburg im Breisgau, beginnt mit den Worten: "Notum sit omnibus tam futuris quam presentibus, quod Bertholdus (III) Dux Zaringie in loco proprii fundi sui Friburc videlicet. - secundum jura Coloniae liberam constituit fieri civitatem." Dieses freiburgische Stadtrecht wird von Walther und Andern für das älteste geschriebene deutsche Stadtrecht gehalten, was es aber nicht ist, indem jedenfalls schon das erste geschriebene Recht der Stadt Strassburg über das Jahr 1120 in das 11te Jahrh. hinaufreicht.

Den Ansichten von Walter tritt Unger, die altdeutsche Gerichts-Verfassung, S. 369, mit folgenden Worten bei: "Es darf, wenn auch nicht als erwiesen, doch als sehr wahrscheinlich angenommen werden, dass Cöln von seiner Stiftung her das alte römische Municipalrecht sich bewahrt hatte, und mit diesem einen Gemeinderath, eine Curie, durch welche gewisse bevorrechtete Familien die Gemeindeinteressen, - Das, was wir die Ortspolizei nennen, verwalteten. Ganz bekannt ist, dass die meisten deutschen Städte seit dem 12ten Jahrh. eine ähnliche Einrichtung erhielten und dass sie ihr Recht, wahrscheinlich diese




    1) Heideloff, Bauhütte, S. 19.
    2) Gaupp, deutsche Stadtrechte, II. S. 1 ff.; Gengler, deutsche Stadtrechte, S. 121 ff.



Einrichtung gerade, mittelbar oder unmittelbar von CöIn herleiteten." Dass sodann aber Unger mit diesem Ursprung der Stadträthe den nach seiner Ansicht nicht ältern Ausdruck: "wickbild" in Verbindung bringt und darunter das Recht einer kleinen Stadt, eines vicus, wie sich solche vici mit römischer Stadtverfassung am Rhein ausserhalb Cöln erhalten haben möchten, verstehen will, ist völlig unhaltbar. Es bedarf gar keiner Widerlegung, dass das Weichbild etwas Anderes sei als "ein abbild eines wicks", d. i. eines vici. Da man von Weichbildrecht im gleichbedeutenden Sinne mit Stadtrecht spricht, muss es jedenfalls das Recht einer Stadt sein, welche zur noch nähern Bezeichnung im nördlichen Deutschland den Namen Weichbild erhält. In den von Unger aus Urkunden des 14ten Jahrh. angeführten beiden Stellen:

  1. Urkunde von 1355 bei Jacobi Landtagsabschiede des Fürstenthums Lüneburg, Hannover 1794, S. 4: "de stede Lüneborch Hannover Ulsen Luchowe Dannenberg Pattensen Mundere Eldaghesen Nyenstadt Tzelle un de wikbelde Winsen Dalenborch un Blekede."

  2. Urkunde von 1373, daselbst S. 14: "De stätte Lüneborg, Hannover undt Ultzen undt alle stede und wigkbilde de in der vorscrewenen herrschop belegen sin."

erscheinen gewiss die wigkbilde nicht als kleine Städte, als vici, im Gegensatz zu den grossen Städten oder den Städten, sondern eher als gleichbedeutend, weil es heisst: "stede und wigkbilde," wie denn auch die Rechte der Städte Hamburg, Bremen und Stade in Urkunden des 13. Jahrh. Weichbildrechte, jura civilia s. oppidana, genannt werden. 1) Noch weit zulässiger aber ist es, unter den Weichbilden mit Mone befestigte Orte, befestigte grosse und kleine Städte zu verstehen. Walter, deutsche Rechtsgeschichte, Bonn 1853, S. 243, versteht mit Gaupp, Städtegründung, S. 98 - 130, unter Wikbildrecht das für einen geschlossenen Ort geltende Recht, von Wik, geschützter Ort , und Bild, Recht: allein auch diese Ableitung muss dahin fallen, indem dann Weichbildrecht heissen würde:




    1) Trummmer, Vorträge über Tortur u s. w., I. S. 186.



Stadtrechtrecht. Benecke im mittelhochdeutschen Wörterbuche, III. S. 614 unter wich und I. S. 121 unter wichbilde, scheint zu schwanken, jedoch im Ganzen mit Eichhorn unter Weichbild ein heiliges Bild zu verstehen. Trummer zufolge soll Weichbild den Umfang der Gerichtsbarkeit, das Territorium bezeichnen. Eichhorn, II. §. 243, lässt übrigens, das Weichbildrecht, das Stadtrecht und die städtische Verfassung in bischöflichen Städten, d. h. in solchen Orten entstehen, die ursprünglich römische Verfassung gehabt hatten. Die Handwerkgenossenschaften namentlich betrachtet Eichhorn als römischen Ursprungs, obwohl er damit nicht leugnen will, dass auch in der ursprünglich deutschen Sitte der Verbrüderung Einzelner für bestimmte Zwecke die Wurzel der Einrichtung gesucht werden dürfe (§. 312).

Die zustimmendste und bedeutendste Schrift in unserm Sinne ist aber Springer, de artificibus monachis et laicis medii aevi, Bonn 1861, indem hier aus Urkunden nicht allein der Beweis geleistet wird, dass in Italien und Gallien auch nach dem Untergange des römischen Reichs bei den Laien die Kunst und Technik niemals ganz aufgehört habe, sondern noch mehr, dass während des ganzen Mittelalters trotz aller gegentheiligen Darstellungen der kirchlich-römischen Geschichtsschreiber die ausübende Kunst und die Technik doch zum weitaus grössten Theile in den Händen von Laien sich befunden habe, auch da, wo die Urkunden, Chroniken und andere Denkmale Bischöfe, Aebte und sonsfige höhere Geistliche als die (Ober-) Leiter und Verwalter der Bau- und der damit zusammenhängenden Kunstunternehmungen bezeichnen. So z. B. weist Springer aus den Capitularien Karl's des Grossen nach, dass es an edem königlichen Hofe stets Laienkünstler, Eisenarbeiter, Gold- und Silberschmiede, Zimmerleute u. s. w. gegeben habe. Eine Urkunde vom J. 835 nennt, andere kirchliche Denkmale widerlegend, den Praesal Angilbert als den Erbauer sowohl der Kirche als des Altars San Ambrogio zu Mailand. Unter 210 Künstlernamen, welche Springer aus Chroniken, Urkunden und Denkmalen aufzuzählen vermag, sind 64 Mönche und 146





Laien; unter den Architecten 20 Kleriker und 55 Laien, - unter den Bildschnitzern in Holz und Stein 19 Kleriker und 68 Laien, - unter den Malern 25 geistlichen und 32 weltlichen Standes. Auch gehörten unter den geistlichen Künstlern die Mehrzahl noch dazu den Weltgeistlichen, und nur Wenige den Regularen oder den Klöstern an. Selbst die in den Klöstern wohnenden Künstler waren Laien, wie Springer aus den Hausordnungen von Corvey, Zwetl und anderer Stifter es gründlich nachgewiesen hat; im Stift Corvey waren diesen Laien besondere Quartiere zur Wohnung zugewiesen. Gerade die Erbauung der so zahlreichen Klöster und kirchlichen Gebäude in den Zeiten unmittelbar nach dem Verfalle des römischen Reichs und bis auf Karl den Grossen trug wesentlich dazu bei, den aus den Römerzeiten vorhandenen Stand der bürgerlichen Handwerker und Künstler fortzuerhalten, indem dieselben bei den Klöstern und Kirchen Beschäftigung oder auch bleibende Anstellung fanden. Namentlich bedurften die grossen Klöster, um sich erhalten und den ihnen nothwendigen Güterbau betreiben zu können, der Bäcker, Schmiede und Wagner, sowie zur Herstellung und Unterhaltung der erforderlichen Kirchen- und Oekonomiegebäude der Zimmerleute und Maurer, und beim Aufkommen des Steinbaues des Steinmetzen. Auch die neuerlich durch den historischen Verein des Kantons Aargau in der Zeitschrift Argovia, Bd. I., veröffentlichte Hausordnung des Klosters Muri bestätigt dieses. Die Schrift von Springer, pro loco oder zum Antritte seiner Professur geschrieben, widerlegt daher die seit Jahrhunderten gewöhnlichen Darstellungen, besonders der kirchlich-römischen Geschichtschreiber, von dem überwiegenden Einflusse der Kleriker auf die Kunst und die Künste des Mittelalters und gibt cuique suum zurück; die Laien besassen die antiken Erinnerungen, Handwerke und Künste und sie übten dieselben fortwährend hauptsächlich, wenn auch im Dienste der Klöster und Kirchen, aus. Weil hier die Anregungen von den Klerikern ausgingen und zugleich sie allein schrieben und beurkundeten, konnte es nur zu leicht geschehen, dass sie sich die Werke und Bauten der Laien zuschrieben. Dabei ist auch noch zu beachten, dass bei





dem allgemeinen Verfalle der Künste im römischen Reiche zu Anfang der letzten Hälfte des dritten Jahrhunderts die Baukunst noch am längsten fortblühete, wie die Bäder des Caracalla zu Rom, die Bäder des Diocletian zu Rom, dessen Palast zu Spalatro in Illyrien und die nicht lange vorhergehenden Bauten des Kaisers Aurelianus zu Palmyra bestätigen. Winckelmann, Gesch. der Kunst, IV. Buch XII, Kap. 3, §. 3, glaubt diese Erscheinung daraus erklären zu können, dass die Baukunst es vornehmlich mit Mass und Regel zu thun habe und unter deren Vorschriften nicht so leicht als die Zeichnung abweichen und verfallen könne: allein auch die Zeichnung hatte solche Vorschriften und verfiel dennoch unter dem Ungeschmacke, der Unfähigkeit und dem Mangel an Pflege, so dass der Grund anderwärts zu suchen sein wird. Die Baugenossenschaften, die Baucorporationen waren gewiss zahlreicher, fester geschlossen und unentbehrlicher, daher auch geübter als die ähnlichen Genossenschaften der Maler, Bildhauer und dergleichen Künstler, wenn sie nicht völlig aus dem genossenschaftlichen Verbande herausgetreten waren; gerade deshalb darf auch um so wahrscheinlicher und überzeugter der Zusammenhang der mittelalterlichen Bauhütten mit den römischen Baucorporationen behauptet und angenommen werden.

