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Freimaurerei, Freimaurerlogen, Freimaurer






Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht auf die Mythologieen und Mysterien des Alterthums
von Dr. Jos. Schauberg, Zürich 1861

B a n d II. - Kapitel XLVII



Wie wir besonders an dem katholischen Gottesdienste noch erkennen, bestand der ursprüngliche Gottesdienst wesentlich in einem Wechselgesange zwischen dem dienstthuenden Priester und der Gemeinde, jenem als dem eröffnenden und fragenden, dieser als der schliessenden oder der antwortenden, - oder auch zwischen den einzelnen Theilen der Gemeinde, z. B. zwischen zwei Männerchören, dem Chore der Alten und der Jungen, oder auch zwischen einem männlichen und einem weiblichen Chore. Die grosse Regel war der Wechselgesang zwischen dem dienstthuenden oder celebrirenden Priester und der versammelten Gemeinde. Ein solcher Wechselgesang, eine solche Wechselrede war namentlich auch der jüdische, der salomonische Tempeldienst und die Psalmen sind eine Sammlung der jüdischen Wechselgesänge und Wechselreden von David bis auf die Makkabäer, also aus einer Zeit von über acht Jahrhunderten. 1) Die Psalmen sind zweichörige, mit Blech- und Saitenmusik begleitete Tempellieder. Der Tempel- und Kirchendienst konnte sich durchaus nicht anders gestalten und deshalb war auch der Mysteriendienst, eine Art nur des allgemeinen Tempel- und Kirchendienstes, gleichmässig eingerichtet. Nicht immer aber übernimmt die Gemeinde selbst den Gegengesang, die Gegenrede, den antwortenden Gesang und die antwortende Rede, sondern an ihre Stelle kann auch ein untergeordneter Priester, der katholische Messdiener und Schullehrer oder irgend ein anderes Organ und anderer Stellvertreter der Gemeinde, bei den Maurern der erste und zweite Vorsteher treten, an welche letztere der Meister vom Stuhl, der vorstehende und vorsitzende Priester, sich je nach Umständen abwechselnd auftragend und fragend wendet. Immerhin aber bleibt als Grundgedanke der Priester und die Gemeinde, die Gottheit und die Menschheit, und diese, nicht auch jene können durch andere Menschen vertreten werden; der leitende Priester




    1) Bunsen, Gott in der Geschichte, I. S. 439 ff.; Böttiger, Ideen zur Kunstmythologie, I. S. 44.



ist und bleibt der einzige Vertreter Gottes. Nach demselben natürlichen Grundsatze ist auch der ganze maurerische Tempeldienst geordnet und gefügt, und es ist derselbe insofern blos eine Wechselrede zwischen dem Meister vom Stuhl und den beiden ersten Vorstehern als den Vertretern der Brüder, der maurerischen Gemeinde. Auch in dieser Form des Logen- und Tempeldienstes beurkundet sich die Alterthümlichkeit der Freimaurerei und je moderner eine kirchliche Einrichtung, eine Kirche ist, um so weniger trägt sie jenen alterthümlichen Charakter an sich und der Priester wird gleichsam von der anbetenden Gerneinde abgelöset und getrennt, wie der protestantische Gottesdienst in die einseitige priesterliche Rede, in die Predigt zusammengeschrumpft und abgestorben ist. Es darf für den Religionscultus, für den Tempel- und Kirchendienst unbedingt der geschichtliche Erfahrungssatz aufgestellt und kann zugleich sehr leicht philosophisch als ein nothwendiger, als ein vernünftiger begründet werden, dass je inniger die Verbindung zwischen Priester und Gemeinde, zwischen der Gottheit und der Menschheit ist, um so göttlicher und religiöser sich auch der Menschendienst, der menschliche Gottesdienst darstelle. Es darf aus diesem Gesichtspunkte auch als ein Grundsatz der religiösen Gesetzgebung, der Gesetzgebung des Tempel- und des Kirchendienstes, des Logendienstes aufgestellt werden, dass dabei möglichst die ganze Gemeinde betheiligt und bethätigt werden müsse und solle. Die Betheiligung und Bethätigung der Gemeinde kann dabei sein und ist eine zweifache, je nachdem sie mit dem Munde durch Gesang und Rede, - oder durch ein anderes Körperglied und durch körperliche Bewegung, z. B. der Hände, Arme und Füsse, durch Aufstehen und Niedersitzen oder Niederknieen, durch das Entblössen oder Bedecken des Hauptes, durch das Erheben oder Senken der Degen u. s. w. betheiligt und bethätigt wird. Die Mysterienweihe ist gleichfalls ein fortgesetzter Wechsel von Handlungen, hauptsächlich der prüfenden Rede zwischen dem Einweihenden und dem Einzuweihenden und auch ihre zweckmässige Einrichtung unterliegt dem vorangegebenen Grundsatze der Cultusgesetzgebung. Die musikalische Begleitung der religiö-





sen Wechselrede und des religiösen Wechselgesanges, religiösen Drama's ist zwar an sich oder ihrer Natur nach nur die Nebensache: allein dennoch wird der Kultus, der Tempel-, Kirchen- und Logendienst um so eindrucks- und gemüthvoller, um so erhebender und beseelender sein, je mehr und je passender die musikalische Begleitung in den selben eingeflochten und mit ihm zu einem schönen Ganzen verbunden wird. Durch seine regelmässige und grössere musikalische Begleitung, durch die Orgelbegleitung besonders, ist der katholische Gottesdienst an gemüth- und seelenvollem Eindrucke nach dem Urtheile und der Erfahrung aller Kundigen und Unbefangenen dem protestantischen, zumal dem kahlen und kalten reformirten Gottesdienste weit voranstehend.

Das hier über die Einrichtung des Tempel-, Kirchen- und Logendienstes im Allgemeinen Bemerkte gilt auch von den gemeinsamen Opfermahlen, von den maurerischen Tafellogen, bei denen die Hauptabsicht darauf gerichtet sein muss, sie vor dem Herabsinken und Ausarten in unreligiöse und profane Trinkgelage zu bewahren. Der Gesang und die Musik können hier als ein Hauptmittel der Zügelung und der Erhebung, der reineren Freude und Begeisterung angewandt werden und werden namentlich bei den maurerischen Tafellogen also angewandt, wie dieses in der Macht und Hand des vorsitzenden Leiters und Meisters steht. Auch die Maurerlogen haben ihre Psalmensammlung, ihre Sammlung von maurerischen Logen- und Tafelliedern. Die Tafelloge muss vorzüglich rituell, d. h. in gesetzmässiger und vorgeschriebener Ordnung, ohne durch deren Uebermass und allzu grosse Strenge lästig zu werden und zu ermüden, gehalten werden und wird ihre höhere Absicht um so vollkommener erreichen, je mehr und je länger sie eine rituelle ist und bleibt. Die niemals ganz zu vermeidenden Trinkgelage pflegen erst nach der aufgehobenen rituellen Tafelloge einzureissen, können aber auch hier noch durch gemeinsamen Gesang oder musikalische Vorträge und selbst durch einfache Reden gehemmt und gezügelt werden.

Die Rituale sind nun nichts Anderes als die Aufzeichnung und Vorschrift der bei dem Tempel-, Kirchen-





und Logendienste, in den förmlichen Logen und bei den förmlichen Tafellogen, bei den Aufnahmen besonders, zu haltenden Wechselreden, Wechselgesänge und besonders die ägyptischen, indischen und parsischen Priester waren frühzeitig darauf bedacht, derartige umfassende Rituale zu entwerfen, wie solche zum Theil noch jetzt in den Veden und in den parsischen Schriften, besonders auch bei den Katholiken vorhanden sind. In den katholischen Ländern besitzt das Volk eigene lateinische Ritual- und namentlich Messbücher, worin vom Anfange bis zum Ende die einzelnen Kultushandlungen des Gottes- und Kirchendienstes mit dem priesterlichen Gesange und mit der priesterlichen Rede, mit der von dem Volke oder der Gemeinde darauf singend oder redend zu ertheilenden Antwort verzeichnet und gedruckt sind. Nur das Bestreben nach Bewahrung des Geheimnisses hat es bei den Maurern verhindert, dass die Brüder der verschiedenen Grade nicht auch solche katholische Ritual- und Messbücher empfangen oder doch empfangen können, obwohl dieses das allgemeine Verständniss des Logendienstes sehr fördern würde. Dennoch sind die sogenannten Katechismen der verschiedenen Grade, welche ein jeder Lehrling, Geselle und Meister sich abschreiben soll, etwas durchaus Aehnliches und sie sind ein ursprünglicher Bestandtheil des Lehrlings-, Gesellen- und Meisterrituals, wie aus den bei Krause und Andern abgedruckten Ritualen leicht zu erkennen ist. Der Lehrlingskatechismus u. s. w., die Lehrlingslection ist nur der Unterricht, welcher ursprünglich sogleich nach seiner Aufnahme dem neuaufgenommenen Lehrlinge von dem vorsitzenden Meister ertheilt wurde (the entered Apprentice's Lecture 1)); jetzt ist dieser Unterricht aus der Loge, aus dem Lehrlingsritual in ein besonderes Heft, in den Lehrlingskatechismus verwiesen und abgesondert, theils um bleibender und leichter dem Gedächtnisse eingeprägt zu werden, theils weil in der Loge und bei der eigentlichen Aufnahme seine Ertheilung, sein Vortrag zu zeitraubend und für den schon Unterrichteten kaum zu ertragen wäre. Es bleibt aber immerhin die Aufgabe des




    1) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 135.



