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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht auf die Mythologieen und Mysterien des Alterthums
von Dr. Jos. Schauberg, Zürich 1861

B a n d I. - Kapitel VII



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Das maurerische Abkürzungszeichen der drei Punkte.

Der Zusammenhang der heutigen Freimaurerei mit dem Alterthum und besonders mit Aegypten ergibt sich zuweilen aus anscheinend ganz untergeordneten und unscheinbaren Dingen und Zügen, welche aber dennoch als unbestreitbare historische Zeugnisse die höchste Beachtung verdienen. Gewiss gebrauchen täglich Tausende von Brüdern das maurerische Abkürzungszeichen der drei Punkte und die Verdoppelung des Anfangsbuchstabens zur Bezeichnung der Mehrzahl, ohne näher daran zu denken, woher denn diese Gebräuche wohl zuletzt stammen und wie dieselben entstanden seien. Dass diese Gebräuche ägyptischen Ursprunges oder aus der ägyptischen Hieroglyphik entlehnt seien, kann mit vieler Sicherheit dargelegt werden.

Um das Alterthum und namentlich Aegypten recht zu verstehen und zu würdigen, darf nicht ausser Acht gelassen werden. dass bei ihnen die Religion und der Glaube das gesammte Leben überwiegend beherrschten, wesshalb alle Lebenseinrichtungen und Lebensverhältnisse nothwendig und naturgemäss eine religiöse Gestaltung und Färbung, eine gewisse symbolische Beziehung erhielten. Vorzüglich machte sich der Gedanke an eine Götterdreiheit, an einen dreieinigen Gott, womit zugleich die Vorstellung von den 3 Welten, des Himmels, der Erde und der Unterwelt zusammenhängt, überall und nach allen Seiten hin geltend und die heiligste Zahl, die schlechthin heilige Zahl war die Dreizahl; sie war die allgemein theilende, ordnende und angewandte Zahl. Darnach haben





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also die Aegypter drei Zeiten des Tages, des Monats und des Jahres und damit in Uebereinstimmung besonders 3 tägliche Anrufungen und drei grosse Jahresfeste der Gottheit. Der Gottheit beim Aufstehen und beim Niederlegen, so wie beim Mittagessen zu gedenken und zu opfern, war gewisser Massen eine Naturnothwendigkeit, lag in der innersten Natur der menschlichen Tagesverhältnisse begründet und ebenso stellen sich die 3 grossen religiösen Jahresfeste um die Zeit der neuen Sonne oder der Wintersonnenwende, des Frühlings und der Erndte oder auch des Herbstes, die Weihnachts?, Oster? und Pfingstfeiertage der Aegypter, Juden, Samaritaner und noch heute der Christen als natürliche dar. Entsprechend und ähnlich wurde auch das Beginnen der 3 Monatstheile bei den Aegyptern, 1) Griechen und Römern gefeiert. Wie dreifach der Schritt der Zeit ist, ? dreigetheilt der Tag, der Monat und das Jahr sind, ? der Morgen, der Mittag und der Abend oder die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft alle Zeit und alles menschliche Schicksal umfassen und die Gottheit, Jehova, Jao das Wesen ist, welches da ist, da war und da sein wird: ebenso und aus dem gleichen Grunde theilte auch das ägyptische Land sich in 3 Haupttheile, in Ober?, Mittel? und Unterägypten 2) - war ferner der ägyptische und der jüdische Tempel dreigetheilt in Vorhof, Heiliges und Allerheiligstes, und wurden alle menschlichen Handlungen, Bewegungen und Reden mehr oder weniger dreigetheilt, gerade wie dieses noch heute bei den Maurern der Fall ist. Fast in allen Bewegungen des Mundes, der Hände und Füsse der Maurer, ? in ihrem Handeln, Reden und Schreiben verkündet sich gleichmässig die Dreizahl. Was das Schreiben angeht, bediente sich schon die ägyptische Hieroglyphik, eine ursprüngliche Bilderschrift und später rein phonetische Schrift, indem jedes Hieroglyphenbild den Anfangsbuchstaben seines Namens ausdrückte, wie z. B. ein Adler den Buchstaben A, ein Baum den Buchstaben B, ein Löwe den Buchstaben L u. s. w. bei uns ausdrücken könnte, ? dreier Lotusblüthen an einem




1) Uhlemann, a. a. O., II. S. 82.
2) Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, II. S. 21.