H. Otte, Gesch. der kirchl. Kunst des deutschen Mittelalters in ausgewählten Beispielen, 2te Ausg., Leipzig 1862, lässt S. 44 mit Andern unwahr die Kirchenbauten der romanischen Periode ausschliesslich, wie alle Künste, von der Geistlichkeit ausgehen, indem das Handwerkliche dabei die zahlreichen Laienbrüder der Benedictiner- und seit dem 12ten Jahrh. der Cisterzienserklöster besorgt haben. Bis auf Karl den Grossen stand nach Otte, S. 2, die gesammte abendländische Kunst noch ganz auf dem Boden des antik römischen und griechischen Lebens. Der Bauriss des Benedictinerklosters St. Gallen vom J. 820, welcher ein förmliches Städtchen von etwa 40 Firsten bildet und südlich die Werkstätten der Künstler, Handwerker und Knechte enthält, 1) kann zur Unterstützung der Behauptung Otte's




    1) Otte, S. 8.



nicht dienen, sondern beweiset blos, dass die grossen Klöster auch ihre eigenen Künstler und Handwerker hatten. Dagegen erscheinen auch Otte, S. 63, die Lande am Rhein als die Wiege der christlichen Baukunst in Deutscbland: zunächst wegen des hier stattgefundenen unmittelbaren Einflusses der römischen Kunst auf die christliche (in Trier und Cöln), sodann wegen der durch Karl den Grossen hier erneuten Kunstthätigkeit und endlich wegen der Macht und des Reichthums des erzbischöflichen Stuhles zu Cöln, welche Bauunternehmungen erlaubten, wie sie gleichzeitig an keinem andern Orte Deutschlands möglich waren. Die gothische Baukunst geht in Deutschland Otte, S. 92 und 144, zufolge von Laienbaumeistern aus, die sich in den Bauhütten vereinigten, indem seit dem 13ten Jahrh. die Kunstübung aufhörte, ausschliessliches Privilegium der Klöster zu sein, und bei der wachsenden Macht der Städte ihre Vertretung nunmehr in dem erstarkenden Bürgerthume fand, während der Clerus verweltlichte und das Mönchsthum erschlaffte.

Gleich Freiburg war übrigens auch vermutlilich Colmar mit dem cölnischen Stadtrechte bewidmet. 1) - Mit Savigny, Gesch. des römischen Rechts, I. S. 248 und 267, übereinstimmend, sagt Raumer, Gesch. der Hohenstaufen, Vl. S. 270: "Mehrere deutsche Städte danken den Römern ihren Ursprung, und nie sind daselbst alle ältesten Einrichtungen vorsätzlich und ohne Ausnahme zerstört worden oder abgekommen. Es blieb doch ein Zusammenhang unter den Einwohnern, eine gemeinsame Obrigkeit, eine Art von Gemeindeordnung." - Zu diesen deutschen Städten römischen Ursprungs möchten vorzüglich gehören Cöln, 2) welches die einzige deutsche Stadt mit Mainz ist, 3) der jus italicum verliehen war, - Worms, 4) Speier, Strassburg, vielleicht Basel und Genf (Geneva, Genava), 5) auch wohl Martinach




    1) Gaupp, II. S. 18 und S. 171 ff.; Kopp, Gesch. der eidgenössischen Bünde, I. S. 638 ff.
    2) Raumer, Vl. S. 287; Gaupp, I. S. 2; Gengler, S. 65 ff.
    3) Mone, Zeitschrift, IV. S. 134 ff.
    4) Mannert, Gesch. der alten Deutschen, II. (Stuttart 1832) S. 557 und I. S. 374.
    5) Archiv für schweizerische Gesch., VII. S. 72 und 73, Anm. 150.



(Octodurus) und St. Moritz (Ternatae) im Kanton Wallis, Augsburg, Regensburg 1) u. s. w. Heusler, Verfassungsgeschichte der Stadt Basel im Mittelalter, Basel 1860, S. 2, führt mit Recht die Erhaltung des Namens Basel ( oder - - sc. , d. h. Residenz) dafür an, dass die Stadt Basel die Stürme besser überdauert habe, als manche grössere Städte am Rhein, z. B. Worms, das wieder seinen vorrömischen und keltischen 2) Namen erhielt. - Auch Schnaase, IV. 2. S. 93 ff., indem er mit Hinsicht auf den ältesten Kirchenbaustyl die Rheinlande den sächsischen Landen als den rein deutschen entgegensetzt, nimmt als gewiss an, dass in den rheinischen Städten römischen Ursprungs wie in Gallien und Italien noch Ueberreste der alten Bildung erhalten und verbreitet gewesen seien, und beruft sich dafür auf Ammian (lib. XVII), welcher am Mittelrheine "domicilia - curatius ritu romano constructa" erwähne; Trier sei noch eine ganz römische Stadt gewesen; Cöln habe sein Capitol und andere Bauwerke aus dem constantinischen Zeitalter gehabt und andere Städte haben wenigstens in Thoren, Mauern, Thürmen die soliden, reinern Formen der antiken Architektur fortbesessen; Ingelheim, Aachen, Nymwegen zeigen in den karolingischen Palästen und Kirchen die Nachahmung römischer Form, so dass überall die grössere Annäherung an die romanischen Länder hier hervortrete und die römischen Traditionen sich noch bis in das 11te Jahrh. erhalten haben. Nach den aus den Römerzeiten hier noch vorhandenen Gewölben kam vermuthlich noch im 11ten Jahrh. auch bei den grossen Domen des Mittelrheins, zu Mainz, Speier und Worms, und bei der Klosterkirche zu Laach der, übrigens auch schon von den alten Assyriern angewandte 3) oder doch gekannte, Gewölbestyl zuerst




    1) Gaupp, I. S. 155 ff.
    2) Mone, Untersuchungen zur Gesch. der Heldensage, Quedlinburg 1836, S. 37, wornach Borbet, richtiger Borbhaith, hd. Wormaz, Worwaz, Woreia, Wurmbs hoch bedeutet und , wie Worms bei Ptolemäus heisst, soviel als Hochfeld ist.
    3) Meissner, S. 172 und 218; Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 143. 177, 184 und 225.



in Gebrauch und zur Ausbildung. 1) Ihr römisches Alter beurkunden die rheinischen Städte zugleich als erzbischöfliche, wie Mainz, Cöln und Trier, oder als bischöfliche Sitze, wie Speier, Strassburg, Basel z. B., was sie schon zu den Zeiten der Römer waren und später nur fortwährend blieben. Französische Mönche aus Corbie trugen unter Ludwig dem Frommen nicht blos den Namen ihres Mutterklosters an die Ufer der Weser, sondern brachten dahin auch den gallisch-römischen Baustyl und standen noch lange mit ihrem Mutterkloster in enger Verbindung. 2) Im 10ten Jahrh. liess man sogar gewöhnliche Maurer aus Frankreich nach Westphalen kommen und noch im elften Jahrhundert besetzte Bischof Meinwerk von Paderborn das Kloster Abdinghof mit französischen Mönchen. Zufolge Schnaase, IV. 2. S. 374, lässt die Beibehaltung antiker Ornamentik im südlichen, antiker Technik im westlichen Frankreich darauf schliessen, dass hier die Elemente der Baukunst niemals ganz verloren gegangen seien und sich aus römischer Zeit her erhalten haben; in der provenzalischen Kunst herrsche das antike Element einseitiger und ausschliesslicher vor als selbst auf dem klassischen Boden Italiens (S. 371). Auch am Rheine hat sich nach der Insicht von Schnaase, V. S. 394, römische Technik, z. B. die so nützliche, vermuthlich schon bei Erbauung des uralten Thurms von Babel angewandte 3) Ziegelfabrikation oder Ziegelbrennerei, in fortwährender Uebung erhalten. Alte römische Töpferwerkstätten, 4) welche an den noch erhaltenen Brennöfen, so wie durch die massenhaft um sie