Logenredners in seiner Instructions- oder Aufnahmsrede ein geeignetes Stück des betreffenden Katechismus herauszugreifen und passend, namentlich geschichtlich und vergleichend zu erläutern, um so mehr als die Vorträge des Redners bei der grossen Mehrzahl der Maurer das Einzige zu sein pflegen, was dieselbe über die Symbolik und Geschichte der Freimaurerei erfahren und selbst dieses nur mit einem gewissen Widerstreben, weil es von der angenehmeren und leichteren Tafelloge noch abhält. Deshalb auch ist ohne alle Frage das Redneramt das wichtigste und einflussreichste Logenamt, denn der Redner ist in dem Sinne das Herz und der Kopf der Loge, dass ihm allein die Bildung der Herzen und der Köpfe der meisten Brüder anvertraut und anheimgegeben ist, - besonders durch seinen Mund und durch seine Rede die ganze Literatur, alles geistige Wissen in die Loge eingeführt und darin lebendig erhalten werden soll. Auch soll der Redner niemals ermüden, zur Pflege und zur Uebung der Bruder- und der Menschenliebe, der Barmherzigkeit und Mildthätigkeit gegen die Armen und Nothleidenden aufzufordern; der schönste Lohn des Redners sind die reichsten Armenspenden, die getrockneten Thränen der Armuth und des Kummers.

Wer sein Ohr verstopfet vor dem Schreien des Armen,
Der wird auch rufen und nicht erhöret werden.

Sprüche 21, 13.

In einem maurerischen Armenliede heisst es:

Bewegt durch süsse Freuden,
Empfindet unser Herz
So leicht den fremden Schmerz;
Denn in der sanft bewegten Brust
Erzeuget sich des Wohlthuns Lust.

Gedenket also der Armen,
Vermindert ihre Noth,
Und theilet voll Erbarmen,
Mit ihnen Kleid und Brot;
Denn wer auch nur eine Thräne stillt,
Hat das Gesetz der Lieb' erfüllt.

Rückert sagt:

Wer Lieb mit Lieb erfüllt, und selbst den Hass nicht hasst,
Der ist zu Hause dort, hier auf der Welt ein Gast!





Die Wechselrede als die Grundform des maurerischen Logen- und Weihedienstes bildet für uns mit allem schon Vorgebrachten und noch Vorzubringenden gleichfalls einen Beweis, und zwar keineswegs den schwächsten, für die Alterthümlichkeit der Freimaurerei d. h. für die unmittelbare und ununterbrochene Entwickelung der Freimaurerei aus dem Mysterienbunde des Alterthums, - der Aegypter und Phönicier, der Griechen und Römer. Auch der neueste Geschichtsschreiber der Freimaurerei, Br. Findel, der verdienstvolle Herausgeber der Bauhütte, bestreitet (I. S. 18 und 19) diese Ansicht mit den Worten:

"Der Freimaurerbund ist von ziemlich jungem Datum (d. h. er ist aus den Baugenossenschaften des Mittelalters entstanden nach S. 16 oben); die Freimaurerei dagegen ist nicht blos symbolisch, sondern auch in der That so alt wie die Welt. Sie ist nichts Willkürliches und Zufälliges, sondern ein unabweisbares inneres Bedürfniss, welches von jeher Gleichgestimmte und Gleichgesinnte zu gleichem Zwecke zusammengeführt. Die Sache der Maurerei war da, ehe sie als Kunst im heutigen Sinne hervor zutreten begann. So taucht auch die Idee derselben schon im grauen Alterthum als dunkle Ahnung auf und kleidete sich in Formen, die denen der Freimaurerbrüderschaft in mancher Hinsicht sehr ähnlich waren. Diese Aehnlichkeit hat manche maurerische Schriftsteller, wie W. A. Laurie, Rösler, J. Schauberg u. A., zu der irrigen Ansicht verleitet, der Bund der Masonen verdanke seinen Ursprung den indischen, ägyptischen und eleusinischen Mysterien oder wenigstens den Orden der Pythagoräer oder Essener. Alle derartigen Behauptungen jedoch müssen nach dem gegen wärtigen Stande der Wissenschaft als nicht mehr auf ge schichtlichem Boden fussend und demgemäss als unrichtig abgewiesen werden; denn ein unmittelbarer geschichtlicher Zusammenhang des Freimaurerbundes mit den erwähnten Instituten wird nirgends bestätigt und Alles spricht dagegen."

Unser ganzes Werk darf als eine fortlaufende Widerlegung dieser Behauptung betrachtet werden, wobei zugleich der verehrte Br. Findel die abweichenden, von ihm verworfenen Ansichten, wenigstens die meinigen, nicht genau aufgefasst und dargestellt hat. Die Mysterienverbin-





dung der blos symbolischen Freimaurer als solche ist mit ihren Gebräuchen und Symbolen aus den Mysterienverbindungen der wirklichen Bauleute entstanden und die mittelalterlichen Bauzünfte sind die unmittelbare geschiehtliche Vorstufe, die Wiege der neu-englischen Freimaurerlogen; insoweit sind alle maurerischen Geschichtsforscher einverstanden. Aber ich füge noch weiter hinzu, dass die Mysterienverbindungen der wirklichen mittelalterlichen Bauleute, die Bauzünfte nicht aus sich selbst mit allen ihren Einrichtungen, Gebräuchen und Symbolen hervorgegangen seien, sondern, gleich der mitttelalterlichen, gothischen oder französisch-deutschen Baukunst selbst, nothwendig wieder eine geschichtliche Vorstufe und Wiege, die griechisch-römischen Baumysterien haben, 1) wie diese zuletzt in den phönicisch-ägyptischen Baumysterien wurzeln und zugleich die Einwirkungen des zoroastrischen Lichtglaubens, sowie vielleicht und gewiss des Buddhismus erfahren haben. 2) Wie die Gegenwart die Tochter und Erbin nicht blos des germanischen Mittelalters, sondern der gesammten Vorzeit und des gesammten Alterthums ist, so auch die Freimaurerei und die Bauzünfte mit der Baukunst; in Aegypten (und Phönicien) entstanden mit der Baukunst die Baumysterien mit den Bausymbolen und mit dem Glauben an Gott als den Einen und allmächtigen Baumeister, Regierer und Richter der Welt und der Menschen, und pflanzten sich durch die Griechen und Römer




    1) Dieses ist z. B. auch die Ansicht von Heldmann, a. a. O., S. 45, worin er dem Br. Schneider folgte und die sich von Br. Schneider auch Krause angeeignet hatte und in seinen Kunsturkunden am gründlichsten und umfassendsten darlegte.
    2) Ueber die möglichen buddhistischen Einflüsse auf die europäische Bildung vergl. besonders Ritter, die Vorhalle europäischer, Völkergeschichten, Berlin 1820, wenn gleich Ritter in seinen diesfälligen historischen Vermuthungen viel zu weit gegangen, wie schon an seiner auf S. 5 niedergelegten allgemeinen Ansicht zu erkennen ist. Dabei setzt Ritter, ähnlich wie z. B. Böttiger, ganz unrichtig S. 11 die Geburt des Zoroaster in das Jahr 625 v. Chr., was seine ganze Auffassung und Darstellung der betreffenden Völkerverhältnisse und Völkergeschichten verrückt. Die pontische Bildung, für welche Ritter schwärmt, ist allerdings insofern nachgewiesen, als sie eine buddhistische Wasserblase ist, welche der nordischen Weisheit der Pythagoräer nach Menzel gleichet.



fort zu den Germanen. Besonders auch auf die Rituale der Freimaurer und der Bauleute ist dieses anzuwenden und auszudehnen. Findel , a. a. O., I. S. 50, entgegnet noch: Allein von dem auf deutscher Sitte und Lebensweise beruhenden Gebrauchthume deutscher und englischer Steinmetzen findet sich bei den römischen Baucorporationen keine Spur. Ebenso wenig ist irgend ein Beweis dafür vorhanden, dass sich die römischen Baucorporationen in ununterbrochener Folgenreihe erhalten und in den deutschen und englischen Steinmetzverbrüderungen fortgesetzt hätten. Abgesehen davon, dass sie keine Brüderschaft kannten und dass ihnen der Reisegruss (Wanderung fand nicht statt 1)) oder der Ausweis der Wandergesellen unbekannt war, gibt es der Gründe noch mehr, 2) welche die Abstammung der Freimaurer von denselben unwahrscheinlich machen. Der Glaube an einen direkten Zusammenhang des Masonenthums mit dem heidnischen Alterthum überhaupt ist ein Aberglaube." - Ein englischer Spötter glaubte, das Masonenthum, die Masonry stamme ab von Mase, welches Wort nach Chaucer eine Grille, eine Erfindung, eine Träumerei bezeichne, und die Masonen seien somit Grillenfänger oder Träumer; 3) wenigstens wären dieses nach Br. Findel diejenigen Masonen, welche glauben einen wahrhaft historischen Ursprung der Freimaurerei nachweisen zu können. Auch das sanskritische mâna, Anmassung, Hochmuth, und mada, Stolz, Aufgeblasenheit, könnte gleichmässig anzuwenden versucht werden. Die Kunst der deutschen und überhaupt der germanischen Bauleute war ursprünglich und längere Zeit hindurch durchaus griechisch-römisch, beziehungsweise rein römisch, d. h. die Römer hatten sie den Germanen überbracht, hatten den Germanen bauen (aedificare, domum extruere,




    1) Die englischen Steihmetzen wanderten ja auch nicht, was Findel, S. 96 selbst anführt, aber hier ausser Acht zu lassen für gut erachtet. Uebrigens waren die römischen Bauleute vermöge ihres Berufes Wanderer und zogen auf Kosten und Lasten der Steuerpflichtigen im ganzen römischen Reiche frei umher, wo man ihrer zu Bauten bedurfte. Vergl. Heldmann, S. 91.
    2) Fallou, a. a. O., S. 295 und 429.
    3) Krause, II. S. 399.



maçonner) gelehrt, und mit der Baukunst hingen auf das Unzertrennlichste und Innigste auch die Einrichtungen, die Verbindungen, das Recht (jus) der Bauleute oder Baukünstler, der Masonen zusammen; im vollsten Sinne des Wortes wohnten die Germanen, die romanischen Masonen in dem Reiche und dem Hause oder der Loge der Römer. Die germanischen Maurer haben einen romanischen Namen (Maçons, in lat. Urkunden Maçonerii 1)) und ein romanisches Haus (la loge, the lodge, ital. loggia, und einen semitischen Gott (Hiram) und dürfen sich selbst sogar Semiten, Tubalkain nennen, - auch öffnet ihnen nicht das deutsche Wort und die deutsche Treue, sondern blos das falsch gesprochene fremde Wort des Tempels Pforte; wahrlich des ächten Deutschthums Urbild. Und diese deutschen Bauleute, welche in allen fremden Zungen Iallen, sollen die deutsche Baukunst aus dem Nichts geschaffen haben? Aberglaube; der stolze Römer wanderte und diente nicht, er machte wandern und unterwarf sich die dienende Germania. Wenn Creuzer's Deutungen begründet sind, 2) ist dieser Sieg des Römerthums über das Deutschthum durch ein am Mittelrheine sehr häufiges Denkmal verewigt worden, auf dem ein römischer Reiter oder Ritter mit geschwungenem Siegesschwerte die schon am Boden liegende Germania noch tiefer legt. Vielleicht findet sich auch ein solches Römerdenkmal im deutschen Kammernationalmuseum zu Berlin oder zu Gotha.

