Die Zauberflöte - Bruder Alberti und das Frontispiz des Programmheftes zur Uraufführung 1791 (Seite 29)



Gewoelbeuebersicht


Der Adept, der sich seiner Kleidung entledigt hat, hat mit ihr die Abzeichen seines Standes abgelegt. Erinnern wir uns an die folgende Stelle im 2. Aufzug, 1. Auftritt, der Zauberflöte:

Sarastro:

(nach einer Pause)
Ihr, in dem Weisheitstempel eingeweihten Diener der großen Götter Osiris und Isis! Mit reiner Seele erklär ich euch, daß unsere heutige Versammlung eine der wichtigsten unserer Zeit ist. Tamino, ein Königssohn, zwanzig Jahre seines Alters, wandelt an der nördlichen Pforte unseres Tempels und seufzt mit tugendvollem Herzen nach einem Gegenstande, den wir alle mit Mühe und Fleiß erringen müssen. Kurz, dieser Jüngling will seinen nächtlichen Schleier von sich reißen und ins Heiligtum des größten Lichtes blicken. Diesen Tugendhaften zu bewachen, ihm freundschaftlich die Hand zu bieten, sei heute eine unsrer wichtigsten Pflichten.

Erster Priester:
(steht auf)
Er besitzt Tugend?

Sarastro:
Tugend!

Zweiter Priester:
(steht auf)
Auch Verschwiegenheit?

Sarastro:
Verschwiegenheit!

Dritter Priester:
Ist wohltätig?

Sarastro:
Wohltätig! - Haltet ihr ihn für würdig, so folgt meinem Beispiele.
(Sie blasen dreimal in die Hörner.)
Gerührt über die Einigkeit eurer Herzen, dankt Sarastro euch im Namen der Menschheit. Mag immer das Vorurteil seinen Tadel über uns Eingeweihte auslassen, Weisheit und Vernunft zerstückt es gleich dem Spinnengewebe. Unsere Säulen erschüttern nie. Jedoch das böse Vorurteil soll schwinden, sobald Tamino selbst die Größe unserer schweren Kunst besitzen wird. - Pamina, das sanfte, tugendhafte Mädchen, haben die Götter dem holden Jüngling bestimmt; dies ist der Grund, warum ich sie der stolzen Mutter entriß. Das Weib dünkt sich groß zu sein, hofft durch Blendwerk und Aberglauben das Volk zu berücken und unsern festen Tempelbau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht. Tamino, der holde Jüngling selbst, soll ihn mit uns befestigen und als Eingeweihter der Tugend Lohn, dem Laster aber Strafe sein. (Der dreimalige Akkord mit den Hörnern wird von allen wiederholt.)

Sprecher:
(steht auf)
Großer Sarastro, deine weisheitsvollen Reden erkennen und bewundern wir; allein wird Tamino auch die harten Prüfungen, so seiner warten, bekämpfen? Verzeih, daß ich so frei bin, dir meinen Zweifel zu eröffnen! Mir bangt es um den Jüngling. Wenn nun, im Schmerz dahingesunken, sein Geist ihn verließe und er dem harten Kampf unterläge? Er ist Prinz.

Sarastro:
Noch mehr - er ist Mensch!

Betrachtet man die Symbolik, so läßt sich die Eingangshalle mit einer Linie fortgesetzt durch den flammenden Stern in zwei Hälften teilen: In die Hälfte des Lebens und die des Todes. Der Jüngling hat dem Tod und seinen Symbolen den Rücken zugewendet. Auf ihn wartet eine Initiation. Aufgrund der Symbolik wird die Initiation den Grad des Lehrlings, den des Gesellen und den des Meisters in einem Durchgang bearbeiten. Gleiches wurde früher häufiger fürstlichen Personen ermöglicht.



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