    1) Schnaase, IV. 2. S. 102 ff. und V. S. 300 ff., S. 378 ff. Bei den Aegyptern waren nach Brugsch, Reiseberichte aus Aegypten, Leipzig 1855, S. 28, selbst die Apisgräber bei Memphis gewölbte Tunnel; gewölbt sind auch die Tempel des Osiris zu Abet oder Abydos,*) die Tempel Ramses II. zu Theben. Bei Abydos liegt auch ein im J. 1306 nach der koptischen Aera erbautes Kloster mit gewölbten Kuppeln.
    2) Schnaase, IV. 2. S. 51 und 128 ff.
    3) Semper, der Stil, I. S. 331 Anm. und S. 335.
    4) Vergl.auch Rich, unter Fornax, woselbst die Abbildung eines bei Castor in Northumberland entdeckten Töpferofens gegeben ist.
    *) Brugsch, S. 108 ff. und S. 296.



angehäuften Scherben leicht kenntlich sind, finden sich noch mehrfach in den Neckargegenden. 1) Es ist aufgezeichnet, wann im J. 1283 zu Schlettstadt der Töpfer starb, welcher zuerst im ganzen Elsass den von ihm gebrannten Thongefässen Schmelz zu geben verstand. 2) Der Grund, weshalb der technische Zusammenhang der Gegenwart mit der Vergangenheit, mit dem Alterthum so oft und so leicht übersehen wird, ist die mangelhafte Kenntniss der Technik der Alten, so dass man sich dem Wahne hingeben kann, technisch über den alten Zeiten und Völkern zu stehen. Wer aber nur die Abbildungen des ägyptischen Handwerklebens bei Wilkinson betrachtet, wird sich schon vor 3 und 4 Jahrtausenden im Nilthale gleichsam von dem jetzigen Handwerksleben heimisch umgeben fühlen. Auf den Wandbildern von Theben z. B. sieht man die Sattler mit denselben halbmondförtnigen Messern lange Lederriemen schneiden, mit welchen sie auch heute noch bei uns geschnitten werden. 3) Bei den Griechen zeichneten sich durch ihre Töpferarbeiten besonders aus der Kerameikos (das Töpferquartier, der Töpfermarkt in und ausserhalb der Stadt) 4) von Athen, - Aegina, - Körinth, genannt die Töpferstadt, - Sieyon und Samos; die hier verfertigten Gefässe wurden als Vasa Samia, Corinthea, Aeginetica u. s. w. unterschieden und gerühmt. 5) Was oben über die Handwerke und Handwerker bei den Griechen im Allgemeinen bemerkt wurde, wird also namentlich auch hinsichtlich des Töpferhandwerkes bestätigt. Die Töpfer waren so innig mit einander ver-




    1) Guhl und Koner, das Leben der Griechen und Römer, II. S. 186 und 292.
    2) Kopp, Gesch. der eidgenössischen Bünde, I. (Leipzig 1845) S. 686; Otte, a. a. O., S. 9.
    3) Semper, der Stil, I. S. 178 und 180.
    4) Vergl. Weiske, Prometheus und sein Mythenkreis, Leipzig 1842, S. 552 ff.
    5) Vergl. Brunn, Gesch. der griech. Künstler, II. S. 654: Die Vasenmaler; Semper, der Stil, II. S. 1 ff. (Keramik). Semper begreift unter Keramik die gesammte Gefässkunst mit Einschluss der Gefässe aus andern Stoffen, z.B. derjenigen aus Metall, Holz, Elfenbein, Glas, Stein u. s. w.



bunden, dass sie denselben Stadttheil zu Athen oder doch zahlreich dieselbe Stadt bewohnten und hier Jahrhunderte hindurch in denselben Familien, Geschlechtern, Innungen und Schulen die Töpferei oder Töpferkunst () betrieben, wodurch die Thongefässe einen bestimmten örtlichen Charakter erhielten und darnach unterschieden werden konnten und mussten. In neuester Zeit soll man z. B. eine grosse Verschiedenheit zwischen den äginetischen Gefässen und denen von Korinth und Sicyon daran entdeckt haben, dass die erstern bei mikroskopischer Untersuchung Ueberreste aus Infusorien zeigen, was bei den andern nicht der Fall sei. Die Thongefässe, mit deren Bildung als einer Art von Bildhauerei zufolge Winckelmann, III. (erster Theil der Kunstgeschichte, herausgegeben von Heinrich Meyer und Johann Schulze) S. 5 und 21 ff., die Kunst anhebt, wurden auf der Töpferscheibe geformt, dann gebrannt und glasirt; unter den Glasuren der korinthischen Vasen zeichnet sich besonders die schwarze Glasur aus, die aus Theer bestand, womit man die Gefässe zwei- bis dreimal schwärzte, worauf sie gebrannt wurden, so dass die Glasur aus Kohle besteht. Was die andern Farben der alten Gefässe anbelangt, so bestehen dieselben aus verschiedenen Metalloxyden. 1) Der Beachtung wird es nicht entgehen, dass an die berühmten Kunstwerkstätten sich auch genau die berühmten Töpferwerkstätten anschliessen. Der Demos zu Athen, welcher zur Phyle Akamantis gehörte, 2) umfasste vorzüglich die Töpfer und trug daher mit dem Platze Kerameikos seinen Namen. 3) Der Schutzgott dieses Demos war Keramos, der personificirte Thon, Topf oder Krug (). Die attische Töpferstadt und Töpferwerkstätte will Weiske nicht etwa mit den Tuillerien (der Ziegelbrennerei) zu Paris vergleichen, als vielmehr mit dem englischen Flecken Pottery in der Grafschaft Stafford, einer einzigen ungeheuren, 12 englische Meilen weit sich erstreckenden Topf- und Thongeschirr-




    1) Ausland für 1859, S. 686.
    2) Hormann, Lehrb. d. griech. St.-A., S. 389; Weiske, S. 557.
    3) Vergl. auch Winckelmanns Werke, III. S. 281, Anm. 70



fabrik, oder auch mit dem römischen Quartier Figlinae. Die von atheniensischen Töpfern, Thonbrennern gefeierten gottesdienstlichen Feste trugen einen diesem Feuerhandwerke angemessenen Charakter oder Beisatz, insofern sie aus einem Fackelwettlaufe bestanden, welche an den Panathenäen, den Hephästien und Prometheen der Athene, dem Hephästos und dem Prometheus von den Keramikern dargebracht wurden. 1) Auch wurde den Keramikern der Beiname des Prometheus, des Thon- und Menschenbildners, des Menschentöpfers und Schöpfers ertheilt. An den zu Plateäa bei Athen zu Ehren des Daedalos gefeierten Festen wettkämpften die Künstler durch Ausstellung der später üblich gewordenen Thonmodelle ihrer Kunstwerke. 2) Ebenso pflegten nach Dicaearchus die Töpfer zu Athen ihre Arbeiten in Thon an Festtagen auszustellen. Ein uraltes orientalisches Bild ist es zugleich, die Menschen mit Töpfen zu vergleichen, welche Gott als der Töpfer nach seinem Belieben schafft und zerbricht. So trösten noch heute die Araber bei Todesfällen die Trauernden mit den Worten: "Wir sind nur Töpferwaare und der Töpfer thut was er will." 3) Damit hängt auch die altattische Sitte des Bestattens zwischen Dachziegeln und Stücken von Dachrinnen aus gebrannter Erde zusammen, welche Semper, II. S. 14 oben, auf den Quellen- und Wassercult beziehen will. Zufolge Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 184, soll in Aegypten und Babylonien das Ziegelbrennen ein königliches Monopol gewesen sein und deshalb sollen die Backsteine den Namen oderStempel des regierenden Königs getragen haben. In dem illustrirten Wörterbuche der römischen Alterthümer von Anthony Rich, aus dem Englischen Übersetzt unter der Leitung von Dr. C. Müller, Paris und Leipzig 1862, ist unter Lateria (Ziegelhütte) nach einem Gemälde aus Theben die theilweise Abbildung einer ägyptischen Ziegelhütte ge-




    1) Weiske, §. 204; Brunn, Gesch. der griech. Künstler, im Register unter Kerameikos.
    2) Winckelmanns Werke, III. S. 24.
    3) Ausland für 1859, S. 1088 b. Vergl. auch Semper, II. S. 2 ff.