In der Erforschung der Geschichte der Freimaurerei und der mittelalterlichen Baugenossenschaften muss wesentlich mitberücksichtigt werden, dass die Baugenossenschaften durchaus, wie dieses neuerlich namentlich Fallou behauptet hat, keine blossen Handwerksverbindungen, keine blossen mittelalterlichen Zünfte, sondern Künstlervereine, religiös-wissenschaftliche Vereine sind, welche über allen Handwerken und Zünften standen, sich stets durch höheres Wissen und einen geläuterteren und freieren Glauben auszeichnen mussten und ausgezeichnet haben, und die




    1) Heldmann, a. a. O., S. 156.
    2) Erster Jahresbericht des historischen Vereins der Pfalz, Speyer 1842, S. 48.



und eine ihrer Bildung und Kunst angemessene Stellung Behandlung in dem Staate beansprechen durften, auch wirklich als freie und befreite Künstler sogar in den despotischsten Zeiten des römischen Reiches anerkannt wurden und sich erhalten haben. Wollte man jedoch auch einräumen, dass die Freimaurerei nur von den Bauhandwerkern und nicht von den Baukünstlern ihren Ursprung abzuleiten habe, müsste selbst dieser handwerksmässige Ursprung über das germanische Mittelalter hinaufsteigen, weil die Bauhandwerke von den Germanen nicht völlig neu erfunden, sondern von den ihnen unmittelbar vorangehenden Culturvölkern entlehnt wurden. Die christlichen Mönche und Priester bedurften die römischen Baukünstler zu ihren Kloster- und Kirchenbauten, waren mehr oder weniger von ihnen abhängig und mussten dieselben durch eine schonendere und bessere Behandlung und Stellung für sieh zu gewinnen suchen, so dass der gewöhnliche streng-christliche, der mönchische und priesterliche, der orthodoxe Massstab bei ihnen nicht angelegt und angewandt werden durfte, und bei den Baukünstlern und in der Baukunst sich vieles Heidnisches oder Griechisch-Römisches, Alterthümliches in den Einrichtungen und Ansichten erhielt, was anderwärts verfolgt wurde und unterging. Die freie Baukunst und die freien Baukünstler waren gleichsam die letzte feste und einzig erhaltene Burg der römischen Gesittung, weshalb auch römisch, romanisch die erste Kirchen- und Priesterbaukunst ist; die römische Baukunst aber konnte nur gerettet und erhalten werden, wenn die sie bewahrenden und übenden römischen Baucollegien, Baumysterien fortgeduldet und geschützt wurden. Die christlichen Mönche und Priester sprachen, sangen und beteten, bauten zuerst römisch, lateinisch, weil das Christenthum, die christliche Kirche aus dem römischen Kaiserthum hervorging. Zugleich war das Mönchswesen, das beschauliche Priester- und Büsserleben in Klöstern dem Abendlande aus Aegypten zugekommen, weshalb auch die ursprünglichen Einrichtungen der Mönche, ihre Aufnahmsgebräuche gewiss ägyptische waren. Es ist daher gar nicht zu bezweifeln und wird durch spätere Forschungen stets mehr und mehr festgestellt werden, dass





in ununterbrochenem Zusammenh und in stetiger Fortentwickelung aus der römischen Baukunst und den römischen Baucollegien zunächst die romanische Kirchenbaukunst und die klösterlichen Brüderschaften der Baukünstler und Bauleute, sodann die französisch-deutsche (bürgerliche) Baukunst, die Steinmetzenkunst mit den bürgerlichen Steinmetzenzünften, mit den Bauhütten, - mit den Kunstvereinen der Bauleute, wie Heldmann, S. 242, mit Grund dieselben nennt, - und endlich die Freimaurerei als etwas rein Menschliches und Geistiges, Symbolisches oder Speculatives nach dem Ausdrucke der englischen maurerischen Urkunden hervorgegangen sei. Es ist nicht unmöglich und steht nach der Natur der Sache mit aller Sicherheit zu vermuthen, dass zu allen Zeiten, bei allen Völkern und in allen Ländern in den Baugenossenschaften, Bauinnungen die eigentlichen Baukünstler und Baumeister eine engere und höhere Verbindung, einen höheren und den höchsten Verbindungsgrad mit besonderen Weihen, Symbolen u. s. w. gebildet, in welchen Künstler- und Meistergrad als einen mehr geistigen, deshalb auch schon bei den Römern, 1) wie im 17. Jahrhundert bei den Engländern auch Nichtbaukünstler und auch in Deutschland bei den Brüderschaften der Steinmetzen schon früher blosse Liebhaber 2) zahlreich sich aufnehmen liessen, bis im Verlaufe der Zeiten und zu Anfang des 18. Jahrhunderts dieser Künstler- und Meistergrad sich von den eigentlichen Bauverbindungen vollständig ablösete. Diese Ablösung war keine willkürliche und zufällige, sondern eine geschichtlich nothwendige und organische, nachdem in Folge der stets mehr fortgeschrittenen und allgemeiner gewordenen Bildung und Wissenschaft die blossen ausübenden Bauleute, die blossen Steinmetzen zu tief und zu ungleich unter die wissenschaftlichen und gebildeten Künstler herabgestiegen und herabgesunken waren, und nachdem stets mehr Gebildete zu dem Künstler- und Meistervereine sich hinzudrängten. Wie die Wissenschaft und der Staat sich allmählig und in langen Kämpfen von der Kirche losge-




    1) Heldmann, a. a. O., S. 70.
    2) Findel, a. a. O., I. S. 73.



rungen und befreiet haben, ähnlich und aus den gleichen Gründen befreite sich auch die Freimaurerei von den Steinmetzenzünften, denn Freiheit ist das Ziel und Losungswort aller Bildung und Wissenschaft; ein Freimaurer ist nunmehr ein von den Maurern befreiter Gebildeter. Für Den, der Augen hat zu sehen, ist die Geschichte der Freimaurerei keineswegs so ausserordentlich dunkel.

Der Zersetzungs- und Ausscheidungsprocess und Kampf hatte in den Steinmetzbrüderschaften, in den Bauhütten übrigens schon vor dem Ausscheiden der eigentlichen Freimaurer in England insofern längst und jedenfalls seit dem 15. Jahrhundert in Frankreich und in Deutschland 1) begonnen als die Meisterverbindungen der Städte, die städtischen Meister in den durch sie gebildeten städtischen Zünften sich ausgeschieden hatten von den wandernden und beweglichen Gesellen, welche für sich eigene Gesellenbrüderschaften mit besonderen Weihen, Beamten und Kassen, sowie Versammlungen und Gelagen bildeten 2) und




    1) Vergl. Findel, I. S. 74.
    2) Fallou, a. a. O., S. 30 ff. und S. 52, S. 57 ff. Unrichtig hat übrigens Fallou behauptet, dass in Zürich noch eine Gesellenbrüderschaft bestehe. Bei Demjenigen, was Fallou über die Gebräuche der Gesellenbrüderschaften mittheilt, ist zu bedauern, dass weder die Quellen noch die Zeiten, noch die einzelnen Handwerke genau angegeben sind, weshalb seine Mittheilungen auch oben bei den Gesellenweihen unberücksichtigt gelassen werden mussten. Von der Gesellenweihe der Schlosser erzählt z. B. Fallou: Der Altgeselle habe dem Einzuweihenden den Gesellenstab dargereicht, er musste ihn aber mit den Worten zurückweisen:
den Stab zu führen bin ich zu schlecht,
ich will erst lernen mein Handwerk recht;
Hierauf sei ihm von seinem Pathen eine launige Aufnahmsrede mit Lehren über sein gutes Verhalten als Geselle gehalten und zuletzt ihm von dem Altgesellen ein leichter Backenstreich mit den Worten versetzt werden: "Dies leide von mir, hinfüro von keinem andern." - Woher Fallou diese höchst interessanten Angaben gesehöpft hat, erfährt man nicht und noch weniger hat er sich zu irgend einer vergleichenden Bemerkung veranlasst gesehen, obgleich das Wegwerfen der Krone in den Mithrasmysterien und der Ritterschlag so nahe lagen. Die Geschichte der Bildung der Städte und Zünfte, wie dieselbe Fallou entworfen hat, hat nicht den geringsten historischen Werth, was jeder Kenner der mittelalterlichen Geschichte und des mittelalterlichen Rechtes bestätigen wird. Dennoch konnte das



nicht selten im Kampf und Streit mit den Meistern standen wegen des verlangten höheren Lohnes oder wegen sonstiger Beschwerden über erlittene Unbilden. Das eigentliche Bauhüttenleben, die werktägige Steinmetzkunst und Maurerei musste überhaupt sich ändern und erlöschen, sobald in den einzelnen Ländern und Gegenden die grossen Kirchenbauten nach den Zeiten der Reformation hier früher und dort später erloschen. Das Entstehen der Freimaurerei, wenn auf dem Gebiete der menschlichen Geschichte derartige Vermuthungen erlaubt sind, wäre wohl niemals erfolgt und es wären auch die Bauzünfte und Baubrüderschaften gleich allen üblichen ähnlichen Verbindungen in dem weiten Grabe der Zeiten spurlos untergegangen, wenn nicht der grosse Brand von London im Jahr 1666 noch einmal die schon fast abgestorbenen Bauhütten oder Baulogen zu London in das Leben zurückgerufen hätte, aus den Trümmern welches neuen letzten und ausser ordentlichen Lebens sodann in London die eigentlichen Freimaurerlogen hervorgingen und übrig blieben. Es liegt hierin zugleich ein gewichtiger geschichtlicher Fingerzeig, dass die Entwickelung und Geschichte der Freimaurerei und der Bauverbindungen überhaupt nicht von der Bau kunst getrennt werden dürfe und beide innigst zusammenhängen.