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Stiele hinter allen Pflanzen, Kräutern und Blumen, ? dreier Körner oder Striche hinter Allem, was dem Mineralreiche angehört, ? und dreier Wellenlinien hinter allen Flüssigkeiten. 1) Um den Plural zu bezeichnen, wurde in der ägyptischen Hieroglyphik zunächst das Bild oder der Anfangsbuchstaben des phonetisch geschriebenen Wortes oder das Determinativ verdreifacht; 2) die gewöhnlichste Art der Pluralbezeichnung aber, welche sich in unzähligen Beispielen auf den noch erhaltenen ägyptischen Denkmalen vorfindet, war jedoch die, dass dem Bilde drei Striche beigefügt wurden. 3) Ebenso wurde nch Champollion, um den Superlativ zu bezeichnen, das Eigenschaftswort verdoppelt oder verdreifacht: der dreimal Grosse Thot oder Hermes Trismegistus ist der Grösste. 4) Den Dual, die Zweizahl, deutete die ägyptische Hieroglyphik durch Verdoppelung des Anfangsbildes oder Anfangsbuchstabens oder auch durch zwei Striche an. Nach ägyptischem Vorbilde gebrauchen nun auch die Maurer, welche keinen Dual haben, einfach die Verdoppelung des Bildes oder des Anfangsbuchstabens, z. B. oder BBr , SSchw , zur Bezeichnung der Mehrzahl, und drei Punkte dienen bei ihnen als allgemeines Abkürzungszeichen, d. h. bezeichnen die Mehrzahl der fehlenden Buchstaben, sind daher an sich die ägyptische Pluralbezeichnung der drei Striche. Selbst im allgemeinen Volksleben möchte es ein Ueberrest ägyptischer Sitte sein, dass Leute, welche nicht schreiben können, sich mit 3 Kreuzen unterzeichnen, d. h. durch drei ägyptische Striche ihren Namen andeuten oder abgekürzt geben. Gleichfalls auf Aegypten dürfte es zurückzuleiten sein, dass die Juristen in erbrechtlichen Stammbäumen oder auf erbrechtlichen Tafeln die Männer durch einen Kreis und die Frauen durch ein Viereck oder auch Dreieck bezeichnen. In der ägyptischen Hieroglyphik wurde das weibliche Geschlecht durch einen Halbkreis oder auch durch einen Halbkreis und ein




1) Uhlemann, a. a. O., I. S. 62.
2) Uhlemann, a. a. O., I. S. 63.
3) Uhlemann, a. a. O., I. S. 62.
4) Uhlemann, a. a. O., II. S. 171.



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Ei angedeutet. 1) Die zwei verschlungenen oder vereinten Hände der Maurer sind vermuthlich auch die ägyptische Hieroglyphe für sich lieben, vereint oder verbunden sein, wie diese Hieroglyphe wohl selbst in dem ägyptischen Thierkreise in dem Sternbilde der Zwillinge erscheint, indem ein Jüngling einer Jungfrau die Hand reicht oder diese an der Hand führt.

Wenn die Maurer drei Punkte als bloses Abkürzungszeichen gebrauchen und z. B. schreiben: "Sehr ehrw M v St!" für "Sehr ehrwürdiger Meister vom Stuhl!", sollen hier die drei Punkte jedesmal nur die Mehrzahl der fehlenden oder noch kommenden Buchstaben bezeichnen, so dass also auch diese Abkürzungsweise sich vollkommen an die hieroglyphische Schreibweise der Aegypter anschliesst.