geben. Sehr viele gebrannte kleine ägyptische Figuren, besonders von Isispriestern, sind noch heute erhalten; es wurden solche vorzüglich auf der Insel Cypern und auch in dem Tempel der Isis zu Pompeji entdeckt. 1) Die Priesterfiguren haben die Arme gekreuzt. Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 495 ff., legt der ganzen abendländischen Töpferkunst phönicischen Ursprung bei, was auch bei der Broncearbeit und Weberei der Fall sei; in allen drei Industriezweigen folgten aber die Phönicier innerasiatischen oder assyrisch-babylonischen und besonders ägyptischen Anregungen; für die ägyptischen Anregungen zeugen namentlich auch die Gräberfunde zu Caere mit ägyptischen Figuren 2) und die neuerlich bei Sidon aufgefundenen Sarcophage von ägyptischer Form. 3) Der eine Sarg von weissem Marmor war derjenige des Königs Esmunazar, etwa aus dem 6ten Jahrh. vor Chr., mit der vielbesproebenen phönicischen Inschrift von 22 Zeilen; der König trägt darauf die bekannte, architektonisch zugeschnittene ägyptische Perücke, die uns auch an einigen alterthümlichen griechischen Bildwerken begegnet. Zwischen der phönicischen 4) und altgriechischen Kunst fand zufolge Braun (S. 498 oben) kein Unterschied statt, was besonders auch von der künstlerischen Beschaffenheit des Sarges des Königs Esmunazar abgeleitet wird. Semper, II. S. 21 ff., will die assyrische und die altgriechische Töpferei, wenn die letztere nicht aus der erstern hervorgegangen ist, aus einer asiatischen Urtöpferei ableiten. Die Aegineten besonders erhielten von den Phöniciern die Kunst des Broncearbeitens und wetteiferten darin während der ganzen Periode der griechischen Kunstblüthe mit dem delischen Erzguss. 5) Gegossene Erzbilder wurden zu Samos, wo eine alte Künstlerfamilie blühte, zuerst gemacht. 6)




    1) Winckelmann, Gesch. der Kunst, I. Buch I. Cap. 4, §. 5.
    2) Braun, I. S. 493.
    3) Braun, I. S. 497.
    4) Ueber die Kunst unter den Phöniciern vergl. auch Winckelmann, Gesch. der Kunst, I. Buch II. Cap. 5.
    5) Böttiger, Andeutungen über die Archäologie, S. 50.
    6) Böttiger, S. 52 ff.; Semper, II. S. 23.



Dass aber die Deutschen den Steinbau, das Mauern und die Mauern, ahd. mûra, mûri, mhd. mûre, nur durch die Römer haben kennen lernen und von ihnen erhalten haben, ist durch die Sprache schon ausser Zweifel gestellt, indem man allseitig, z. B. Benecke, Wackernagel, Ziermann, Schmeller, darüber einverstanden ist, dass die diesfälligen deutschen Worte sich von dem lat. murus ableiten. Die Stadtmauern, - die Städte, zu deren Begriff und Wesen feste Mauern, Befestigungen gehören, sind im vollsten Sinne mit allen städtischen Einrichtungen und Handwerken das Vermächtniss und die Lehre der Römer; an den aus den Römerzeiten noch übrigen Handwerken wuchsen vorzüglich die germanischen Städte empor und in vielen Städten sind die Vorsteher der Handwerker zugleich die ersten städtischen Beamten, oder die letzteren müssen aus den Handwerkern und durch dieselben bestellt werden. In der Closener Strassburgischen Chronik heisst es z. B.: "si di Strassburger setzten ouch IIII meister nach der alten gewortheit, und einen ammanmeister (ambachtmeister) der ein houbet solte sîn der antwerke." 1) - An das römisch-deutsche Wort Mauer schliessen sich an: der Mortere, Morter, Mörter (mortarium), Mörtel, 2) - das Münster (monasterium), ahd. munistri, munsri, die Stiftskirche, 3) - Münze, ahd. muniza, und münzen, ahd. munizon, ags. mynetian, so wie Münzer, münzäre, munizaere von moneta und monetarius, 4) - Pfister (Bäcker) und Pisterei (Bäckerei), welche Benennungen noch heute in der Schweiz allgemein in Schrift und Leben gebräuchlich sind, von pistor, - die Porte (porta) und der angelsächsische portgerefa, Stadtgraf, 5) die Thürposten (postes), 6) das Fenster (fenestra), die Tafel (tabula), 7) die Kammer




    1) Benecke, mittelhochd. Wörterbuch, unter Ammanmeister.
    2) Benecke, unter Morter; Schmeller, bayerisches Wörterbuch, II. S. 622.
    3) Wackernagel, altdeutsches Wörterbuch, unter Münster; ebenso Benecke, Schmeller und Ziemann.
    4) Benecke, Schmeller und Ziemann unter Münz,
    5) Schmid, Gesetze der Angelsachsen, I. S. LXXII.
    6) Guhl und Koner, II. S. 206.
    7) Rieb, Wörterbuch, unter Tabula.



(camera), die Linie (linea), - die Scheere (des Barbiers) höchst wahrscheinlich von mit Weglassung der ersten Sylbe, 1) - die Maschine, - die Quader (quadra, quadrus, saxa quadrata, lapides quadrati), die Presse (pressorium), besonders des Tuchwalkers, 2) - lampas (), Lampe, 3) die Laterne (laterna), - lancea, Lanzet griech. , 4) - Harfe (harpa), - der Anker (ancora, ), - das Kamin (caminus, ), 5) - der Söller (solarium), - die Kapsel (capsa, capsula, capsella), - der Käfig (cavea), 6) - der Keller (cella, cellarium), 7) - der Kellner (cellarius), die Zelle (cella, cellula), - die Kufe (cupa, ), 8) - der Cylinder (cylindrus, ), - Elfenbein (ebur), - Elfenbeinarbeiter (eborarius), - die Fabrik (fabrica) oder die Werkstätte eines Handwerkers, der in hartem Material arbeitet, besonders aber in Holz, also eines Zimmermanns oder Tischlers, 9) - die Fackel (faculae, fax, ), - die Form (forma) oder das Modell, 10) - die Kelter, ahd. Kalther aus dem lat. calcitrare, 11) - das Joch (jugum, ) bei Thieren und Bergen, - der Metzer, ahd. metzelaere (macellarius), mit welchem Namen bei den Römern ein Garkoch, der Verkäufer von Fleischspeisen im Gegensatze zu dem eigentlichen Metzger (Canio) bezeichnet wurde, der aber bei den Germanen diesem gleichgestellt worden zu sein scheint, 12) - die Metzge, Fleischbank (macellaria sc. ta-




    1) Böttiger, Sabina, Leipzig 1806, S. 60; Rich, unter Culter.
    2) Rich, unter Pressorium.
    3) Rich, illustrirtes Wörterbuch der römischen Alterthümer, unter Lampas.
    4) Rich, daselbst.
    5) Rich, u. d. W.
    6) Rich, unter Cavea.
    7) Rich, unter Cella.
    8) Rich, unter Cupa.
    9) Rich, unter Fabrica.
    10) Rich, unter Forma.
    11) Wackernagel, Wörterbuch, unter Kalther. Vergl. auch Rich, unter Torcular und Torenlarium.
    12) Ziemann, mittelhochd. Wörterb., unter metzelaere; Schmeller, bayerisches Wörterb., II. S. 622 oben.



berna), - der Mantel (mantellum, mantelum, ital. mantello, engl. mantle, franz. mantel, später manteau), - die Binsenmatte (matta), - der Marmor (marmor, ahd. marmul, mhd. marmel), - der Meilenstein (milliarium), - die Mühle (mola, ), 1) - der Modell (modulus), - derMörser (mortarium), - der Most (mustum), - der Wein (vinum), - das Oel (oleum), - der Knode (nodus), 2) - der Punkt (punctum), - die Norm (norma), - die Klasse (classis), - die Puppe (pupa), - der Sack (saccus, sacculus, sacceus), - das Salz (sal), - die Saline (salinae, griech. ), - das Schiff (scapha, , engl. skiff, franz. esquif), 3) der Naph (scaphium, mlat. hanapus, griech. ), 4) - die Zene (scena), - der Zepter (sceptrum), - die Schule und der Schüler (schola und scholarius), - schreiben, der Schreiber und die Schrift (scribere, scriba und scriptura), - der Schrein (scrinium), - der Schild, goth. skildus (scutum, ), - der Sitz und sitzen (sedes und sedere), - das Zeichen und bezeichnen (signum und signare), - die Sokke (soccus), - der Spiegel (speculum), - die Spitze (spiculum) des Pfeiles oder Speeres, 5) - der Stall, ahd. stadal (stabulum), 6) - der Platz (platea, sc. ) in einer Stadt, - der Ziegel (tegula), - das Segel (sagulum, velum), 7) - die Striegel (strigilis) oder das Schabeisen, - die Urne (urna), - die Structur (structura), - der Styl (stilys, stylus), - die Trame (trama) oder der Faden, 8) - die Tapete (tapes, , tapete und tapetum), - der Thurm, ahd. turn (turris), - das Blei (plumbum?), 9) - das Dach und bedecken (tectum, tego, griech. und , tegere), 10) - die Flamme




    1) Rich, unter Mola.
    2) Ziemann, u. d. W.
    3) Vergl. auch Benecke, unter kan.
    4) Ziemann, unter napf.
    5) Rich, unter Spiculum.
    6) Wackernagel, unter stadal.
    7) Wackernagel und Ziemann, u. d. W.
    8) Rich, unter Trama.
    9) Grimm, Wörterbuch, u. d. W., welcher sich gegen die Ableitung erklärt.
    10) Wackernagel, u. d. W. Grimm, Wörterbuch, unter Dach, glaubt, das starke Verbum, von welchem das Wort abstamme, sei verloren.