Noch eine andere Bemerkung über die Benützung der




unberufene and unbegründete Werk von Fallou, dem noch dazu eine zweite Ausgabe buchhändlerisch angelogen wurde, sich insofern ein gewisses Ansehen verschaffen, als diesen ungeschichtlichen Geschichtschreiber nun die Geschichtsforscher des gleichen Geistes und der gleichen Tiefe als Gewährsmann anrufen. Nomina odiosa, sed nova sunt! Um eine Probe der klassischen Geschichtschreibung von Fallou zu geben, so sagt er S. 147 von den Handwerkern: "Soviel nun ihr geselliges Leben als Gildengenossen überhaupt betrifft, so lag ihnen das Schema zu ihrer Verfassung in allgemeinen Umrissen bereits vor. Denn Gilden bestanden schon in Deutschland, ehe man noch an Handwerksgilden dachte. Es gab bereits eine Ritterzunft, deren Ursprung schon in den Gefolgschaften der germanischen Fürsten zu suchen ist; es gab bereits eine Schützengilde, die Schutzwehr der neuen Städte, und dass es schon zu Karls des Grossen Zeit, noch vor Begründung der Städte, eine Menge sogenannter Eidverbrüderungen (conjurationes) gab, geht daraus hervor, dass er im Jahr 779 - solche Verbindungen verbot."



Urkunden und überhaupt über die Schreibung der Geschichte der Freimaurerei mag hier eine Stelle finden. Die Baukünstler, die Architekten, die kirchenbauenden Steinmetzen müssen hier der leitende Gedanke sein und was nur die ganz untergeordneten und niedrigen Handwerke, z. B. der Steinhauer, der Maurer betrifft, gehört nur sehr entfernt in die Geschichte der Baukünstler, der Freimaurerei als einer wirklichen oder symbolischen freien Kunst. Demnach ist wohl falsch, wenn z. B. Findel, Geschichte der Freimaurerei, I. S. 94, gestützt auf die Parlamentsakte vom Jahr 1350 und die an dieselbe sich anschliessenden Verordnungen behauptet, die Freemason, die Free-stone-mason, die Steinmetzen seien in England bis in das 17. Jahrhundert gleich, allen übrigen Handwerkern behandelt worden und an die Scholle gebundene Hörige gewesen. Diese Steinmetzen sind keine Freimaurer, keine freien Maurer und Leute, sondern eben allerdings blosse hörige Handwerker, aber eben deshalb begriffen sie auch nicht die Baukünstler, nicht Bauunternehmer in sich, welche ja privilegirte Bauhütten und Logen bildeten. Die Richtigkeit dieser Bemerkung wird dadurch bestätigt, dass die neuerlich von dem Alterthumsforscher Halliwell im britischen Museum aufgefundene Urkunde, welche ihr Entdecker in die Zeit von 1350 - 1400 versetzt, während dieselbe Kloss in die Jahre von 1427 - 1445 herabrücken will, die Aufschrift trägt: Hic incipiunt constitutiones artis Gemetricae secundum Euclidem, also sich selbst als eine Kunsturkunde, als die Constitution der Bau- und Messkünstler, der Geometer, der Masonen bezeichnet. Noch schlagender ist, dass in Art. 4 diese Urkunde, welche auch Findel, I. S. 89 ff. auszugsweise mittheilt, den Meistern, gleich der Yorker Urkunde, verbietet, einen unfreien Mann zum Lehrling zu machen; denn

Um zu sichern die Billigkeit und das Recht,
Sei der Lehrling durchaus von gutem Geschlecht.
In alten Zeiten geschrieben ich fand:
Es sei der Lehrling von edlem Stand;
Und so zu Zeiten selbst grosse Herrn
Der edlen Geometrie Huldigten gern.





Heldmann hat, Krause folgend, ganz entschieden die Ansicht aufgestellt und zu begründen versucht, dass die Yorker Constitution, welche er mit Krause als aus dem Jahre 926 herrührend betrachtet, aus den altrömischen und griechischen Constitutionen der Bauleute hervorgegangen sei und mit der noch ältern englischen Lehrlingslection viele Lehren des Vitruv enthalte (S. 242, 148 und 149, 146, 578 und anderwärts); von den deutschen Steinmetzordnungen, obwohl dieselben im Wesentlichen mit den englischen übereinstimmen, im Ganzen mit ihnen einer gemeinsamen Quelle entflossen sind, vermuthet Heldmann, dass ihnen höchst wahrscheinlich die Statuten der alten Kloster- oder Mönchslogen, Bruderschaften zu Grunde lagen, auf die der unfreie Geist des Pabstthums längst schon seinen Einfluss geübt. Es werden noch weiter unten ausführlicher mehrere solcher unzweifelhaft alterthümlichen oder vorchristlichen Bestandtheile der ältesten englischen Lehrlingslection berührt und nachgewiesen werden. Das eigentliche Ritual der Aufnahme und der Haltung der Logen soll nach den Erkundigungen von Heldmann (S. 247) auf der Haupthütte zu Strassburg weder gedruckt noch in Abschrift vorhanden gewesen sein, indem es nicht gedruckt und geschrieben werden durfte, vielmehr blos durch mündlichen Unterricht (wie auch der als Erkennungszeichen dienende Gruss der Handwerksgesellen 1)) fortgepflanzt wurde, wie dieses auch dermalen bei manchen englischen Freimaurerlogen der Fall ist. Das Ritual soll nach Heldmann in zwei Abtheilungen bestanden haben, wovon die eine den Meistern und Gesellen gemeinschaftlich, die andern aber blos den Vorstehern und etwa den ältesten Meistern bekannt gewesen; die Lehrlinge waren von allen Ritualübungen ausgeschlossen.

Die tiefere Betrachtung und Zerlegung des Rituals der maurerischen Meisterweihe, zu welcher die Lehrlings- und Gesellenweihe nur die vorbereitenden und einleitenden Stufen sind, lässt darin zwei wesentlich verschiedene Grundbestandtheile, zwei Grundansichten über das Schicksal der Seele im Tode und nach dem Tode erkennen,




    1) Fallou, a. a. O., S. 70 unten und S. 168 oben.



welche wir wohl als die ägyptische und indische am treffendsten bezeichnen. Die Meisterweihe ist zunächst der Gang in den Sarg und das Grab, die Versenkung des Leichnams als solchen in das Grab, woran sich genau das Todtenschiff, die Ueberfahrt der Seele über den Todtenstrom auschliesst, Alles ganz in Uebereinstimmung mit den ägyptischen Vorstellungen und Todtengebräuchen; noch ägyptischer erscheint dieser grössere und beherrschende Theil der Meisterweihe, wenn wir uns, wie es geschehen muss, das Sterben und Erschlagenwerden des Hiram, dessen Symbol der einzuweibende Meister ja nur ist, als den Tod und Untergang des Sonnengottes nach der Tag- und Herbstnachtgleiche vergegenwärtigen. Der Leichnam des Hiram erhebt sich aber neubelebt und neubelebend aus seinem dreitägigen oder dreimonatlichen Grabe, womit nicht allein die Unsterblichkeit und Wiederauferstehung des Sonnengottes angedeutet ist, sondern auch des einzelnen Menschen, die Rückkehr seiner Seele in den verlassenen Leib zu neuem Leben nach drei tausend Jahren, wie dieses die ägyptische Priesterlehre gewesen ist und weshalb eben die Leichname einbalsamirt und als Mumien für die künftige Wiederbelebung und Wiederauferstehung in den Felsengräbern, in den königlichen Pyramyden beigesetzt und aufbewahrt wurden. 1) Der Tod ist nach dieser ägyptischen Vorstellung, welche mehr oder weniger auch die Juden getheilt zu haben scheinen und daher gleichfalls die unversehrten Leichname von Abraham und Jakob an bis herab auf Christus in Felsengräbern, 2) wie auch die Phönicier und Carthager und die Araber, 3) beisetzten, - nur das vorübergehende Auswandern der Seele aus ihrem Körper bis zur Wiederauferstehung der Todten und der Glaube an ihre Wiederauferstehung in den alten Leibern darf überhaupt die ursemitische genannt werden, indem sie sich auch in Babylon 4) und Ninive, an den




    1) Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, II. S. 311 ff., vergl. mit S. 227 und 228; Röth, Geschichte unserer abendländ. Philos., I. S. 176 ff.
    2) Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 396 ff.
    3) Braun, a. a. O., I. S. 361, 428, 433, 445.
    4) Braun, a. a. O., S. 180 ff.



Ufern des Euphrat und Tigris, sowie in den Ländern und Felsen Kleinasiens, 1) besonders in Lydien, Phrygien und Lykien, allgemein findet. Die merkwürdige und berühmte Felsenhöhle Makpelah, von den Moslems el-Haram genannt, gegenüber Mamre in Palästina, worin die Särge der jüdischen Patriarchen, Abraham, Isaak und Jakob mit ihren Weibern Sarah, Rebekka und Lea ruhen, ist noch heute vollkommen erhalten und wird von den Moslems, die eine Moschee darüber erbauet haben, hoch verehrt. 2) Es möchte dieses sogar die Sitte und der Glaube der Urmenschheit gewesen sein, weil sie auch bei den alten Baktrern, bei den Ariern, in Iran gleichmässig vorkommt, wenngleich seit den Zeiten des Zoroaster oder Zarathustra die Arier die Todten weder beerdigten noch verbrannten, um die reinen Elemente der Erde, des Wassers und des Feuers nicht zu verunreinigen, sondern die Leichname den Vögeln und wilden Thieren aussetzten, damit sie deren Fleisch verzehrten und, nur die Knochen übrig liessen; aber am Tage der Wiederauferstehung der Todten wurden diese Knochen zu neuen Körpern oder vielmehr zu neuem Leben versammelt. Die Seelenwanderung in diesem Sinne und auf dieser Grundlage ist somit die gemeinsame Vorstellung der Urmenschheit. Eben solche Felsengräber finden sich auf der Insel Sardinien, welche für die ältesten Denkmale, mit den auf dieser Gebirgsinsel vorhandenen weitläufigen Felsenwohnungen gehalten werden 3) und wohl von Semiten herrühren dürften, während Ritter an Arier, an Inder denkt. Eine Umgestaltung erlitt diese Vorstellung bei den arischen Indern im Gangeslande oder auch schon am Indus in Folge des indischen Pantheismus und des Verlangens der Inder nach Wiedervereinigung der Seele mit der Allseele, mit der Gottheit durch ihre Befreiung von der Strafe der Wanderung und eines neuen Lebens. Nunmehr hatte die Erhaltung des Leichnams oder auch nur seiner Knochenüberreste keine weitere Bedeutung, der




    1) Semper, der Stil , I. S. 426 ff.; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 41 ff.
    2) Van de Velde, Reise durch Syrien und Palästina, II S. 97 ff.
    3) Ritter, Vorhalle, S. 360.



Leichnam wurde verbrannt und seine Asche in den Ganges gestreuet, womit man den Glauben an die Wiederauferstehung der Todten als eine tröstende Grundlehre, als die ewige Hoffnung aufgegeben hatte. 1) Bei den Griechen, bei den Römern, bei den Kelten, - im ganzen alten, mitteleuropäischen, germanischen Norden findet sich mit, neben und nach der Beerdigung der ganzen Leichname zwar auch deren Verbrennen, jedoch werden die Brandüberreste der Knochen in Todtenurnen gesammelt und in Grabhügeln an heiliger Stätte beigesetzt. Das maurerische Denkmal der Meister ist nun offenbar dem Verbrennungsdienste derTodten entlehnt und in dem Beerdigungscultus des Hiram ein völlig fremdartiger, ja geradezu unpassender Bestandtheil, da auf diese Weise die Seele in zwei Gestalten, auf zwei Wegen dem Todten- und Himmelsreiche zugeführt wird: durch das Schiff über den Todtenstrom und durch das verzehrende und reinigende Feuer des Holzstosses, worauf der Leichnam verbrannt wird. Wollte und dürfte man das Denkmal der Meister mit dem Entzünden der Spiritusflamme in der Trauerloge in einen inneren Zusammenhang bringen, könnte das letztere auch als das symbolische Entzünden des Holzstosses bei der Leichenverbrennuug durch den innigsten Freund des Verstorbenen aufgefasst werden und das: deponens aliena ascendit unus wäre die deutende Aufschrift dieses Holzstosses selbst. Wann später das Denkmal der Meister in den Beerdigungsdienst des Hiram eingefügt worden sei, lässt sich auch nur annähernd nicht mehr ermitteln; es kann erst im Jahr 1717 und selbst noch später beigesetzt worden sein, jedoch ist es wahrscheinlich, dass die alten Bauleute dieses Denkmal errichteten, nachdem sie in ein Land und zu einem Volke gekommen waren, wo nicht die Leichenbestattung, sondern die Leichenverbrennung Sitte gewesen, was gleichmässig zur Römer-, zur Kelten- und Germanengeist im römischen Reiche, in den keltischen und germanischen Landen d. h. in Gallien, England und Deutschland an sich geschehen sein könnte. Die lateinische Inschrift des Denkmals der Meister in Verbindung mit der




    1) Vergl. auch Ritter, Vorhalle, S. 244 und 445.



Aufschrift des Todtenschiffes: in silentio et spe fortitudo mea, und mit der Aufschrift der ganzen dunklen Meisterloge: memento mori, lassen eher römischen Ursprung vermuthen. Ist diese Vermuthung begründet, dann ist, wie der geschichtliche Entwickelungsgang es verlangt, das jetzige Ritual der Meisterweihe ein Gemisch und eine Zusammensetzung von ägyptisch-phönicischen, griechisch-römischen und jüdisch-christlichen Bestandtheilen, deren vollständigere Ausscheidung weiterer Forschung nicht unmöglich sein sollte. Das Denkmal der Meister in der Maurerei namentlich wäre nur ein Ausfluss des gesammten römischen Volkslebens, da bei den Römern, welche nach Plinius hist. nat. VII, 55 früher ihre Todten in die Erde begruben (terra condebantur) später auch das Verbrennen der Leichen eingeführt wurde.

Um zu beweisen, dass selbst der Buddhismuss nicht blos rein geistig oder durch seine in den Gnosticismus und in die Lehre der Manichäer übergegangenen philosophischen Ansichten und Systeme auf die Baugenossenschaften des römisch-griechischen Reiches und des Mittelalters eingewirkt habe, sondern sich selbst in dem eigentlichen Rituale erkennen lasse, sollen blos zwei Punkte hier berührt werden. Der Name und der Begriff der Loge als des Weltalls, wie derselbe lange vor dem Jahre 1717 in den englischen maurerischen Urkunden und namentlich in den dem ältesten englischen Lehrlingslectionen enthalten ist, mit daran sich anschliessenden symbolischen Vierecke möchte Buddhismus entsprungen und entlehnt worden sein; die jüngern (nicht die alten) birmanischen Buddhisten in Hinterindien nämlich nennen das Weltall "Logha" und dieses heisst in ihrer Sprache selbst schon so viel als: "Genetische Zerstörung und Wiederentwickelung", weil die Welt nach allen Sturm-, Wasser- und Feuerkämpfen sich immer von selbst wieder erneuert, worüber ihre Systeme sich weitläufig auslassen. 1) Es würde sonach das Symbol der Loge sich innig und ergänzend mit demi Symbole des Hiram und selbst der beiden Säulen verbinden und sie würden das Vergehen und Wiederentstehen der Welt, der




    1) Ritter, Vorhalle, S. 444.



Menschheit und der Menschen im ewigen Umschwunge und Kreislaufe, im Ringe und Schosse der allumspannenden Ewigkeit bezeichnen. Aus dem Symbole der Loge als des Weltalls, des Kosmos wird zugleich die Allgemeinheit, das Kosmopolitische, die allgemeine Menschenliebe in der Maurerei abgeleitet, wie die allgemeine Wesenliebe der Grundgedanke der buddhistischen Morallehre ist. 1) Ragon, a. a. O., S. 131, erklärt gar die Loge für den Ort, worin der Logos, das Wort, gegeben und erklärt werde, wie im Parsischen Jéhan gleichbedeutend mit Loge und daher Loge des heiligen Johannis (Jéhan) eigentlich ein Pleonasmns sei. In dem alten maurerischen Aufnahmsgebete könnte das letzte Erflehen der allgemeinen Liebe zu der Bruderliebe 2) gleichfalls ein buddhistischer Anklang sein, obschon dieser Theil des Aufnahmegebetes zunächst dem zweiten Briefe Petri 1, 5 - 7 entnommen ist. Das älteste positive Dogma des Buddhismus ist nach Koeppen, S. 220, wohl dasjenige der vier geistlichen oder erhabenen Wahrheiten (Aryâni satyâni) des Schmerzes, der Erzeugung des Schmerzes, der Vernichtung des Schmerzes und des Weges, welcher zur Vernichtung des Schmerzes führt; der Weg zur Vernichtung des Schmerzes hat acht Theile: den rechten Blick, den rechten Sinn, die rechte Sprache, die rechte Handlungsweise, den rechten Stand, die rechte Energie, das rechte Gedächtniss und die rechte Beschaulichkeit. Der Weg zur Vernichtung des Schmerzes wird auch also definirt: "Alles Bösen Unterlassung, des Guten Vollbringung, Bezähmung der eigenen Gedanken, das ist die Lehre des Budhha." Die Lehre des Çâkjasohnes, des wahrhaft Erschienenen wird auch kurz der "Weg" genannt. - Die auch hierher bezüglichen drei Kleinodien werden anderwärts besprochen werden. Auch die drei Zustände des aufzunehmenden Lehrlings möchten ein Nachklang der indischen Lehre der Vedântaphilosophie von den drei Zuständen der Seele im Schlafe, im Traume und im Wachen sein und jene nur bedeuten, dass der Einzuweihende aus dem Dunkel und




    1) Köppen, die Religion des Buddha, S. 213 ff.
    2) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 149.