(flamma), - die Schindel (scandula, scindula, ) 1) des Daches, - der Schemel (scamnum, scabellum), 2) - die Masse (massa) oder der Stoff, ?-die Marke, ahd. marcha, marha, marahha (margo) bei Grundstücken, davon merken, 3) - der Markt (mercatus), - der Meier (major) oder Oberster der Hörigen auf einem Landgute, - in der Schweiz die Wymi, Wymmi, der Wimmet (vindemia) oder die Weinlese, daher wimmen, wymmen (vindemiare), ahd. windêmon, die Weinlese halten, und Windemer (vindemiator), der Weinleser, 4) - der Winzer (vinitor, vindemiator, vindemitor bei Plinius), 5) - der Drechsel, Drähsel, Drechsler, ahd. drâhsil, mhd. draehsel (tornarius), 6) franz. tourneur - und tour, engl. turning-lathe (tornus, ), die Drehbank, auch Töpferscheibe, oder ein spitzes Instrument zum Graviren und Ciseliren, welches an eine Drehscheibe befestigt war, 7) - drehen, ahd. drâjan, trâhan, mhd. dräjen, ital. torcere, franz. tordre (tornare, torquere, griech. ), 8) - der Dom, ahd. dôm, tuom, tum (domus), 9) - düngen, ahd. tungen, dungen (tingere, gr.) oder wässern, 10) - die Frucht, ahd. fruht (fructus), - der Spelz, die Spelte, mhd. spelze (spelta, spica), auch die Spitze der Aehre, 11) - der Speer (sparum oder sparus), 12) - die Sohle (solea) 13) oder eine Sandale, goth. sulja, mhd. sol, - die Krone (corona), - der Pfahl (palus), - das Maulthier (mulus), mhd. mûl, - der Möbel, mhd. mubel (mobile, mobilia, res mobiles), 14) - das




    1) Rich, u. d. W.
    2) Rich und Ziemann, u. d. W.
    3) Wackernagel, u. d. W.
    4) Tobler, appenzell. Sprachschatz, S. 444 b.
    5) Kraft, deutsch-latein. Wörterbuch, unter Winzer; Rich, unter vinitor.
    6) Benecke, Grimm und Ziemann, u. d. W.
    7) Rich, unter Tornus.
    8) Grimm, u. d.W.
    9) Wackernagel, unter tuom; Grimm, unter Dom.
    10) Wackernagel, unter tungen.
    11) Ziemann, unter spelte; Schmeller, IIII. S. 564.
    12) Wackernagel, unter spër; Rich, unter Sparum.
    13) Rich, unter Solea; Ziemann, unter sol; Schmeller, III. S. 231.
    14) Benecke, mittelhochd. Wörterb., unter mubel.



Metall (metallum), - das Kupfer, ahd. kuphar (cuprum), - der Priester, abd. briester, prister, altfr. prestre (presbyter), - der Bischof (episcopus), - die Bolle (follis) oder Knospe, - der Römer oder das Rheinweinglas, welcher Name beweiset, dass die Römer an den Rhein das Glas und den Wein, oder das Glas mit dem Weine gebracht haben, 1) und woran sich der Bischof als Getränk reiht, mehr aber der Bierpapst der Studenten, - der Kelch (calix, ) als heiliges und profanes Gefäss, - das Kloster (claustrum), der Kenel, Kanel, Kanal oder die Rinne, von canalis, 2) - die Kanne, ahd. channa (cantarus, ), 3) - der Kult und die Kultur, mit der Sculptur (cultus, cultura und sculptura), - irren (errare) und der Irrthum (error), - die Arche, mhd. arke (lat. arca), 4) - der Acker, goth. akrs, ahd. accar (ager, ), 5) - die Achsel, ahd. ahsel, ahsla (axilla, ), 6) - die Axe, mhd. ackes, später ax und in der Mehrzahl exe, althd. achus, akiz; (lat. ascia), 7) - der Eren (area, aira) oder die Hausflur, der Vorsaal, 8 - die Ae, der Aabach, althd. aha (aqua), goth. ahva, das Wasser, der Bach, der Fluss, 9) - die Ecke, besonders auch einer Waffe oder deren Spitze und Schneide (acies, acus, ), - das Kamel (camelus), der Elephant (elephantus) und das Element (elementum), - der Esel, goth. asilus (lat. asinus), - der Erzengel (archangelus) und der Engel (angelus), - der Falke (falco), 10) - die Fabel (fabula), - die Fähigkeit (facultas), - das Pergament (membrana per gamena) und das Papier (papyrus), - der Altar (altare), 11)




    1) Vergl. auch Semper, II. S. 76 und 77.
    2) Benecke, u. d. W.
    3) Benecke und Wackernagel, u. d. W.
    4) Benecke.
    5) Wackernagel.
    6) Wackernagel.
    7) Benecke.
    8) Wackernagel.
    9) Wackernagel.
    10) Wackernagel.
    11) Otte, a. a. O., S. 24 ff.



- der Chor (chorus) der singenden Geistlichkeit, 1) -der Lettner (lectorium) oder Lesepult u. s. w. 2)

Auch die Tuchfabrikation und was damit zusammenhängt, welche mit dem ersten Aufblühen der deutschen Städte nebst dem Tuchhandel als eines der ersten oder auch als das erste der städtischen Gewerbe hervortritt, 3) stammt ohne allen Zweifel noch aus der römischen Zeit, indem sie sich als eine deutsche oder überhaupt neue Erfindung unmöglich so schnell, so hoch und so allgemein hätte erhoben können. Ueber das römische Gewerbsleben und besonders über die Tuchweber (collegium textorum panni), so wie über die Tuchwalker (fullones), welche ansehnliche Innungen bildeten, 4) haben wir durch die Ausgrabungen zu Herculanum und Pompeji solche genaue Aufschlüsse erhalten, dass sie jeden Unbefangenen aufklären und überzeugen müssen, woher das deutsche städtische und gewerbliche Leben seinen Ursprung genommen habe. Am frühesten wohl erhob sich in den flandrischen und brabantischen Städten die Tuchfabrikation und der Tuchhandel auf eine seltene Höhe und begründete seit dem 12ten und 13ten Jahrh. den ausserordentlichen Wohlstand dieser Städte, weshalb dieselben auch sehr frühe mit besonderer Rücksicht auf den Tuchhandel geräumige und glänzende städtische Verkaufshallen einrichteten, z. B. Brügge, 5) Gent, Löwen, Mecheln, Ypern. In der Schweiz scheint auch die Stadt Zürich eine solche Verkaufshalle für die Tuchhändler bei der Wasserkirche besessen zu haben. In Cöln, Mainz, Worms und Speier,




    1) Otte, S. 11.
    2) Otte, S. 12.
    3) Vergl. z. B. bei Rössler, das altprager Stadtrecht, die Art. 29, 58 und 96 des Statutarrechtes; Heusler, Verfassungsgesch. der Stadt Basel im Mittelalter, Basel 1860, S. 116; Arnold, das Aufkommen des Handwerkerstandes im Mittelalter, Basel 1861, S. 28 ff.
    4) Guhl und Koner, II. S. 235 ff.; Rich, illustrirtes Wörterbuch der römischen Alterthümer, unter Fullonica und Fullonium, woselbst der Grundriss der zu Pompeji ausgegrabenen Werkstätte eines Walkers abgebildet und beschrieben ist, wie daselbst auch Pullo zu vergleichen ist.
    5) Abgebildet bei Schnaase, VI. S. 157.



also in 4 mittel- und niederrbeinischen Städten, bildeten die Tuchweber die oberste Zunft; zu Basel war die Grautücherzunft wenigstens die erste nach den Herrenzünften und wurde nachmals mit derjenigen der Kaufleute vereinigt. 1) Die älteste bekannte Zunfturkunde ist diejenige der Bettziechweber der römischen Stadt Köln vom J. 1149, welche Weber gleichfalls eine Bruderschaft bilden und durch die Urkunde a communi bono fraternitatis ein Mitrecht an dem Platze der Leinweber erhalten. Köln hatte um diese Zeit mehrere Weberinnungen und diese, wie überhaupt die städtischen Zünfte, erwarben in demselben Verhältniss, in welchem sie aus der Hofhörigkeit und Abhängigkeit heraustraten und sich den täglichen Dienstleistungen an den Grundherren entziehen konnten, das Marktrecht (forum rerum venalium), - das Recht, für sich selbst zu arbeiten und ihre Arbeiten auf dem offenen Markte zu verkaufen. Das römische Marktrecht, 2) der Handel und die städtische Freiheit und Wohlhabenheit sind daher gleichbedeutend und ebendeshalb erscheinen auch in jenen Zeiten die Tuchmacher oder Tuchweber (pannifices) mit den Tuchhändlern (pannicidae), z. B. in dem Prager Stadtrechte aus dem 14ten Jahrh., in so inniger Verbindung. Zu Zürich, woselbst in einer Urkunde der Benedictinerabtei Pfävers vom 6. Oetober 1315 auch bereits ein Heinrich Trueber als Wechsler genannt wird, 3) werden im J. 1336 unter den damaligen 13 Zünften aufgezählt:

  • eine Zunft der Tuchscheerer, Schneider und Kürschner;
  • eine Zunft der Wollenweber, Wollenschlager, Grautucher und Hutmacher;
  • eine Zunft der Leineweber, Leinwater und Bleicher. 4)

Auch zu Speier wurde im J. 1349 ein Zunftregiment mit 13 Zünften eingerichtet, worunter die Patricier die Zunft