Halbdunkel des Schlafes und des Traumes in das bewusste Licht des Wachens hinübergeführt werden solle; 1) jedoch selbst dieses irdische Bewusstsein und Licht ist nur eine Täuschung, eine Unvollkommenheit und muss daher zum ewigen und reinsten Bewusstsein oder Lichte sich erheben und auflösen. Das irdische Sein, der Körper ist der Schleier und die Fessel der himmlischen oder göttlichen Seele, welcher Schleier gehoben und welche Fessel gelöset werden muss. 2) Merkwürdig ist auch noch, dass in dem mehr angeführten indischen Drama, S. 56, die vier Stadien des brahmanischen Lebens als Brahmachârin, Grihastha, Vanaprastha und Sannyâsin 1) die vier 0rden genannt werden und überhaupt die religiösen Verbindungen und Secten diesen Namen erhalten, 4) wie bekanntlich früher der Freimaurerbund der Freimaurerorden und der pythagoreische Bund oder Orden genannt zu werden pflegte. Die Elemente werden später erwähnt werden. Den drei Zuständen der Seele entsprechen zugleich die von der indischen Philosophie aufgestellten drei Cardinalqualitäten der Erkenntniss tamas (Finsterniss), sattva (Wahrheit) und in der Mitte zwischen beiden rajas (Staub, Leidenschaftlichkeit). Auch wird bei den Indern das Beiwort königlich zur Bezeichnung des höchsten Grades einer Eigenschaft, der Göttlichkeit dieser Eigenschaft gebraucht; so wird z. B. in dem Drama Prabodha-Chandrodaya gesagt:

"Kâpâlika! Lehrer oder vielmehr königlicher Lehrer! 5)"

Es wird hierdurch die so häufige Behauptung, z. B. von Schneider, 6) Krause, Winzer, Fallou und Andern, widerlegt, dass die Maurerei, die Baukunst erst im 17. Jahrhundert den Namen einer königlichen Kunst empfangen habe, um die Maurer, die Bauleute als Anhänger des Königthums zu bezeichnen; der alten Benennung ist nur vorübergehend und vereinzelt eine solche Bedeutung beigelegt worden, wie auch andere Benennungen, z. B.




    1) Vergl. Rosenkranz, a. O., S. 156 Anm. 26.
    2) Rosenkranz, S. 155 Anm. 22.
    3) Vergl. oben, I. S. 624 ff.
    4) Rosenkranz, S. 180 und 185.
    5) Rosenkranz, S. 93.
    6) Lenning, Encyklopädie, unter Kunst.



den Kindern der Wittwe als Anhängern der Königswittwe, oder dem Hiram als Symbol des enthaupteten Königs. Die wahre geschichtliche königliche (herrschende und beglückende) Kunst war allein die Baukunst, welche den germanischen Völkern ihre Kirchen und Dome mit den Städten, Burgen, Palästen, Brücken u. s. f. erbaute. - Selbst das Bild von dem christlichen Schiffe mit der Christenheit, welches Christus durch die Stürme lenkt, finden wir bei den Indern, wie es in dem Drama Prabodha-Chandrodaya von dem heiligen Vischnu heisst, "der das Schiff durch das Meer des Lebens lenkt." 1) Am überraschendsten und stärksten weiset aber auf Einwirkungen der indischen Philosophie das sogenannte Freimaurerverhör von Heinrich VI. 2) hin, indem es die Maurer auch die Kunst, die Fertigkeit, die Fähigkeit und Kraft verbergen lässt, gut und vollkommen zu werden, ohne die Hülfe (oder ohne die Antriebe) der Furcht und der Hoffnung. 3) Die in dieser Urkunde vorgetragene, aber nur kurz und dunkel angedeutete Lehre, dass der Mensch leidenschaftslos, d. h. unbekümmert um den Erfolg, unbekümmert um Schmerz und Freude, gleichgültig gegen Strafe und Lohn handeln solle, ist durchaus nicht christlich, sondern rein indisch und verbirgt nur den andern Satz, dass die bestehende Welt mit ihren Leidenschaften, mit ihren Schmerzen und Freuden, mit ihrer Strafe und ihrem Lohne nur ein leerer Schein sei, den der Weise erkennen und überwinden müsse, indem er ruhig und leidenschaftlos, gefühllos und ohne Furcht und Hoffnung wird. In dieser Hinsicht dürfte man sich besonders leicht ans dem angezogenen Drama Prabodha-Chandrodaya und aus der Bhagavad-Gítá 4) unterrichten können. In dem erstern Drama heisst es z. B.:

Das beste Mittel gegen gewaltige Trauer über plötzliches Unglück, welches die Seele ergreift, besteht darin, dass man nicht an den Gegenstand des Schmerzes denkt.

Thoren kasteien ihren Körper, indem sie über den Tod des Vaters, Sohnes oder Freundes trauern, der




    1) Rosenkranz, S. 112.
    2) Oben I. S. 367 ff.
    3) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 27.
    4) Vergl. oben 1. S. 569 ff.



Weise aber gelangt in dieser wesenlosen Welt, in der das Nichtige sich verändert, durch die Trennung zur Leidenschaftlosigkeit, welche das Glück der Ruhe bringt. 1)

Durch die Nähe der Leidenschaftlosigkeit ist er (der Weise) unbekümmert um den Lohn, den er hier oder jenseits erwerben könnte. Er fürchtet sich vor der Strafe für das Böse, wie vor der Hölle, aber eben so vor dem Lohne für das Gute, da er vergänglich ist. So denkt er nicht an fromme Werke, da er frei von Wünschen ist. 2)

Dieses also ist der tiefere Sinn jener so oft angeführten und kaum jemals recht verstandenen Stelle des Freimaurerverhörs, wobei das Eindringen dieser indischen Lehre, welche der wahren Freimaurerei in aller und jeder Beziehung fremd ist, kaum geschichtlich genügend zu erklären sein dürfte, jedoch allem Vermuthen nach mit der Gnosis über Alexandrien dem Abendlande zugekommen ist. - Die indischen Handwerker, welche sich die Fünf Gewerker nennen, d. h. nach den von ihnen bearbeiteten fünf Stoffen des Eisens, Holzes, Messings, Steines und Goldes in fünf Handwerke theilen, haben sogar ihren Hiram, indem sie sich als die Kinder und Nachfolger des Visvakarma, des himmlischen Baumeisters, bezeichnen. 3) Die indischen Fürif-Gewerker sind somit die biblischen Tubalkain.

Wen die Rituale der französischen Maurerei und ihrer vielen Grade interessiren, kann das grosse Geheimniss zu Paris öffentlich in fast jeder Buchhandlung beziehen, wie dieses auch schon Heldmann, a. a. O., S. 546, bemerkt hat: aber dessenungeachtet wollen und sollen die deutschen Maurer das Geheimniss noch bewahren oder klagen gar den Bruder als Verräther an, welcher eine öffentliche Sache zu besprechen sich erkühnt. Die neuenglische Grossloge hatte ihr durch Anderson bearbeitetes Constitutionenbuch vom ersten Anfange an durch den Buchhandel veröffentlicht. Bei den Berliner Antiquaren,




    1) Rosenkranz, S. 122 und 123.
    2) Rosenkranz, S. 128 und 129.
    3) Graul, Reise in Ostindien, III. S. 83 und 353 Anm. 33.



z. B. W. Adolph & Comp. Nr. 59 unter den Linden, sind neben den maurerischen französischen und deutschen Werken auch alle Bücher zu haben, welche nur als Manuscript für die deutschen Brüder gedruckt zu werden pflegen, d. h. dem Titel nach für brüderliche Leser, bestimmt; sogar Mitgliederverzeichnisse einzelner Logen können dort gekauft werden. In dem von dieser Antiquariatshandlung im J. 1860 ausgegebenen antiquarischen Bücherverzeichnisse Nr. XV steht z. B.:

  • Beschreibung der Säcularfeier der Aufnahme Friedrichs des Grossen in den Freimaurerbund. Berlin 1838. Gedruckt als Manuseript für Brüder.
  • Heinze, Rede, gesprochen am Jahresschlusse in der Loge zur gekrönten Schlange im Oriente zu Görlitz den 31. Dez. 1810. Als Manuseript für Brüder.
  • Instructionsarbeit, die festliche, der Loge Ferdinand zur Glückseligkeit im Orient von Magdeburg am 22. November 1853. Manuseript für Brüder.
  • Krieg, Bemerkungen eines Freimaurers zu den Statuten der Freimaurer der grossen Nationalmutterloge zu den drei Weltkugeln vom J. 1841. Manuseript für Brüder.
  • Maurerreden, sechs, geh. in d. g. u. v. z. Einigkeit im Orient zu Frankfurt a. M. 5809. Frankfurt a. M. Als Manuseript für Brüder.
  • Mitgliederverzeichniss der St. Johannis-Freimaurer-Loge Ferdinand zur Glückseligkeit und der damit verb. deleg. Altsch. Loge Friedrich zur grünen Linde zu Magdeburg.
  • Rechenschaftsbericht d. verfl. Maurerjahres v. d. L. z. d. 3 Verbündeten im O. zu Düsseldorf. Als Manuscript gedruckt. Düsseldorf 1844. Dabei ist noch bemerkt: Mit den eigenh. Unterschriften: Baum, M. v. St. - Zolling, Deput. M. - Klenz, 1. Vorst., - Zellern, 2. Vorst. - Oné, Sekr.
  • Sachse, Traumgesicht e. Maurers. Vortrag geh. am Johannesfeste 1826 i. d. g. u. v. St. Johannesloge Archimedes zu den drei Reisbrettern in Altenburg. Als Manuseript für Br.
  • Statuten des Bundes der Freimaurer d. gr. Nat.-Mutterloge d. pr. Staaten. Berlin.
  • Ueber freimaur. Arbeitsversammlungen. Als Manuser. f. Br.




  • Verzeichniss d. Theilnehmer u. Mitglied. des innern Orients der grossen Nat.-Mutter-Loge zu den 3 Weltkugeln. Berlin 1844.
  • Wendt, über den Zweck und Mittel, Gegenwart und Zukunft der Freimaur. A. Man. f. B. Leipzig 1828.
  • Zacharias, Numotheca numismatica latomorum. Dresden 1841 - 43.
  • Schlemm, Gesch. d. Freimaur. in Halberst. Als Manuscript f. L. u. Br. Halberstadt 1846.
  • Uebersicht, allgemeine, v. Altschottisch. Logenbunde. Berl. 1836 - 37.
  • Peucer, Mosaiksteine aus der ger. u. v. Amalie zu Weimar. Manuseript f. Br. Weimar 1836.

Sogar Maurerdiplome und Maurercertifieate von Brüdern und Schwestern werden von den genannten Berliner Antiquaren zum Verkaufe ausgeboten. Ueberhaupt besitzt diese einzige Antiquariatshandlung mehr an werthvollen maurerischen Schriften als manche Logenbibliothek. Aehnliches gilt von den Buchhandlungen in Leipzig und in einem Kataloge der Kössling'schen Buchhandlung vom J. 1860 steht z. B. die Bestandliste der Provinzialloge von Mecklenburg, Parchim 1820; - die Feier des 3. September 1825 in der Loge Amalia zu Weimar, Manuscript für Brüder, Weimar 1825; - Feier der Stiftung des Freimaurer-Bundes zur Eintracht und des St. Johannes-Festes, begangen von der Grossloge zur Eintracht im Orient zu Mainz am 28. Juni 1846; - Fortegnelse over den de forenede Loger i Kiöbenhavn tilhörende mureriske Bogsamling, Manuser. f. Brödre. Durch den gleichen Katalog erhielt ich auch Kenntniss von dem Bestehen des nachfolgenden, mir bisher ganz unbekannten Werkes:

G. Schulz, der Hammer in seiner symbolischen Bedeutung, mit Tafeln. Naumburg 1825.

Da der antiquarische Preis des Buches auf einen Thaler angesetzt ist, scheint es entweder ein grösseres oder ein werthyolleres zu sein. - L. Wachler, freimüthige Worte über die allerneueste teutsche Literatur, II (Breslau 1818). S. 83, sprach schon damals die gewichtigen Worte: "Von Geheimnissen der Maurerey in Worten, Zeichen, Beschäftigungen und Feierlichkeiten sollte kaum mehr die





Rede seyn; solch' eine Menge öffentlicher Verhandlungen darüber ist seit der Mitte des 18. Jahrhunderts vorhanden; und den Schutz, welchen die preussische Regierung, wahrscheinlich auch andere, dem Bunde angedeihen lassen, verdanket die Freymaurerei zunächst der Oeffentlichkeit. Diese verwahret sie auch am entscheidendsten gegen den Verdacht politischer Gefährlichkeit." - Daran knüpft alsdann Wachler eine warme Schutzrede für den fortdauernden Werth und Bedürfniss der Freimaurerei, welche zu geben bestimmt sei, was Staat und öffentliches gesellschaftliches Leben nicht allein nicht geben, sondern sogar schwächen, zurückdrängen, verkümmern, bedrohen. Indessen in dem gleichen Jahre 1818, in welchem Wachler die vorgehenden Worte sprach, wurde durch Beschluss des altschottischen Directoriums der grossen Nationalmutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin der dortige Buchhändler Br. Gaedike wegen der Herausgabe seines Freimaurerlexikons excludirt, 1) wie es früher Krause und Mossdorf in Dresden ähnlich ergangen war.

Die Rituale, welche den gegen das Ende des 11. Jahrhunderts bei den Benedictinern, besonders zu Corvey und Hirschau an der Nagold, aufgekommenen und bald auch auf die Cistereienser zu Maulbronn u. s. w. übergegangenen baulichen Laienbrüderschaften 2) ertheilt wurden, haben auf die jetzt noch vorhandenen Rituale der mittelalterlichen weltlichen Baukünstler, sowie auf die Rituale der spätern Freimaurer kaum einen stärkeren Einfluss geübt, weil solche Laienbrüder eben nicht zu den eigentlichen Baukünstlern und Eingeweihten gehörten und mehr nur in einem dienenden und ganz untergeordneten Verhältnisse zu ihnen oder vielmehr zu dem betreffenden Kloster standen. Die Verbindungen, Weihen und Mysterien der Baukünstler sind ganz ausserhalb und über den Laienbrüderschaften zu denken und sind zugleich jedenfalls weit älter als diese; die Benedictiner, um das Bauen zu erlernen, um die Baumysterien zu erfahren, mögen sich selbst in die ältern Baumysterien der Römer und Griechen




    1) Lenning, Encyklopädie, unter Gaedike.
    2) Fallou, S. 196 ff.



haben einweihen lassen und hatten nur dadurch die Möglichkeit erlangt, mit den Baukünstlern der übrigen Länder in Verbindung zu treten und diese an sich zu ziehen. Deshalb gingen auch die alten römischen Baumysterien, Baucorporationen in den Mönchsorden des Mittelalters, vorzüglich der Benedictiner und der späten Cistercienser, keineswegs auf oder unter, sondern bestanden als solche fort, wenn auch ihr Glaube jetzt der christliche geworden war, und traten selbständig oder als besondere Verbindungen hervor, zumal bei den weltlichen oder Profanbauten. Die Laienbrüderschaften nahmen zu den Baumysterien, zu den Baukünstlern, zu der leitenden Bauhütte gewiss dieselbe Stellung ein, wie später bei dem Entstehen der Städte bei den bischöflichen Sitzen die niedern Bauhandwerke, welche überdem meistens von Unfreien, von Hörigen betrieben wurden. Handwerksinnungen, Bruderschaften (Gilden, Zünfte) der Handwerker sind daher wesentlich von dem Bunde, von der Brüderschaft der freien Baukünstler verschieden, obwohl sie allerdings vielfach in Berührung mit einander traten und nachdem die Handwerksgenossenschaften als Zünfte Antheil an der Verwaltung und Regierung der Städte, an dem Stadtregimente erlangt hatten und aus blossen Handwerksgenossenschaften zu politischen Genossenschaften geworden waren, die Baukünstler freiwillig oder gezwungen sich auch in die Bauzünfte aufnehmen liessen, wenn nicht die alte Banhütte in die Stadtverfassung als eine eigene Zunft aufgenommen wurde. Die Bauhütte, die Verbindung der Baukünster, wenngleich eine Genossenschaft und selbst eine Brüderschaft, ist dennoch keine blosse oder gewöhnliche Handwerkergenossenschaft, Handwerkergilde oder spätere politische (städtische) Zunft, kann aber die politischen Rechte einer Zunft erwerben oder selbst zur Zunft werden, sich in der Zunft verbergen. Die Brüderschaft, die Genossenschaft hatte nur eine Bruderweihe, eine Aufnahme in die Genossenschaft der Meister oder der Gesellen, nachdem die Brüderschaften der Meister und Gesellen sich getrennt hatten; mit der politischen städtischen Zunft hatten weder die Gesellen noch die Lehrlinge etwas zu thun, da diese nur von den in dieselbe aufgenommenen städtischen Meistern





gebildet wurde; 1) jedoch war der Meister vor seiner Aufnahme als Meister in die Zunft Geselle, d. h. Genosse der Gesellenbrüderschaft gewesen, - hatte die Gesellenweihe erhalten. Die Lehrlinge standen völlig ausserhalb der Genossenschaft der Gesellen und der Meister und namentlich der Zunft. Die Zünfte der Städte des Mittelalters haben daher an der Entwickelung der Freimaurerei keinerlei Antheil, so wenig als die Handwerkerinnungen, und jene wenigstens könnte man völlig mit Stillschweigen übergehen. Um die Freimaurerei, um das Logenleben und Logeneinrichtungen, besonders die drei Weihen und Grade des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters und selbst noch höhere Weihen und Grade an sich, wie historisch zu verstehen und zu begreifen, muss man sich eine thätige, eine wirklich bauende Bauhütte, Bauverbindung in Aegypten, Syrien, Griechenland und im römischen Reiche oder in einem mittelalterlichen romanisch-germanisehen und rein germanischen Lande und Stadt denken, wobei viele Meister, Gesellen und Lehrlinge zur Ausführung eines oder mehrerer grossen Tempel-, Kirchen-, Pyramiden-, Stadtbauten versammelt sind und wo es gilt, den einmal unternommenen Bau durch die vereinten Kräfte Aller schnell und sicher zu vollenden. Hier zum heiligen Baue und ernsten Werke werden Alle vom Lehrlinge bis zu den Meistern in der Bauhütte verbunden, geweiht und eingereiht, und es müssen Versammlungen, Feiern und vielleicht selbst Berathungen aller Arbeiter, aller Thätigen und Bauenden gehalten werden, weshalb in der Bauhütte, in der Loge, bei dem Bauen die drei maurerischen Grade und Weihen nothwendig und uralt sind, obwohl nach Fallou, S. 284, die drei Stufen erst zur Zeit der Revolution unter Cromwell eingeführt und dann von der neu-englischen Grossloge beibehalten worden sein




    1) Vergl. in Weiske's Rechtslexikon, VII. S. 190 ff., den Art. Meister von Herold, an dessen Schluss auch die Literatur des Rechtes der Handwerker angegeben ist; Bluntschli, deutsches Privatrecht, §. 40; Walter, System des gemeinen deutschen Privatrechts, §. 481 und 482 ; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 240; Gerber, System des deutschen Privatrechts, §. 55 - 57.