    1) Arnold, S. 28.
    2) Eichhorn, St.- und R-Gesch., I. §. 173 und 243, 312.
    3) Mohr, Regesten, I. S. 24, Nr. 130, vergl. mit 365.
    4) Bluntschli, Staats- und Rechtsgesch. der Stadt und Landschaft Zürich, I. S. 323.



der Wechsler bildeten. 1) Zu Prag erscheint in dieser Zeit oder in der ersten Hälfte des 14ten Jahrh. das gewerbliche Leben und namentlich die Tuchfabrication noch weniger ausgebildet und getheilt; es werden neben den Tuchmachern und Tuchhändlern nur erwähnt die Schneider (sartores), die Mentler oder Flickschneider, welche keine neuen Kleider machen dürfen, und die nichtzünftigen Hofschneider, die bei den Landleuten arbeiten 2) Die Schneider bilden eine eigene Bruderschaft und Zunft, "vnd wer sich in Prag mit sneidere vil generen, der schol mit zwain vnd dreizzig grozzen pfening purger recht gewinnen gen richter vnd gen scheppfen, vnd soll darnach geben den maistern ein schok grozzer Prager pfening in ir bruderschaft vnd recht mit eynander, vnd swer sich dar auz zeicht vnder in, er sei maister ader werd maister, der hat sein recht verlorn; vnd derselbe, der maister werden will, sol purgen vor den scheppfen zezen vurzehn schok grozzer Prager pfening, daz er drei jar vnd drei tag mit der stat leid ybel. vnd gut." - Viel früher blühten aber Gewerbe und Handel in den rheinischen Städten auf und in Mainz hatte schon im J. 1099 die Weberzunft aus ihren Mitteln eine Kirche gebaut, wofür sie vom Erzbischof das Privilegium erhielt, dass sie hinfort zu dieser Kirche gehören solle. In Worms wurde das schwarze grobe Wollentuch schon 1114 von Heinrich V. einer Abgabe unterworfen; auch wurde frühe zu Worms den Webern die Wahl der Gemeindevorsteher, deren jedes Kirchspiel 4 hatte, eingeräumt. Schon im 11ten Jahrh. gingen wie aus den niederländischen so aus den rheinischen Städten die groben wollenen Tücher als der wichtigste Ausfuhrartikel nach Italien, besonders nach Florenz; 3 ) dort wurden sie geschoren, gefärbt, appretirt und dann nach dem Orient vertrieben. Allein die Florentiner Tuchhändlerzunft bezog zu Anfang des 14ten Jahrh. für 300,000 Gulden Tücher und es lebten damals zu




    1) Arnold, S. 49. Vergl. auch noch Besoldi thesanrus pract., I. und II. unter Zunft.
    2) Art. 33 des Statutarr. bei Rössler, S. 23.
    3) Vergl. auch Semper, der Stil, I. S. 143 ff.



Florenz 30,000 Einwohner von Tuchhandel und Weberei; es wurden jährlich 70 - 80,000 Stücke Tuch verfertigt und es bestanden 200 Gewölbe, welche sich später auf 275 vermehrten, für Wollenverkauf. Bezeichnend für die gewerbliche Entwicklung und Blüthe der oberrheinischen Städte ist es, dass z. B. nach einer Urkunde des Stiftes Creuzlingen von 1421 der Zunftmeister und die Zunft der Kürsner, 1) welche somit zu Constanz eine besondere und alte Zunft ausmachten, 22 Pfund Pfenninge zu einem Baue ihrer Trinkstube entlehnten; 2) in einer andern Creuzlinger Urkunde vom J. 1495 wird ein Zunftmeister der Rebleute zu Constanz erwähnt. 3) Die Nothwendigkeit und Nützlichkeit der mit der Kleidung der Menschen sich beschäftigenden Gewerbe, wie auch der Gewerbe, welche die Ernährung, Unterbringung und Bewaffnung derselben zum Gegenstande haben, bewirkte selbstverständlich, dass sie nicht allein überall mit den Menschen fortbestanden, sondern auch von Denjenigen, welche sie noch nicht besassen, aufgenommen wurden. Da nicht einmal behauptet wird, es sei in Italien, Gallien und Britannien jemals die alte römische Bevölkerung vollständig untergegangen und ausgerottet worden, dauerten mit dem Volke auch die alte Bildung, Handwerke, Künste und Wissenschaften fort und übertrugen sich von ihm auf die später dahin gekommenen germanischen Völker. So lange diese Völker nur noch dem Ackerbau und auf dem Lande lebten, war die Betreibung der Gewerbe eine bäuerliche, eine ländliche und gutsherrliche, d. h. nur dem Dienste des Gutsherrn bestimmt, - die Handwerker waren gutsherrliche Diener und Dienstboten; nachdem aber die Germanen in Städten zu leben anfingen, wurden auch die Gewerbe städtisch und die Handwerker freie Stadtbürger unter anfänglich noch von den Grundherrn, bald aber selbst erwahlten Zunftmeistern; manche Gewerbe und vorzüglich der Handel, der Luxus, die Kunst und Wissenschaft zogen erst mit den Städten und in dieselben ein.




    1) Vergl. über das hohe Alter der Kürsnerzunft Semper, I. S. 99 ff.
    2) Mohr, Regesten, II. S. 31, Nr. 294.
    3) Mohr, II. S. 39, Nr. 431.



Zu Paris finden wir im J. 1258 oder zu den Zeiten der Verwaltung des Boileau die Zunft der Walker (des foulons) als eine hergebrachte und lange bestehende,1) (wie sie neben den Tuchhändlern und Tuchscheerern im 15ten Jahrh. z. B. auch zu Lucern gefunden wird) 2) so dass ihr römischer Ursprung, wofür ganz besonders auch der Name zeugt, kaum in ernstlichen Zweifel gezogen werden dürfte. Ihr Statut beginnt: "Quiconques veut estre foulons à Paris, estre le puet franchement, sans achater le mestier du Roy." Ueber die erforderlichen Eigenschaften des einzustellenden Gesellen und Lehrlings ist bestimmt: "Nus foulons (kein Walker) ne puet ne ne doit metre en oevre nul vallet ne nul aprentis houlier 3) ne larron ne murtrier, ne bani de vile pour vilain cas; ne nul vallet s'il n'a xij denrées 4) de robe au mains. Et se li vallet savoient que en leur conpaignie eust aucune des personnes dites, il le devroient faire savoir au mestre tantost que il le sauroient u. s. w." Unmittelbar darauf wird verordnet: "Li vallet conmandé à année 5) sont tenu d'aler en I'oevre de leur mestres à l'eure et au point que li maçon et li charpantier vont en place pour eus alouer. Et se li vallés ne sont conmandé, cil doivent aler en la place jurée à l'Aigle ou quarrefour des chans (gens) pour eus alouer, se alouer se voelent à l'heure et point devant dite, se il n'i lessoient à par banie." Besonders bedeutsam ist für uns hier die Zusammenstellung der Walkergesellen mit den Maurern und Zimmerleuten, mit welchen letztern sie zu den gleichen Zeiten bei ihrem




    1) Depping, a. a. O., S. 130 ff.
    2) Segesser, Rechtsgesch., II. S. 385.
    3) Nach Depping ist hotilier = fripon, mauvais sujet, - nach Dupin und Laboulaye = déauché, ribaud.
    4) Denrée ist nach Dupin und Laboulaye, glossaire de l'ancien droit francais, aus dem lat. denarata = toute espéce de marchandise; tout ce qui se vend à beaux déniers comptants. Der in Arbeit (en oevre) zu nehmende Geselle soll gut bekleidet sein, seine gehörigen Kleider haben, was nach einer uralten Rechtsanschauung oder vielmehr nach dem alten Duodecimalsysteme dahin aus gedrückt wird, dass er xij denrées (dénerées) de robe haben solle.
    5) Nach Depping = retenu en engagé pour l'année.