sollen, nur die Lehrlingsaufnahme wäre die alte ächte, der Aufnahme in die christliche Gemeinschaft und in den Benedictinerorden nachgebildete Aufnahme in die maurerisehe Brüderschaft (S. 243), dagegen das Ritual des Meistergrades mit demjenigen des Gesellengrades ein von den Engländern in politischer Absicht seit 1650 gemachter königlicher Zusatz, - die Kinder der Wittwe sollen nur die Anhänger der Königswittwe und die Wiederherstellung des salomonischen Tempels mit dem gesuchten verlorenen Meisterworte die Wiederherstellung des Königthums unter dem alten Kronprinzen sein (S. 273 1)). Krause, welchem hierin Fallou nur nachgefolgt ist, führt doch selbst an, dass schon in mittelalterlichen päpstlichen Bullen die Baukünstler mit den Erbauern des salomonischen Tempels verglichen werden, welche dem einzigen Gotte neue Tempel erbauten und das Christenthum ausbreiten halfen. Gewisse Grade hatten wohl auch einzelne Gilden, wie Winzer, die deutschen Bruderschaften des Mittelalters, S. 40 oben, von den Cirkelern zu Lübeck im Jahre 1379 anführt, dass dieselben sich in Herren, die gewählten und gewesenen Vorsteher und in Brüder und Gesellen getheilt haben. Winzer, a. a. O., S. 93, glaubt, dass, abweichend von den deutschen Einrichtungen in England in den Bruderbund auch die Lehrlinge zugelassen worden seien, so dass also im Bruderbunde drei Grade gewesen sein mussten, indem kaum die Lehrlinge, Gesellen und Meister sich werden gleichgestanden und alle dieselbe Weihe werden empfangen haben. Diese Bauleute sind mehr als Handwerker, denn ihr Werk ist ein grosser, vielleicht Jahrzehnde und Jahrhunderte erfordernder Bau, - und auch keine Zünfter, denn ihnen liegt unendlich fern die Stadt oder des Städtchens kleine Welt, sie bauen ein ewiges Gotteshaus. Der Baumeister und Baukünstler kann auch vielleicht einen Handwerker bei dem Baue gebrauchen, aber dieser bleibt, was er ist, und wird nicht zum Bauenden, zum Meister; ebenso kann der Baukünstler, können die Baubrüder sich einzünften lassen, politische Zünfter werden, wenngleich das Zünfteln mit dem Bauen nicht zusammenhängt. Die




    1) Vergl. Krause, I. 1. S. 155 Anm. 41 und S. 200 Anm. 90.



Bauhütte ist eine theoretisch-praktische Bauschule, eine Kunstschule, welche alle Bauschüler und Bauleute von dem jüngsten Lehrlinge bis zum ältesten und erfahrensten Meister durch ein brüderliches Band, durch den zu vollendenden grossen Bau umschlingt und vereint. Die Bauzunft als solche hat keine Lehrlinge und Gesellen, sondern blos die einzelnen Zünfter, jedoch kann an die politische Zunft die Bauhütte angelehnt und namentlich der Zunft die Baupolizei, die Aufsicht über das Gesellen- und Lehrlingswesen, besonders über die Gesellenvereine übertragen werden. Ebenso können die Zünfter mit den Gesellen und Lehrlingen, mit ihren Frauen und Töchtern zu gemeinsamen Versammlungen und Festen aller Zunftgenossen im weitern Sinne in dem Zunfthause zusammentreten und dieselben Zunftgenossen können zugleich eine besondere geistliche Brüderschaft, eine Laienbrüderschaft mit eigenen Kirchenheiligen und Kirchenfesten, - Altären, Kapellen und selbst Kirchen, - Kirchenfahnen und Geistlichen, - Krankenhäusern, Sterbe- und Wittwenkassen, Begräbnissplätzen u. s. w. bilden, 1) so. dass hier ein ausserordentlich vielgestaltiges und reiches genossenschaftliches Leben sich entfaltete und wirklich lange bestand, oder auch theilweise noch besteht. Das Wandern des Gesellen, des entlassenen und ausgelernten Bauhütten-, Steinmetzenlehrlings ist nichts Wesentliches, obwohl ein Gewöhnliches. Auch ist die Bedingung der freien Geburt des Lehrlings, des aufzunehmenden Bruders bei den Römern, wie bei den Germanen keine ursprüngliche, indem bei ihnen Freie und Unfreie, Sklaven, Freigelassene, Leibeigene, Hörige zu den handwerklichen Genossenschaften, Verbindungen und Innungen gehörten, namentlich bei den Deutschen aus den bischöflichen Grundhörigen, Unfreien sich hauptsächlich in langen und schweren Kämpfen die freien städtischen Handwerker mit den (freien) Städten selbst entwickelt haben. Die Handwerkszünfte, besonders aber die Genossenschaft der Bauleute und Steinmetzen, sind auch nicht aus den alten Gilden und Bruderschaften




    1) Vergl. Besoldi, thesaurus practicus, I. und II. unter Brüderschaft (confraternitas).



hervorgegangen, wie dieses vorzüglich Winzer, die deutschen Bruderschaften des Mittelalters, Giessen 1859, darzuthun versuchte, denn die Gilden 1) waren Bruderschaften zu ganz andern Zwecken als denjenigen des Handwerkes und beabsichtigten später im Allgemeinen gegenseitigen Schutz und gegenseitige Unterstützung in jeder Lage des Lebens, zumal in Noth und Gefahr, Krankheit und Tod der Verbündeten (congildae) und ihrer Angehörigen, der Brüder und deren Frauen als Schwestern, was auch die von Winzer, S. 147 ff., mitgetheilten Gildenstatute zeigen; aber die entstehenden Handwerksgenossenschaften konnten sich und haben sich in gildenweise, in der Form einer Gilde verbunden und bildeten nunmehr ganz neue Handwerksgilden, wie sie sich noch später zu den politischen Zünften gestaltet haben, bis die Zunftverfassung der Gewerbsfreiheit unterlag. Die Bruderweihe, die Gesellen- und Meisterweihe der Bauleute, der Steinmetzen ist entschieden nicht den alten Gilden entlehnt, indem dieselben eine solche nicht hatten und haben konnten, wohl aber sind es zum grösseren Theile die gemeinschaftlichen Mahle mit den dabei üblichen Gebräuchen besonders des Minnetrinkens. Das Gildenstatut des seligen Königs Erich zu Ringstaden Art. 43 bestimmt z. B. in der letztern Beziehung:

"Das sind die Gesetze über die minnae der Brüder: zuerst ist zu singen dem seligen Erich, nachher dem Heiland, dann der seligen Jungfrau und bei jedem dieser minnae müssen die Brüder die Becher im Sitzen ergreifen und nachdem sie die einzelnen Becher ergriffen, müssen sie alle zugleich aufstehen und anfangen die minnae zu singen." 2)

Auch gehören hierher Art. 6 und 9 derselben Statuten:

"Kein Bruder darf einen Bruder bei einem Mächtigen verklagen oder einen Prozess, d. i. waeriaemal gegen ihn anhängen an irgend welchem Orte und ihn in Schaden oder Schande mit grosser Plage verfolgen."

"Keiner darf den Andern beim König oder der Sy-




    1) Vergl. oben I. S. 640 ff.
    2) Winzer, S. 151.



node oder dem plaeitum oder dem Bischof verklagen ohne Erlaubniss des seniors und der Gilde."

Die Patrone 1) und Ehrenmitglieder, die nichtbaulichen Mitglieder der Baugenossenschaften müssen wohl als eine römische Einrichtung betrachtet werden, wie das ganze Recht der corporatio, universitas. Die Gildehäuser sind die spätern Zunfthäuser; in London heisst das Rathhaus noch heute die Gildenhalle, 2) welche unter König Heinrich IV. erbauet wurde. Die maurerische Sitte, die Serviette auf den linken Arm oder die linke Schulter zu legen, scheint nach der diesfälligen Vorschrift des Erasmus 3) ein alter deutscher Tischgebrauch zu sein. Den Handwerksgilden traten aus leicht begreiflichen Gründen übrigens wiederholt kaiserliche Verbote entgegen, so von Heinrich im Jahr 1235 zu Worms: irritamus nihilominus et cassamus cujuslibet artificii confraternitates et societates quocunque nomíne vulgariter appellantur. 4) Winzer, S. 47, sagt wörtlich: "Klöster und Kaiser waren es wohl zuerst, die römisches Handwerk nach Deutschland brachten und zuerst unter Anleitung römischer Handwerker oder kundiger Brüder von ihren Hintersassen Paläste und Kirchen aufbauen liessen," und gibt zugleich die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit zu, dass die ältesten deutschen Baugenossenschaften den römischen Zünften nachgebildet waren: da aber dieses Verbindungen Höriger gewesen, sollen sie auf Schwurgenossenschaften, die Brüderschaften der Freien keinen Einfluss geübt haben. Dass die Gilde, die Schwurgenossenschaft nur eine Einkleidungs- und Befestigungsform der Zünfte, der Handwerksverbindungen gewesen sei, ersieht man besonders aus dem nach Bluntschli, Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft Zürich, I. S. 234, vermuthlich in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts fallenden züricherischen Richtbriefe, indem darin 43 verboten ist: "daz nieman kein zunft noch geselleschaft noch meisterschaft mit eiden




    1) Vergl. Lenning, Encykl., unter Patrone.
    2) Mossdorf, Mittheilungen, S. 154.
    3) Winzer, a. a. O., S. 156 oben.
    4) Pertz, monumenta IV. S. 285.



machen sol in dirre stat Zürich." 1) Nach dem geschworenen Briefe zählte Zürich 13 Zünfte, worunter die Zimmerleute, Maurer, Wagner, Drechsler, Holzkäufer, Fassbinder und Rebleute zusammen eine Zunft bildeten; zwei Handwerke, das der Kammmacher und "Vffbisewer", bildeten zwei Gesellschaften, aber keine Zunft und mussten dem Bürgermeister und dem Stadtbanner warten, verblieben somit ziemlich in derselben Lage, in welcher früher alle Handwerksinnungen gewesen waren. 2)




    1) Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch unter Zunft.
    2) Bluntschli, a. a. O., I. 324.