Dienstherrn eintreten sollen. Hatten die Walkergesellen noch keinen Dienstplatz und suchten einen solchen, mussten sie auf dem für derartige Gesellen bestimmten Kreuz- oder Eckplatze (quarrefour, carrefour) beim Gasthause zum Adler in der Nähe der Kirche von St. Gervais, nicht weit vom Grèveplatze, sich aufstellen und warten. Haben die Gesellen einen Dienstplatz, sollen sie denselben beziehen "sanz asamblée et sanz banie, à l'heure devant dite." Sanz asamblée, welches Depping für sans attroupement erklärt, hat hier wohl den Sinn, dass sie still und ruhig, ohne lärmende Begleitung an ihren neuen Dienstort ziehen sollen. Aus einer Anmerkung Deppings geht hervor, dass die Maurer, welche Dienste suchen, sich noch dermalen zu Paris bei einer Ecke des Grèveplatzes am Morgen aufstellen. Das Statut der Walker allein enthält das ausdrückliche Verbot: "Doi mestre du mestier ne pluseur ne pueent estre conpaignon ensamble en un hostel", welches Verbot Depping aber bei allen Zünften geltend glaubt. Das Verbot ist offenbar im Interesse des Publikums erlassen, damit dasselbe nicht von einigen verbundenen Meistern ausgebeutet werden könne. In der revidirten gemeinen deutschen Steinmetzordnung vom J. 1563 ist gleichfalls die Verordnung enthalten: "Es sollen auch nit zwen Meister ein werck oder ein gebew gemein mit ein ander haben; Es were dann, dz es ein kleiner baw were, der in jarsfrist ein end nemme: den mag man wol gemein haben mit dem, der ein mitburger ist." Krause, II. 1. S. 298, bemerkt hierzu, man sehe da schon den Einfluss des städtischen Zunftwesens, welches jederzeit bestrebt sei, fremde Kunstgenossen von einträglichen Arbeiten auszuschliessen, und höchstens Ortsgenossen die Theilnahme nicht versage. In der ursprünglichen deutschen Steinmetzordnung vom J. 1464 lautet die Stelle: Es sollent auch nit zwey Meister, ein Werk oder ein Gebäue gemein mit einander haben, Es wer den dass es ein kleiner Gebeue were der in Jorsftyst ein ende näme ungeverlich, den mag wohl gemeyn haben mit dem der ein mytbruder ist." - Krause folgert, II. 1. S. 272, nebenbei hieraus, dass die Ausdrücke: ein Mitbruder sein, ein Geselle des Steinwerks sein, in der Ordnunge sein, die gleiche Bedeutung haben.





Es gehört auch hierher, das vielfach in den alten Gewerbsgesetzgebungen, z. B. zu Lucern, 1) vorkommende und dem römischen Rechte entlehnte Verbot, dass Niemand zwei Handwerke neben einander betreiben dürfe, um das Uebergewicht des Reichthums, die Concentration der Gewerbe in wenigen Händen zu verhindern und möglichst Vielen Erwerbsfähigkeit zu verschaffen. Aus diesem alten Handwerksverbote ist bei den Freimaurern das Verbot geworden, dass Niemand als actives Mitglied mehreren Logen zugleich angehören könne. - Die Walker von Paris haben jährlich zwei Mal, zu Johanni und zu Weihnachten, zwei Gesellen und zwei Meister zu Viermännern (iiij preudeshommes et loiaz) zu erwählen, welche der Prévôt die Aufrechthaltung der Gebräuche des Handwerks eidlich angeloben lassen wird. Dieses Wahlrecht der Walker ist ein ausnahmweises und wird in der Weise geübt, dass die alten Viermänner beim Ablaufe ihrer Amtsdauer, je die 2 Meister 2 Gesellen und die 2 Gesellen 2 Meister dem Prévôt zur neuen Ernennung vorschlagen. Vier Geschworne oder Viermänner des Handwerks kommen übrigens auch an andern Orten, z. B. zu Prag, 2) häufig vor. Als mit den Walkern verwandte Zünfte erscheinen noch besonders in der Statutensammlung des Boileau diejenige des Tapissiers de tapiz sarrasinois, 3) des Tapissiers de tapiz nostrez, 4 ) des Tainturiers, 5) des Toisserans de lange (der Wollenweber), 6) des Tailleurs de Robes, 7) des Liniers (der Leinwandhändler), 8) des Chavenaciers (canevassiers, Canevasshändler, Händler mit grober oder ungebleichter Leinwand), 9) des Marchands de chanvre et del file (der Hanfhändler), 10) des Chauciers




    1) Segesser, Rechtsgesch. der Stadt und Republik Lucern, II. S. 369, 391 und 392.
    2) Rüssler, S. 58, Art. 96 des St.-R.
    3) Depping, S. 126.
    4) Depping, S. 129.
    5) Depping, S. 135.
    6) Depping, S. 113.
    7) Depping, S. 142.
    8) Depping, S. 144.
    9) Depping, S. 149.
    10) Depping, S. 148.



(chaussetiers, der Strumpfmacher), 1) welche auch eine eigene Bruderschaft ausmachten, so dass man in die Zunft und in die Bruderschaft nur zugleich eintreten konnte, u. s. w. Die Statuten der Wollenweber gehören zu den umfangreichsten der ganzen Sammlung des Boileau, da sie die Tuchmacher und Tuchhändler zugleich umfassen und damals Paris neben St. Denis und Lagny sehr viele gewöhnliche Tücher fabricirte, was sich späterhin verlor. Die sarazenischen Teppiche scheinen Luxusteppiche gewesen zu sein, welche den orientalischen nachgeahmt wurden und daher den Namen der sarazenischen trugen. Ein solcher Teppichwirker darf nicht mehr als einen Lehrling annehmen und auf nicht weniger als 8 Jahre; der Lehrvertrag darf nur in Gegenwart von zwei oder drei Sachverständigen abgeschlossen werden; kein Geselle darf eingestellt werden, der nicht wenigstens vorher beschworen hat, gehörig gelernt zu haben und losgesprochen worden zu sein; keine Frau darf das Handwerk ausüben, weil es zu schwer ist. Beim Nachtlicht darf nicht gearbeitet werden. Diese Teppichwirker arbeiten, wie ihre Statuten erklären, blos für die Kirchen, für die Edelleute und für die Vornehmen, wie für den König und die Grafen; deshalb sind sie auch vom nächtlichen Wachtdienste befreiet, Die Bruderschaft der Tapetenwirker hatte ihre Kapelle in der Kirche der Saints-Innocens. Die Tapissiers de tapiz nostrez woben, wie es scheint, grobe farbige Bettdecken und dergleichen von Wolle. - Die Leinwandhändler hatten auch weibliche Arbeiterinnen (ouvrières), welche aber 6 Jahre oder länger gelernt haben mussten. - Im Innern Deutschlands war Halle für den Tuchhandel ein sehr wichtiger Tuchhandelplatz; feine Tücher aller Art wurden hier verkauft und vorzüglich nach Pommerland versendet. 2)

Auch das Münzrecht erscheint gleich dem Handwerks- und dem Marktrechte als eine wesentliche Befugniss der mittelalterlichen Städte, und wo im frühern Mittelalter das eine oder das andere Recht, namentlich das Münzrecht angetroffen wird, darf es im Allgemeinen als ein Ueberrest




    1) Depping, S. 138.
    2) Mannert, Gesch. der Deutschen, II. S. 546.



des römischen Städtelebens 1) angesehen werden, wie dieses auch Mannert, a. a. O., und Eichhorn, Staats- und Rechtsgesch., I. §. 89, annehmen. Man dürfte darnach die Reichsstädte erklären als die aus dem römischen Reiche noch erhaltenen Städte, oder Orte mit städtischen Rechten, wie vorzüglich mit dem Markt- und mit dem Münzrechte. Wo diese Städte den Bischöfen erlagen, erlangten diese begreiflich auch das Münzrecht. So heisst es z. B. in einer Urkunde Otto II. vom J. 974 bei Boehmer, regesta, Nr. 464: "Monetam, quod hactenus ad ipsius praefate civitatis conpertinere et servire videbatur - (episcopo) in perhenne proprium donavimus." Die Marktvorsteher und Münzmeister, die Markt- und Münzpolizei neben der Polizei über die Handwerke sind daher überall die Grundlage der sich ausbildenden städtischen Verfassungen und Verwaltungen. Neues wird seltener erfunden und eingeführt, aber dass das Vorhandene übertragen und weiter gebildet werde, liegt im natürlichen und gewöhnlichen Gange des Lebens und der Geschichte. Die seit dem Anfange des 10ten Jahrh. aufkommenden und stets mehr und mehr verlangten königlichen oder kaiserlichen Städteprivilegien 2) sind nichts anderes, als die Bestätigung und Ausdehnung der noch bestehenden römischen Städteverfassung, der römischen Märkte, Münzen und Handwerke vorzüglich, für die alten oder neu gegründeten Städte. 3) Das römische Recht drang noch mehr von den Städten mit dem gesammten römischen Leben und römischer Gesittung in Deutschland ein, als durch die italienischen Universitäten und die dort gebildeten Doctoren juris utriusque, - juris civilis et canonici. Die Reichsstädte waren so sehr die letzten Trümmer 4) einer geordneten Reichsverwaltung, dass nur mit ihrer Hülfe in Frankreich die centrale königliche Gewalt begründet wurde und bei klugerer Benützung in Deutschland hätte begründet wer-




    1) Vergl. auch Brunn, Gesch. der griech. Künstler, II. S. 415 ff.: "Die Münzstempelschneider"; Weiske's Rechtslexikon unter Münzen.
    2) Mannert, II. S. 544 ff. vergl. mit S. 559 und I. S. 378 ff.
    3) Vergl. auch Unger, die altdeutsche Gerichts-Verfassung, §.48.
    4) Vergl. auch Eichhorn, St.- und R.-Gesch., Il. §. 296.



den können; in dieser Beschränkung ist die Geschichte der Städte auch die Geschichte der königlichen und kaiserlichen Macht und Gewalt.

Ferner müssen die Schmiede und Schlosser (fabri ferrarii) 1), die Waffenhandwerker für die Krieger zu Ross und zu Fuss, als eine römische Stiftung oder Ueberlieferung angesehen werden. 2) Die grossen Kritiker und Rationellen sollten doch einmal darthun, wie sich denn bei den Deutschen nicht die niedrigen Handwerke, denn minima non curat praetor, - homo literatus et criticue, - aber doch die ganze Waffen-, Kriegs- und Befestigungskunst erfunden und entstanden denken. Helm und Schild, Harnisch oder Panzer, Arm- und Beinschienen, Schwert und Lanze, die kriegerische Ausrüstung und Bedeckung des Ritterrosses sollte man, wenn nicht geführt, doch wenigstens in der Abenddämmerung gesehen haben, um über deren Erfindung und Gebrauch reden zu dürfen. Die Städtebildung, die Städterechte und Freiheiten gehen daher, auch zufolge Mannert, von den italienischen oder lombardischen, d. h. von römischer Anregung und Fortwirkung aus. Zur Entstehung und Befestigung der Städte gehörten um so wesentlicher die die Waffen verfertigenden und führenden Handwerker, als sonst die Stadt waffen-und vertheidigungslos war. 3) Daran schliesst sich die Metalltechnik überhaupt, worin im Alterthume sich die Etrusker im Abendlande vorzüglich auszeichneten und die auch im Mittelalter bald auf eine hohe Stufe der Ausbildung stieg, indem sie besonders zur Ausschmückung oder Anfertigung der Kirchenthüren nach dem Vorgange des Alterthums benützt wurde. 4) Die Goldschlägerei war zu des Plinius Zeiten zu Rom sehr ausgebildet.5)




    1) Rich, unter Ferrarius; Beck, Anleitung I. 1. S. 383 ff.
    2) Mannert, II. S. 551 und I. S. 380 oben; deutsches Kunstblatt, Berlin 1855, S. 50, woselbst die mittelalterliche Bewaffnung aus dem Oriente abgeleitet wird.
    3) Vergl. auch W. Arnold, das Aufkommen des Handwerkerstandes im Mittelalter, Basel 1861.
    4) Semper, I. S. 366 ff.
    5) Winckelmann's Werke, V. S. 432 ff.



Unter den vielen kirchlichen Teckniken und Künsten, welche die Christen mit aus dem Alterthume herübergenommen und nur den christlichen Zwecken und Ideen dienstbar gemacht haben, ist die wenig beachtete, aber im Mittelalter doch bedeutsame und noch heute in den katholischen Ländern vielgebrauchte Wachsbildnerei hervorzuheben. Diese Wachsbildner, bei den Griechen , bei den Römern wahrscheinlich sigillarii, sigilliariarii geheissen, bildeten bei den Alten vorzüglich kleine Bildchen und Fruchtstücke, 1) im Mittelalter Heiligenbilder für Reliquienkästen besonders, deren noch viele erhalten sind. Ein magister Guglielmus Anglicus machte im J. 1357 ein lebensgrosses Wachsbild der Gräfin von Savoyen für den Dom zu Lausanne und erhielt dafür nach den gräflichen Rechnungen neben der Lieferung von 334 Pfund Wachs die Bezahlung von 64 Franken. 2) Nach Böttiger gaben bei den Griechen, bei denen die Künstler ihre ersten Modelle mehrentheils in Wachs bildeten, 3) und bei den Römern die Adonisfeiern oder Adonien die Hauptveranlassung zur Wachsbildnerei, da sie zu einer Jahreszeit gefeiert wurden, in welcher es wenige Blumen und keine reifen Früchte gab, daher zur Festfeier aus Wachs eben so niedlich als täuschend nachgebildet wurden. Vielleicht lag selbst Adonis, nur in Wachs geformt, auf dem Catafalke oder Castrum doloris, wie solche heiligen, blutigen Leichname von Wachs vielfach in den katholischen Kirchen vorkommen und wie bei den Maurern ursprünglich auch der erschlagene Hiram gewiss ein Wachsbild war; jedenfalls waren die Adonisgärtchen 4) oft blosse Wachsgärtchen, Wachskörbchen. Weibliche Künstlerinnen sind in der Wachsbildnerei bei den Christen und bis herab auf die neuern Zeiten nicht selten, so sich z. B. darin im 17ten Jahrh. Catharina Questier zu Amsterdam wie auch in andern bildenden Künsten hervorthat; 5) ebenso die im




    1) Böttiger, Sabina, I. Beilage zur dritten Scene: "Wachsfrüchte und Wachsblumen der Alten."
    2) Schnaase, Vl. S. 591 Anm.
    3) Winckelmanns Werke, I. S. 40 ff.
    4) Symbolik, I. S. 610.
    5) Guhl, die Frauen in der Kunstgesch., S. 116.



J. 1607 zu Köln von niederländischen Eltern geborene Anna Maria Schurmann, - Johanna Sabina Preu, 1) Rosa Elisabetha Schindel, 2) In der römischen Kaiserzeit zeichnete sich Alexandria durch die Verfertigung schön gemalter und bis zur höchsten Täuschung nachgeahmter Wachsfrüchte aus, wie es auch damals in der Blumenzucht und durch seine sinn- und kunstvoll geflochtenen Blumenkränze, welche weithin versandt wurden, glänzte und überhaupt seit den Zeiten Alexanders des Grossen zum Hauptsitze des griechisch-asiatischen Luxus, zum griechischen und spätern römischen Paris geworden war. 3) Viele ägyptische Blumenhändlerinnen und Sträussermädchen hatten sich im kaiserlichen Rom niedergelassen. Rom war wirklich insofern die Hauptstadt aller römischen Länder und Völker geworden, als es in sich nicht blos die Religionen, Künste und der unterjochten Länder und Völker zu vereinigen strebte, sondern diese Völker selbst als Sklaven oder auch als freie Diener nach der herrschenden Kaiserstadt kommen und hier mit Allem, was sie konnten und wussten, den übermüthigen Römern und Römerinnen dienen mussten. Vorzüglich strömten aber in Rom Asien, woher auch zahlreiche Juden kamen, - die Aegypter und besonders die alexandrinischen, und die Griechen aus allen Theilen und Städten Griechenlands zusammen und Rom band und mischte alle Welttheile zu sammen. - Das auch in der Baukunst so bedeutende Kranzwesen, indem die Kränze begrenzen, ist aber bei den Griechen und Römern ganz besonders von den Aegyptern ausgegangen und die darin liegende Symbolik ist ursprünglich eine ägyptische. 4) Auch die Kirchenfahnen und die Flaggen erscheinen schon bei den Aegyptern; sind wohl von ihnen entlehnt.5) - Kaiser Helogabalus liess zum Scherze nach Lampridius seinen Gästen auch blosse Wachsgerichte vorsetzen. - An die Wachsbildnerei




    1) Guhl, S. 131.
    2) Guhl, S. 155.
    3) Böttiger, Sabina, I. S. 231.
    4) Semper, der Stil, I. S. 15 Anm.; Rich, Wörterbuch, unter Corona.
    5) Vergl. Semper, I. S. 22.



schliesst sich dann an die Malerei in Wachs, die enkaustische, wohl auch Aegypten entlehnte Malerei. 1)

Noch in einer andern Richtung tritt uns im Mittelalter die erhaltene römische Technik und sogar die römische Zunftverfassung entgegen, nämlich in der Zunft oder Gilde der Brückenbauer, in den fraters pontifices im südlichen Frankreich oder in der Provence längs des Rhoneflusses. Das Bedürfniss, stets auf das Sorgfältigste im Rhonethale die Dämme und Wuhren zu unterhalten, um gegen die Ueberschwemmungen des nicht selten eben so heftig als mächtig anschwellenden Flusses gesichert zu sein, hatte im südlichen Frankreich, woselbst sich ja überhaupt das römische Recht (droit écrit) und Wesen erhalten konnte, auch den Damm- und Brückenbau und damit die Corporation der Damm- und Brückenbauer fortbestehen lassen. Aus dieser Corporation hatte im J. 1333 Bischof Johann Druzie von Prag aus Avignon, wo er sich früher am päpstlichen Hofe aufgehalten hatte, einen Meister Wilhelm mit seinen Gehülfen auf ein Jahr nach Böhmen kommen lassen, um die Erbauung einer Brücke über die Elbe bei Raudnitz zu beginnen und den Böhmen dazu den nöthigen Unterricht und Anleitung zu ertheilen, worauf Böhmen und Franzosen gemeinsam die Brücke vollendeten. 2) Bei den Römern und zu Rom an der Tiber war der Brücken- und Dammbau uralt oder mit Rom selbst gleich alt, weshalb von dem Brückenbau der Name der pontifices, der höhern Priesterschaft abgeleitet wird 3) und diese zugleich wesentlich die Zunft der Brückenbauer unter dem Oberzunftmeister, das collegium pontificum mit dem pontifex maximus bildete, was zugleich einen höchst bedeutsamen Blick in die ersten Zustände und Einrichtungen des entstehenden Roms eröffnet. Die Priesterschaft war damals noch im ausschliesslichen Besitz alles eigentlichen Wissens und namentlich auch des höhern technischen, so dass die Leitung und Sorge des Brückenbaues in dem jungen Rom nur der in solchen Dingen noch am ehesten kundigen und




    1) Semper, I. S. 469 ff.
    2) Schnaase, Vl. S. 308.
    3) Creuzer, Symbolik, IV. S. 531.